Samstag, 30. Juni 2012

Federer - das Thema Nummer 1

den 7 juli 2003 07:26
Re: Aufgeräumtheiten

Liebe Marlena
Ja, Du hörst Dich zufrieden und entspannt an. Und wenn man während der Arbeit mitten im Druck und in den Dingen drin ist, sieht doch das Leben völlig anders aus. Es ist merkwürdige, wie die momentanen Drucksituationen auch die Perspektiven über weitere Sicht verändern. Aber ich bin froh für Dich, dass Du die Zeit sosehr geniessen kannst. Das ist doch die richtige Art, wieder Energien zu schöpfen für den nächsten Kampf. Nicht das 'grosse Glück', sondern bloss Zufriedenheit, das ist doch, wonach wir alle lechzen. Und Du hast sie!
*
Ja, der Besuch des Chefs ist vorbei, und ich frage mich auch, weshalb ich mir eigentlich soviel Gedanken gemacht habe. Ich hatte mich das schon vorher gefragt. Und die einzige Antwort, die ich finden konnte, bestand darin, dass er eben neu ist. Man muss sich wieder neu orientieren, muss zusehen, was ihm wichtig ist, worin er seine Prioritäten sieht ... und so fort. Es gibt ja doch in der Direktion, und das spürt man zumindest an seinen direkten Mitarbeitern, ein Gerangel, eine Art Ellbogenkampf um den privilegierten Platz in seiner Nähe. Auf jeden Fall reden seine Sekretäre wieder in grossen und wichtigen Worten und lassen ihre Kompetenz und ihre Muskeln spielen. Ich mag das nicht, und meine Schwäche hat vielleicht immer darin bestanden, bei solchen Spielchen nicht mitgespielt zu haben. Man kommt damit schon ein bisschen ins Hintertreffen, das muss ich sagen. Einzige Ausnahme ist, wenn der Chef dies bewusst auch nicht mag, und dagegen reagiert. Ich glaube, mein alter Chef hat ein bisschen so gehandelt. Und beim Neuen müssen wir sehen.
Auf jeden Fall ist mein Büro nicht wirklich aufgeräumt. Ich konnte nicht übers Herz bringen, alles wegzutun, notfalls zu wegzuwerfen. Aber es sieht doch schon etwas zivilisierter aus als noch vor zwei oder drei Wochen. Es sieht jetzt aus, wie es aussehen würde im Büro eines Typen, der sich mit seiner Arbeit identifiziert und der viele Interessen hat. Ich meine, wie das Büro bei jemandem, der neben der Arbeit viele Dinge tut und der vielleicht sogar ein Campingbett aus einem Schrank hervorholen könnte, für alle Fälle. So sieht es aus. Und das ist - meines Erachtens - nicht wirklich schlecht.
*
Und heute begehen wir in der Schweiz einen neuen Nationalfeiertag. Eigentlich den Montag nach dem Nationalfeiertag. Hast Du gehört, dass unser Roger Federer gestern in Wimbledon gewonnen hat? Ich habe einen grossen Teil des Matches gesehen (gerade nach dem 1. Set sind wir dann losgefahren zu Onkelchen; und als Onkelchen endlich sein Gerät angeworfen hatte, war bereits das Tiebreak mit den 5 Matchbällen im Gange), und ich muss sagen: unser Schweizer-Boy hat fantastisch gut gespielt. Wie Du vielleicht weisst, oder gar gesehen hast, ist sein Trainer ein Schwede namens Sundgren oder so ähnlich. Ihm sieht man an, dass er ein wenig in die Jahre gekommen ist. Er war damals schwedischer Davis Cup Spieler, und ist heute ein bisschen in die Breite gegangen. Aber er scheint ein guter Trainer zu sein. Federer ist hier in der Nähe aufgewachsen und die Nachwuchsspieler vom Club Bottmingen, einem Quartier Basels, haben natürlich mitgelitten. Nun ja, es ist wirklich ein grosses Ereignis und wird bestimmt dem Tennis in der Schweiz bei jungen Leuten Auftrieb geben. Und das ist gut so. Auch dem Turnier Swiss Indors in Basel wird Federer nützen, denn er hat in den letzten Jahren regelmässig dort teilgenommen, und wird jetzt wohl noch deutlicher als Favorit auftreten und zur Attraktivität des Anlasses beitragen.
Was wir in Wimbledon vermisst haben, sind die skandinavischen Tennisspieler. Die Belgierinnen und die Russinnen haben mich positiv überrascht. Aber natürlich habe ich die Spiele nur so nebenbei verfolgt, nicht wirklich ab den ersten Runden. Das hatte ich früher noch gemacht, als ich in Olten gearbeitet habe. Dort pflegte ich bekanntlich samstags zu arbeiten und habe dann, während der Spiele in Wimbledon, unseren kleinen Fernsehapparat mit ins Büro genommen. Das war lustig und unterhaltsam. Es war - unter uns - samstags meist auch nicht sonderlich viel los im Büro. Die jungen Leute haben samstags keine Probleme. Am ehesten haben sie am Montag. Und das ist doch wohl verständlich.
Jetzt gehen wir daran, das Turnier in Gstaad zu verfolgen. Das ist ein altes, traditionsreiches Tennisturnier im Nobelort des Berner Oberlandes. Ich erinnere mich, wie in der Primarschulzeit ein Schulkamerad von diesem Turnier erzählt hatte. Sein Vater war in jener Gegend aufgewachsen und seine Söhne hatten dort regelmässig ihre Ferien verbracht und damals auch die Spiele mitverfolgen können.
*
Und Ihr macht Euch bereit, in den Norden zu reisen, ohne Vögel, notabene? Wenn ich mir 700 km von hier vorstelle, dann bedeutete das ungefähr bis Arles zu gelangen, vielleicht bloss bis Avignon, aber immerhin. Ich glaube, ich muss auch wieder mal so weit dort hinunter. Wir haben viele schöne Erinnerungen an den Süden Frankreichs. Aber ihr fahrt in den Norden, ins karge Land. Ich erinnere mich an die Fotos, die Du mir von dort oben gezeigt hast. Besonders den Fluss habe ich noch im Gedächtnis. Er schien mir ziemlich roh und wild. Nun ja, ich hoffe, dass Ihr dort oben schöne Sommerferien haben werdet. Sicherlich werden alle auf Euch warten un euch wiederum gerne begrüssen.
*
Und ich muss jetzt an mein Montagsprogramm, dass leider nicht bloss darin bestehen kann, über das gestrige Match zu diskutieren. Aber es ist bei allen, die ich sehe, das Thema Nummer 1.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag.
Liebe Grüsse
...

2010 Stockholm Open: Game, Set ...



Kronprinzessin Victoria und Roger Federer

.. und Kuss?

.

Freitag, 29. Juni 2012

Was Rom betrifft ...

date 19 October 2004 07:04
subject Re: Windiger grauer Montag

Liebe Malou

---

Was Rom betrifft so wartet es immer noch brav und still in meinem
Körbchen. Ich kann Dir hier aber vielleicht verraten, dass ich nicht
im Vatikan war. Ich wollte an einem Tag, da Antonio frühmorgens nach
England abgereist war und ich also schon um 8 aus dem Haus war, die
Vatikanischen Museen besuchen. Sie öffnen um 8.40h und niemand weiss,
weshalb man eine solch merkwürdige Zeit gewählt hat. Aber als ich dann
drüben der Mauer entlang dem Weg zum Eingang folgte, sah ich vorne an
der Ecke eine Menschenansammlung. Ich dachte an eine Reisegruppe, die
dort vielleicht einen Treffpunkt verabredet hatte. Aber als ich näher
kam, musste ich feststellen, dass dies der Anfang der Warteschlange
war. Die Schlange folgte der hohen Mauer um all ihre Ecken und war
mindestens etwa 2 km lang, so dass man den Anfang und den Eingang
überhaupt nicht sehen konnte. Auf so was liess ich mich nicht ein. Das
hätte mehr als 2 Stunden Wartezeit bedeutet. Und das wollte ich
einfach nicht.
Und so habe ich die Museen, aber auch die Sixtinische Kappelle dieses
Mal nicht gesehen.
Aber ich war auf Trastevere (wenn man den Vatikan, der ja auch dort
liegt, nicht dazu zählt) allerdings nicht sehr lange. Ja, ich bin
wirklich stundenlang herumgegangen, so, dass ich abends bestimmt um
mehr als 5 cm kleiner war als morgens. Ich war jeweils hundemüde. Und
ich habe mir, soweit das möglich war, für die etwa 30 minütige
Heimfahrt im Bus einen Sitzplatz erobert, und all die Leute, die ja
den ganzen Tag im Büro herumgesessen waren (so stellte ich mir zu
meiner Entlastung vor), stehen gelassen. Busfahren ist ziemlich
anstrengend, vor allem, wenn man einen jungen und temperamentvollen
Buschauffeur hat, der mit seinem vitalen Fuss voller Lebensfreude
zwischen Gas- und Bremspedal hin und her hüpft. Das kann - unter uns
gesagt - abends um 7 Uhr wirklich ziemlich nervend sein. Aber es gab
auch viel Unterhaltsames zu sehen, was man in der Schweiz nie
beobachten könnte. Die Italiener sind ja bekanntlich sehr
kommunikativ. Und jederzeit klingelt irgendwo ein Handy, und du kannst
hören, wie sie ihren Freund beruhigt, dass sie doch sehr wohl auf dem
Weg nach hause sei. Und wenn er nach 10 Minuten wieder anruft, zählt
sie ihm die Stationen auf, die sie noch zu fahren hat. Man sollte den
Italienern das Händy gleich ins Ohr einbauen. Das wäre ohne Zweifel
sehr praktisch. Aber auch ohne Handy fangen einige Leute plötzlich an
zu reden, wenn sie durch irgend etwas bewegt werden. Sie machen dann
sozusagen ein öffentliches Angebot und testen, ob sich ihnen einer
anschliesst. Und wenn das gelingt, entsteht daraus ein wildes Gespräch
mit einem Fremden über irgend eine Bagatelle. Das kann ziemlich lustig
sein.

Ach Roma, ich glaube, sie haben dort noch so etwas wie la dolce vita.
Zumindest diejenigen, die es sich finanziell leisten können.

Mlguk
...

Donnerstag, 28. Juni 2012

Frust

Ämne: frust

Stresshantering

Liebe Marlena
Ja, kann ich verstehen, dass das etwas furstrierend war. Ich habe die zwei
Stunden voll genossen und viel dazu gelernt. Wenn man Nietzsche selbst
liest, kann man einfach nicht alle diese Differenzierungen und diese
Konsequenzen sehen. Es war fantastisch interessant. Und wie immer, wenn ich
in einem guten Buch gelesen habe oder eben eine solche Vorlesung gehört
habe, bin ich sozusagen high, also in einer Art Rauschzustand. Alkoholisiert
ohne Alkohol, mit anderen Worten. Es war so tröstlich zu sehen, wie die
Verbindungen zwischen Philosophie und Malerei bestehen, wo wir als Laien
keine annehmen würden. Die Kultur und der Zeitgeist, das sind unsere grossen
Heimatländer. Siehst Du, das ist die Seligkeit, von der Du redest. Sie ist
der reine Luxus.

Re: Malerei ...

Ämne: Erster Teil eines Mails..

Lieber ..,
Oh Gott, was für einen Text du mir da sendest. Ich muss nach Luft schnappen! Es ist wirklich frustrierend sowas zu lesen. Ich gehöre wohl leider zu denen, die sich das ganze wie Musik anhören würden. Natürlich wird auch die Musik etwas verständlicher wenn man ein Bild vor sich hat. Aber wie gesagt: Ich könnte fast schwören, dass du und der Professor selbst die einzigen im Saal sind, die etwas davon verstehen, obwohl ich bei dem letzteren auch nicht ganz sicher bin.
Es hat mich an einen Professor an der Uni erinnert, der uns manchmal ziemlich unbegreifliche filosofische Gedanken der französischen Schriftsteller erklärte und wenn man sich dann wirklich etwas unglücklich fühlte, weil man diese Ideen nicht genau verstand (wir beherrschten ja auch noch nicht die Sprache so ganz) dann lachte er immer am Ende sein lautes befreiendes Lachen, so als wollte er sagen: "Wer daran glaubt wird seelig". ;-)
*
Warum sitzen sie überhaupt dort alle die alten Leute? Ist es Status geworden zu Vorlesungen zu gehen? Sie könnten doch gemütlich in einem Café sitzen und miteinander plaudern. Oder ein wirkliches Konzert anhören.
*
Ich werde mich jetzt über die Inventur hermachen, die morgen abgeliefert sein soll. Komme vielleicht später heute nochmals zurück.
Liebe Grüsse bis dann,
Marlena

Mittwoch, 27. Juni 2012

Malerei und Philosophie

Ämne: domo

Liebe Marlena
Gestern habe ich in der Universität wiederum 2 Stunden die Bank gedrückt. Es
war fantastisch gut. Leider war A nicht erschienen. Ich glaube, sie hatte
nachzuarbeiten, weil sie am Dienstag  nicht dazu gekommen war. Und so
sass ich eben ganz allein in der zweiten Reihe beinahe unter der Nase des
Professors. In meinen Studentenjahren wäre ich nie so weit vorne gesessen.
Das hätte ausgesehen, als wollte man ein Diplom erbetteln. Aber heute, als
Senior sozusagen, kann man sich noch ganz andere Dinge erlauben. Meine
Nachbarin ist eine Dame, die mir immer wieder mit ihren grossen Augen und
dem vollen Mund zulächelt. Es hat sich nämlich unter den gesetzteren Leuten
so eingespielt, dass alle jedesmal ungefähr am gleichen Platz sitzen. So
habe ich meinen Platz neben dieser Dame und nur ein Sitz liegt zwischen uns.
Ich lege meinen Mantel dorthin und sie bittet um die Erlaubnis, den ihren
darüber legen zu dürfen. Und das erlaube ich ihr dann. Man darf sich gar
nicht vorstellen, was die beiden Mäntel während der Vorlesung auf dem Sitz
zusammen treiben!
Aber ich war vollauf beschäftigt, den interessanten Gedanken von Prof. B. zu
folgen. Es ging um Temporalität im Bild am Beispiel der Serialität.
Sichtbarkeit der Zeit heisst Gegenwart. Und die Fragilität der Gegenwart ist
das Thema, ihre Singularität und Geschlossenheit steht in Frage. Serialität
beinhaltet gleichzeitig Augenblick und Dauer.  ...
Dann ist B. zu Nietzsches Zarathustra hinübergeschwenkt und zu Ns Gedanken
der ewigen Wiederkehr und des ausgezeichneten Augenblicks, den N mit der
Metapher des Torweges illustriert. Dieser Torweg beinhaltet eine
Zeitdimension, die linear angelegt ist, verknüpft ihn mit der Idee des
Tores, was den Augenblick repräsentiert. Die eigentliche Qualität des
Augenblickes entsteht durch die Wiederholung. Gemeint ist hier weniger
Wiederholung im Sinne des Industrieprozesses, die automatisierte Produktion,
die zu Stückzahl und zur Wiederholung immer gleicher, neuer Produkte führt.
Hier ist die Wiederholung innerhalb menschlicher Erfahrung gemeint. Dazu
muss man Kiergegaard bemühen, der gegen Hegel und seine Auffassung der Zeit
als Fortschritt ein neues Zeitverständnis präsentiert hat. Menschliche
Erfahrung macht nach Kierkegaard nicht einen absoluten Fortschritt, sondern
den Fortschritt zum Tod. Erfahrung bringt uns dem Tode näher. Menschliche
Erfahrung stösst immer an diese Grenze. Ziel der Wiederholung angesichts des
Todes ist es, das Ganze sichtbar zu machen. Dieser Gedanke ist zentral für
das postmetaphysische Denken und, wie mir scheint, auch gültig für die
Ästhetik allgemein.
N. spricht vom Grossen Mittag als dem Augenblick aller Augenblicke. High
Noon, unvergleichlicher Moment, ist Kairos, dh. glücklicher Moment des
Torweges zur Mittagsstunde. In diesem Moment fliegt die Zeit und man denkt,
man fällt in den Brunnen der Ewigkeit. Die Punktartigkeit, der Nu, schafft
Transparenz in der Erfahrung des Ganzen. Der Augenblick ist ein Blick der
Augen mit ihrer Fähigkeit zur Simultaneität.
Das ist ein neues Model, das Vergänglichkeit und Dauer miteinander verbindet
und mit Wiederholung verknüpft. Der Augenblick ist paradox, flüchtig und
dauerhaft im Glück. Zeit organisiert die Form und bringt sie zum Sprechen.
Der gelingende Moment sagt mehr als sich selbst.
Claude Monet war einer der ersten, der das Konzept der Augenblicklichkeit in
den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelt hatte an eben den Bildern
von Pappeln, Heuhaufen, Kathedralen. Er hat in seiner Malerei, im
Malprozess, die Objekte auf momentane Pinselstriche, also auf Augenblicke
reduziert. Die minialen Kontraste, die fehlende Leserichtung stimulieren
eine schweifende Betrachtung, keinen furchbaren Augenblick. Sie provozieren
vielmehr einen doppelten Blick durch die temporal getstreute Struktur im
Bild. Das führt zu einer Unschärfe und Flüchtigkeit und geht über in eine
Präsenz des Ganzen. Aus Nacheinander wird Zugleich. Die Impressionisten
haben dies Instantanéité gennannt, also Momenthaftigkeit. Der Augenblick
ist die Summe aller Augenblicke im Bild und zeigt den Zustand der
Augenblicklichkeit. Das ist die Paradoxie der Leistung Monets. Der
Augenblick wird durch Radikalität zum Zustand. Und damit wird Nietzsche auf
der Ebene der Malerei eingelöst, obwohl sich die beiden nicht gekannt haben.
Dazu gibt es bei Monet die Vervielfältigung des Einzelbildes. Das wirkt
mysteriös. Die Iteration, die Wiederholung ist aber nicht die Wiederholung
des Gleichen, sondern des Gleichen anders. Es sind nicht Etappen auf dem Weg
zum Ziel, sondern alle Bilder sind gleich weit entfernt von der
Repräsentation des Sujets. Das ist eine neue Denkweise. Serialität hat ihre
Gründe in der Malerei und in der Struktur der Wahrnehmung. Die
Unterscheidbarkeit der Dinge schwindet in konstruktive Unschärfe der
Erscheinung. Flüchtigkeit wird in den Zustand überführt. Kein Bild kommt zu
Ende, jedes braucht das nächste.
Prof. B. weist dann auch auf Bilder von Gerhard Richter hin, grosse Fotos,
die banale Themen unscharf zeigen.
Die Malerei der Serie entwickelt sich zur seriellen Malerei. Das Sujet
verschwindet. Die Regel bleibt. Das zu illustrieren dienen Bilder von
Mondrian. Oder die Ein-Bild-Malerei von Albers.
Ach, man kann das gar nicht alles so gut erklären. Die Gedanken entschwinden
so leicht. Und wenn man sie verkürzt auf einige Stichworte, dann fehlt
wiederum das Verständnis und die Plausibilität.

Und dann fragt man sich, ob all diese alten Leute, die mit offenem Mund und
ohne eigene Notizen zu machen dem Professor zuhören, dies alles kapiert
haben, oder ob sie bloss so hinhören, wie man eben Musik hört.
Aber es ist wunderbar, um 16.00h aus einer solchen Vorlesung in den frischen
Abend der Stadt zu treten und zu flanieren. Ach, Student sollte man nochmals
sein.
Und im Übrigen habe ich heute ein volles Programm. Ich muss jetzt dran und
wünsche Dir in der Zwischenzeit einen schönen Tag.
Mit lieben Grüssen
...


Chesterfield und Rubens





Liebe Marlena

Gerne möchte ich dir meine Familie vorstellen. Wir sitzen hier
im Foto auf unserem Chesterfield, einem schönen englischen
Ledersofa, auf das wir stolz sind, weil wir es während der
Studentenzeit mit unserem wenigen Geld gekauft hatten. Es ist
klassisch, gut zum Sitzen, noch besser zum Schlafen vor dem
Fernsehen (behauptet NN), man kann darauf Liebe machen
oder streiten, es ist wirklich wunderbar und klassisch-englisch
und wird mit seinem Leder jedes Jahr schöner. Es haben schon
kleine Kinder drauf gepinkelt und ältere Herren ihren Bordeaux
verschüttet. Es gibt nichts, was unser Chesterflied nicht schon
gesehen hätte. Und es wird wirklich mit dem Alter schöner und
schöner, so wie es die Heiterkeit mit uns Menschen macht.
Und im Hintergrund hängt eben dieses berühmte Bild von diesem
berühmten Rubens kopiert von diesem berühmten Kopisten (wie
hiess er doch nur?) mit dem pazifistischen Titel (wie hiess der
schon wieder?). Durch die Reflexion des Blitzes sieht man nicht
so viel von der berühmten Minerva, welche den Kriegsgott Ares
vertreibt. Aber, soviel kann ich sagen, es ist ein grandios
konstruiertes Bild. Ich habe es von einem Foto vielleicht 10x15chm
kopiert. Es müssen also unendlich viele Fehler und Veränderungen
drin sein. Es ist eigentlich - streng genommen - kein Rubens mehr,
sondern von diesem Kopisten eben. Ich habe etwa eine Woche daran
gearbeitet, in den Ferien, also fast von morgens bis abends. Dazu
sage ich den Gästen in unserem Haus gewöhnlich und zum Spass,
wenn sie Lust hätten, dann könnten sie es ohne weiteres klauen.
Wir haben es hoch versichert und würden viel verdienen dabei erstens,
und der Kopist würde endlich berühmt zweitens. Kurz und gut, ein
spektakulärer Bilderraub wäre das beste, was uns passieren könnte.
Aber bisher wollte leider keiner. Sind alles Angsthasen hier in der
Schweiz, wollen keine Rubens klauen. Tant pis.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Midsommar-Stimmung

.
 bei Tag



und bei Nacht


Glad midsommar!


.

Kunterbunt....

Ämne: Kunterbunt..
Datum: den 20 juni 2001 16:03

Lieber ...,
Wenn du sehen könntest wie es im Moment um mich herum aussieht dann würde es dich sehr wundern wie ich mich unter solchen Umständen an den PC setzen kann. Einen Augenblick habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt ein Digitalfoto von dem Chaos zu machen um es dir zu zeigen. Aber mein eventuelles Image von einer ordentlichen Studienrätin wäre für immer dahin.
Nein, nein ich bin noch nicht am packen. Ich bin am Koffer lehren. Die Sommergarderobe wird nämlich immer in Koffern verwahrt und nun habe ich alles hervorgeholt um (wie ich hoffe) das meiste davon zu verschenken. Ich glaube ich könnte damit ein Geschäft öffnen. ;-)
K ist gestern zurückgekommen von seiner Reise, die wie immer sehr interessant war. Aber die Zeit schien ihnen etwas zu kurz und so mussten sie von dem einen Ziel zum anderen rasen. Aber sie haben wie immer das beste daraus gemacht und wahrscheinlich kaum die Champagnerflaschen aus der Hand gelassen. ;-)) Es gibt viele wunderschöne Städte im Baltikum die nach ein wenig Restauration sicher beliebte Reiseziele werden können. Die Stadt Tartu hat ihnen nebst Riga am besten gefallen. Es war eine Reise in den Spuren von Gustav II Adolf.

Man zeigt gerade eine verkürzte Version des 25. jährigen Hochzeitstages des Königspaares. Ich habe es noch nicht gesehen. Dagegen sah ich das Bild mit diesen Renaissancekleidern in der Zeitung und es kam mir etwas ”billig” vor. Eine Weile dachte ich sogar man hätte diese Bilder von der Zeitung arrangiert und ich habe mich gefragt wie das Königspaar ihre Erlaubnis dazu geben konnte.. Aber Anna hat mich aufgeklärt. Man hat das grosse Fest für alle königlichen Gäste in Europa unter dem Thema ”Renaissance” gegeben und alle Gäste trugen also ähnliche Kleider bei dieser Gelegenheit.
Es ist ja schön wenn man bei euch immer noch vermutet dass Silvia so beliebt ist. Sicher ist sie es auch noch bei den Frauen. Aber ihre Popularität bei der schwedischen Presse ist gesunken in den letzten Jahren während die des Königs bedeutend gewachsen ist. Er wird als äusserst sympathischer Mensch betrachtet und soll privat ein ganz anderer Mensch sein als in der Öffentlichkeit wo er ja ziemlich steif und charmelos wirkt.
Unser Gast Folke (unser Walther) ist eingetroffen und wir haben ein feines Abendessen gegessen mit einem guten Bordeauxwein dazu. Nun sind die Herren zu einem abendlichen Spaziergang verschwunden. Das ist so Tradition. Und übermorgen ist schon ”midsommarafton”. Es ist nach Weihnachten das grösste und auch schönste Fest des Jahres. Voriges Jahr habe ich es ja verpasst weil ich in Italien war. Ich werde deshalb dieses Mal doppelt feiern müssen. ;-) Hoffentlich wird das Wetter gut denn man feiert es im Freien und tanzt die Nacht durch.
*
Ich habe heute versucht mir das Buch "Männer"von Schwanitz zu besorgen. Aber man kann es hier noch nicht kaufen. Die Akademiebuchhandlung von Uppsala wollte mir das Buch aus Deutschland kommen lassen aber das hätte ein paar Wochen gedauert. Schliesslich habe ich es übers Internet bestellt. Auf diese Weise hoffe ich es noch vor meiner Abreise Anfang Juli zu erhalten. Übrigens, als ich zuerst den lokalen Buchhändler danach fragte sah er mich etwas erstaunt an als er den Titel hörte. Er ist bekannt dafür dass er genau weiss was alle seine Kunden zu kaufen pflegen.
So werde ich es im Sommer lesen - als ein geringer Ersatz für deine schönen Mails. Es ist nicht dass ich mich auf dem Gebiet Männer weiterbilden müsste ;-)) aber du hast mich sehr neugierig darauf gemacht.
Und nun erinnere ich mich plötzlich wieder an deine emigrierenden Ameisen auf dem (durch das?) etwas verlängerte Speer.. und ich denke so witzig hat das sicher noch nie jemand ausgedrückt. ;-)

Übrigens habe ich gestern das Programm  gesehen, wo Vagn Olsen den Iran besucht. Isfahan war sehr schön aber die ganze Reportage ziemlich deprimierend. Überall wurde er sehr bewacht und immer wenn es hätte ein wenig persönlich und interessant werden können wurde er unterbrochen. Das Volk tut mir sehr leid.

Ich hoffe dass du es nicht allzu streng hast während ich schon meine Freiheit geniesse. Wenn ich könnte würde ich gern mit dir teilen.
Ich wünsche dir einen schönen Tag und sende dir
meine allerliebsten Grüsse
Marlena

Montag, 18. Juni 2012

"Erläuterungen zu Folke"


Lieber ...,
Es ist wieder einmal spät am Abend. Ich sollte nicht mit dem
Schreiben warten bis jetzt denn abends bin ich meistens ziemlich
müde und alle schönen sonnigen Gedanken die ich während des
Tages mit dir geteilt habe sind ein bisschen matt und grau.. aber
da bin ich nun wieder ..

Heute ist Folke wieder abgereist nach einer guten Woche. Es
ist schön für K sich mit ihm über alte (gute?) Zeiten unterhalten
zu können und auch für mich sind die Gespräche meist sehr
interessant und belebend.
Folke hat sich kaum verändert seit den Uppsalajahren, die Frage
ist nur ob das etwas Positives ist. Er ist ein sehr vermögender
Junggeselle und ziemlich apart. Wenn er was persönliches erzählt
hat er die schlechte Angewohnheit die Personen bei Vornamen zu
nennen so als ob es selbstverständlich wäre für den anderen wer
damit gemeint ist. Meistens spielt es ja keine grosse Rolle, aber
einmal erinnere ich mich dass wir dachten, dass diese Eva die
abends unter seine Decke schlüpfte, eine schöne Frau sei bis wir
auf meine indiskrete Frage hin erfuhren dass es sich diesmal um
eine Katze handelte. Nun habe ich es zur Gewohnheit gemacht
sofort zu Fragen "Wer ist X?" um nicht solche Missverständnisse
aufkommen zu lassen, wobei er immer ein wenig beleidigt aussieht
als ob er sagen wolle: "Was, du kennst nicht X?" oder "Du bist
wirklich sehr indiskret". Diesmal habe ich ihm auch gesagt dass ich
demnächst ein Buch herausgeben werde mit dem Titel
"Erläuterungen zu Folke". Ich glaube das hat ihm ziemlich
geschmeichelt.
....
Und nun sitzen wir in der Badewanne, Doppelwanne, und gern
würde ich manchmal aussteigen und zurückgehen in das
Turmzimmer.. erinnerst du dich noch? Es war so schön dort neben
dir zu sein und dich erzählen zu hören und ich wusste genau wo ich
dich hatte.. zumindest körperlich.. Aber das war in meiner "wilden
Jugend" und nun bin ich alt und klug..
Du scheinst dich darüber zu amüsieren. Mit klug meine ich, dass ich
eine Erfahrung reicher geworden bin aber klug bin ich wohl erst wenn
ich meine Handlungen von dieser neuen Erfahrung beeinflussen lasse..
".. they say you learn from your mistakes.. it's a lie.." singt die
Sängerin in "Vaya con Dios". Hattest du nicht diese CD gekauft (oder
gestohlen?) :-)

Sonntag, 17. Juni 2012

wieder einmal ein Nobelpreis

---
Ha, wir haben wieder einmal einen Nobel-Preis erhalten. Prof. Wüthrich muss
ihn allerdings teilen mit zwei anderen Wissenschaftlern. Aber überall wird
in der Schweiz gejubelt. Die ETH tut es, die Innenministerin hat sich schon
darüber geäussert. Ich habe den Eindruck, die Schweizer haben förmlich
gelechzt nach einer solchen Auszeichnung. Wir hatten in den letzten Jahren
herbe Zeiten: die Frage um das jüdische Gold und Geld in den Schweizer
Banken, die Angriffe d'Amatos und des jüdischen Weltkongresses, die Kritik
der EU wegen unseres Bankgeheimnisses, das schlechte Abschneiden in der
PISA-Studie. Alle Welt scheint uns zu hassen. Niemand liebt uns wie früher,
als wir noch die naiven jodelnden Bergbauern waren, die gute Schokolade und
pünktliche Uhren produzierten. Wir haben in den letzten Jahren rundum den
Eindruck gewonnen, wir müssten in der langen Reihe der Nationen dieser Welt
ganz hinten anstehen. Das ist bitter. Und deshalb lutschen wir nun unseren
neuen Nobelpreisträger wie ein zuckersüsses Candy. Ich hoffe, er überlebt es
und sei sugarless.

*

(10 oktober 2002)

Samstag, 16. Juni 2012

Blick durchs Fenster

Raindrops keep falling..

Psychologie des Porträtierens

Liebe Marlena
 ---
Es gibt ja auch diese Psychologie des Porträtierens. Ich habe Dir sicher
schon davon erzählt. Ich bin ihr mehr oder weniger im Zusammenhang mit
unserem Varlin und den Porträts, die er von Prominenten der 60er und 70er
Jahre gemacht hatte, auf die Schliche gekommen. Ich will es hier nicht noch
einmal wiederholen. Doch auf den zentralen einen Punkt gebracht: man darf
mit den Porträtierten nicht zu lieb sein! Man darf ihnen nicht einen Dienst
tun wollen, und nicht sie schön, vorteilhaft, sypmathisch oder wie immer
darstellen wollen. Man müsste als Maler ziemlich hart, fast brutal und
absolut nicht käuflich sein. Das ist die Kunst. Das geht natürlich am
leichtesten, wenn man einfache, unbekannte Leute portätiert, wie es ja Freud
in der Regel getan hat. Und damit fange ich ja mit --  an  ;) (bitte nicht
weitererzählen!) Und wenn man dazu noch ältere Leute wählt, denen das
Leben ins Gesicht und in den Körper geschrieben ist, dann ist es umso
leichter.
Ach, das muss ich Dir rasch erzählen. Ich habe hier in L zwei alte Tanten.
Sie sind beide Single, obwohl sie sich natürlich nicht so nennen würden.
Sie sind Geschwister und haben ihr Leben lang gemeinsam in einer
dunkeln Wohnung in der Nähe der Kirche gelebt. Ich erinnere mich sehr gut,
wie ich mit meiner Grossmuter sie besucht habe. Das attraktivste in ihrer
dunkeln Wohnung war ein Harmonium. Du weißt was das ist, eine Art Hausorgel.
Darauf hatte ich als Kind ein wenig gespielt, während meine Grossmutter mit
den beiden Frauen geplaudert hat. Sonst war in dieser Wohnung absolut nichts
Interessantes zu finden. Nun, diese beiden Schwestern leben immer noch und
manchmal sehe ich die eine oder die andere in der Strasse. Sie schauen mich
nicht an, obwohl sie mich kennen. Ich habe den Eindruck, dass sie sehr scheu
sind. Auf jeden Fall habe ich mir immer gedacht, die beiden wären ideal für
ein Doppelporträt. Sie gleichen sich ein bisschen. Und sie würden im Bild
aussehen wie Virginia Woolfe I und II. Ich fürchte mich davor, sie zu
fragen, ob ich einige Porträtfotos von ihnen machen soll. Ich hätte Angst,
sie würden vor Scheu und vor Aufregung in Ohnmacht fallen.
--

(den 10 oktober 2002)

Freitag, 15. Juni 2012

Kirchenbesuch in Rom

(ungekürzt)







Liebe Malou
Hier noch zwei Bilder. Sie kommen, wie Du sicherlich annehmen wirst,
aus der Umgebung des Vatikans.
Die Medaille für Christina von Schweden befindet sich, wie Du bestimmt
weisst, in S Pietro. Ziemlich nahe beim Eingang auf der rechten seite
findet man die riesige Medaille. Sie hängt allerdings ziemlich hoch,
so dass man die Inschrift kaum lesen kann. Nicht weit davon steht die
Pietà von Michelangelo. Davon schicke ich Dir später ein Bild.
Natürlich hätte ich diese katholische Christina niemals gesehen ohne
unsere Mailerei.
Und das andere Bild stammt von der Piazza Santa. Es war ziemlich warm,
und die drei Patres haben sich irgendwo ein Wässerchen organisiert.
Ich glaube, sie kommen alle drei von sehr verschiedenen Ethnien. Na
ja, zwei Asiaten und ein Westler. Der liebe Gott muss in der Tat
mehrsprachig sein. Die Moslems denken, er spreche arabisch, die
Katholiken vielleicht immer noch, lateinisch. Aber er kann bestimmt
auch ein paar Brocken Schweizerdeutsch!
Wenn man von der Piazza Santa durch die Kolonnaden in den Dom will,
muss man einen gründlichen Check über sich ergehen lassen. Manchmal
gibt es dort lange Warteschlangen. Sie durchleuchten alles: Taschen,
Körbe, Mappen etc. Nur die Priester lassen sie ungeschoren durch, wie
ich meine. Und dann geht es wieder mehr oder weniger in Kolonne hinauf
zum Eingang. Man muss also, wenn man auf den Petersplatz kommt, auf
der rechten Seite hinauf. Links lassen sie einen nicht eintreten.
Die Piazza Santa ist einfach eindrücklich. Einen solchen Platz gibt es
sonst nirgendwo auf der Welt. Das hängt an seiner genialen Gestaltung,
aber natürlich auch an den vielen Menschen, die ihn beleben. Man hat
irgendwie den Eindruck, hier sei so etwas wie das Zentrum der Welt.
Das würden natürlich viele bestreiten, aber  eine solche Konzention
habe ich sonst nirgendwo gesehen. Na ja, ich habe auch nicht alle
Plätze gesehen. Ich würde behaupten, S Marco in Venedig mache einen
ähnlich grossen Eindruck auf unsere Seelen. Aber daran sieht man
vielleicht nur meinen Eurozentrismus. Der grosse Platz in Isfahan ist
jedenfalls von völlig anderer Qualität. Und Times-Square ist kein
Platz, sondern eine blosse Strassenkreuzung. Na ja, vielleicht wäre da
noch der Turmplatz hier zu erwähnen. Er ist natürlich auch
eindrücklich im Sinne der Redensweise: Steter Tropfen höhlt den Stein
(meiner Seele).
Es ist merkwürdig, wie ich mich in katholischen Kirchen wohl fühle.
Ich fühle dort immer einen Frieden und finde mich gut aufgehoben. Das
hängt vielleicht schon damit zusammen, dass ich solche Kirchenbesuche
mit Ferien assoziiere. In eine Kirche zu treten, bedeutet für mich
sozusagen Ferien. Und natürlich sind solche Kirchen immer auch
angenehm kühl und ein bisschen dunkel, in Kontrast zur Hitze und
Helligkeit der Strasse. Ich kann die Römer verstehen, dass sie ihre
schönen Kirchen wie Ruhe- und Meditationsräume nutzen.
Und wenn man dann eintritt, zum Beispiel morgens um neun, dann denkt
man, man sei allein in diesem grossen Raum. Es sind keine Menschen zu
sehen. Man ist beeindruckt vom Raum, von den Säulen, vielleicht von
den Malereien oder vom Altar. Man geht herum. Und plötzlich sieht man
da und dort Menschen. Die einen sitzen still und scheinen zu beten,
oder doch zumindest sich selbst zu suchen und zu finden. Andere gehen
herum und schauen sich auch die Kirche an. Vielleicht ist noch
irgendwo ein Sakristan unterwegs, der mit irgendwelchen Dingen
hantiert.
Einziger Nachteil der Kirchen: man kriegt leicht Nackenstarre!
Ich hatte in Il Gesû ein lustiges Erlebnis. Ich war so müde und hatte
mich auf einen Bank mitten in der Kirche gesetzt. Es gibt dort ein
schönes, barockes trompe d'oeuil Deckengemälde, so dass man denkt, man
würde geradewegs in den Himmel hinauf sehen. Aber eben der Nacken. Ich
sass also ziemlich erschöpft dort und bemerkte, dass ungefähr 4 m vor
mier ein Bild aufgestellt war. Es war so schief an einen Stuhl
gelehnt. Und wenn immer Menschen vorbeikamen und das Bild
betrachteten, hellte sich ihr Gesicht auf. Sie waren ganz begeistert
von diesem Bild, vielleicht 50x100cm gross. Und je mehr Leute ich
passieren und leuhten sah desto neugieriger wurde ich, was es wohl auf
diesem Bild zu sehen gäbe. Ich dachte an einen  Grundriss, irgend eine
Darstellung, die den Menschen eine Übersicht und eine Einsicht gaben.
Ich konnte mir nichts anderes vorstellen als eine erläuternde
Darstellung. Und als ich dann meine Kräfte wieder gesammelt hatte und
bereit war, mich hin zu diesem Bild zu bewegen, da fand ich ... einen
Spiegel. Er war schief gestellt, so dass man, ohne den Kopf in den
Nacken zu werfen, die Decke betrachten konnte. Das war ein lustiger
Moment.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag.
Mit lGuK

Donnerstag, 14. Juni 2012

Zeit und Langeweile

Liebe Marlena
---
Ich glaube, je älter ich werde desto rascher gehen diese Tage und diese
Jahre. Aber, das zu sagen ist bestimmt nichts Neues. Man sollte bloss
die Techniken verfeinern, womit sich die Zeit dehnen und strecken lässt.
Wie kann man Zeit vermehren?
Ich glaube, früher hatte ich immer gedacht, die Zeit fliesse am
langsamsten, wenn einem langweilig ist. Das Wort Langeweile heisst ja
schon, dass darin die Weile lang sei. Um also viel Zeit zu haben,
müsste man alles vermeiden, was aufregend und interessant sei. Bloss
müde herumhängen, das mache die Zeit am längsten, so glaubte ich.
Und ich kann Dir sagen, Malo, daran ist was Richtiges. Die Zeit ist dann
wirklich lang, manchmal endlos lang. Wenn man im Moment drin
steckt, dann geht sie endlos zähl und schneckenhaft über die Bühne.
Es ist mehr oder weniger die Art, wie Zeit auf dem Dorf vergeht.
Aber diese Art der Dehnung hat einen grossen Haken. In der
Erinnerung, im Blick zurück verschwindet jene Zeit, die damals so
endlos lang war, in ein pures Nichts. Damals viel und heute nichts,
das ist die Quintessenz jener Technik, die man im Dorfe übt.
Die Stadt arbeitet mit anderen Mitteln. Die Stadt sorgt für viel
Ereignisse im Moment, für Kurzlebigkeit und Rasanz. Die Zeit vergeht
im Fluge. Doch später hat man viele Erinnerungen und Erlebnisse, auf
die man zurücksehen kann. Sie erscheint dann als mehr, als sie
wirklich war. Ist daran nicht was Wahres?
Und gleichzeitig sind diese zwei Methoden, wie mir scheint, zwei
biologische Notreaktionen. Ich glaube, Freud erwähnt sie irgendwo. Es
gibt Tierarten, die erstarren bei Todesgefahr zur unbeweglichen Figur.
Sie gleichen sich sozusagen der unbelebten Natur an. Es ist natürlich
eine Art Mimikry mit dem Ziel, so unsterblich zu werden wie der Stein.
Und der andere Reaktionstyp ist der Bewegungssturm, der die
Lebensgefahr in einem Übermass an Bewegung und Reaktionsvarianten
zu überwinden versucht. Ist das nicht ein guter Vergleich?

Du siehst, Malou, wenn ich etwas Zeit habe, bricht meine
philosophische Seite durch. Dann werde ich gänzlich kontemplativ und
hänge in den Wolken.
Dann gehe ich in der Stube auf und ab, trinke Kaffee und wühle in den
Papieren. Und wenn ich noch ein paar Jährchen jünger wäre, würde ich
dazu Pfeiffe paffen, dass der ganze Raum im Nebel verschwinden könnte.
Das mindestens hat man mir früher immer vorgeworfen. Im
Studentenheim, später im Büro oder in meinem 'Rauchzimmer' zuhause.

Nochmals ..


Subject: Nochmals an diesem dunklen Abend

Lieber ...,
Nun habe ich dein liebes Mail gelesen und auch de Botton gesehen. Das schöne an dem Programm ist, dass er es in dem authentischen Milieu zeigt. So konnte man das Schloss bewundern, in das sich de Montaigne zurückzog um zu schreiben. Es war sehr sehenswert und sah, verglichen mit anderen alten Schlössern, die ich schon gesehen habe, ziemlich gemütlich aus. Auch hatte er einen wunderschönen Blick auf die Landschaft von seiner Bibliothek aus. Und auf dem Hof gab es auch jetzt allerlei Tiere zu sehen. Schweine, Schafe, Enten u.s.w. Montaigne hatte ein gutes Verhältnis zu Tieren. Er fand sie klug und meinte wir könnten einiges von ihnen lernen.
*
Hast du zwei CDs von deiner Mutter bekommen? Die eine war doch mit Walliser Dialekt, oder? Ja, ich verstehe schon, dass dir der Briefwechsel, von dem du sprichst, gut gefällt. Und auch der Film. Gewiss, dieser Anthony Hopkins hat etwas besonderes, was ich sehr mag. Etwas um dessen Verlust man trauern könnte. ...   Und hier der Kommentar eines Lesers zu dem Film:
*
Summary: For once you shouldn't read the book
When you first take a look at the story, 84CCR hasn't much going on for it. A movie about books (even worse: old books!), for 75% told off-screen and with two stars who don't share one scene together. It's a miracle that this movie has so much impact on the viewer. The atmosphere is really tense, it's like you're in that little dusty bookstore and you really like the characters, though you don't know that much about them. Great acting by all. Hopkins, playing a character that resembles the ones he played in Shadowlands and even Remains of the Day, is impossibly convincing in his role. Anne Bancroft, although sometimes slightly over the top when she talks to the viewer, makes a great match.*
Deine Frage ob ich mich je in einen Held (Helden?) in einem Buch verliebt habe? Soll ich es wagen, dir das zu verraten, ohne dass du, als echter Psychologe, mich gleich in ein Fach steckst? ;-)) OK. Ich war sehr verliebt in Rhett Butler in dem Buch "Vom Winde verweht". Habe das Buch als Teenager gelesen, dann später natürlich auch den Film gesehen. Und wenn ich es richtig bedenke, sind fast alle Männer in die ich mal verliebt war, von dieser Sorte gewesen. Komisch eigentlich. Ist man vielleicht auch für sowas programmiert???
*
Siehst du, weil du so lieb warst und mir noch heute Abend ein mail geschickt hast, habe ich sogar Lust bekommen dir gleich ein zweites zu senden.
Wie ist es eigentlich mit den Uhrzeiten in unseren Ländern. Du hast mir kurz nach 18.00 Uhr ein mail geschickt und als ich um 19.00 Uhr reinschaute lag noch nichts da.. aber bald danach fand ich ein Mail von dir. Haben wir eine Stunde Zeitunterschied?

Nun sage ich dir gute Nacht. Wünsche dir einen schönen Start in die neue Woche,
mit lieben Grüssen,
Marlena

smile


Ämne: :-)

(ungekürzt)

Lieber ... ,
Ach, wenn du wüsstest wie oft ich hier reingegangen bin und nach dir gesucht habe. Weisst du nicht, dass dein Samstagsmail immer wie eine "bridge over troubled water" ist, die mir über das Wochenende hinweg hilft? Nun ja, manchmal fliesst das Wasser eher gemächlich und ich könnte sogar darin schwimmen. Aber auch dann ist es schöner wenn du dabei bist.
*
Ich habe gerade Aufsätze korrigiert. Ach, wenn du wüsstest, wie gut ich unangenehme Aufgaben vor mir hinschieben kann. Ich hätte es schon längst tun können. Und nun brauche ich eine kleine Pause mit dir.
Gestern habe ich im Garten gearbeitet. Es war grau und düster und nicht sehr verlockend die Nase vor die Tür zu stecken. Zuerst habe ich sogar gefroren. Aber dann allmählich wurde mir immer wärmer und zum Schluss fand ich es richtig herrlich in der frischen Luft. Es sah wirklich schon wüst aus. Sogar die verfaulten Äpfel lagen noch auf der Terrasse. Ich weiss nicht was mit K los ist. Er überlässt mir immer mehr von diesen Arbeiten. Aber eigentlich finde ich es schön etwas zu tun bei dem man sofort das Ergebnis sehen kann. In jüngeren Jahren, als die Kinder meiner Kolleginnen noch klein waren, hatten wir öfters "syjunta". Wir trafen uns so 10 Frauen umwechseln bei einander, assen zuerst was gutes und liessen dann den Mund gehen, über allerhand Handarbeiten. Die Mütter flickten die Kleider ihrer Kinder, andere strickten oder machten irgendeine Handarbeit. Ich erinnere mich, dass dies eine sehr beruhigende und angenehme Beschäftigung war. Dann hörten diese Treffen auf. Und weisst du warum? Weil jede Einladung die vorherige in Luxus übertreffen musste. Am Ende war es fast wie ein kleines Nobelessen. Aber schön war es und ich erinnere mich gern daran.
*
Hast du dein altes mail gelesen? Ich tue sowas auch nicht gern. Ich meine, ich lese nicht gern meine eigenen mails. Ich fühle mich niemals richtig wohl dabei. Aber die deinen könnte ich immer wieder lesen. Ich bin mir jedoch bewusst, dass es Zeitdokumente sind. D.h., was darin steht gilt zu dem Zeitpunkt wo es geschrieben wurde. Es gibt mails von dir, die ich mir ausgeschrieben habe, weil sie so spirituell sind. Wenn ich ein bisschen Harroin brauche (=etwas das mich aufmuntert), lese ich sie nochmals und sofort fühle ich mich ganz froh. Sie sind besser als Schokolade, von der man ja wie bekannt dick werden kann.
*
Neulich hast du meine dunklen Augenbrauen kommentiert und dich gewundert was echt ist, die Haarfarbe oder die Farbe der Augenbrauen. Meine Haarfarbe habe ich nie geändert. Ich war sehr blond als junges Mädchen und später dann etwas dunkler. Du siehst es ja auch auf den Bildern. Manchmal spiele ich mit dem Gedanken mein Haar etwas dunkler zu färben. Ich glaube es würde mir gut stehen. Aber ich weiss nicht richtig. Die Augenbrauen habe ich damals in der Uppsalazeit etwas dunkler gemacht. Es war eben so mode.
*
Ich habe neulich ein Program mit Alain de Botton gesehen. Von seinem Buch "Der Weg zum Glück", wo er uns durch verschiedene Philosophen diesen Weg zeigen will, hat man eine Fernsehserie gemacht. Voriges mal sprach er über Epikur und heute (um 19.30) ist Montaigne an der Reihe. Ich weiss nicht wie es kommt, aber wieder hatte ich den Eindruck, dass de Botton nicht so begabt ist, dass er seine Bücher selbst hätte schreiben können. Auch in dem Programm machte er Kommentare, die die anderen in ein verwundertes Schweigen versetzte. Aber wie dem auch sei, das Programm ist mit schönen Bildern aus der Heimat der Philosophen versehen und doch ziemlich interessant. So sah man in dem vorigen Programm Epikurs Inskriptionen auf den Resten der Mauer, die er bauen liess um seine Gedanken unter dem Volk zu verbreiten. Es war wie eine Art Antiwerbung. Was mich wunderte war, wie man solche Dinge so verwahrlost auf dem Boden liegen lässt, wie man es im Programm sehen konnte. Ich weiss, du magst Epikur. Sicher magst du auch Montaigne.
Hast du mal die schöne Reklame gesehen mit dem riesigen wunderschönen Schloss, das zu verkaufen ist, und unten in der Ecke steht mit kleinen Buchstaben *happiness not included".
*
Ach, jetzt sehe ich gerade ein Mail von dir. Ich schick dir dies schnell ab. Muss dein mail lesen.

Wünsche dir einen schönen Abend
Marlena

Mittwoch, 13. Juni 2012

Kennedys und Hemingway

 (weiter)

Gestern Abend hat man am deutschen Fernsehen einen Rückblick gezeigt. Im Wesentlichen ging es um einen Journalisten, den ich ziemlich schätze. Und offenbar war er als Korrespondent zur Zeit Kennedys in Amerika. Sie zeigten eine Tagesschau Ausschnitte und Rückblenden aus jenen vergangenen Tagen. Das war eine ungeheure Zeit des Aufbruchs. Ich erinnere mich, wie nach der Mondlandung unser Französisch Lehrer in die Klasse kam und den Satz in den Raum goss: dies sei „der Sieg des Menschen über die Materie“. Na ja, ich verstand nicht so genau, was ein Sieg des Menschen über die Materie eigentlich war, aber es klang grossartig. Es klang danach, dass wir auf dem Höhepunkt der Zeit lebten. Es klang danach, dass jetzt, in diesem Moment, Geschichte geschrieben würde. Es klang danach, dass wir Zeitgenossen der besten Zeit wären. Wir waren stolz, ohne so genau zu wissen, weshalb. Es war eine grossartige Zeit.

Ich glaube, jene Kennedy-Zeit hatte eine enorme Aura. Am Fernsehen gestern Abend konnte man jenen Soerensen sehen, der für die Reden Kennedys verantwortlich war. Er muss vom Blut her ein Skandinavier sein. Er hat die berühmte Berliner Rede geschrieben. Und auch die Inaugurationsrede, die uns so sehr beeindruckt hatte. Und die Rede in Köln. Und man konnte Bob Kennedy sehen, von dem die Leute sagten, dass ich ihm ähnlich sehe. War er nicht ein toller Typ? Ich glaube, er war etwas kompliziert im Charakter, und etwas idealistisch. Und Kennedys Vater soll gesagt haben, er hätte für die Wahl seines Sohnes soviel Geld ausgegeben, dass er auch seinen Chauffeur zum Präsidenten hätte machen können! Hast Du schon so was gehört? Das waren bestimmt auch schon damals verkommene Zeiten !!

*

Ich habe in den letzten Tagen eine Biographie Hemingways gelesen. Vielleicht staunst Du darüber? Ich hatte im Geheimen immer den Eindruck, Hemingway sei ein Idol der Generation meines Vaters gewesen. Ungefähr so wie Gershwin. Vor etwa 10 Jahren hatte ich meinem Vater ein Tagebuch Hemingways geschenkt, genau aus diesem Grund. Er hat mir sogar berichtet, dass er daran lese, denn er war schon alt zu jener Zeit. Und in Spanien hatte ich mich mit Hemingway beschäftigt, im Zusammenhang mit dem spanischen Stierkampf und mit dem Bürgerkrieg. In Spanien nennt man ihn immer noch Papa. Nun ja, Hemingway war sehr früh sehr bekannt. Aber er war gewissermassen eine tragische Figur. Das hatte ich nicht gewusst. Sein Machismo und seine robuste Erscheinung waren mehr ein Produkt der Medien als wirkliche Wirklichkeit. Seine Mama hatte ihn bis 7 in Mädchenkleidern aufgezogen, zusammen mit seiner älteren Schwester. Ach, er muss ein ziemlich unglücklicher Mensch gewesen sein, obwohl er das auf den Fotos nicht so darstellt. Er hat eine Rolle gespielt. Und er hat damit gutes Geld verdient. 4 Ehen, einige Hirnerschütterungen, viele Reisen, noch mehr beinahe Kriegsverletzungen, er soll motorisch ziemlich ungeschickt gewesen und offenbar immer wieder über die eigenen Füsse gestolpert sein. Ach, der arme Kerl! Und ich hatte immer den Eindruck, das wäre noch ein Mann alten Stils gewesen, so wie wir als Jungen gewünscht hatten, einmal zu werden. So schnell fahren die Illusionen dahin!

*

Ist das nicht ein merkwürdiges Mail? Ich kann Dir auch nicht erklären, wie so was zustande kommt. Aber man kann nicht alles erklären in diesem Leben. Nicht wahr?

*

Ich wünsche Dir eine gute Woche und ich küsse Dich, meine ferne Geliebte.
...

Romanfiguren

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Liebe Marlena

Stockdunkel ist es draussen, und doch erst ungefähr 18.00h am Sonntag Abend. Das erinnert mich an das Mail, das Du mir kürzlich geschrieben hast. Aber das macht es doch auch sehr gemütlich zuhause. Ich bin zwar noch im Büro. A ist gekommen, um einige Dinge zu kopieren und aus dem Netz herunter zu laden. Wir haben ein bisschen geplaudert. Ich glaube, sie hat es ziemlich streng im Moment. Ungefähr so wie Anna, scheint mir. Aber das ist gut so. Man ist in diesem Alter so sehr lernfähig, dass man die Zeit nicht verstreichen lassen sollte.

Hingegen sollten wir es doch ein bisschen gemütlicher nehmen können. Immerhin ist unser Wissen angereichert mit viel Lebenserfahrung. Und das macht es zu purem Gold. Die Welt sollte doch endlich erkennen, dass wir reinstes Gold anzubieten haben.

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Ich glaube ich habe Dir erzählt von der CD, die mir meine Mutter zum Geburtstag geschenkt hat. Ich höre sie oft, wenn ich hier am PC sitze. Sie ist so romantisch und hübsch, dass man sich geradezu an Mrs Dalloway erinnert. Es ist eine anrührende Hymne an die Freundschaft. Die Autorin, Helene Hanff an der 14 East 95th Street N.Y., ist eine junge Jüdin, die beim Buchantiquariat Marks &Co in London, Charing Cross Road 84 seltene Gedichte, Erstausgaben und so nebenbei das Rezept für Yorkshire Pudding bestellt. Der Ton ist sehr anregend. Die New Yorkerin gebärdet sich ein bisschen ‚rempelig’, dh. jugendlich burschikos, aber mit viel Ironie. Und die Engländer, auf der anderen Seite des Ozeans, sind überaus korrekt und höflich und formulieren ihre Antworten mit dieser stoischen Korrektheit, die mich immer wieder berührt. Es wird deutlich, dass sie noch unter dem Krieg zu leiden haben. Offenbar ist im England der 50er Jahre Fleisch Mangelware. Einmal schickt die Amerikanerin sogar einen Schinken und Eier, und die Briten sind darüber begeistert. Mittlerweile nimmt der gesamte Buchladen an dieser Korrespondenz teil. Das Buch heisst „84, Charing Cross Road“ (1970 herausgekommen) und ist offenbar mit Anthony Hopkins und Anne Bancroft verfilmt worden. Du kennst Hopkins? Er hat genau diese Melancholie im Gesicht, die es für einen älteren Antiquar braucht. Ich nehme doch sehr wohl an, dass er diese Rolle innehat.

*

Wenn ich von dieser CD erzähle, erinnere ich mich, dass ich mich einmal in eine Romanfigur ziemlich handfest verliebt habe. Ist Dir das auch schon passiert? Und ich war nicht zu jung dabei. Die Figur war ein Mädchen, vielleicht 14 oder 16 Jahre, eine Londonerin, die mit Blazer und tadellosen Manieren noch zur Schule ging. Ich schrieb eine Rezension über das Buch und ich bemerkte, wie sehr ich diese Figur mochte. Na ja, es war nicht wirklich Liebe, sondern viel mehr eine väterliche Fürsorge vielleicht. Aber eins ist sicher, ich war sehr schwach geworden. Ich hätte sie umarmen können. Ich muss mal sehen, ob ich das Buch wieder finde unter den vielen Jugendbüchern, die bei mir herumliegen. Ich weiss auch nicht mehr, wie sie hiess. Aber irgendwie hatte ich ziemlich klare Vorstellungen, wie sie ausgesehen haben musste. Und sie spielte eine tapfere und sehr aufrechte Rolle in diesem Roman. Das hat mir überaus gut gefallen. Ach, vielleicht treffe ich sie wieder einmal und per Zufall in meinem riesigen Chaos von Büchern.

*

Gestern Abend hat man am deutschen Fernsehen...

Montag, 11. Juni 2012

Fussball und Rosen

Subject: Re: 2 : 1
Date: Sun, 11 Jun 2000 08:42:59 GMT

Liebe Ferngeliebte
...
Ach, es war sehr schön gestern  ... und es war wundervoll, weil wir alle Zeit der Welt hatten und du nicht ständig in der Angst sein musstest, gleich gestört zu werden. Es gibt wirklich nichts, was ich lieber täte, als mit dir zu plaudern. Und wenn wir dazwischen eine Pause machen, so wie gestern, und uns nach einer Zeit nochmals treffen, dann finde ich das noch schöner, denn es dehnt das Vergnügen in die Länge und intensiviert die Vor- und die Nachfreude. Wir sind doch wirklich schon ziemlich weit mit unserer Lebenskust, wir sind doch Lebenskünstler.
*
Und schliesslich haben die armen Schweden 2:1 verloren. Meine ganze Sympathie lag auf ihrer Seite, doch es hat nicht genügend gewirkt. Ich habe den Anfang gesehen. In den ersten 15 Sekunden ein Angriff mit einer Torchance, das fand ich grossartig. Das hat mich an meine Gewohnheit erinnert, mir Mühe zu geben, wenn wir Gäste haben, ihnen innert einer Minute oder so ein Glas mit einem Apero in die Hand zu geben. Das ist Effizienz. Dann können die, die sich nicht kennen, miteinander anstossen. Und Formalitäten sind immer gut zur Kontaktaufnahme. Man kann was sagen und sagt doch nichts. Es ist, wie wenn man über das Wetter redet.
Also, die armen Schweden. Es gab einige sympathische Typen darunter. Der Schiedsrichter war auch sympathisch. In Visp nennen sie einen Schiedsrichter Arbiter, vom Französischen her. Und wenn er schlecht pfeifft oder die Visper im Rückstand liegen, rufen sie "Arbiter ans Telefon!".
Und die Belgier, diese Mannschaft, die meisten konnten nicht einmal ihre Nationalhymne singen. Man hatte den Eindruck, das seien eher ausländische Söldner als wirkliche Belgier. Aber sie haben nicht schlecht gespielt, muss man ihnen lassen. Das zweite Tor habe ich gesehen, und es war unhaltbar. Der Schwedische Torhüter spielte sehr gut und hat gelegentlich mutige Aktionen gemacht. Es war nicht sein Fehler. Es tut mir leid, dass WIR nicht gewonnen haben. Und in Gedanken habe ich dir zugesehen, wie du vor dem Fernseher protestbügelst.
*
Heute habe ich die erste Rose gefplückt und in der Vase in unser Wohnzimmer gebracht. Sie ist blutrot, wie meine Marlena. Sie tropft geradezu vor Röte. Es gibt nichts röteres auf der Welt, als so eine Rose des reinen Widerspruchs.
Und auch im Garten blühen sie jetzt reichlich. Wir haben mitten im Garten einen Tujabaum. Er ist sehr mächtig geworden in den letzten Jahren. Und weil diese Tuja viel Schatten macht, habe ich angefangen, ihn zu schneiden. Und zwar habe ich ihn unten etwas dünner gemacht. Ich wollte eigentlich unten einen dünnen Schaft und oben eine Kugel schneiden. (Walter habe ich erklärt, ich würde ihn in die Form eines Penis schneiden, und er hat köstlich gelacht. Aber das war eher ein Witz unter Männern.) Doch es ist ziemlich umständlich, dort hinauf zu gelangen. Und dann habe ich auf die Sonnenseite eine Kletterrose gepflanzt. Jetzt ziehe ich diese Rosen in der Tuja hinauf, und überall wachsen sie hervor und blühen. Es sieht sehr gut aus, weil die hellen Rosen auf dem dunkeln Hintergrund des Tujas besonders gut zur Geltung kommen. Es wirkt so, als ob die Tuja selbst blühen würde. Diese Idee hatte ich eigentlich aus dem Tessin. Dort gibt es ja viele Palmen. Und die Palmen haben einen langen, irgendwie haarigen Stamm. Und oft sieht man, dass die Leute daran Kletterrosen steigen lassen. Das sieht zusammen sehr pittoresk aus.
Du siehst, ich hole mir nicht nur die Zungen, ich hole mir auch die guten Ideen aus dem Tessin. Man nennt das Tessin die Sonnenterasse der Schweiz. Doch im Grunde ist das Wallis noch sonniger als das Tessin. Aber das Tessin wirkt südlicher wegen der italienischen Sprache. Und diese norditalienischen Seen sind wirklich ein Paradies.
*
Jetzt habe ich unser Bild im Büro stehen und ...

Sonntag, 10. Juni 2012

Schulabschluss und alternative Leben


Ämne: RE: saturdaymorningintheoffice
Datum: den 12 juni 2004 08:22

Liebe Malou
Ach, gestern war ein hektischer Tag. Von allen Seiten kamen die Anforderungen und Bedürfnisse. Jeder wollte etwas. Und am liebsten sofort. Nein, das mag ich nicht, solche Situationen, in denen man total vom Hand in den Mund lebt. Es gibt Typen, die das lieben, diese Krisensituation, dieses Notfallsyndrom. Ich glaube, es hängt damit zusammen, was jener Journalist in Italien über den Chaotismo geäussert hat. Das ist der Moment, da man sich als Deus ex machina fühlen kann. Und das ist es, was sie wünschen. Ich hingegen bin so sehr bescheiden, dass ich das nicht mag.

Der Regen hat sich gelegt. In den letzten Tagen hat es echt gekübelt. Und die Natur sollte jetzt wieder für 2 oder 3 Wochen satt sein und sich zufrieden geben. Die Temperatur ist ziemlich zurück gegangen. Aber nächste Woche soll sie wieder steigen. Und dann wird der Sommer wohl endgültig angekommen sein?

Ihr habt den Abschluss des Schuljahres und die Abitur-Feier? Das ist schön. Es ist das Fest der Jugend, und es erinnert gleichzeitig an eigene und die damaligen Feste der eigenen Kinder. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mich selbst an jene Feier, die es ja auch bei uns gibt, nicht mehr genau erinnern kann. Nun, die Verhältnisse an der Schule in Brig waren einfach. Feiern fanden jeweils im Theatersaal statt. Ein Theatersaal war kein Luxus, denn das Theater gehört zur jesuitischen Ausbildung. Das gehört sozusagen zum Barock der Gegenreformation, während dessen auch die Oper entwickelt worden ist. Ich habe eine merkwürdige Erinnerung. Stets an diesen Gelegenheiten, Festen, Feiern, speziellen Gelegenheiten, hatte ich ein Auge für jene Wandskulptur, die unser Zeichnungslehrer an die Wand des Theatersaales geschaffen hatte. Während des Alltages schaute ich kaum dort hinauf an die Wand, wo diese merkwürdige, etwas verkürzte Figur herunterschaute. Sie sah aus wie ein Engel. Mindestens, so glaube ich, war es eine religiöse Figur, eine Figur aus dem biblischen Kontext. Unser Zeichnungslehrer war im Wallis ziemlich bekannt, hat viele Skulpturen, Brunnen, Gedenksteine geschaffen. Aber er war auch ein stiller Mann. Im Unterricht hat er uns kaum etwas erzählt und uns kaum etwas Neues beigebracht. Bei einem anderen Lehrer wäre ich vielleicht Künstler geworden. Denk Dir mal so was, Malou! Ich würde jetzt in einem dunkeln Atelier im Kreis 4 Zürichs unter Huren und Türken dahinvegetieren, würde mich notdürftig von Büchsenbohnen und kalten Buffets an Vernissagen ernähren, und mich an letzteren auch gelegentlich wieder mal richtig besaufen. Ich hätte vielleicht 2 oder 3 heisse Freundinnen, eine blonde, eine brunette und eine schwarze, wie ich wohl annehme, und ich würde mein kleines Harem notdürftig pflegen und zufrieden stellen mit viel Scherereien, zugegeben, und Streitigkeiten. Und daneben hätte ich in meinem Alter all meine Illusionen verloren über Kunst und den Idealismus. Ich würde mit Misstrauen beobachten, wie die junge Künstler von den Behörden grosse Auftrage zugewiesen bekommen, und wie sie sich dann bei jenen bourgeoisen Ärschen noch mehr anbiedern und einschleimen. Widerlich! Vielleicht würde ich im Stillen immer noch nach meinem grossen Jahrhundertwerk gieren, jenem Bild, oder jener Statue, jenem Meisterwerk, welches endlich allen Menschen die Augen öffnen kann. Und von diesem zehrenden Leben wäre ich mit diesem Alter bereits heruntergekommen. Ich hätte meine Anfälle, meine Magenkämpfe oder so, und trotzdem würde ich regelmässig meinen Dôle trinken und dazu Gitanes rauchen. Ach, ich würde mich langsam zugrunde richten und würde das alles noch geniessen. Ich wäre wie die Kerze, die an beiden Seiten brennt.

Ist es nicht schön, sich alternative Leben auszudenken? Frisch hat sich in der ‚Biographie’ mit diesen Fragen beschäftigt. Man kann sich damit sehr glücklich, oder aber - zweifellos - auch unglücklich machen. Ich selbst bin darüber eher glücklich. Ich meine, ich erlebe dabei die Weite des Lebens. Ich empfinde, wie gross die Möglichkeiten der Existenz eigentlich wären, und wie viel anders mein Lebenslauf auch hätte ausgehen können. Ich glaube, es macht irgendwie zufriedener mit dem, was man hat. Man fühlt sich dann so ordentlich und zufrieden in der Mitte all dieser wilden und abenteuerlichen Spuren und Wegzeichen in der weiten Landschaft. Man weiss sich auf einem ordentlichen, gesicherten Wanderweg, der zwar nicht wirklich irgendwo hin führt, aber zumindest sich nicht allzu gefährlich ausgibt. Und dazu trifft man auf dieser kleinen, gut ausgebauten Avenue jede Menge netter Menschen, die auch unterwegs zu sein scheinen, die aber auch nicht wirklich wissen, wohin der Weg führt. Das ist der wesentliche Unterschied: bei den Menschen auf dem Weg entscheidet der Weg über die Gehrichtung. Bei jenen, die eigenmächtig durch die wilde Natur gehen, entscheidet jeder selbst. Das macht ihn wohl wacher für die Situation. Vielleicht kommt er nicht wirklich an einem selbst gewählten Ziel an, aber mindestens er hat seinen Weg selbst gewählt. Er fühlt sich heroisch, denn er hat immer wieder den Eindruck, in einer Krisensituation zu sein, in einer Situation, die über Tod und Leben entscheidet. Und gerade das macht, dass er sich so lebendig fühlt. Wir hingegen wandern ruhig auf dem Strässchen wie auf einem Sonntagnachmittagspaziergang. Und jedes Kind weiss doch, wie langweilig Sonntagnachmittagspaziergänge sein können!! Und so ist es nicht erstaunlich, dass wir ein bisschen schläfrig dahin gehen und nicht wirklich wach zu sein brauchen. Das einzige, was wir benötigen, ist die Motorik der Beine. Und sie arbeitet bekanntlich routinemässig und völlig automatisch. Wir brauchen bloss zusehen, dass sich an den Füssen keine Blasen entwickeln!!

Ich muss jetzt zurück auf mein langweiliges Strässchen und die Sitzung für Montag vorbereiten. Dann fahre ich nach Basel.
MlGuKusw
...

... liegt die Würze ????


Ämne: ....liegt die Würze????
Datum: den 8 juni 2004 16:35

Lieber ...,
Bin soeben nach Hause gekommen nach unserem Abschlusskollegium. Vorher hatte ich noch eine Stunde Konferenz mit meinen Deutschlehrern und davor die letzte Unterrichtsstunde des Schuljahres. Es war eine Französischstunde und wir haben sie zu einer Huldigung an den französichen Käse gemacht. Es gab Brie, Roquefoort, Camembert, Boursin (à l'ail), und Chèvres ( ein gastronomischer Höhepunkt). Dazu gab es Weintrauben und frischgebackene Baguettes und getrunken wurde Cider oder Eau de Vichy.
Ich hatte auch ein Band mit sehr schönen französischen Volksliedern zu denen wir zwischendurch mitgesungen haben. Ich glaube es war ein schönes kleines Fest für die Schüler und vielleicht hat der eine oder andere Geschmack bekommen an diesen französischen Delikatessen.

Jetzt muss ich noch das Protokoll schreiben und dann ist auch dieser Arbeitstag zu Ende. Heute Abend kommt Anna nach Hause und morgen habe ich einen Ausflug mit einer Klasse, die zu einem der Klassenlehrer aufs Land hinaus eingeladen ist. Ich fahre eigentlich mit meist weil ich die Möglichkeit habe Schüler in meinem Auto dorthin zu frachten. Aber für ein Drittel der Klasse bin ich Mentorin und ich sehe sie gern nochmal wieder. U.a. ist dort ja auch der deutsche Gaststudent, dem es so gut hier gefällt, dass er garnicht mehr zurück will. Er hat in einem einzigen Jahr ein ganz hervorragendes Schwedisch gelernt. Auch in Französisch war er einer der allerbesten.

Natürlich könnte ich ein SMS senden, aber man würde sehen, dass es aus Schweden kommt und sich wundern.. SMS an den Nachbarn oder ans andere Ende der Welt kosten das gleiche und kommen gleich schnell an. Überwältigend, die technische Entwicklung. Man kommt nicht mehr mit, mit dem Kopf.

Ich halte deiner B den Daumen und wünsche auch mir ein etwas längeres Mail,
wenn möglich. :-)

Mit lieben Gs und Ks,
Malou

Samstag, 9. Juni 2012

Kleiner Monarchie-Kurs u.a.m.

.


date:   10 June 2007 21:54
subject: Kleiner Monarchie-Kurs


u.a.m.

Lieber ...,
Ja, sie ist eine starke Persönlichkeit, unsere Kronprinzessin
Victoria.  Am 14. Juli 1977 geboren. Also wird sie bald 30 Jahre alt
sein. Sie ist eine äußerst sympathische Person und macht sich gut bei
allen Repräsentationen. Und intelligent ist sie, trotz ihrer Dyslexie,
die sie wohl vom Vater geerbt hat. Sie hat einen Freund, Daniel, schon
seit Jahren. Er stammt aus einem kleinen Ort aus einfachen
Verhältnissen. War persönlicher Trainer in einem Gym.. später
Gymbesitzer. Weiss nicht, ob er sonderlich begabt ist, aber er wird
"ausgebildet". Ein ganzer Stab steht zu seiner Verfügung. Du kannst
dir ja vorstellen, welchen Druck dieser arme Kerl auf sich hat.




Die jüngere Schwester Madeleine, die blonde, feiert gerade ihren 25.
Geburtstag. Unsere online-Zeitungen sind voll davon. Sie ist auch eine
Schönheit. Sie wohnt in New York mit ihrem Freund, der keines von den
Problemen des anderen hat. Gut ausgebildet und in dem "richtigen"
Milieu aufgewachsen, wie er ist. Aber nun scheinen beide zurück in
Schweden zu sein.

Ich muss lachen, wenn ich das schreibe, denn ich musste mich erst im
Internet nach einigen Fakten umsehen. Aber ich mag unser Könighaus.
Sie sind die beste Reklame für Schweden und obwohl es viele
Republikaner gibt, die die Monarchie abschaffen wollen, wird es ihnen
nicht so leicht gelingen, denn das schwedische Volk denkt anders.

Gestern ist der "Ostindienfahrer Götheborg" von seiner langen Reise
nach China zurückgekehrt. Und natürlich hat man das in Göteborg gross
gefeiert. Auch das Königspaar war dabei, diesmal zusammen mit dem
Präsidenten aus China, der zu einem Staatsbesuch hier ist. Der erste
übrigens aus China.




Wir haben eine richtige Hitzewelle hier. Gestern hatte Stockholm 32°,
und das an dem Tag des "Stockholm Maraton". 17.000 Personen waren dazu
angemeldet. Stell dir vor, bei dieser Hitze.



Gerade in diesem Moment habe ich hier vor dem PC 28,6°. Und dabei habe
ich gerade eine schlimme Erkältung, die mich etwas ängstlich macht,
denn ich habe in den nächsten Tagen viel eingeplant.


Das waren meine News aus Schweden. Und bei dir? Hast du ein schönes
Week-end gehabt? Habt ihr auch solche Hitze bei euch?

Ich wünsche dir einen guten Start in die neue Woche
mit lieben Gs und Ks
Malou

Freitag, 8. Juni 2012

Trachten und singen


date:   8 June 2007 08:31
subject: FreiMo


Liebe Malou

Ich glaube, bei uns ist jetzt der Sommer gekommen. Das muss man sagen,
nachdem er sich schon im April angekündigt hatte. Das Wetter ist zwar
ziemlich feucht. Es gibt Morgendunst. Aber die Tauben fliegen schon
ihre Runden über die Dächer der kleinen Stadt. Wahrscheinlich pfeifen
sie dazu die Internationale? Oder vielleicht doch eher irgend einen
alten Ohrenwurm von  den ABBAs?

Im Strassencafè gegenüber sind die Tische schon frühmorgens bereit und
mit roten Tüchern bedeckt. Sie stehen bereit für die Kundschaft. Aber
natürlich sitzt noch niemand herum und schlürft Tee oder Latte
macchiato. Es ist doch noch etwas zu früh um 8h am Morgen. Vielleicht
um 9h werden die ersten Leute sich niederlassen. Ich sehe sie nicht
genau, weil die Bäume, die in einer Reihe vorne dran stehen, mir die
Sicht verhindern. Das ist vielleicht auch besser so, weil ich sonst ja
bloss die ganze Zeit dort unten die sozialen Verhältnisse von L
studieren würde.

Ja, es ist schön, dass du auch singst Malou. Ich finde, wenn man es
nicht spontanerweise tut, sollte man sich dazu ein bisschen
überwinden. Ich glaube, früher haben Menschen mehr Melodien gefpiffen
und gesungen. Man pflegte zu sagen, dass ein normaler Pariser
Austräger jede Menge Opernarien von Anfang bis Ende zu pfeifen vermag.
Vielleicht macht die moderne Pop-Musik die Menschen unmusikalisch, dh.
zu passiven Konsumenten. Ich jedenfalls habe mir vorgenommen, ab und
zu zu singen. Das hatte ich mir schon vor 2 oder 3 Jahren gesagt. Es
ist ein gutes Mittel zur Entspannung. Und es hat etwas Autoerotisches
an sich, nicht?

Hast du auch eine solche Tracht, wie sie die schwedische Königin
trägt? Oder vielleicht eine, wie sie die Prinzessin hat? Ich muss ein
bisschen lachen bei dieser Frage. Als ich etwa 12 oder 13 Jahr, hatte
ich mal einen Mann sagen hören: Nichts kleidet eine Frau so gut wie
die Tracht! Das hat mich unendlich beeindruckt. 1. Die Formulierung
"kleidet". Ich hatte den Eindruck, dass doch nicht ES kleidet, sondern
die Frau kleidet sich selbst. 2. Dass eine Tracht das tun soll, das
habe ich überhaupt nicht verstanden. 3. Und dazu noch, dass Frauen
mehr oder weniger gut gekleidet sein können. War mir bisher kaum
aufgefallen. 4. Und last but not least, dass dieser Vater einer meiner
Feundinnen eine so konservative, altmodische Bemerkung machen konnte,
das fand ich doch sehr bemerkenswert.  Deshalb meine Frage Malou, wo
hast du deine Tracht aufgehängt? Im Kleiderschrank oder im Estrich?
Trägst du am 6.6. eine spezielle Kleidung? Übrigens gibt es natürlich
auch in der Schweiz solche Trachten, sehr unterschiedliche je nach
Kanton. Und man sagt, sie seien sehr teuer. Sie werden von den Müttern
auf die Töchter vererbt. Und natürlich haben Mütter in der Regel
doppelten Umfang von dem ihrer Töchter. Im Wallis sind sie meist
schwarz. Sie unterscheiden sich von Tal zu Tal. Gemeinsam ist ihnen
vielleicht die Ähnlichkeit des Hütchens. Es schaut wie eine
Pralinen-Schachtel aus, eine steife Konstruktion mit vier seiten, oben
ein kleines Türmchen, wenn ich mich nicht irre. Ich schicke dir mal
ein Bild, wenn ich sowas im Internet finde.

Jetzt wünsche ich dir einen schönen, sonnigen Tag.
...

Mittwoch, 6. Juni 2012

Re: kingsize

6 Juni 2007

date:    7 June 2007 11:22
subject    Re: kingsize  


Liebe Malou
Merci, dass du mich an der kleinen Midsomarfeier dabei sein lässt. Die
Fotografen scheinen sich vor allem für die kleine Prinzessin zu
interessieren. Ist sie noch nicht alt genug, Königin zu sein? Hat sie
schon einen Mann, oder kann man sich noch bewerben? Sie hat ein
ausgeprägtes Kinn, ist sicherlich eine starke Persönlichkeit mit
Durchsetzungswillen.

Ach, ich habe so wenig Wissen über Königinnen und Könige. Alles, was
ich weiss, stammt aus Märchen und ist deshalb nicht ganz ernst zu
nehmen. Vielleicht sollte ich mal einen Monarchie-Kurs absolvieren?
Aber wir Schweizer sind dazu einfach nicht sosehr motiviert. Weiss der
Teufel weshalb? Seit jener   William Tell im 13. Jahrhundert mit
seiner Armbrust in der Gegend herum und auf Äpfel geschossen hat,
haben wir es mit den königlichen Obrigkeiten einfach verdorben. Wir
sind ein Volk von Bauern und Kuhütern geblieben, und dabei ziemlich
glücklich geworden. Und Söldner stellen wir in der letzten echten
Monarchie der Welt, im Vatikan. Oder etwa nicht ?

Ach, dieser Ausflug war nicht für die Alten, sondern nur für
die Helfer? Das wusste ich nicht. Ich habe gedacht, es wäre deine
Feuertaufe gewesen und du hättest  jetzt ein altes Menchlein auf einem
Rollstuhl an dich gerissen? Nein? Wann beginnt denn dein Einsatz
wirklich?

Ja, du bist nicht nur eine Sprachgelehrte, sondern auch eine Sängerin.
Dass weiss ich sehr wohl. Weshalb singst du nicht öfter, nur im Auto?
Singen ist gut. Das balsamiert die eigene Seele, glaube ich. Ich werde
es in Zukunft auch versuchen. War doch schon längere Zeit mein Ziel.

Klar ist ein Tisch ein Tisch, die Frage ist bloss, ob er auch ein
gedeckter Tisch sei. Ich wusste nicht mehr, dass dies der Titel der
Bichsel-Geschichte sei. Ja, ich erinnere mich, dass du erwähnt
hattest, dass ihr Tondokumente von unserem Peter Bichsel habt. Du
weisst, dass er in Olten aufgewachsen ist? Olten galt und giltet immer
noch ein bisschen als Eisenbahn-Stadt, weil hier alle wichtigen Linien
der Schweiz zusammenkommen. Deshalb vielleicht hat es sich P. Bichsel
zur Gewohnheit gemacht, mit dem Labtop in der Bahn zu schreiben. Er
ist ein passionierter Bahnfahrer. Natürlich ist er ein ebenso
passionierter Wirtshausbesucher. Dort hat er seine Stoffe her,
behauptet er immer wieder. Ein lustiger Kerl, dieser Bichsel. Als ich
letzmals ein Foto von ihm in der Zeitung gesehen habe, war ich
erstaunt, wie sehr er gealtert hat. Er ist nicht mehr jung. Ich glaube
kaum, dass er noch grosse Werke schreiben wird. Grosse Werke waren
ohnehin nie seine Sache. Die letzte Kolumne in der Zeitung, die ich
von ihm gelesen habe, fand ich irgendwie ohne Pointe, ein bisschen
kraftlos. Aber das kann auch an mir gelegen haben?

Du solltest mich nicht 'Sprachgenie' nennen Malou. Du verdirbst mir
den Charakter. Und ausserdem trifft es nicht zu. Ich kenne etliche
Leute, die Romane in fremden Sprachen lesen. Das habe ich noch nie
getan. Nie! Vielleicht sollte ich es mal versuchen?

Ich schicke dir süsse Gs und Ks aus BS
...

Nationaltag

.
 

Date:     6 June 2007 23:00
Subject:       6/6 1907


Lieber ...,
Ja, ich bin wieder zu Hause seit gestern Abend. Und heute haben wir
bei strahlendem Wetter unseren Nationaltag gefeiert. Er ist noch so
neu, dass wir noch etwas unsicher sind, wie wir das feiern sollen. Es
wird leicht eine kleine "mini-midommar-feier", denn Midsommar feiern
wir schon am 23. dieses Jahr.

Nein, mit Alten bin ich noch nie unterwegs gewesen.. wenn man nicht
den Tagesausflug nach J zählt, aber die Leute dort waren alle "Betreuer"
.. obwohl mir, als ich mich im Bus umschaute, der Gedanke
kam, dass wir ebenso gut einander pflegen könnten. ;-)

Wenn du mich Sprachgelehrte nennst, dann lache ich. Weisst du, dass
ich mich schon oft gewundert habe, wie ich mich eigentlich traue einem
solchen Sprachgenie wie du, zu schreiben.

Das mit dem singen ist lustig. Meine Mutter sang immer und vielleicht
deshalb sehe ich sie immer noch als ein sehr lebendiger und
glücklicher Mensch. Manchmal sang sie auch traurige Liebeslieder..
doch auch das war schön. Und ich? Ich würde mich vielleicht nicht
daran erinnern, wenn nicht eine von Annas Freundinnen, als sie noch
klein war, etwas erstaunt gesagt hätte: "Deine Mutter singt.. das tut
meine nie.." Eine solche Mama hätte sie auch gern gehabt.
Jetzt singe ich mehr selten... aber immer noch wenn ich im Auto nach L
fahre.. dann bin ich mein eigenes Radio.. auf Musik eingestellt. Und
es gibt Lieder, die ich mit dir verknüpfe, die singe ich auch, je nach
Laune.. :-)

Intressant, deine neue Theorie der Sprache. Ich werde darauf
zurückkommen, wenn ich mehr Zeit habe.
Ach, du kennst "Ein Tisch ist ein Tisch" von Bichsel? Das ist eine
sehr liebe kleine Geschichte, die ich wohl die meisten meiner Schüler
hören liess. Sie ist sprachlich so einfach, dass man sie sogar den
Anfängern zeigen kann und eignet sich gut zum analysieren. Wir hatten
sie auf Tonband, von Bichsel selbst für schwedische Schulen
vorgelesen. Doch das habe ich dir schon erzählt, glaube ich. In 7
Jahren muss ich dir doch eigentlich schon alles erzählt haben.. fast
alles. :-)

So, ich lasse dich wieder.
Wünsche dir eine wunderschönen Tag
mit lieben Gs und Ks und Qs
Malou

royal lawn

.

 
 Ämne: royal lawn
Datum: den 6 juni 2002 13:50

Liebe Marlena
Klar, vergeben, das habe ich mir auch gedacht, dass Du im Moment doch andere
wichtige Dinge zu tun hast. Ich sehe Dich um 4 im Schneidersitz auf dem
Küchentisch. Das sind Höhepunkte im Leben. Sowas vergisst man nie mehr. Und
es rührt mich immer wieder zu sehen und zu hören, wie sehr sich Mütter für
ihre Kinder aufopfern. Das ist der Ursprung der Liebe auf dieser Welt.
Männer sind zu sowas viel weniger fähig oder begabt. Ich will nicht
behaupten, Männer täten nichts in dieser Beziehung. Aber die Aufopferung
fällt ihnen doch bedeutend schwerer.
Es ist schön zu hören, wie der grosse Moment näher kommt. Und es wird
natürlich ein Moment der Freude aber auch der Wehmut sein. Das ist es dann,
was Kinder dabei wundert, dass Eltern bei aller grossen Freude Tränen in den
Augen verbergen. Ich habe das früher nie kapiert, und heute könnte ich in
solchen Momenten gleich losheulen. Na ja, so ähnlich.
Einen Apfelbaum zu pflanzen finde ich wunderschön. Dazu ist nicht viel zu
sagen. Dazu kann man bloss zustimmend nicken.
Ich habe in den letzten Tagen ja auch um dieses Gymnasium und die Matura
(resp. Abitur) nachgedacht. Es ist schon ein grosser Tag, diese Schule
bestanden zu haben. Natürlich ist das Gymnasium eine Konfitüre von
verschiedenen Erfahrungen, Freuden und Leiden, die sich überall dick
aufstreichen lassen. Nicht zuletzt ist diese Intensität auch abhängig vom
Alter, von diesen vielzitierten Pubertätsjahren, während deren man alles so
intensiv und grossformatig erlebt.
*
Die Geschichte mit Cabballé Montserrat sind - ich bitte Dich - the truth and
nothing but the truth, also keine blühende Fantasie oder so. Sie war lustig,
diese Dame, und von meinem hohen Sitz ist sie erschienen wie eine Puppe,
overdressed und overloud. Es schien mir, sie ist eine Person mit viel
Energie und Temperament. Manchmal hat sie losgeprustet vor Lachen. Und
natürlich hatte das Publikum sein Vergnügen.
*
Und dann Deine Bilder. Ja, ich bin gehetzt, und jetzt, als ich Dein Mail
geöffnet habe, ist mir wieder in den Sinn gekommen, dass Du Bilder
hineingelegt hast. Noch dazu das Code-Wort hast Du geliefert. Ich weiss ich
weiss, manchmal brauche ich schwer Nachhilfestunden. Aber ich schwöre, ich
werde sie mir ansehen, sobald ich Zeit habe. NEUN volle Bilder. Für so viele
hatte ich noch nie die Ehre!!
Und doch habe ich sie jetzt rasch angeschaut. Ach, die Visper Bilder, wie
kommst Du denn zu ihnen? Wenn ich Dir schildern könnte, wie Visp damals
ausgesehen hat, als ich als Bube durch diese Gassen strich! Damals war alles
ein wenig zerfallen und alt und heruntergekommen. Speziell die Orte, die die
drei Bilder zeigen, sie stehen im alten Teil und dort waren die Mauern
niemals so weiss, wie sie jetzt zu sein scheinen. Das schöne Haus mit den
Balkonen links und dem kleinen Türmchen, das Burgener-Haus, was schon
damals hübsch, aber noch nicht renoviert und herausgeputzt. Ich habe es in
jenen Tagen mal abgezeichnet. In seiner Altertümlichkeit war es damals schön.
Und es steht am Platz vor der Kirche, also dort, wo die katholischen Bürger es
jeden Sonntag sehen konnten.
Deine Naturbilder sind ebenso hübsch. Besonders gut gefällt mir der Flieder.
Natürlich macht das senfgelbe Feld im Hintergrund den Pfiff aus. Es gibt dem
Foto das gewisse Etwas, findest Du auch?
Ich bin immer wieder erstaunt über Euren gepflegten, frisch geschnittenen
Rasen. Wenn S sowas sehen würde, käme ich schwer unter Druck und müsste
neue Ausreden finden, weshalb ich nicht wenigstens wöchentlich mähe. Aber
ich behaupte immer standfest und hart, dass wir hier noch nicht britische
Verhältnisse hätten. Bekanntlich gehen sie drüben auf den Inseln mit dem
Mäher so oft über den Rasen nicht um zu schneiden, sondern vielmehr um ihm
zu drohen! Klar, dass sich das arme Grün dann duckt.
Im Garten meines Elternhauses habe ich oft gemäht. Allerdings genügte im
warmen Walliser-Klima ein Schnitt alle 2 Monate ungefähr. Und wir hatten
damals einen Mäher, der mit blosser Handkraft schnitt. Ich bin - Du
verstehst meine Worte - ein alter Profi in Sachen Rasen und Mähen und
solchen Dingen! Aber ich habe das alles etwas auf Eis gelegt. Wenn ich mal
in Pension bin, lasse ich wieder mit mir reden über Rasen und Rosen und
solche Dinge.
*
So hoffe ich, dass Ihr im hohen Norden wirklich eine schöne Feier habt und
dass Anna ihren Tag voll geniesst. Ein Champagner-Frühstück bei Sommerwärme
hat es in sich. Wer sowas überlebt, ist auf alles gefeiht.

Ich wünsche Euch eine gute Zeit.
Mit lieben Grüssen

Re: Frequenzen und Sequenzen? oder Konferenzen..

.


Ämne: Re: Frequenzen und Sequenzen? oder Konferenzen..
Datum: den 6 juni 2002 10:37

Lieber ...,
Verzeih mir die Pause aber ich glaube du verstehst dass hier jede Minute teuer ist im Moment. Schon um vier Uhr heute morgen habe ich ein Kleid für Anna gekürzt. Es kam mir etwas lang vor. Eigentlich hatte ich das nicht geplant aber da ich schon um drei hellwach war und nicht mehr einschlafen konnte dachte ich mir ich könnte die Zeit besser ausnützen als nur auf den Schlaf zu warten. Es ist auch gut gewisse Dinge so früh zu tun wenn es noch einigermassen frisch ist im Haus. Dann später wird es zu warm. Wir haben richtige Hochsommerwärme hier.

Unter dem Nistkasten liegen grosse Federn. Ein Raubvogel hat sich wohl einen von dem Päärchen geholt und das andere hat nun eine strenge Arbeit die kleinen allein zu füttern. Die Natur ist grausam.
Anna ist zur Schule gefahren. Sie haben keinen Unterricht mehr aber ihre Klasse wird heute einen Apfelbaum auf dem Schulhof pflanzen damit man sich ewig an sie erinnert.;-)
Ich muss noch die Noten für die anderen Klassen (die nicht das Abitur machen) einschreiben.

Du hast gesagt dass du eine strenge Woche vor dir hast und so habe ich mir keine grosse Eile gemacht um dich nicht extra zu stressen. ...

Nun werde ich hier weitermachen. Habe gerade Blumen bestellt für K die er Anna um den Hals hängen wird. Ich selbst mache einen schönen Strauss mit gemischten Blumen aus dem Garten. Das wünscht sie sich. Leute die nicht kommen können um ihr zu gratulieren haben schon Geschenke geschickt. Ich finde das ganze etwas übertrieben.
Morgen früh um 6.00 Uhr hat Anna Champagnerfrühstück mit ihrer Klasse bei einem der Schüler zu Hause. Das ist so üblich. Und um 11.30 wenn sie dann aus der Schule herausstürzen mit ihren weissen Mützen auf dem Kopf um von Eltern und Bekannten empfangen zu werden, werden einige schon ziemlich "froh" sein.
Siehst du, es sind doch ein paar Zeilen geworden. Übrigens dieses Bild vom Entrée der Sängerin Monserrat Caballé sehe ich gut vor mir und ich muss schmunzeln über deine blühende Phantasie. Dafür kriegst du einen von den Küssen die sowieso nur unnütz hier herumliegen.
Mit einem lieben Gruss
Marlena