Ämne: Identität ????
Datum: den 14 juni 2001 08:27
Liebe Marlena
Dein Brief klingt so unbeschwert und frei, wie man sie nur in sonnigen Ferientagen niederschreiben kann. Du bist beneidenswert. Und Du packst Deine Koffer und suchst nach passender Sommerlektüre. Ach, Du bist wirklich zu beneiden.
Ich bin noch nicht so weit.
...
Ich suche meine Identität? Und das Zeichen eigener Identität sei, dass man sich nicht von anderen beeinflussen lässt? Ach, das glaube ich beides nicht, meine Liebe. Was soll ich dazu sagen. Du ziehst Deine Schlüsse aus meiner Lektüre: Epikur und "Männer" von Schwanitz? Nun ja, das Schwanitz Buch hätte ich nie gekauft, wenn ich ihn nicht selbst im TV gehört hätte. Den Titel hatte ich nämlich schon oft gesehen. Und im Prinzip mag ich sie nicht, diese Ratgeber Bücher für Frauen oder für Männer. Aber seine Argumentation in diesem Fernsehinterview fand ich doch recht eigenwillig. Eigentlich soziobiologisch. Nun, da ich die ersten Kapitel gelesen habe, muss ich mein Lob etwas herunterschrauben. Es ist ein wenig sehr populärwissenschaftlich geschrieben. Aber das ist wohl sein Rezept für Erfolg. Das andere Buch "Bildung" fand ich anspruchsvoller.
Und mein lieber Herr Epikur. Ich muss präzisieren, dass ich nicht Epikur selbst gelesen habe. Es gibt auch nicht viel zu lesen. Der grosse Teil seiner Ideen ist durch Lukrez in seinem De rerum naturae überliefert. Was ich also studiert habe ist ein Büchlein über den alten Hedonisten. Und ich war eben erstaunt, wieviel Diszipliniertheit er empfohlen hat, während wir doch unter Hedonismus ein mehr oder weniger ausgelassenes Leben verstehen. Das ist die Folge der kristlichen Kirche, die sich Epikur als Feindbild ausgesucht hat.
Und nun Deine prinzipiellste Frage: ob ich meine Identität suche? Ach, die Frage zielt ins Herz, Marlena, oder in den Kopf, oder in beides.
Ich will Dir die Frage etwas prägnant, vielleicht übertrieben beantworten. Dann wird das, was ich sagen will, am deutlichsten.
Also höre: seit etwa 10 oder 15 Jahren erschrecke ich, wie schnell und grundsätzlich die Welt verändert. Es war ein ziemlicher Schock, als ich es erstmals feststellte, obwohl sich ja die Weltveränderung sicherlich nicht plötzlich eingestellt hat, sondern kontinuierlich und gemächlich vor sich geht. Aber es ist vielleicht auch wie bei den Lawinen. Im Untergrund und in den diskreten statischen Verhältnissen gibt es feine und viele Kleine Verlagerungen und Verschieben, die man von Aussen kaum sieht. Und das geht soweit, bis schliesslich - synergetisch - das ganze Feld losbricht und den Hang hinunterdonnert.
Schau Dir die Familie an. Kinderzahl, Arbeitstätigkeit der Frau, Disharmonien, Freizeitverhalten, Wohnverhältnisse: seit dem 19. Jahrhundert kleine demographische Verhältnisse. An sich interessant, aber wichtig? Doch mittlerweile, sagen wir seit dem zweiten Weltkrieg, ist die traditionelle bürgerliche Familie so ziemlich zusammengebrochen. Liquidiert, pulverisiert. Heute müssen wir Regel und Ausnahme neu beschreiben.
So geht es mit vielen Lebensbereichen: Mobilität, Arbeitssituation, Wissensexplosion, Globalisierung, Vernetzung, Digitalisierung. Alle diese Tendenzen sind - für sich allein betrachtet - interessante neue Aspekte in der Welt. Aber revolutionär? Revolutionär und umwerfend sind sie wirklich in der Kombination, in der Menge, wie sie auftauchen. Wie in Goethes Zauberlehrling sehen wir der Entwicklung etwas ratlos zu.
Und was sagt sich der kluge Psychologe namens -- --? Er sagt: in dieser Veränderung und in der veränderten Welt kann man nicht mehr leben wie früher. Der exponentielle Anstieg an neuen Möglichkeiten bringt existentielle neue Probleme. Deshalb beispielslweise hat mich Epikur interessiert. Das Bild der Welt in seiner Zeit des Hellenismus hatte wohl einige Ähnlichkeiten mit unseren turbulenten Zeiten. Die Frage ist, wie muss das Individuum sein in dieser unordentlichen Welt?
Ich suche also nicht meine Identität, sondern ich bin am Umbau. Ich möbliere neu! Ich bin überzeugt, dass es ziemlich viel Arbeit bedeutet, die alten Konzepte im Kopf über Bord zu werfen. Das ist nicht so einfach. Das geht eigentlich nur, indem man anstelle der alten neue Konzepte konstruiert. Die jungen Menschen brauchen das nicht zu tun. Sie sehen die Welt und wissen intiuitiv meist, was hier los ist. Wir gesetzten Semester haben hier zusätzliche Aufgaben.
Neben meiner nostalgischen Trauer um die alte Welt der Moderne bin ich fasziniert und überaus erregt über die allerneuste Welt mit ihren Veränderungen und ihren Ungeheuerlichkeiten. Und ich weiss, dass ich jungen Leuten nicht einfach alte Ideale predigen kann. Damit werden sie im Dschungel der Zukunft nicht überleben. Sie brauchen neue Ideale und neue Konzepte. Und sie, diese fantastischen Erfindungen, versuche ich, zu erkämpfen. Zum Beispiel mit Epikur, zum Beispiel mit Schwanitz. Ich versuche, mir die Stichworte der Zeit zu erhaschen. Ich versuche mit eine Lebensphilosophie für die Zeit nach der Postmoderne zu konstruieren. Das ist einfach deshalb anstrengend und aufreibend, weil in unserem Alter alles durch den Kopf geht.
Teil dieser neuen Welt ist ein neues Subjekt. Wie denn muss ein neues Subjekt sein, um erfolgreich sein zu können? Und was denn könnte Erfolg sein? Kann Identität des Subjektes dasselbe sein wie es in der Stabilität der Industriegesellschaft war? Das glaube ich nicht. Doch wie das neue Subjekt aussehen muss, das erzähle ich Dir morgen. Wie denn denkst Du, dass es sein sollte? Welches sind beispielsweise die menschlichen Eigenschaften, die für die Zukunft besonders wichtig sind? Was denkst Du? Etwa die Fähigkeit, sich selbst treu zu sein, wie es der Begriff der Identität voraussetzt?
Ich wünsche Dir eine gute Zeit
Mit einem lieben Gruss
...
Dienstag, 31. Januar 2012
Montag, 30. Januar 2012
Sonntag, 29. Januar 2012
Re: dein Bild (2) - wieder zurück
...
Klar, ich hätte auch mit einer der 59 Frauenzimmer (oder muss ich
sagen Adressen) abgehauen sein können! Nach einem unendlich langen
und qualvollen Würfelprozess, welche denn Opfer dieses romantischen
Anfalls sein dürfe. Und nach diesen dämlichen Qualifikations- und
Selektionsprozessen hätte ich die Schönste am Handgelenk genommen
und wäre hinunter nach Ronda durchgebrannt.
Hemingway meint, Ronda eigne sich für ein solches Unternehmen
besonders. Ronda also hätten wir uns geleistet und wären im Hotel gleich
neben der tiefen Schlucht abgestiegen, dort wo man vom ehemaligen
Strassenräubernest in die waldige und hügelige Landschaft hinunter sieht.
Und wir hätten zum spanischen Wein diese riesengrossen und etwas groben
Plätzchen gegessen, die sie in Spanien den Stieren praktisch lebendigen
Leibes aus den Lenden schneiden. Inkognito wären wir auf Rondas
Flaniermeile Arm in Arm auf und ab gegangen, hätten auf die Welt und
ihren unglücklichen Lauf gepfiffen und stattdessen in der wunderhübschen
kleinen Arena ein paar blutig-schöne Corridas besucht.
Und zwischendurch hätte ich mit meiner schönsten Rothaarigen im
Hotelzimmer die Decken aufgewühlt und Bettgestelle flachgelegt. Ein
bisschen barock alles, zugegeben. Ungefähr so wie ein gute Flasche
Malvoisie, prickelnd, komplex und lebenslustig.
Doch, meine liebe Marlena, wie kann ich erklären, dass ich nach drei Tagen
bereits wieder zurück bin?? Der romantische Anfall berücksichtigt nur den
explosiven Entschluss, die hastige Abfahrt, den brennenden Wunsch,
wegzukommen. Doch wie kommt man wieder zurück? Reuigen Herzens?
Asche auf dem Haupt? Triste und voller Schuldgefühle? Oder einfach so,
indem man morgens wieder im Büro sitzt und die aufgelaufenen Pendenzen
angeht? Die Rückkehr ist ziemlich heikel, nicht wahr? Die Romantik denkt
nicht an Rückkehr, wenn sie denn überhaupt denkt! Sie denkt nämlich auch
nicht daran, lebenslänglich in Ronda auf und ab zu gehen. Man müsste dann
ja gelegentlich mit der nächsten der 59 zum nächsten Ort abhauen.
Vielleicht nach Rom mit einer Blonden, nach Paris brunette und
Casablanca schwarz?
Ich bin also von Ronda zurück!
Mit einem lieben Gruss
...
Klar, ich hätte auch mit einer der 59 Frauenzimmer (oder muss ich
sagen Adressen) abgehauen sein können! Nach einem unendlich langen
und qualvollen Würfelprozess, welche denn Opfer dieses romantischen
Anfalls sein dürfe. Und nach diesen dämlichen Qualifikations- und
Selektionsprozessen hätte ich die Schönste am Handgelenk genommen
und wäre hinunter nach Ronda durchgebrannt.
Hemingway meint, Ronda eigne sich für ein solches Unternehmen
besonders. Ronda also hätten wir uns geleistet und wären im Hotel gleich
neben der tiefen Schlucht abgestiegen, dort wo man vom ehemaligen
Strassenräubernest in die waldige und hügelige Landschaft hinunter sieht.
Und wir hätten zum spanischen Wein diese riesengrossen und etwas groben
Plätzchen gegessen, die sie in Spanien den Stieren praktisch lebendigen
Leibes aus den Lenden schneiden. Inkognito wären wir auf Rondas
Flaniermeile Arm in Arm auf und ab gegangen, hätten auf die Welt und
ihren unglücklichen Lauf gepfiffen und stattdessen in der wunderhübschen
kleinen Arena ein paar blutig-schöne Corridas besucht.
Und zwischendurch hätte ich mit meiner schönsten Rothaarigen im
Hotelzimmer die Decken aufgewühlt und Bettgestelle flachgelegt. Ein
bisschen barock alles, zugegeben. Ungefähr so wie ein gute Flasche
Malvoisie, prickelnd, komplex und lebenslustig.
Doch, meine liebe Marlena, wie kann ich erklären, dass ich nach drei Tagen
bereits wieder zurück bin?? Der romantische Anfall berücksichtigt nur den
explosiven Entschluss, die hastige Abfahrt, den brennenden Wunsch,
wegzukommen. Doch wie kommt man wieder zurück? Reuigen Herzens?
Asche auf dem Haupt? Triste und voller Schuldgefühle? Oder einfach so,
indem man morgens wieder im Büro sitzt und die aufgelaufenen Pendenzen
angeht? Die Rückkehr ist ziemlich heikel, nicht wahr? Die Romantik denkt
nicht an Rückkehr, wenn sie denn überhaupt denkt! Sie denkt nämlich auch
nicht daran, lebenslänglich in Ronda auf und ab zu gehen. Man müsste dann
ja gelegentlich mit der nächsten der 59 zum nächsten Ort abhauen.
Vielleicht nach Rom mit einer Blonden, nach Paris brunette und
Casablanca schwarz?
Ich bin also von Ronda zurück!
Mit einem lieben Gruss
...
Re: dein Bild
Foto: Chris
Liebe Marlena
Trotz des tristen Wetters und Deiner nach Eukalyptus lechzenden Erkältung kannst Du solch ein Mail schreiben! (ein!)
Manchmal muss man Dich wirklich etwas kitzeln, damit Du aus Dir rausgehst und Deine Genialität in der Sonne zu gleissen geruhst!! (zwei!!)
Es ist schon länger her, dass ich über eines Deiner Mails so sehr geschmunzelt habe. Und das hängt nicht bloss daran, dass Du Dir dieses Mal meine Nase vorgenommehast!!! (drei!!!)
Es ist eigentlich mehr, WIE Du schreibst. Und Du kannst es meisterhaft. Die Gedanken und Dinge nach Deiner Art in überraschende Zusammenhänge zu bringen, das ist echt zum Schmunzeln. Und manchmal klingt es ein wenig mammahaft! Auch das hat Charme.
Zumindest hat es meinen baudelairschen Weltschmerz etwas aufgehellt. Und dazu kommt das feine Herbstwetter hier. Es ist zur Zeit, wenn die Morgennebel sich verziehen, alles sehr klar und himmelblau und herbstwarm.
Es ist eine wunderbare Zeit. Ich habe stets rundum behauptet, der Herbst wäre meine Zeit. Jedes Jahr muss ich dies neu bestätigen. Und wenn dazu noch Früchte kommen, die feinen Chasselas-Trauben beispielsweise, die mein Bruder vor ein paar Tagen in einer Kartonschachtel vor die Türe gestellt hatte!
Zwetschgen liebe ich besonders. Das war nicht immer so. Aber in den letzten 10 Jahren haben sie sich zu meinen Lieblingen aufgeschwungen. Jetzt könnte man lange Jura-Wanderungen machen. Es wäre die beste Zeit. Im Wallis würden wir in die Gegend von Zeneggen hinauf wandern, um dort eine Raclette zu bereiten. Die goldleuchtenden Lärchen, der Geruch des trockenen Waldes und die gepfefferte Raclette zu ein paar Gläsern Fendant, und das alles unter dem klaren Walliser Himmel, das wäre was vom Schönsten.
Klar, ich hätte auch mit einer der 59 Frauenzimmer ...
---
Datum : Thu, 11 Oct 2001 10:01:18 +0200
Freitag, 27. Januar 2012
Feng Shui
Ämne: Romantik und Realismus
Datum: den 2 april 2001 04:11
Lieber ...,
---
Dieses Feng Shui interessiert dich? ;-) Komischerweise wurde es gestern in einem Programm genannt. In einem Programm über Amerikaner, die so reich sind dass sie ihr Leben lang nicht mehr arbeiten müssen und über ihre Probleme ihr "faules" Leben zu bemeistern. Ich habe bis jetzt nur ein paar Seiten in dem Buch gelesen aber es regt mich wirklich an Ordnung zu schaffen. Und weißt du, als ich neulich in Annas Zimmer hineinschaute war ich ganz erstaunt, denn so schön hatte ich es ewig nicht gesehen. Und wenn man einen Teenager dazu bringen kann sein Zimmer so schön aufzuräumen dann ist es schon etwas wert. Ausserdem meint ja die Autorin, die übrigens in der ganzen Welt herumreist und Vorträge darüber hält, dass diese Veränderung auch in unserem Inneren geschieht. Wir finden unsere Energie wieder und werden harmonische Menschen. Wenn ich mehr gelesen habe werde ich dir davon schreiben. Ja ja, du hast schon recht.. in der Küchenecke und sogar im Kompost lag meine Liebe.. kein Wunder dass sie gelitten hat in letzter Zeit.. ;-)))
Und du, mein Schatz? Wo hast du deine verstaut? Oder hast du sie schon wieder an jemanden verschenkt? Bin ich sehr indiskret? Verzeih mir..
Gestern war ich übrigens in Gedanken in Paris. Ich bin mit dir die Champs-Elysées hinuntergegangen und du hast dabei deinen Arm um meine Knie gelegt.. Ach, chéri, wie alt ich auch werden mag, am ersten April werde ich immer mit dir in Paris sein. Vielleicht machen wir es dann wirklich einmal. Ich habe Paris schon lange nicht mehr gesehen.
(4 Jahre später)
...
Ich habe weitergemacht hier um das Haus herum. K scheint sich nicht mehr so sehr um die Dinge hier zu kümmern und so werde ich mich jetzt selbst daran machen, an Sachen die sonst immer sein Revier waren. Ich werde eine Menge altes Gerümpel zum Müll bringen und im Carport sauber machen. Ich glaube, wenn man so viel altes Zeug spart fühlt man sich gestresst davon.
Na ja, du kennst es schon, dieses Feng Shui, dessen Ideen ich schon lange hatte bevor ich zum ersten Mal den Namen hörte. Natürlich haben sie dann diesen einfachen Grundgedanken zu einer ganzen Lebensphilosophie entwickelt. Zu einem wahren Geschäft.
date 10 June 2005 22:47
Datum: den 2 april 2001 04:11
Lieber ...,
---
Dieses Feng Shui interessiert dich? ;-) Komischerweise wurde es gestern in einem Programm genannt. In einem Programm über Amerikaner, die so reich sind dass sie ihr Leben lang nicht mehr arbeiten müssen und über ihre Probleme ihr "faules" Leben zu bemeistern. Ich habe bis jetzt nur ein paar Seiten in dem Buch gelesen aber es regt mich wirklich an Ordnung zu schaffen. Und weißt du, als ich neulich in Annas Zimmer hineinschaute war ich ganz erstaunt, denn so schön hatte ich es ewig nicht gesehen. Und wenn man einen Teenager dazu bringen kann sein Zimmer so schön aufzuräumen dann ist es schon etwas wert. Ausserdem meint ja die Autorin, die übrigens in der ganzen Welt herumreist und Vorträge darüber hält, dass diese Veränderung auch in unserem Inneren geschieht. Wir finden unsere Energie wieder und werden harmonische Menschen. Wenn ich mehr gelesen habe werde ich dir davon schreiben. Ja ja, du hast schon recht.. in der Küchenecke und sogar im Kompost lag meine Liebe.. kein Wunder dass sie gelitten hat in letzter Zeit.. ;-)))
Und du, mein Schatz? Wo hast du deine verstaut? Oder hast du sie schon wieder an jemanden verschenkt? Bin ich sehr indiskret? Verzeih mir..
Gestern war ich übrigens in Gedanken in Paris. Ich bin mit dir die Champs-Elysées hinuntergegangen und du hast dabei deinen Arm um meine Knie gelegt.. Ach, chéri, wie alt ich auch werden mag, am ersten April werde ich immer mit dir in Paris sein. Vielleicht machen wir es dann wirklich einmal. Ich habe Paris schon lange nicht mehr gesehen.
(4 Jahre später)
...
Ich habe weitergemacht hier um das Haus herum. K scheint sich nicht mehr so sehr um die Dinge hier zu kümmern und so werde ich mich jetzt selbst daran machen, an Sachen die sonst immer sein Revier waren. Ich werde eine Menge altes Gerümpel zum Müll bringen und im Carport sauber machen. Ich glaube, wenn man so viel altes Zeug spart fühlt man sich gestresst davon.
Na ja, du kennst es schon, dieses Feng Shui, dessen Ideen ich schon lange hatte bevor ich zum ersten Mal den Namen hörte. Natürlich haben sie dann diesen einfachen Grundgedanken zu einer ganzen Lebensphilosophie entwickelt. Zu einem wahren Geschäft.
date 10 June 2005 22:47
Donnerstag, 26. Januar 2012
mein Vis-à-vis
Ämne : ups
Liebe Marlena
Richtig, die zwei letzten Tage waren wild. Ich habe mich wirklich in den
Hintern gekniffen und versucht, die vielen Dinge, die hier herumliegen, zu
ordnen und soweit möglich zu erledigen. Man gewöhnt sich all zu leicht
ans Bummeln im Büro, denn es kommen tagtäglich soviele Informationen
und Broschüren und Berichte und Schreiben, dass man immerzu damit
verbringen könnte, sie zu lesen, sie zu überlegen und sie zu kommentieren
und zu überarbeiten. Und am Abend hat man alles in allem nichts getan,
oder man hat 9 Stunden gearbeitet, je nachdem, wie man die Sache
betrachtet.
Und wenn ich hier zum Fenster hinausschaue, dann sehe ich hinüber an ein
älteres Haus linkerseits. Früher war das eine traditionelle Wirtschaft, wie
wir es nannten, also ein Restaurant im traditionellen Stil, wenig Besucht,
und wenn, dann von eher einfachen und etwas merkwürdigen Gestalten.
Ein ehrbarer Bürger (gibt es so was noch heute?), ein ehrbarer Bürger
würde kaum ins Restaurant Schweizerhaus gehen. Denn alles schaute von
aussen etwas heruntergekommen aus. Aber dieser Name, Restaurant
Schweizerhaus ist um die rechte Ecke, zum Wasserturmplatz hin, mit klaren
altdeutschen Buchstaben immer noch gross an die Wand geschrieben. Die
Fenster sind mit hölzernen olivegrünnen Fensterläden ausgestattet, und auf
den Simsen stehen Kisten mit leuchtend roten Geranien. Sieht also nach
echtem Schweizer Volkstum aus. Doch auf der Seite zur Strasse wurde über
der alten Eingangstüre ein kleines Vordach an die Wand geklebt. Es ist
gewölbt, wie an einer Pagode. Rechts davon hängt ein Schild mit der
Aufschrift China Restaurant Guang Dong. Und an der Ecke ragt eine Art
Laterne in den Platz hinaus, nachts beleuchtet, mit der Inschrift Ziegelhof.
Das ist das Bier, das hier im Ort selbst gebraut wird. Du musst wissen, dass
für lange Jahre einige grosse Bierbrauereien sich die Schweiz aufgeteilt
haben. Da gab es Cardinal in der französischen Schweiz, auch im Wallis.
Feldschlösschen herrschte in der Gegend hier und im Raum Zürich vor.
Die Innerschweizer schworen auf Eichhofbier und die Bündner auf Callanda.
Bestimmt gab es noch zwei oder drei grössere Namen und daneben auch ein
paar lokale Untertropfen. Kurz und gut, du konntest blind durch die Schweiz
wandern und anhand des Geschmacks des Bieres bloss wusstest Du, in
welchem Raum du dich befandest. Natürlich hättest du dir dabei die Ohren
verschliessen müssen, denn anhand des Dialektes der Leute hättest du
deinen Standort noch viel genauer heraushören können.
Hier also mit einem breiten Baslerdialekt das Ziegelhof Bier. Es schmeckt
nicht so gut wie Cardinal, an welches ich mich in frühen Jahren meines
Lebens ohne grosse Widerstände und mit Hingabe gebunden habe.
Cardinal schmeckt einfach einmalig. Das mag damit zusammen hängen, dass
die Walliser Sommer so trocken und so heiss daherkommen. Denn, wenn
Hunger der beste Koch, dann ist Durst der beste Bierbrauer.
Doch ich war bei unserem Schweizerhaus vis à vis, und bei dessen
Multikulti-Fassade. Es ist zum Heulen, wenn du das siehst. Und dabei ist
das Restaurant heute besser geworden, als es damals, in den letzten Jahren
gewesen ist. Ich war etwa zweimal dort. Und neben anderen Chinesischen
Küchen schmeckt es eigentlich recht gut und differenziert.
Nun, weshalb ich Dir so ausführlich über mein Vis à vis erzähle, das hat
seinen Grund im ersten Stock. Dort ist, gleich rechts über dem
Pagodendächlein, ein Fenster. Linkerseits ist der Vorhang
zurückgeschlagen. Und dahinter steht ein Käfig mit Kanarienvogel oder
Wellensittich. Das Gitter glänzt golden im Sonnenlicht. Na ja, den Vogel
sehe ich nicht genau, dazu müsste ich ein Fernglas ins Büro mit bringen.
Ich meine, er sei blau, aber ich kann mich täuschen. Doch bin ich sicher,
dass sich dort tagein tagaus ein kleiner Wellensittich in der Sonne räkelt.
Die alte Frau besorgt ihm gelegentlich frische Luft, indem sie das Fenster
öffnet und eine Weile auf den Platz hinunter schaut. Die übrige Zeit überlässt
sie ihm die Sicht. Und wenn ich ihn sehe, dann denke ich an Euren Kaddaffi.
Wenn ich jetzt eine Kamera hätte, wie Du sie hast, dann würde ich Dir ein
Bild dieses Platzes schicken. Das hast du mal gewünscht. Und man sieht
wieder, wie sehr ich mit meinen Pflichten und Aufgaben weit abgeschlagen
im Rückstand liege. Ich tue mehr Dinge, die niemand von mir erwartet, als
dass ich jene Obliegenheiten wahrnehme, von denen alle denken, sie wären
meine Aufgaben. Das war schon so an der Universität. Ich habe immer die
Bücher gelesen, die nicht in aller Munde waren, während ich die offizielle
Pflichtlektüre oft meinen Kollegen überliess. Ich dachte mir, darüber würde
man ja dann ohnehin diskutieren, weil alle sie gelesen haben. Und so würde
ich auch noch in den Genuss dieser Information kommen. Du siehst, ich bin
Spezialist für Alternativprogramme, für Insider-Tipps, für
Ausnahmeerscheinungen und Abwegigkeiten.
*
Bob Dylan? Nun ja, ich hab ihn nicht vor Auge, aber er hat bestimmt mehr
Töne von sich gegeben als ich es getan habe. Es ist in Persien aufgenommen
worden. Ich litt damals an der Teheraner Magenverstimmung, die jeden
befällt, der erstmals nach Teheran kommt und bei soviel Durst vielleicht mal
in der Not eine Cola mit Eis zu sich nimmt, oder rohen Salat kostet, was alte
Reiseprofis natürlich geflissentlich unterlassen.
Ich finde, Deine Reaktion auf das Bild war etwas knapp. Und dabei habe ich
nun beinahe ein Jahr lang nach einem Foto gesucht, und kürzlich hat mir
S zufällig dieses eine zugesteckt. Es ist ein Unikat sozusagen, ein
Einzelstück, die Ernte eines Jahres, und Du solltest Dir dessen bewusst
sein. Es ist praktisch nicht mehr als das vorhanden.
*
Jetzt muss ich wieder hinter die Dinge. Es gibt hier noch vieles zu tun.
Heute abend treffen wir die Reisegruppe. S hat ein Mail an alle
geschrieben und mich gefragt, wie sie denn die Anrede schreiben sollte. Ich
habe vorgeschlagen "liebe Angsthasen!". Doch das ist böse. Nein, wir können
sie schon verstehen. Jetzt geht es ums Finanzielle.
Mit einem lieben Gruss
...
(10 Oct 2001)
Liebe Marlena
Richtig, die zwei letzten Tage waren wild. Ich habe mich wirklich in den
Hintern gekniffen und versucht, die vielen Dinge, die hier herumliegen, zu
ordnen und soweit möglich zu erledigen. Man gewöhnt sich all zu leicht
ans Bummeln im Büro, denn es kommen tagtäglich soviele Informationen
und Broschüren und Berichte und Schreiben, dass man immerzu damit
verbringen könnte, sie zu lesen, sie zu überlegen und sie zu kommentieren
und zu überarbeiten. Und am Abend hat man alles in allem nichts getan,
oder man hat 9 Stunden gearbeitet, je nachdem, wie man die Sache
betrachtet.
Und wenn ich hier zum Fenster hinausschaue, dann sehe ich hinüber an ein
älteres Haus linkerseits. Früher war das eine traditionelle Wirtschaft, wie
wir es nannten, also ein Restaurant im traditionellen Stil, wenig Besucht,
und wenn, dann von eher einfachen und etwas merkwürdigen Gestalten.
Ein ehrbarer Bürger (gibt es so was noch heute?), ein ehrbarer Bürger
würde kaum ins Restaurant Schweizerhaus gehen. Denn alles schaute von
aussen etwas heruntergekommen aus. Aber dieser Name, Restaurant
Schweizerhaus ist um die rechte Ecke, zum Wasserturmplatz hin, mit klaren
altdeutschen Buchstaben immer noch gross an die Wand geschrieben. Die
Fenster sind mit hölzernen olivegrünnen Fensterläden ausgestattet, und auf
den Simsen stehen Kisten mit leuchtend roten Geranien. Sieht also nach
echtem Schweizer Volkstum aus. Doch auf der Seite zur Strasse wurde über
der alten Eingangstüre ein kleines Vordach an die Wand geklebt. Es ist
gewölbt, wie an einer Pagode. Rechts davon hängt ein Schild mit der
Aufschrift China Restaurant Guang Dong. Und an der Ecke ragt eine Art
Laterne in den Platz hinaus, nachts beleuchtet, mit der Inschrift Ziegelhof.
Das ist das Bier, das hier im Ort selbst gebraut wird. Du musst wissen, dass
für lange Jahre einige grosse Bierbrauereien sich die Schweiz aufgeteilt
haben. Da gab es Cardinal in der französischen Schweiz, auch im Wallis.
Feldschlösschen herrschte in der Gegend hier und im Raum Zürich vor.
Die Innerschweizer schworen auf Eichhofbier und die Bündner auf Callanda.
Bestimmt gab es noch zwei oder drei grössere Namen und daneben auch ein
paar lokale Untertropfen. Kurz und gut, du konntest blind durch die Schweiz
wandern und anhand des Geschmacks des Bieres bloss wusstest Du, in
welchem Raum du dich befandest. Natürlich hättest du dir dabei die Ohren
verschliessen müssen, denn anhand des Dialektes der Leute hättest du
deinen Standort noch viel genauer heraushören können.
Hier also mit einem breiten Baslerdialekt das Ziegelhof Bier. Es schmeckt
nicht so gut wie Cardinal, an welches ich mich in frühen Jahren meines
Lebens ohne grosse Widerstände und mit Hingabe gebunden habe.
Cardinal schmeckt einfach einmalig. Das mag damit zusammen hängen, dass
die Walliser Sommer so trocken und so heiss daherkommen. Denn, wenn
Hunger der beste Koch, dann ist Durst der beste Bierbrauer.
Doch ich war bei unserem Schweizerhaus vis à vis, und bei dessen
Multikulti-Fassade. Es ist zum Heulen, wenn du das siehst. Und dabei ist
das Restaurant heute besser geworden, als es damals, in den letzten Jahren
gewesen ist. Ich war etwa zweimal dort. Und neben anderen Chinesischen
Küchen schmeckt es eigentlich recht gut und differenziert.
Nun, weshalb ich Dir so ausführlich über mein Vis à vis erzähle, das hat
seinen Grund im ersten Stock. Dort ist, gleich rechts über dem
Pagodendächlein, ein Fenster. Linkerseits ist der Vorhang
zurückgeschlagen. Und dahinter steht ein Käfig mit Kanarienvogel oder
Wellensittich. Das Gitter glänzt golden im Sonnenlicht. Na ja, den Vogel
sehe ich nicht genau, dazu müsste ich ein Fernglas ins Büro mit bringen.
Ich meine, er sei blau, aber ich kann mich täuschen. Doch bin ich sicher,
dass sich dort tagein tagaus ein kleiner Wellensittich in der Sonne räkelt.
Die alte Frau besorgt ihm gelegentlich frische Luft, indem sie das Fenster
öffnet und eine Weile auf den Platz hinunter schaut. Die übrige Zeit überlässt
sie ihm die Sicht. Und wenn ich ihn sehe, dann denke ich an Euren Kaddaffi.
Wenn ich jetzt eine Kamera hätte, wie Du sie hast, dann würde ich Dir ein
Bild dieses Platzes schicken. Das hast du mal gewünscht. Und man sieht
wieder, wie sehr ich mit meinen Pflichten und Aufgaben weit abgeschlagen
im Rückstand liege. Ich tue mehr Dinge, die niemand von mir erwartet, als
dass ich jene Obliegenheiten wahrnehme, von denen alle denken, sie wären
meine Aufgaben. Das war schon so an der Universität. Ich habe immer die
Bücher gelesen, die nicht in aller Munde waren, während ich die offizielle
Pflichtlektüre oft meinen Kollegen überliess. Ich dachte mir, darüber würde
man ja dann ohnehin diskutieren, weil alle sie gelesen haben. Und so würde
ich auch noch in den Genuss dieser Information kommen. Du siehst, ich bin
Spezialist für Alternativprogramme, für Insider-Tipps, für
Ausnahmeerscheinungen und Abwegigkeiten.
*
Bob Dylan? Nun ja, ich hab ihn nicht vor Auge, aber er hat bestimmt mehr
Töne von sich gegeben als ich es getan habe. Es ist in Persien aufgenommen
worden. Ich litt damals an der Teheraner Magenverstimmung, die jeden
befällt, der erstmals nach Teheran kommt und bei soviel Durst vielleicht mal
in der Not eine Cola mit Eis zu sich nimmt, oder rohen Salat kostet, was alte
Reiseprofis natürlich geflissentlich unterlassen.
Ich finde, Deine Reaktion auf das Bild war etwas knapp. Und dabei habe ich
nun beinahe ein Jahr lang nach einem Foto gesucht, und kürzlich hat mir
S zufällig dieses eine zugesteckt. Es ist ein Unikat sozusagen, ein
Einzelstück, die Ernte eines Jahres, und Du solltest Dir dessen bewusst
sein. Es ist praktisch nicht mehr als das vorhanden.
*
Jetzt muss ich wieder hinter die Dinge. Es gibt hier noch vieles zu tun.
Heute abend treffen wir die Reisegruppe. S hat ein Mail an alle
geschrieben und mich gefragt, wie sie denn die Anrede schreiben sollte. Ich
habe vorgeschlagen "liebe Angsthasen!". Doch das ist böse. Nein, wir können
sie schon verstehen. Jetzt geht es ums Finanzielle.
Mit einem lieben Gruss
...
(10 Oct 2001)
Mittwoch, 25. Januar 2012
dein Bild
Ämne : Soulagement
(ungekürzt)
Lieber Mausfreund,
Wie schön dich wieder zu sehen. Ich war schon etwas unruhig. Ein bisschen wie eine Frau die ihren Mann nach der Arbeit zu Hause erwartet und er taucht nicht auf. Mehrere Tage lang bleibt er weg, ohne dass du weisst ob ihm etwas Schlimmes passiert ist oder ob er mit jemanden abgehaut ist. ;-)
Und du erinnerst dich noch an Dinge die ich selbst fast vergessen habe. Ja, nach einem Bild von dem Platz unter deinem Fenster hatte ich dich mal gefragt. Und nach einem Bild von dem Brunnen vor deinem eigenen Haus. Aber weisst du, wenn du die Aussicht von deinem Bürofenster so beschreibst wie in dem Mail heute dann brauche ich eigentlich kein Bild. In meiner Fantasie ist es wahrscheinlich schon wirklicher als es eine fotografische Abbildung zeigen könnte.
Ich glaube es ist nicht gut lange mit dem Gefühl "ich sollte eigentlich" herumzugehen. Entweder muss man ganz vergessen was man tun sollte oder es eben ziemlich schnell erledigen. Sonst kommt zuviel zusammen das Stress verursachen kann. Na ja, ich rede. Reden ist leicht, tun etwas ganz anderes.
*
Ja, ich weiss schon. Du bist etwas asozial hinter der Fassade. Sind wir ja beide sonst würden wir uns nicht schreiben. Und dieses wertvolle Foto von dir, dieses einmalige habe ich nicht genug gelobt? Also muss ich es wohl nochmals versuchen. Vielleicht geht es ohne S und M einzumischen.
Erstens siehst du auf dem Bild sportlich aus. Du könntest sehr gut einer dieser hormonstrozenden Harros sein, die man im heutigen ST finden kann. Vielleicht ist es das T-shirt das es macht. Dann liebe ich dein Kinn. Es sieht sehr männlich aus. Ich habe schon immer eine Schwäche für diese Art von Kinn gehabt. Darüber deine schön geformten weichen Lippen. ...(Zensur)... Deine Nase ist fotogenique. Und deine Augen. Es hat mich etwas überrascht dass sie so hell sind. Ich würde sie gern live sehen. Und wenn ich dir so in die Augen schaue dann bin ich mir bewusst dass ich das im real life kaum wagen würde. Und dann versuche ich das Bild von dir, das ich in mir trage, mit dem auf dem Foto in Einklang zu bringen. Ich weiss doch dass du aus Fleisch und Blut bist aber trotzdem kann ich es nicht richtig fassen, dass du wirklich bist. Es ist fast als hätte ich vergessen dass hinter den Mails ein richtiger Mensch steht.. Übrigens siehst du auch poetisch aus und wenn ich nicht wüsste, dass es sich um eine Magenverstimmung handelt, hätte ich glatt geglaubt du leidest an Weltenschmerz. ;-)
Schau mal zu was du mich mit deiner kleinen ironischen Bemerkung verlockt hast. Aber natürlich fühle ich mich geehrt dieses "Einzelstück" von Foto zu besitzen. Das letzte sozusagen das du nun auch verschenkt hast. ;-) Oder besitzen die übrigen 59 Mailpartnerinnen auch dieses Bild???
---
Mit einem lieben Gruss und Kuss,
Marlena
Datum : Wed, 10 Oct 2001 18:31:34 +0000
(ungekürzt)
Lieber Mausfreund,
Wie schön dich wieder zu sehen. Ich war schon etwas unruhig. Ein bisschen wie eine Frau die ihren Mann nach der Arbeit zu Hause erwartet und er taucht nicht auf. Mehrere Tage lang bleibt er weg, ohne dass du weisst ob ihm etwas Schlimmes passiert ist oder ob er mit jemanden abgehaut ist. ;-)
Und du erinnerst dich noch an Dinge die ich selbst fast vergessen habe. Ja, nach einem Bild von dem Platz unter deinem Fenster hatte ich dich mal gefragt. Und nach einem Bild von dem Brunnen vor deinem eigenen Haus. Aber weisst du, wenn du die Aussicht von deinem Bürofenster so beschreibst wie in dem Mail heute dann brauche ich eigentlich kein Bild. In meiner Fantasie ist es wahrscheinlich schon wirklicher als es eine fotografische Abbildung zeigen könnte.
Ich glaube es ist nicht gut lange mit dem Gefühl "ich sollte eigentlich" herumzugehen. Entweder muss man ganz vergessen was man tun sollte oder es eben ziemlich schnell erledigen. Sonst kommt zuviel zusammen das Stress verursachen kann. Na ja, ich rede. Reden ist leicht, tun etwas ganz anderes.
*
Ja, ich weiss schon. Du bist etwas asozial hinter der Fassade. Sind wir ja beide sonst würden wir uns nicht schreiben. Und dieses wertvolle Foto von dir, dieses einmalige habe ich nicht genug gelobt? Also muss ich es wohl nochmals versuchen. Vielleicht geht es ohne S und M einzumischen.
Erstens siehst du auf dem Bild sportlich aus. Du könntest sehr gut einer dieser hormonstrozenden Harros sein, die man im heutigen ST finden kann. Vielleicht ist es das T-shirt das es macht. Dann liebe ich dein Kinn. Es sieht sehr männlich aus. Ich habe schon immer eine Schwäche für diese Art von Kinn gehabt. Darüber deine schön geformten weichen Lippen. ...(Zensur)... Deine Nase ist fotogenique. Und deine Augen. Es hat mich etwas überrascht dass sie so hell sind. Ich würde sie gern live sehen. Und wenn ich dir so in die Augen schaue dann bin ich mir bewusst dass ich das im real life kaum wagen würde. Und dann versuche ich das Bild von dir, das ich in mir trage, mit dem auf dem Foto in Einklang zu bringen. Ich weiss doch dass du aus Fleisch und Blut bist aber trotzdem kann ich es nicht richtig fassen, dass du wirklich bist. Es ist fast als hätte ich vergessen dass hinter den Mails ein richtiger Mensch steht.. Übrigens siehst du auch poetisch aus und wenn ich nicht wüsste, dass es sich um eine Magenverstimmung handelt, hätte ich glatt geglaubt du leidest an Weltenschmerz. ;-)
Schau mal zu was du mich mit deiner kleinen ironischen Bemerkung verlockt hast. Aber natürlich fühle ich mich geehrt dieses "Einzelstück" von Foto zu besitzen. Das letzte sozusagen das du nun auch verschenkt hast. ;-) Oder besitzen die übrigen 59 Mailpartnerinnen auch dieses Bild???
---
Mit einem lieben Gruss und Kuss,
Marlena
Datum : Wed, 10 Oct 2001 18:31:34 +0000
Vergib mir...
Ämne : Vergib mir...
Datum : Sun, 07 Oct 2001 08:00:26 +0000
Ach ...,
Wie gern möchte ich dir sagen was ich denke wenn ich dich anschaue.. aber ich weiss nicht wie ich das tun könnte ohne gegen alle unsere §§§ zu verstossen.
Du siehst unverschämt gut aus und hier kann ich ausser deinem schönen Mund und Kinn auch deutlich deine Augen sehen. Und ich schau dich an, ganz ungehemmt und ungeniert seh ich dir ins Gesicht... und dabei erwachen alle S und M, die ich doch versucht habe zu unterdrücken.
Ich schreibe dir mehr wenn ich ungestört an den PC komme.
Mit einem lieben Gruss und K
Marlena
Datum : Sun, 07 Oct 2001 08:00:26 +0000
Ach ...,
Wie gern möchte ich dir sagen was ich denke wenn ich dich anschaue.. aber ich weiss nicht wie ich das tun könnte ohne gegen alle unsere §§§ zu verstossen.
Du siehst unverschämt gut aus und hier kann ich ausser deinem schönen Mund und Kinn auch deutlich deine Augen sehen. Und ich schau dich an, ganz ungehemmt und ungeniert seh ich dir ins Gesicht... und dabei erwachen alle S und M, die ich doch versucht habe zu unterdrücken.
Ich schreibe dir mehr wenn ich ungestört an den PC komme.
Mit einem lieben Gruss und K
Marlena
Dienstag, 24. Januar 2012
Bruno K. Öijer
date 21 April 2005 05:24
subject Bruno K. Öijer
(R)
Ich liebe dieses kleine Gedicht, das ich in einem Buch von Annas Lyrikkurs gefunden habe. Bruno K. Öijer heisst der Dichter. Einer unserer Bekanntesten von den Jüngeren.
subject Bruno K. Öijer
(R)
Ich liebe dieses kleine Gedicht, das ich in einem Buch von Annas Lyrikkurs gefunden habe. Bruno K. Öijer heisst der Dichter. Einer unserer Bekanntesten von den Jüngeren.
Gefällt es dir auch?
Inbjuden
inbjuden
dök jag aldrig upp
och det måste ha sårat dom in i märgen
men jag var bara trött
så trött på all falskhet omkring mej
att jag istället vände mej till dom döda
som ivrigt ställde fram sin mat
och ville få mej att äta och dricka
ville att jag skulle stanna kvar
och bli en av dom
deras ögon spann sin dimma
vävde redan i mej
och jag tog ett steg tillbaka
jag vägde för och emot
försökte tänka
vinna tid
Eingeladen
eingeladen
tauchte ich nicht auf
und es muss sie verletzt haben bis ins Mark
aber ich war nur müde
so müde von aller Falschheit um mich herum
dass ich mich statt dessen an die Toten wandte
die eifrig ihr Essen vorsetzten
und wollten dass ich essen und trinken sollte
wollten dass ich bleiben sollte
und einer von ihnen werden
ihre Augen spannen ihren Nebel
webten schon in mir
und ich trat einen Schritt zurück
und wog dafür und dagegen
versuchte zu denken
Zeit zu gewinnen
tauchte ich nicht auf
und es muss sie verletzt haben bis ins Mark
aber ich war nur müde
so müde von aller Falschheit um mich herum
dass ich mich statt dessen an die Toten wandte
die eifrig ihr Essen vorsetzten
und wollten dass ich essen und trinken sollte
wollten dass ich bleiben sollte
und einer von ihnen werden
ihre Augen spannen ihren Nebel
webten schon in mir
und ich trat einen Schritt zurück
und wog dafür und dagegen
versuchte zu denken
Zeit zu gewinnen
*
Alles ok...?
Subject: Alles ok in Stockholm??
Date: Fri, 16 Jun 10:53:22 GMT
Liebe Marlena
Was kann ich dir erzählen von gestern abend. Es war eine langweilige Sitzung. Der Präsident ist ein Arzt und ein bisschen ungeübt, eine grössere Runde zu kontrollieren. So gibt es zum Teil wilde Diskussionen um reine Spekulationen. Ich halte mich in solchen Situationen zurück, denn es bringt eigentlich nicht viel. Es heizt nur die Diskussion noch mehr an, und dann kommt man überhaupt nie zu einem Ende.
Die Logopädin wurde verabschiedet. Und nach der Sitzung habe ich ihr, vor dem Essen noch, unser Bild übergeben. Ich habe natürlich daraus eine ziemliche verbale Geschichte gemacht und die Leute haben es genossen. Und die Betroffene war echt gerührt. Sie hat mich nachher abgeküsst, obwohl wir erst an diesem Abend von Sie auf Du gewechselt hatten. Vorher hat der Arzt sie schon berabschiedet und ihr ein paar Komplimente gemacht. Aber die unseren waren noch eine Klasse konzentrierter. Sie war wirklich Auge und Ohr und nahezu in Tränen. Und das Bild fanden natürlich alle gerissen mit dieser Idee des Bügelns von Sprechblasen. Und ich habe ja auch erwähnt, dass mir jemand aus Schweden diese feine Idee geschenkt hat. Du siehst, Marlena, du bist hier schon ziemlich präsent. Und bald werden sie anfangen, nach dir zu fragen.
Und nachher hatten wir ein gemütliches Essen zusammen mit lustigen Diskussionen. Der Arzt und ich waren die einzigen Männer. Sonst war es eine echte Frauenrunde. Und wir haben viel gelacht und einander auch etwas geneckt. Es war wirklich sehr angenehm und auch das Essen war ausgezeichnet. Vielleicht ein bisschen teuer, aber es was in Ordnung.
Und schliesslich bin ich doch etwas früher als erwartet wieder zurückgefahren. Doch ich habe dich leider nicht mehr erreicht im ST. Ich hätte dir die Zeit eben auch nicht versprechen können, weil ich nicht wusste, wie lange die ganze Angelegenheit dauern würde. So haben wir uns zu guter letzt verpasst. Und ich kann nur hoffen, dass du dich darüber nicht ärgerst. Du wirst es nicht tun, versprich es mir? Wir werden uns schon wieder treffen, keine Bange.
*
Date: Fri, 16 Jun 10:53:22 GMT
Liebe Marlena
Was kann ich dir erzählen von gestern abend. Es war eine langweilige Sitzung. Der Präsident ist ein Arzt und ein bisschen ungeübt, eine grössere Runde zu kontrollieren. So gibt es zum Teil wilde Diskussionen um reine Spekulationen. Ich halte mich in solchen Situationen zurück, denn es bringt eigentlich nicht viel. Es heizt nur die Diskussion noch mehr an, und dann kommt man überhaupt nie zu einem Ende.
Die Logopädin wurde verabschiedet. Und nach der Sitzung habe ich ihr, vor dem Essen noch, unser Bild übergeben. Ich habe natürlich daraus eine ziemliche verbale Geschichte gemacht und die Leute haben es genossen. Und die Betroffene war echt gerührt. Sie hat mich nachher abgeküsst, obwohl wir erst an diesem Abend von Sie auf Du gewechselt hatten. Vorher hat der Arzt sie schon berabschiedet und ihr ein paar Komplimente gemacht. Aber die unseren waren noch eine Klasse konzentrierter. Sie war wirklich Auge und Ohr und nahezu in Tränen. Und das Bild fanden natürlich alle gerissen mit dieser Idee des Bügelns von Sprechblasen. Und ich habe ja auch erwähnt, dass mir jemand aus Schweden diese feine Idee geschenkt hat. Du siehst, Marlena, du bist hier schon ziemlich präsent. Und bald werden sie anfangen, nach dir zu fragen.
Und nachher hatten wir ein gemütliches Essen zusammen mit lustigen Diskussionen. Der Arzt und ich waren die einzigen Männer. Sonst war es eine echte Frauenrunde. Und wir haben viel gelacht und einander auch etwas geneckt. Es war wirklich sehr angenehm und auch das Essen war ausgezeichnet. Vielleicht ein bisschen teuer, aber es was in Ordnung.
Und schliesslich bin ich doch etwas früher als erwartet wieder zurückgefahren. Doch ich habe dich leider nicht mehr erreicht im ST. Ich hätte dir die Zeit eben auch nicht versprechen können, weil ich nicht wusste, wie lange die ganze Angelegenheit dauern würde. So haben wir uns zu guter letzt verpasst. Und ich kann nur hoffen, dass du dich darüber nicht ärgerst. Du wirst es nicht tun, versprich es mir? Wir werden uns schon wieder treffen, keine Bange.
*
Sonntag, 22. Januar 2012
Samstag, 21. Januar 2012
Dampfbügeleisen und Paris
date 27 September 2006 21:06
subject Nostalgieabend
Lieber Mausfreund,
Ich habe dein Bügelmail nochmals gelesen.. wollte ein Bisschen lachen.. ;-)
Und nun habe ich ein paar Kommentare dazu.
10 Hemden in 90 Minuten, das ist wirklich nicht schlecht. D.h. wenn es
so richtige Hemden sind, wie sie die Herren hier auch früher trugen.
Aber sag, warum musst du sie vorher feucht machen? Hast du denn kein
Dampfbügeleisen? Und dann nachher faltest du sie zusammen. Ist es weil
du sie einpacken willst? Ich hänge K's Hemden immer auf einen
Kleiderbügel. Dann bleiben sie garantiert knitterfrei.
Übrigens tragen die Männer hier kaum mehr diese eleganten Hemden zu
denen ein Schlips gehört. K trägt fast immer weiche Hemden z.B. aus
Piké. Die sind auch ganz einfach zu bügeln und außerdem mit kurzem
Ärmel. Also keine Manschetten. Er ist sehr für Bequemlichkeit und auch
als er noch im Beruf war eine Art Trendsetter. ;-) D.h. wenn er sich
traute gegen Regel zu vestossen und zu tragen was er wollte so machten
es ihm die anderen auch bald nach.
Nein, so ein Riese wie du glaubst ist K nicht. Etwas über 1.80 glaube ich.
Er sieht auf dem Bild nur gross aus neben G, der eher klein ist. Doch G
kompensiert seine geringe Körpergröße mit einem
starken Ego. *smile*
Morgen wird sich S nach den Flugkarten erkundigen. Es wird langsam
spannend. Ich habe Paris so lange nicht mehr besucht.Habe doch nicht
einmal die modernen Viertel auf der anderen Seite des Arc de Triomphe
gesehen. Doch ich werde an dich denken. Denn sogar Paris ist mit dir
verbunden. Erinnerst du dich an deinen Aprilscherz von Anno dazumal?
So werde ich, wenn ich die Champs-Elysées hinunterschreite
wahrscheinlich zu meinen Knien hinunter gucken um zu sehen ob du an
meiner Seite gehst.
Lieb von dir, wenn du sagst "du entgehst mir nicht". Nein, du weisst
es sehr wohl, du wirst mich immer haben.. so lange du willst. Aber ich
weiss nicht ob ich so grosse Treue von dir erhoffen kann.
Morgen fahre ich zu Anna mit Äpfeln, Brot und ein paar eingefrorenen
Speisen. Es ist schön, diese Möglichkeit zu haben dem Alltag zu
entfliehen und ein wenig Abwechslung zu finden.
Nun lasse ich dich für heute.
Wünsche dir alles Gute.
MlGuK
Malou
Grösse X Länge = Volumen
subject Nostalgieabend
Lieber Mausfreund,
Ich habe dein Bügelmail nochmals gelesen.. wollte ein Bisschen lachen.. ;-)
Und nun habe ich ein paar Kommentare dazu.
10 Hemden in 90 Minuten, das ist wirklich nicht schlecht. D.h. wenn es
so richtige Hemden sind, wie sie die Herren hier auch früher trugen.
Aber sag, warum musst du sie vorher feucht machen? Hast du denn kein
Dampfbügeleisen? Und dann nachher faltest du sie zusammen. Ist es weil
du sie einpacken willst? Ich hänge K's Hemden immer auf einen
Kleiderbügel. Dann bleiben sie garantiert knitterfrei.
Übrigens tragen die Männer hier kaum mehr diese eleganten Hemden zu
denen ein Schlips gehört. K trägt fast immer weiche Hemden z.B. aus
Piké. Die sind auch ganz einfach zu bügeln und außerdem mit kurzem
Ärmel. Also keine Manschetten. Er ist sehr für Bequemlichkeit und auch
als er noch im Beruf war eine Art Trendsetter. ;-) D.h. wenn er sich
traute gegen Regel zu vestossen und zu tragen was er wollte so machten
es ihm die anderen auch bald nach.
Nein, so ein Riese wie du glaubst ist K nicht. Etwas über 1.80 glaube ich.
Er sieht auf dem Bild nur gross aus neben G, der eher klein ist. Doch G
kompensiert seine geringe Körpergröße mit einem
starken Ego. *smile*
Morgen wird sich S nach den Flugkarten erkundigen. Es wird langsam
spannend. Ich habe Paris so lange nicht mehr besucht.Habe doch nicht
einmal die modernen Viertel auf der anderen Seite des Arc de Triomphe
gesehen. Doch ich werde an dich denken. Denn sogar Paris ist mit dir
verbunden. Erinnerst du dich an deinen Aprilscherz von Anno dazumal?
So werde ich, wenn ich die Champs-Elysées hinunterschreite
wahrscheinlich zu meinen Knien hinunter gucken um zu sehen ob du an
meiner Seite gehst.
Lieb von dir, wenn du sagst "du entgehst mir nicht". Nein, du weisst
es sehr wohl, du wirst mich immer haben.. so lange du willst. Aber ich
weiss nicht ob ich so grosse Treue von dir erhoffen kann.
Morgen fahre ich zu Anna mit Äpfeln, Brot und ein paar eingefrorenen
Speisen. Es ist schön, diese Möglichkeit zu haben dem Alltag zu
entfliehen und ein wenig Abwechslung zu finden.
Nun lasse ich dich für heute.
Wünsche dir alles Gute.
MlGuK
Malou
Grösse X Länge = Volumen
Freitag, 20. Januar 2012
Tragische Heldinnen sind bleich

tragische Heldinnen sind bleich ...
Sun, 28 May 08:43:52 GMT
(R)
...
Und das beste daran ist, dass tragische Heldinnen wirklich
bleich sind. Man könnte darüber einen geistreichen Essay schreiben.
Kannst du dir Jeanne d'Arc mollig und mit roten Wangen vorstellen?
Nie im Leben! Oder Medea, die nun wirklich eine sehr tragische
Gestalt ist. Es gibt im Basler Antikenmuseum einen spätrömischen
Sarkophag, wo die tragische Medea auf einer Seite im Halbrelief
dargestellt wird. Die ganze tragische Geschichte, wie sie ihre
Nebenbuhlerin durch vergiftete Kleider hinrichtet und wie sie
schliesslich in einem göttlichen Gefährt entschwebt. Es ist das
schönste Stück im ganzen Museum, und manchmal gehe ich
am Sonntagmorgen dorthin, nur um dieses eine Stück anzuschauen.
Es ist ein ganzes Reliefband, die Länge des Sarkophages, also in ein
einziges Stück Stein gehauen. Und wenn du links zu lesen beginnst,
dann ist zuerst die Hochzeit Iasons mit Gauke, der Tochter des Königs
von Korinth zu sehen. Medea schickt der Nebenbuhlerin ein mit
Zaubermitteln vergiftetes Gewand, das beim Anziehen in Flammen
aufgeht, so das Gauke und Iason, der ihr zu Hilfe eilt, verbrennen.
Um die Rache an dem ungetreuen Gatten zu vollenden, tötet sie auch
ihre beiden Kinder, bevor sie auf ihrem von Drachen gezogenen
Wagen entflieht.
Es gibt auch ein dramatisches Bild von Delacroix im Louvre, wo sie
im Begriffe ist, ihre Kinder zu töten. Ich habe es ziemlich genau in
Erinnerung. Dort schaut sie sehr tragisch die erschrockenen und
vielleicht schockierten Louvre-Besucher an. Es scheint ihr wirklich
ernst zu sein mit ihren Kindern. Und als braver Bürger der Moderne
möchte man intervenieren und ihr das Messer aus der Hand reissen.
Aber das wagt man nicht, denn sie ist kolossal und bleich.
Und bei diesem Sarkophag, wenn du ein paar Schritte zurücktrittst,
siehst du, wie das Band von links nach rechts ziemlich ruhig anfängt.
Es gibt diese vielen Figuren, alle ihre Köpfe auf gleicher Höhe (sie
sind geordnet und deuten eine Menge an, es gibt dafür einen Namen
in der Kunstgeschichte). Und zur Mitte hin wird die Szenerie immer
nervöser und unruhiger. Du hast den Eindruck, der Stein ist
elektrisiert, und dann nach rechts, zum wunderschönen Wagen
Medeas hin, beruhigt sich alles wieder. Es ist wirklich ein
wunderbares Stück. Ich weiss nicht, woher die Basler sowas haben.
Natürlich ist darin der spätgriechische Einfluss sehr sichtbar,
helenistisch heisst das. Es ist also für ein römisches Stück schon
sehr fein, eine Spätentwicklung. Da waren die Römer schon ziemlich
verweichlicht und verzärtelt, hat man den Eindruck. Das ist schon ihr
fin de siecle, ihr langsamer Niedergang nach Augustus.
Wenn du mal nach Basel kommst, würde ich dir dieses Stück zeigen.
Ich hätte noch anderes, aber das würde ich dir zeigen. Es ist einmalig
schön und fast ohne Beschädigungen erhalten.
...
Donnerstag, 19. Januar 2012
vielleicht unheilbar
tragische Heldinnen sind bleich ...
Sun, 28 May 08:43:52 GMT
Meine Marlena
Man spricht im Deutschen vom Wonne-Monat Mai. Ich glaube das ist der Grund für meine schwere Maladi im Moment. Es ist wirklich ein akuter Anfall mit schweren Symptomen, fast ein bisschen Fieber und diese Unruhe und dieses Drängen. Vielleicht ist es eine besonders gefährliche Infektionsform, die ich erwischt habe. Vielleicht ist sie schwer zu heilen. Weiss Gott, vielleicht unheilbar!
Und was macht man als Patient dagegen? Etwa kalte Umschläge und Pfefferminzdrops lutschen? Nein, man fragt seine Geliebte, was man tun soll. Denn sie ist ja eigentlich der Virus. Die Heilung kann nur über den Virus geschehen. Man muss ihn irgendwie neutralisieren, isolieren, vielleicht penizillinisieren (dieses Wort gibt es bestimmt nicht, meine Liebe, also nicht in dein vocabulaire aufnehmen). Man könnte auch zur Ader lassen, wie früher die Bader es machten, die gleichzeitig auch die Haare geschnitten haben sollen. Ein paar Blutegel ansetzen und schon lässt meine maladisierende Kraft nach und bald werde ich dastehen so schwach und saftlos und bleich wie eine tragische Heldin.
*
Tragische Heldinnen sind bleich. In einem solchen Satz ...
Sun, 28 May 08:43:52 GMT
Meine Marlena
Man spricht im Deutschen vom Wonne-Monat Mai. Ich glaube das ist der Grund für meine schwere Maladi im Moment. Es ist wirklich ein akuter Anfall mit schweren Symptomen, fast ein bisschen Fieber und diese Unruhe und dieses Drängen. Vielleicht ist es eine besonders gefährliche Infektionsform, die ich erwischt habe. Vielleicht ist sie schwer zu heilen. Weiss Gott, vielleicht unheilbar!
Und was macht man als Patient dagegen? Etwa kalte Umschläge und Pfefferminzdrops lutschen? Nein, man fragt seine Geliebte, was man tun soll. Denn sie ist ja eigentlich der Virus. Die Heilung kann nur über den Virus geschehen. Man muss ihn irgendwie neutralisieren, isolieren, vielleicht penizillinisieren (dieses Wort gibt es bestimmt nicht, meine Liebe, also nicht in dein vocabulaire aufnehmen). Man könnte auch zur Ader lassen, wie früher die Bader es machten, die gleichzeitig auch die Haare geschnitten haben sollen. Ein paar Blutegel ansetzen und schon lässt meine maladisierende Kraft nach und bald werde ich dastehen so schwach und saftlos und bleich wie eine tragische Heldin.
*
Tragische Heldinnen sind bleich. In einem solchen Satz ...
Dienstag, 17. Januar 2012
die Alpen - ein Reisegrund
.
*
Auf dem gegenüberliegenden Dach sind zwei Tauben. Die eine steht ziemlich still und schaut auf unsere geschäftigen Strassen herunter. Sie wirkt sehr gelassen und erhaben über all dem Getue. Und die andere Taube dreht sich, wippt mit dem Kopf auf und ab, macht einen echten Tanz zuoberst auf dem Dachgiebel, so dass einem Angst und Bange wird, sie könnte das Gleichgewicht verlieren und herunterfallen. Sie ist wirklich ständig in Bewegung, und man hat den Eindruck, sie sei wirklich ein bisschen in einem Wahn.
Natürlich, es muss der Liebeswahn sein. Und es ist auch nicht schwierig zu erraten, welches von beiden das Männchen und welches das Weibchen sei. Ich erinnere mich an die Antwort, die Anna gegeben hatte. Ist die Natur nicht komisch eingerichtet. Sie ist nicht nur grausam, sie ist auch urkomisch. Aber sie ist auch sehr schön, auf der anderen Seite. Und weil wir selbst auch teilhaben an dieser Natur, so finden wir das Naturschöne besonders schön und die hohen Berge besonders erhaben. Das war nicht immer so, noch im 17. Und 18. Jahrhundert wurden die Alpen als hässliche, formlose und Angst einflössende Gesteinsmassen wahrgenommen. Die Reisenden im 17. Jahrhundert wollten die Schweizer Alpen möglichst schnell hinter sich lassen. Der Reiseboom ins Gebirge kam erst im 18. Jahrhundert und Grund von Prozessen und Verschiebungen in der Wahrnehmung der Berge. Im Zeitalter der Aufklärung galten die Alpenlandschaften, dh. die als unberührt gesehene in der Höhe gelegene Natur, als Ort moralischer Reinheit. Damals brauchte es noch Pioniergeist, in die Alpen zu fahren, denn die Reiseumstände waren alles andere als kompfortabel. Goethe reiste 1779 zum zweiten Male durch die Schweiz. Es war nicht zuletzt auch eine Leistung der Maler, zB Turner oder Wolf, die Berge in Bildern dargestellt und so verewigt zu haben. Und später kamen die Engländer, allen voran Königin Viktoria, die die Schweiz als Reise und Bergsteigerland entdeckten. Die armen Schweizerbauern in den Bergen waren froh, eine kleine Nebenbeschäftigung zu haben, indem sie die Touristen auf ihren Kuhwagen in der Gegend herumführten. Siehst du, Marlena, sogar das könnte ein Reisegrund sein, die Schweiz mit ihren schönen Landschaften, mit ihren Bergen, mit Rilke und mit unseren Nationalhelden Frisch und Dürrenmatt. Du könntest das ganze ja geradezu als Studienreise begründen und von der Schule finanziern lassen. Wäre doch kein Problem. Und dann würden wir zusammen nach Solothurn zu Bichsel fahren und nach Tante Gunilla fragen.
*
Foto: Chris
*
Auf dem gegenüberliegenden Dach sind zwei Tauben. Die eine steht ziemlich still und schaut auf unsere geschäftigen Strassen herunter. Sie wirkt sehr gelassen und erhaben über all dem Getue. Und die andere Taube dreht sich, wippt mit dem Kopf auf und ab, macht einen echten Tanz zuoberst auf dem Dachgiebel, so dass einem Angst und Bange wird, sie könnte das Gleichgewicht verlieren und herunterfallen. Sie ist wirklich ständig in Bewegung, und man hat den Eindruck, sie sei wirklich ein bisschen in einem Wahn.
Natürlich, es muss der Liebeswahn sein. Und es ist auch nicht schwierig zu erraten, welches von beiden das Männchen und welches das Weibchen sei. Ich erinnere mich an die Antwort, die Anna gegeben hatte. Ist die Natur nicht komisch eingerichtet. Sie ist nicht nur grausam, sie ist auch urkomisch. Aber sie ist auch sehr schön, auf der anderen Seite. Und weil wir selbst auch teilhaben an dieser Natur, so finden wir das Naturschöne besonders schön und die hohen Berge besonders erhaben. Das war nicht immer so, noch im 17. Und 18. Jahrhundert wurden die Alpen als hässliche, formlose und Angst einflössende Gesteinsmassen wahrgenommen. Die Reisenden im 17. Jahrhundert wollten die Schweizer Alpen möglichst schnell hinter sich lassen. Der Reiseboom ins Gebirge kam erst im 18. Jahrhundert und Grund von Prozessen und Verschiebungen in der Wahrnehmung der Berge. Im Zeitalter der Aufklärung galten die Alpenlandschaften, dh. die als unberührt gesehene in der Höhe gelegene Natur, als Ort moralischer Reinheit. Damals brauchte es noch Pioniergeist, in die Alpen zu fahren, denn die Reiseumstände waren alles andere als kompfortabel. Goethe reiste 1779 zum zweiten Male durch die Schweiz. Es war nicht zuletzt auch eine Leistung der Maler, zB Turner oder Wolf, die Berge in Bildern dargestellt und so verewigt zu haben. Und später kamen die Engländer, allen voran Königin Viktoria, die die Schweiz als Reise und Bergsteigerland entdeckten. Die armen Schweizerbauern in den Bergen waren froh, eine kleine Nebenbeschäftigung zu haben, indem sie die Touristen auf ihren Kuhwagen in der Gegend herumführten. Siehst du, Marlena, sogar das könnte ein Reisegrund sein, die Schweiz mit ihren schönen Landschaften, mit ihren Bergen, mit Rilke und mit unseren Nationalhelden Frisch und Dürrenmatt. Du könntest das ganze ja geradezu als Studienreise begründen und von der Schule finanziern lassen. Wäre doch kein Problem. Und dann würden wir zusammen nach Solothurn zu Bichsel fahren und nach Tante Gunilla fragen.
*
Montag, 16. Januar 2012
romantische Malerei
Subject: Re: Nur drei Worte... (shorthand ?)
Liebste
Ein schönes Gute-Nacht-Mail hast du mir geschickt. Ich habe es jetzt gerade, zu meinem Morgenkaffee gelesen. Und es ist sehr lieb und schön, und ich hätte auf einem so süssen Kissen wunderbar geschlafen. In Wirklichkeit konnte ich nicht sonderlich gut einschlafen, bin nochmals aufgestanden und habe in einem Buch herumgeblättert: romantische Malerei in Deutschland, Dresdener Schule, Caspar Friedrich. Die phänomenale und einmanlige, fast einzelgängerische Malerei von Turner, der bekanntlich auch in den Schweizer Alpen schöne Sachen gemalt hat. Damals, anfang des 19. Jahrunderts haben die Engländer die Alpen entdeckt und haben angefangen, zu uns in die Ferien zu fahren und Bob Rennen zu veranstalten und Skifahren und so fort. Es waren die Engländer, die die Schweiz als Touristenland entdeckt haben. Vorher waren wir wohl mausarm und abgelegenste Provinz. Mit der Naturschönheit und der Erhabenheit sind neue Dimensionen in die Ästhetik gelangt. Das Schöne und das Erhabene, das einen kleinen ästhetischen Schauder erzeugt, sind die beiden Dimensionen. Wir haben auch einen schönen Schweizer Bergmaler der Romantik, das ist Wolf. Er malt die Berge mit soviel schöner Haltung und mit einer Leichtigkeit, dass man immer wieder erstaunt ist. So wie er möchte ich gerne malen könnte, obwohl das heute ja wohl nicht mehr ganz modern wäre.
*
Sonntag, 15. Januar 2012
nicht Rom.. (dieser Pedant)
...
Heute muss ich endlich meinen Artikel abschicken. Der Redaktor wird toben. Er wird mich vierteilen und in den Rhein werfen. Ich bin eine ganze Woche zu spät. Aber er ist selbst schuld, dieser fiese Pedant. Er wollte es nicht anders. Wenigstens hoffe ich, dass mein Text gut ankommt. Ich bekomme ja sonst nichts ausser die Ehre, ihn in diesem Bulletin veröffentlichen zu können. Aber ich habe schon einiges gelernt bei der Niederschrift. Es ist einfach doch gut, wenn man ein defintives Endprodukt produzieren muss, auf einen Punkt hin zu arbeiten, das bringt Vorteile. So weiss ich jetzt alles über Familie und ich weiss, dass Du Marlena, in einer Shuttle-Beziehung lebst und dass das nichts völlig Fremdes ist, sondern dass es so häufig vorkommt, so dass - wie gesagt - schon ein Name dafür besteht. Ich muss noch meine Zeichnungen platzieren. Und er will eine Legende unter die Zeichnungen, obwohl das ja nur Assoziationen sind, und nicht Tabellen oder informative Bilder. Er ist echt pedantisch. Er scheint mir ein blutarmer Wissenschafter, der kaum mehr hinter seinem Papier hervorsieht. Aber ich will jetzt nicht mehr länger herumtrödeln, heute Nachmittag werde ich eine Diskette erstellen und abschicken. So wahr mir Gott helfe! (es macht mich schon ganz müde, wenn ich daran denke).
*
Heute muss ich endlich meinen Artikel abschicken. Der Redaktor wird toben. Er wird mich vierteilen und in den Rhein werfen. Ich bin eine ganze Woche zu spät. Aber er ist selbst schuld, dieser fiese Pedant. Er wollte es nicht anders. Wenigstens hoffe ich, dass mein Text gut ankommt. Ich bekomme ja sonst nichts ausser die Ehre, ihn in diesem Bulletin veröffentlichen zu können. Aber ich habe schon einiges gelernt bei der Niederschrift. Es ist einfach doch gut, wenn man ein defintives Endprodukt produzieren muss, auf einen Punkt hin zu arbeiten, das bringt Vorteile. So weiss ich jetzt alles über Familie und ich weiss, dass Du Marlena, in einer Shuttle-Beziehung lebst und dass das nichts völlig Fremdes ist, sondern dass es so häufig vorkommt, so dass - wie gesagt - schon ein Name dafür besteht. Ich muss noch meine Zeichnungen platzieren. Und er will eine Legende unter die Zeichnungen, obwohl das ja nur Assoziationen sind, und nicht Tabellen oder informative Bilder. Er ist echt pedantisch. Er scheint mir ein blutarmer Wissenschafter, der kaum mehr hinter seinem Papier hervorsieht. Aber ich will jetzt nicht mehr länger herumtrödeln, heute Nachmittag werde ich eine Diskette erstellen und abschicken. So wahr mir Gott helfe! (es macht mich schon ganz müde, wenn ich daran denke).
*
Samstag, 14. Januar 2012
nicht Rom ... (kleine Diplomatin)
...
Siehst du, ich denke immer, Gymnasiasten sollten sich so spät wie möglich verlieben. Verliebtsein braucht soviel Energie und Zeit, die alle von den Studien und den Bildungsprozessen abgehen. Man sollte diese erotische Energie für das eigene Studium brauchen und nutzen können. Die Liebe ist eine enorme Ablenkung. B macht es zwar nicht schlecht. Sie arbeitet hart für die Schule und teilt sich ihre Zeit gut ein, damit sie dann auch die Erlaubnis bekommt, abends ihren Freund zu sehen. Bei ihrem ersten Freund habe ich ihr einmal die Erlaubnis gegeben, ihn zu besuchen, "wenn es sie später zum Lernen beflügle". Und nun argumentiert sie immer, dass die Liebe sie zum Lernen beflügle. Sie hat mindestens diese Metalektion schnell gelernt, dh. sie hat rasch kapiert, welche Argumente man dem Vater unter die Nase reiben muss. Sie ist ziemlich schlau, unsere B. Wenn sie etwas will, dann merkt man das - falls man es denn merkt - lange voraus. Sie bereitet das Terrain vor. Sie erzählt dir all die schönen und guten Dinge, die du von einer Tochter hören möchtest. Sie erzählt, wie hart sie arbeite, wie gut die Noten sind, wie die Lehrer sie gelobt hätten und wie andere sie bedauerten, dass sie immer zuhause sitze und arbeite und sich selbst kein Vergnügen leiste. Und schliesslich kommt die entscheidende Frage, ob sie ihr Sackgeld haben könnte, ob sie abends weg dürfe oder was immer. Die B ist echt eine kleine Diplomatin. Die A ist anders, sie geht kopfvoran auf den Punkt los. So sind die Kinder verschieden.
*
Heute muss ich endlich ...
Siehst du, ich denke immer, Gymnasiasten sollten sich so spät wie möglich verlieben. Verliebtsein braucht soviel Energie und Zeit, die alle von den Studien und den Bildungsprozessen abgehen. Man sollte diese erotische Energie für das eigene Studium brauchen und nutzen können. Die Liebe ist eine enorme Ablenkung. B macht es zwar nicht schlecht. Sie arbeitet hart für die Schule und teilt sich ihre Zeit gut ein, damit sie dann auch die Erlaubnis bekommt, abends ihren Freund zu sehen. Bei ihrem ersten Freund habe ich ihr einmal die Erlaubnis gegeben, ihn zu besuchen, "wenn es sie später zum Lernen beflügle". Und nun argumentiert sie immer, dass die Liebe sie zum Lernen beflügle. Sie hat mindestens diese Metalektion schnell gelernt, dh. sie hat rasch kapiert, welche Argumente man dem Vater unter die Nase reiben muss. Sie ist ziemlich schlau, unsere B. Wenn sie etwas will, dann merkt man das - falls man es denn merkt - lange voraus. Sie bereitet das Terrain vor. Sie erzählt dir all die schönen und guten Dinge, die du von einer Tochter hören möchtest. Sie erzählt, wie hart sie arbeite, wie gut die Noten sind, wie die Lehrer sie gelobt hätten und wie andere sie bedauerten, dass sie immer zuhause sitze und arbeite und sich selbst kein Vergnügen leiste. Und schliesslich kommt die entscheidende Frage, ob sie ihr Sackgeld haben könnte, ob sie abends weg dürfe oder was immer. Die B ist echt eine kleine Diplomatin. Die A ist anders, sie geht kopfvoran auf den Punkt los. So sind die Kinder verschieden.
*
Heute muss ich endlich ...
Freitag, 13. Januar 2012
nicht Rom
Subject: lent et douleureux
Date: Mon, 29 May 2000 11:03:55 GMT
Liebe Marlena
Weißt du, Marlena, ein wenig bin ich schon erschrocken, als ich heute Morgen meine Ursuppe wieder durchgelesen habe. Es ist sehr tagebuchartig provisorisch vorbewusst, es ist traumähnlich, oder alles so rauschartig wie nach einer Flasche Dôle, die du mir ja nun nicht direkt verboten, aber doch moralisch kontigentiert hast, mein liebes Muttchen (so würde ungefähr Kästner zu seiner Mama sagen). Ich will mir Mühe geben, ein bisschen mehr Ordnung in meine Texte zu bringen, so dass man vielleicht einigermassen verstehen könnte. Es tut mir leid, ich fürchte, du verdirbst dir bei mir noch dein schönes Deutsch. Und das wäre nun wirklich sünd und schade.
*
Du bist wohl im Moment schwer beschäftigt mit den Tests und den Schlussnoten und all den Dingen, die vor den grossen Ferien liegen. Und dann wirst du bald packen müssen für deine Sommerferien. Hast du mir schon gesagt, wohin ihr in Italien fahrt. Habe ich es vergessen? Das kann ich mir fast nicht vorstellen. Ich glaube, du hast nichts genaueres gesagt. Nur, dass es nicht Rom ist, das habe ich erleichtert mitbekommen.
Ich bin noch hin- und hergerissen. Eigentlich habe ich mich schon in die Bereitschaft gebracht, mich mit Rom zu beschäftigen. Ich habe schon die Bücher im Büro und könnte zwischendurch oder an Samstagen anfangen, mich damit zu beschäftigen. Aber dann denke ich, allein möchte ich nicht nach Rom fahren. Die Wirklichkeit an einem Traum zu messen, das kann für die Wirklichkeit nur schlimm herauskommen. Allein könnte ich vielleicht nach Amerika, nach Portugal, nach Pudapest. Ach, ich weiss noch nicht. Ich glaube, im Moment sollte ich mich ein bisschen auf Persien vorbereiten. Der Dumont liegt längst zuhause bereit. Und wenn ich nicht sosehr mit meiner Marlena beschäftigt wäre, hätte ich schon lange damit angefangen.
Siehst du, ich denke immer, Gymnasiasten sollten ...
Date: Mon, 29 May 2000 11:03:55 GMT
Liebe Marlena
Weißt du, Marlena, ein wenig bin ich schon erschrocken, als ich heute Morgen meine Ursuppe wieder durchgelesen habe. Es ist sehr tagebuchartig provisorisch vorbewusst, es ist traumähnlich, oder alles so rauschartig wie nach einer Flasche Dôle, die du mir ja nun nicht direkt verboten, aber doch moralisch kontigentiert hast, mein liebes Muttchen (so würde ungefähr Kästner zu seiner Mama sagen). Ich will mir Mühe geben, ein bisschen mehr Ordnung in meine Texte zu bringen, so dass man vielleicht einigermassen verstehen könnte. Es tut mir leid, ich fürchte, du verdirbst dir bei mir noch dein schönes Deutsch. Und das wäre nun wirklich sünd und schade.
*
Du bist wohl im Moment schwer beschäftigt mit den Tests und den Schlussnoten und all den Dingen, die vor den grossen Ferien liegen. Und dann wirst du bald packen müssen für deine Sommerferien. Hast du mir schon gesagt, wohin ihr in Italien fahrt. Habe ich es vergessen? Das kann ich mir fast nicht vorstellen. Ich glaube, du hast nichts genaueres gesagt. Nur, dass es nicht Rom ist, das habe ich erleichtert mitbekommen.
Ich bin noch hin- und hergerissen. Eigentlich habe ich mich schon in die Bereitschaft gebracht, mich mit Rom zu beschäftigen. Ich habe schon die Bücher im Büro und könnte zwischendurch oder an Samstagen anfangen, mich damit zu beschäftigen. Aber dann denke ich, allein möchte ich nicht nach Rom fahren. Die Wirklichkeit an einem Traum zu messen, das kann für die Wirklichkeit nur schlimm herauskommen. Allein könnte ich vielleicht nach Amerika, nach Portugal, nach Pudapest. Ach, ich weiss noch nicht. Ich glaube, im Moment sollte ich mich ein bisschen auf Persien vorbereiten. Der Dumont liegt längst zuhause bereit. Und wenn ich nicht sosehr mit meiner Marlena beschäftigt wäre, hätte ich schon lange damit angefangen.
Siehst du, ich denke immer, Gymnasiasten sollten ...
Mittwoch, 11. Januar 2012
Liebesnacht
Ämne: Rilke (3)
Datum: den 7 februari 2004 14:49
Liebesnacht
...denn die Zeit ist eingestürzt.
Aus der Dichtung «Cornet»
Datum: den 7 februari 2004 14:49
Liebesnacht
...denn die Zeit ist eingestürzt.
Die Turmstube ist dunkel.
Aber sie leuchten sich ins Gesicht mit ihrem Lächeln. Sie tasten vor
sich her wie Blinde und finden den Andern wie eine Tür. Fast wie
Kinder, die sich vor der Nacht ängstigen, drängen sie sich in einander
ein. Und doch fürchten sie sich nicht. Da ist nichts, was gegen sie
wäre: kein Gestern, kein Morgen; denn die Zeit ist eingestürzt. Und
sie blühen aus ihren Trümmern.
Er fragt nicht: »Dein Gemahl?«
Sie fragt nicht: »Dein Namen?«
Sie haben sich ja gefunden, um einander ein neues Geschlecht zu sein.
Sie werden sich hundert neue Namen geben und einander alle wieder
abnehmen, leise, wie man einen Ohrring abnimmt.
Aus der Dichtung «Cornet»
Here again ...
Ämne : Re: Here again and again
Datum : Mon, 07 Jan 2002 21:19:17 +0000
Lieber ...,
Ich wünsche es wäre again and again.. Ich weiss es ist dumm, denn ich suche ein mail von dir obwohl ich noch nicht geschrieben habe. Als ob du wissen könntest ...
Es ist lieb von dir dass du mir Mut zuredest. Und natürlich werde ich gern deine Ratschläge befolgen... musst mir nur etwas näher erklären wie ich das machen soll.
Ein Glück dass du mich nicht sehen kannst. Ich fühle mich im Moment wie unsere Issi aussieht. Sitze hier in eine dicke Decke gehüllt vor dem PC. Ich suche dauernd Wärme. Am liebsten würde ich dieses Badewannenjahr in der Badewanne verbringen. Dort fühle ich mich am wohlsten.
Heute war der erste Schultag und meine Montage sind lang und anstrengend. Vielleicht habe ich eine Erkältung erwischt. Sowas geht ja doch ziemlich schnell vorüber. Es ist wieder warm draussen für die Jahreszeit aber sehr glatt. Die Leute brechen sich Arme und Beine und die Kliniken sind vollbelegt.
Danke auch für den Artikel über Simone de B. Ein wenig habe ich schon davon verstanden aber einiges war wie chinesisch. Aber sie ist "auf der Tapete" wie wir sagen. Wahrscheinlich nach dem Film den man über sie gemacht hat und wo ihre nahen Verwandten von ihrem Leben erzählen.
Eigentlich finde ich nicht dass ihr Leben richtig zu ihrem Aussehen passt. Sie sieht doch wirklich irgendwie sehr prächtig aus... es fällt mir schwer sie mit einer grossen Leidenschaft zu verbinden. In dem Buch das ich lese duzt sie nicht Sartre. Ich nehme an es müssen die beiden sein. Es würde mich schon interessieren wie sie ihrem geliebten (?) Sartre geschrieben hat. Hast du es gelesen?
*
Ich muss ins Bett damit ich wenigstens morgen ausgeschlafen bin.
Ich schreibe dir ein längeres mail nächstes Mal..
Lass es dir gut gehn,...!
Mit einem lieben Gruss
Marlena
Datum : Mon, 07 Jan 2002 21:19:17 +0000
Lieber ...,
Ich wünsche es wäre again and again.. Ich weiss es ist dumm, denn ich suche ein mail von dir obwohl ich noch nicht geschrieben habe. Als ob du wissen könntest ...
Es ist lieb von dir dass du mir Mut zuredest. Und natürlich werde ich gern deine Ratschläge befolgen... musst mir nur etwas näher erklären wie ich das machen soll.
Ein Glück dass du mich nicht sehen kannst. Ich fühle mich im Moment wie unsere Issi aussieht. Sitze hier in eine dicke Decke gehüllt vor dem PC. Ich suche dauernd Wärme. Am liebsten würde ich dieses Badewannenjahr in der Badewanne verbringen. Dort fühle ich mich am wohlsten.
Heute war der erste Schultag und meine Montage sind lang und anstrengend. Vielleicht habe ich eine Erkältung erwischt. Sowas geht ja doch ziemlich schnell vorüber. Es ist wieder warm draussen für die Jahreszeit aber sehr glatt. Die Leute brechen sich Arme und Beine und die Kliniken sind vollbelegt.
Danke auch für den Artikel über Simone de B. Ein wenig habe ich schon davon verstanden aber einiges war wie chinesisch. Aber sie ist "auf der Tapete" wie wir sagen. Wahrscheinlich nach dem Film den man über sie gemacht hat und wo ihre nahen Verwandten von ihrem Leben erzählen.
Eigentlich finde ich nicht dass ihr Leben richtig zu ihrem Aussehen passt. Sie sieht doch wirklich irgendwie sehr prächtig aus... es fällt mir schwer sie mit einer grossen Leidenschaft zu verbinden. In dem Buch das ich lese duzt sie nicht Sartre. Ich nehme an es müssen die beiden sein. Es würde mich schon interessieren wie sie ihrem geliebten (?) Sartre geschrieben hat. Hast du es gelesen?
*
Ich muss ins Bett damit ich wenigstens morgen ausgeschlafen bin.
Ich schreibe dir ein längeres mail nächstes Mal..
Lass es dir gut gehn,...!
Mit einem lieben Gruss
Marlena
Dienstag, 10. Januar 2012
Sonntag, 8. Januar 2012
Re: Horoskop
6 January 2008 16:17
subject 2008
Lieber ...,
Auch ich habe ein Horoskop für das Jahr 2008 gesehen und natürlich auch das deine gelesen und gestaunt. Es ist doch wirklich für dich geschrieben. Meinst du nicht auch? :-)
Also schicke ich es dir mit Übersetzung.
Voilà!
Du kannst mit vielen spannende Begegnungen rechnen
Du sehnst dich nach neuer Inspiration und das ist gerade was du bekommst im Jahre 2008.
Es wird viele Milieuwechsel, kurze Reisen und spannende Begegnungen mit Menschen geben. Alte Vorurteile verschwinden und werden durch durchdachte Ansichten ersetzt.
Du wirst schreiben
mehr als gewöhnlich. Es können Einsender, Briefe oder Artikel sein – oder sogar ein Buch. Studien sind auch ein lohnendes Gebiet. Mache alle Kurse die du bekommen kannst. Versuche auch Vorträge in verschiedenen Themen zu hören.
Deine Kontakte mit Freunden, Geschwistern und Nachbarn funktionieren ausgezeichnet. Du wirst oft mit Generosität begegnet und dein Bekanntenkreis wächst. Es ist schmeichelhaft, wenn Menschen, die dich früher nicht einmal beachtet haben, nun plötzlich Umgang mit dir suchen.
Dagegen gefällt es dir nicht besonders in grossen Gruppen. Nimm nicht fordernde (schwierige?) Engagements in Vereinen an. Es führt leicht zu zu viel Verantwortung.
In der Verwandtschaft gibt es einige Unklarheiten. Du entdeckst, dass jemand unehrlich gewesen ist, und es gilt dies auf eine besonnene Weise zu handhaben. Setze nicht Himmel und Hölle in Bewegung, versuche stattdessen zu verstehen wie andere denken.
Deine Kontakte funktionieren am besten im Mai und Oktober.
********************
Ich grüsse dich lieb und wünsche dir alles Gute für den Wochenanfang.
Ks in Qs
subject 2008
Lieber ...,
Auch ich habe ein Horoskop für das Jahr 2008 gesehen und natürlich auch das deine gelesen und gestaunt. Es ist doch wirklich für dich geschrieben. Meinst du nicht auch? :-)
Also schicke ich es dir mit Übersetzung.
Voilà!
Du kannst mit vielen spannende Begegnungen rechnen
Du sehnst dich nach neuer Inspiration und das ist gerade was du bekommst im Jahre 2008.
Es wird viele Milieuwechsel, kurze Reisen und spannende Begegnungen mit Menschen geben. Alte Vorurteile verschwinden und werden durch durchdachte Ansichten ersetzt.
Du wirst schreiben
mehr als gewöhnlich. Es können Einsender, Briefe oder Artikel sein – oder sogar ein Buch. Studien sind auch ein lohnendes Gebiet. Mache alle Kurse die du bekommen kannst. Versuche auch Vorträge in verschiedenen Themen zu hören.
Deine Kontakte mit Freunden, Geschwistern und Nachbarn funktionieren ausgezeichnet. Du wirst oft mit Generosität begegnet und dein Bekanntenkreis wächst. Es ist schmeichelhaft, wenn Menschen, die dich früher nicht einmal beachtet haben, nun plötzlich Umgang mit dir suchen.
Dagegen gefällt es dir nicht besonders in grossen Gruppen. Nimm nicht fordernde (schwierige?) Engagements in Vereinen an. Es führt leicht zu zu viel Verantwortung.
In der Verwandtschaft gibt es einige Unklarheiten. Du entdeckst, dass jemand unehrlich gewesen ist, und es gilt dies auf eine besonnene Weise zu handhaben. Setze nicht Himmel und Hölle in Bewegung, versuche stattdessen zu verstehen wie andere denken.
Deine Kontakte funktionieren am besten im Mai und Oktober.
********************
Ich grüsse dich lieb und wünsche dir alles Gute für den Wochenanfang.
Ks in Qs
Horoskop
4 January 2008 19:29
subject Re: friday
Liebe Malou
Ich war krank in den letzten Tagen. Seit dem alten Jahr schon hatte ich diese Grippe mitgeschleppt, habe ständig Tee gesoffen und ein bisschen geschwitzt. Das sei, so sagt man, doch gut. Und heute nun bin ich eben zum Arzt gegangen, weil ich nicht wollte, dass alles noch auf die Lungen schlägt. ...
Und das gute an diesem Arztbesuch am Freitag Abend um 18h war ... du wirst es niemals erraten Malou. Im Wartezimmer habe ich diese Heftli angeschaut. Und in der Schweizer Illustrierten hat die Frau Bisset, eine bekannte und irgendwie engelschöne Horoskopistin, die Chancen fürs kommende Jahr vorausgeschaut. Ich habe bei den Skorpionen geschaut. Und dabei solltest du wissen, Malou, dass mein Arzt nicht nur auch ein Skorpion ist, sondern dass er gleich am gleichen Tag Geburtstag hat. ..
Nun aber dieses Horoskop von Frau Bisset, ich sage dir Malou, ich werde in 2008 alles überrunden und überholen und überfahren. Auch wenn ich nur 50% vom Horoskop glaube, es ist immer noch fantastisch. Noch 25% würden genügen, um blendend zu überleben. Alles wird exzellent laufen: Beruf, Karriere, Liebe, Gesundheit, Geld. Sie hat zwar Aussagen gemacht über die Quartale. So genau habe ich das alles natürlich nicht studiert. Aber alles in allem: beste Aussichten. Ich wollte dies dem Arzt in der Sprechstunde gleich unter die Nase reiben. Aber er war so trocken und ernst, dass ich es nicht wagte, so weit auszuholen mit meiner Krankheitsschilderung.
...
Ich habe deinen Christbaum gesehen. Er sieht sehr schön aus Malou. Er war der einzige Baum, den ich dieses Jahr gesehen habe. Nein, in Bern habe ich bei einer Einladung noch einen gesehen. Dessen Kerzen haben aber nicht gebrannt. Sonst sind wir eben in einem Alter, da man die Christbäume eher im Kopf als in der Stube brennen sieht.
Ich wünsche dir ein feines Wochenende Malou.
Liebe Gs und Ks
...
subject Re: friday
Liebe Malou
Ich war krank in den letzten Tagen. Seit dem alten Jahr schon hatte ich diese Grippe mitgeschleppt, habe ständig Tee gesoffen und ein bisschen geschwitzt. Das sei, so sagt man, doch gut. Und heute nun bin ich eben zum Arzt gegangen, weil ich nicht wollte, dass alles noch auf die Lungen schlägt. ...
Und das gute an diesem Arztbesuch am Freitag Abend um 18h war ... du wirst es niemals erraten Malou. Im Wartezimmer habe ich diese Heftli angeschaut. Und in der Schweizer Illustrierten hat die Frau Bisset, eine bekannte und irgendwie engelschöne Horoskopistin, die Chancen fürs kommende Jahr vorausgeschaut. Ich habe bei den Skorpionen geschaut. Und dabei solltest du wissen, Malou, dass mein Arzt nicht nur auch ein Skorpion ist, sondern dass er gleich am gleichen Tag Geburtstag hat. ..
Nun aber dieses Horoskop von Frau Bisset, ich sage dir Malou, ich werde in 2008 alles überrunden und überholen und überfahren. Auch wenn ich nur 50% vom Horoskop glaube, es ist immer noch fantastisch. Noch 25% würden genügen, um blendend zu überleben. Alles wird exzellent laufen: Beruf, Karriere, Liebe, Gesundheit, Geld. Sie hat zwar Aussagen gemacht über die Quartale. So genau habe ich das alles natürlich nicht studiert. Aber alles in allem: beste Aussichten. Ich wollte dies dem Arzt in der Sprechstunde gleich unter die Nase reiben. Aber er war so trocken und ernst, dass ich es nicht wagte, so weit auszuholen mit meiner Krankheitsschilderung.
...
Ich habe deinen Christbaum gesehen. Er sieht sehr schön aus Malou. Er war der einzige Baum, den ich dieses Jahr gesehen habe. Nein, in Bern habe ich bei einer Einladung noch einen gesehen. Dessen Kerzen haben aber nicht gebrannt. Sonst sind wir eben in einem Alter, da man die Christbäume eher im Kopf als in der Stube brennen sieht.
Ich wünsche dir ein feines Wochenende Malou.
Liebe Gs und Ks
...
Freitag, 6. Januar 2012
Vorsätze für das neue Jahr
Ämne : 2002 zum ersten!
Datum : Wed, 2 Jan 2002 09:37:08 +0100
Liebe Marlena
Lass mich diesen Tag mit einem kleinen Mail an Dich anfangen. Es ist nach so
vielen freien Tagen nicht einfach, ins Büro zurückzukehren. Man hat einen
kleinen Geschmack gekriegt, was man mit dem Leben alles Schöne anfangen
könnte, wenn man zuhause in der warmen Stube den eigenen Launen nur zu
folgen braucht. Und jetzt kommt man hier in diese Papierwüste und alles
liegt und steht und lümmelt herum wie noch in den letzten Dezembertagen.
Man weiss gar nicht, wo beginnen. Und irgendwie scheint das gute Jahr
2002, dieses Badewannenjahr, schon a priori zu kurz und zu knapp
bemessen. Was wird es uns alles bringen, dieses Jahr. Heute ist es noch
jungfräulich und optimistisch. Aber das ist vielleicht blosse Naivität! Was
wird daraus? Und wie schaffen wir die vielen Anforderungen, die da
kommen? Man könnte sich beruhigen, sich gut zureden und sagen, dass
wir eines nach dem anderen nehmen sollten, wie es kommt. Sicherlich ist
das eine gute Strategie. Aber wo bleibt dann die Übersicht? Wer, wie der
Beamte am Schalter, sich nur mit dem vordersten Kunden beschäftigt, der
Übersieht die langen Schlangen und der Ärger, der sich hinten aufstaut. Also
sollte man sich auch mit dem Gesamten beschäftigen. Und wenn man das
Ganze sieht, dann kriegt man leicht den Bergkoller.
*
Hast Du Dir irgendwelche Ziele vorgenommen für das Badewannenjahr,
Marlena? Ich meine, hast Du gute Vorsätze, wie sie die meisten Menschen
am Silvester formulieren, um sie an Neujahr mehr oder weniger wieder
vergessen zu haben?
Von den "niederen" Sünden hast Du keine, soweit ich in diesen Dingen
informiert bin. Du rauchst nicht, du trinkst nicht, du brauchst nicht
Gewicht zu verlieren, Du bist nicht unordentlich, Du verzettelst Dich nicht
in irgendwelchen zweitklassigen Dingen. Hast Du denn wenigstens eine
interessante Todsünde, die es wert wäre, mit einem guten Vorsatz bekämpft
zu werden? Vielleicht fluchst Du gelegentlich, was ich mir zwar kaum
vorstellen kann. Ach, ich kann mir bei Dir keine respektable Sünde wirklich
vorstellen. Die katholische Weltanschauung hat sich bei Dir wirklich gut
eingenistet und Dir einen geradezu tadellosen Lebenswandel aufgegeben.
Was mich betrifft, so bin ich voller Sünden, der hohen wie der niederen.
Allerdings kenne ich mich im Sündenregister schlecht aus. Ich kann die
hohen schlecht von den niederen unterscheiden. Ich meine, sie sind mir
alle so ähnlich und oft auch so wenig distanzierungswürdig. Und doch
versuche ich, altmodisch wie ich bin, mir ein paar gute Vorsätze aufzugeben.
Schau mal, Marlena, ich versuche sogar, sie zu nummerieren, um das
spezifische Gewicht etwas zu erhöhen. Sie sollen doch sinken, und nicht
gleich mit dem Wasser davonschwimmen. Sie sollen sinken und fast wie
ein Anker einen gewissen Halt geben, mindestens wie eine Koje einen Ort
markieren.
1. Ich will in diesem Badewannenjahr meine spirituelle Haltung wachsen
lassen. Das hört sich geheimnisvoll, wenn nicht gar pathetisch an, nicht
wahr? Damit meine ich vielleicht etwa folgendes: ich möchte mich in diesem
merkwürdigen Jahr 2002 nicht von all diesen kleinen alltäglichen Dingen
treiben lassen. Ich will unterscheiden, was wichtig und was nebensächlich
ist. Ich möchte mich auf die grossen Spielzüge konzentrieren, auf die
Strategien eigentlich, und auch meinen Mitmenschen diese Haltung
mitteilen. Nicht gleich auf jede Kleinigkeit stürzen. Nicht zu sehr in Eile.
Überlegt und heiter an die grösseren Dinge herangehen. Wissen, dass es -
neben dem kurzfristigen Misslingen - längerfristig immer auch noch
durchaus Gewinn und Erfolg gibt. Wissen, dass den Dingen Zeit zusteht,
dass sie Zeit brauchen. Wissen, dass sich vieles selbst in Wohlgefallen auflöst.
Nichts ist mir so zuwider wie eine sture, unflexible und engstirnige
Haltung. Ich glaube nicht, dass ich viel davon an mir hätte. Und dennoch
möchte ich noch weiter davon weg kommen. Ich möchte grosszügig denken
und fühlen. Ich möchte gerade auch gegenüber jüngeren Menschen und
Mitarbeitern ein grosszügiges Wohlwollen in sie und ihre Geschäfte investieren.
Eigentlich möchte ich philosophisch leben. Ich möchte wie die alten
Milesier und Pythagoreer das Denken auf mein alltägliches Leben wenden
und mit meinem Stil zeigen, dass es einen umfassenderen Horizont gibt als
den bloss alltäglichen. Ich will zeigen, dass ich meine Absichten mit Macht
in mir selbst unterstützen kann, wie es die Sophisten vorgelebt haben. Ich
will wie Sokrates erfahren lassen, dass Kontakt und Dialog mit anderen
Menschen viele Dinge in ein Licht der Selbstverständlichkeit und der
Lösbarkeit taucht.
Natürlich will ich mit Aristoteles auch meine Klugheit ausbilden und in
freundschaftlichem Verhältnis zu den Dingen entscheiden. So irgendwie hat
sich doch auch Rilke geäussert? Ich will bessere Freundschaften entwickeln.
Das ist wohl eines der wichtigsten Elemente des schönen Lebens, wie Du es
immer wieder andeutest. Ich will, wie die Kyniker, an mir arbeiten, mich
in den Äusserlichkeiten des Lebens beschränken und damit eine
Selbstmächtigkeit erreichen, die mich von Abhängigkeiten löst. Aber ich
will bestimmt nicht ohne Lust leben. Nein, ich will mit Epikur meine Lüste
klug und gut wählen und mit einer gewissen Sparsamkeit geniessen. Die
Dosierung macht den Gewinn, vor allem der Verzicht, der Aufschub, die
Mässigung. Auch sogar Unlust kann spätere Lust erhöhen, deshalb darf
man sie nicht bloss anklagen. Ich will wie die Stoiker meine Seele nicht zu
sehr von jenen Gedanken und Ereignissen befallen lassen, die ich nicht in
eigener Hand habe. Die Wahl meiner Vorstellungen macht frei gegenüber
den widerlichen Stürmen des Lebens.
Ich will - vielleicht wie Michel de Montaigne - das Leben als
experimentellen Weg sehen, und mich von eigenen Erfahrungen und
Überlegungen führen lassen. Ich will mich diesem Experimentum in vivo
bewusst und immer wieder aussetzen, um mich selbst voll zu machen von
Leben. Aber ich will, bei alledem, auch skeptisch bleiben gegenüber dem
Wissen, gegenüber Begriffen und gegenüber der Gegenwart, wie es mir ja
Marlena immer wieder signalisiert. Es gibt keine Regeln, es gibt keine
Rezepte. Es gibt letztlich nur so etwas wie die Plausibilität. Das ist ein
lustiges Wort, kommt vom Lateinischen PLAUDO, PLAUSI, PLAUSUM
was "klatschend schlagen, stampfen", dann soviel wie "Beifall klatschen,
Beifall spenden" meint. Plausibilität ist - nach meinem Verständnis - eine
generelle Zustimmung, das Gute und das Schöne in einem. Plausiblität heisst
dann so viel wie Zustimmungswürdigkeit. Wir sagen auch Bejahung, also
eine allgemeine affirmative Haltung. Erst diese Affirmation macht ja doch
aus dem Leben das Leben.
*
Ach, Du siehst, meine guten Vorsätze sind etwas schwerfällig und kommen
daher wie eine lange Kolonne vor dem Schalter des Beamten. Aber sie sind
ja doch nur Aspekte des einen und alles. Vielleicht ist das erste und
grundsätzliche wirklich das Allgemeine. Das Grosse. Im Allgemeinen gehen
all die kleinen Dinge auf und finden sich wieder. Rilke ist immer so schön
und allgemein, dass er uns, wie mit einer grossen transparenten Schleppe,
mit sich und seiner Plausiblitität nimmt.
*
Mittlerweile ist es schon bald 0900h. Der Tea Room gegenüber ist
geschlossen. An der Kurve, der zweite Tea Room, ist auch ohne Licht.
Vielleicht habe ich mich im Datum vertan? Vielleicht ist heute noch ein
Feiertag, und niemand geht zur Arbeit? Es gibt auch wenig Menschen auf der
Strasse. Wahrscheinlich liegen die meisten noch im Bett und strecken sich in
der wohligen Wärme aus. Doch gegenüber, auf zwei Stöcken, brennen in den
Büros die Lichter. Und den Pfarrer Christ habe ich auch vorbei gehen sehen.
Er geht bestimmt nicht einen Schoppen trinken zu dieser Stunde, sondern in
sein Büro hier in der Nähe. Ich werde mir rasch ein kleines Frühstück holen
und schauen, ob die übrigen Geschäfte offen sind. Gegenüber am
Wasserturmplatz ist die grosse Drogerie durchaus offen und bietet wie eh
und je Alka Seltzer an für alle, die vom Silvester her noch etwas Kopfsausen
haben.
*
In der Tat, nicht alle Läden sind heute offen. Und viele Büros geschlossen.
Ich denke, auch die Verwaltung hat eigentlich noch einen freien Tag.
Kein Mensch geht an diesen Tagen irgendwelche Formulare holen oder
Beschwerden anbringen. Nein, ich glaube, ich kann mir hier einen wirklich
gemütlichen Vormittag machen. Und das schöne, kalte Wetter unterstützt
mich in meinem Vorhaben.
Ich wünsche Dir einen ebenso gemütlichen und lockeren Vormittag, um die
guten Vorsätze wirklich mittels Nägeln mit Köpfen im Alltag zu installieren.
Mit einem lieben und schönen ersten Gruss aus der Doppelwanne
...
Datum : Wed, 2 Jan 2002 09:37:08 +0100
Liebe Marlena
Lass mich diesen Tag mit einem kleinen Mail an Dich anfangen. Es ist nach so
vielen freien Tagen nicht einfach, ins Büro zurückzukehren. Man hat einen
kleinen Geschmack gekriegt, was man mit dem Leben alles Schöne anfangen
könnte, wenn man zuhause in der warmen Stube den eigenen Launen nur zu
folgen braucht. Und jetzt kommt man hier in diese Papierwüste und alles
liegt und steht und lümmelt herum wie noch in den letzten Dezembertagen.
Man weiss gar nicht, wo beginnen. Und irgendwie scheint das gute Jahr
2002, dieses Badewannenjahr, schon a priori zu kurz und zu knapp
bemessen. Was wird es uns alles bringen, dieses Jahr. Heute ist es noch
jungfräulich und optimistisch. Aber das ist vielleicht blosse Naivität! Was
wird daraus? Und wie schaffen wir die vielen Anforderungen, die da
kommen? Man könnte sich beruhigen, sich gut zureden und sagen, dass
wir eines nach dem anderen nehmen sollten, wie es kommt. Sicherlich ist
das eine gute Strategie. Aber wo bleibt dann die Übersicht? Wer, wie der
Beamte am Schalter, sich nur mit dem vordersten Kunden beschäftigt, der
Übersieht die langen Schlangen und der Ärger, der sich hinten aufstaut. Also
sollte man sich auch mit dem Gesamten beschäftigen. Und wenn man das
Ganze sieht, dann kriegt man leicht den Bergkoller.
*
Hast Du Dir irgendwelche Ziele vorgenommen für das Badewannenjahr,
Marlena? Ich meine, hast Du gute Vorsätze, wie sie die meisten Menschen
am Silvester formulieren, um sie an Neujahr mehr oder weniger wieder
vergessen zu haben?
Von den "niederen" Sünden hast Du keine, soweit ich in diesen Dingen
informiert bin. Du rauchst nicht, du trinkst nicht, du brauchst nicht
Gewicht zu verlieren, Du bist nicht unordentlich, Du verzettelst Dich nicht
in irgendwelchen zweitklassigen Dingen. Hast Du denn wenigstens eine
interessante Todsünde, die es wert wäre, mit einem guten Vorsatz bekämpft
zu werden? Vielleicht fluchst Du gelegentlich, was ich mir zwar kaum
vorstellen kann. Ach, ich kann mir bei Dir keine respektable Sünde wirklich
vorstellen. Die katholische Weltanschauung hat sich bei Dir wirklich gut
eingenistet und Dir einen geradezu tadellosen Lebenswandel aufgegeben.
Was mich betrifft, so bin ich voller Sünden, der hohen wie der niederen.
Allerdings kenne ich mich im Sündenregister schlecht aus. Ich kann die
hohen schlecht von den niederen unterscheiden. Ich meine, sie sind mir
alle so ähnlich und oft auch so wenig distanzierungswürdig. Und doch
versuche ich, altmodisch wie ich bin, mir ein paar gute Vorsätze aufzugeben.
Schau mal, Marlena, ich versuche sogar, sie zu nummerieren, um das
spezifische Gewicht etwas zu erhöhen. Sie sollen doch sinken, und nicht
gleich mit dem Wasser davonschwimmen. Sie sollen sinken und fast wie
ein Anker einen gewissen Halt geben, mindestens wie eine Koje einen Ort
markieren.
1. Ich will in diesem Badewannenjahr meine spirituelle Haltung wachsen
lassen. Das hört sich geheimnisvoll, wenn nicht gar pathetisch an, nicht
wahr? Damit meine ich vielleicht etwa folgendes: ich möchte mich in diesem
merkwürdigen Jahr 2002 nicht von all diesen kleinen alltäglichen Dingen
treiben lassen. Ich will unterscheiden, was wichtig und was nebensächlich
ist. Ich möchte mich auf die grossen Spielzüge konzentrieren, auf die
Strategien eigentlich, und auch meinen Mitmenschen diese Haltung
mitteilen. Nicht gleich auf jede Kleinigkeit stürzen. Nicht zu sehr in Eile.
Überlegt und heiter an die grösseren Dinge herangehen. Wissen, dass es -
neben dem kurzfristigen Misslingen - längerfristig immer auch noch
durchaus Gewinn und Erfolg gibt. Wissen, dass den Dingen Zeit zusteht,
dass sie Zeit brauchen. Wissen, dass sich vieles selbst in Wohlgefallen auflöst.
Nichts ist mir so zuwider wie eine sture, unflexible und engstirnige
Haltung. Ich glaube nicht, dass ich viel davon an mir hätte. Und dennoch
möchte ich noch weiter davon weg kommen. Ich möchte grosszügig denken
und fühlen. Ich möchte gerade auch gegenüber jüngeren Menschen und
Mitarbeitern ein grosszügiges Wohlwollen in sie und ihre Geschäfte investieren.
Eigentlich möchte ich philosophisch leben. Ich möchte wie die alten
Milesier und Pythagoreer das Denken auf mein alltägliches Leben wenden
und mit meinem Stil zeigen, dass es einen umfassenderen Horizont gibt als
den bloss alltäglichen. Ich will zeigen, dass ich meine Absichten mit Macht
in mir selbst unterstützen kann, wie es die Sophisten vorgelebt haben. Ich
will wie Sokrates erfahren lassen, dass Kontakt und Dialog mit anderen
Menschen viele Dinge in ein Licht der Selbstverständlichkeit und der
Lösbarkeit taucht.
Natürlich will ich mit Aristoteles auch meine Klugheit ausbilden und in
freundschaftlichem Verhältnis zu den Dingen entscheiden. So irgendwie hat
sich doch auch Rilke geäussert? Ich will bessere Freundschaften entwickeln.
Das ist wohl eines der wichtigsten Elemente des schönen Lebens, wie Du es
immer wieder andeutest. Ich will, wie die Kyniker, an mir arbeiten, mich
in den Äusserlichkeiten des Lebens beschränken und damit eine
Selbstmächtigkeit erreichen, die mich von Abhängigkeiten löst. Aber ich
will bestimmt nicht ohne Lust leben. Nein, ich will mit Epikur meine Lüste
klug und gut wählen und mit einer gewissen Sparsamkeit geniessen. Die
Dosierung macht den Gewinn, vor allem der Verzicht, der Aufschub, die
Mässigung. Auch sogar Unlust kann spätere Lust erhöhen, deshalb darf
man sie nicht bloss anklagen. Ich will wie die Stoiker meine Seele nicht zu
sehr von jenen Gedanken und Ereignissen befallen lassen, die ich nicht in
eigener Hand habe. Die Wahl meiner Vorstellungen macht frei gegenüber
den widerlichen Stürmen des Lebens.
Ich will - vielleicht wie Michel de Montaigne - das Leben als
experimentellen Weg sehen, und mich von eigenen Erfahrungen und
Überlegungen führen lassen. Ich will mich diesem Experimentum in vivo
bewusst und immer wieder aussetzen, um mich selbst voll zu machen von
Leben. Aber ich will, bei alledem, auch skeptisch bleiben gegenüber dem
Wissen, gegenüber Begriffen und gegenüber der Gegenwart, wie es mir ja
Marlena immer wieder signalisiert. Es gibt keine Regeln, es gibt keine
Rezepte. Es gibt letztlich nur so etwas wie die Plausibilität. Das ist ein
lustiges Wort, kommt vom Lateinischen PLAUDO, PLAUSI, PLAUSUM
was "klatschend schlagen, stampfen", dann soviel wie "Beifall klatschen,
Beifall spenden" meint. Plausibilität ist - nach meinem Verständnis - eine
generelle Zustimmung, das Gute und das Schöne in einem. Plausiblität heisst
dann so viel wie Zustimmungswürdigkeit. Wir sagen auch Bejahung, also
eine allgemeine affirmative Haltung. Erst diese Affirmation macht ja doch
aus dem Leben das Leben.
*
Ach, Du siehst, meine guten Vorsätze sind etwas schwerfällig und kommen
daher wie eine lange Kolonne vor dem Schalter des Beamten. Aber sie sind
ja doch nur Aspekte des einen und alles. Vielleicht ist das erste und
grundsätzliche wirklich das Allgemeine. Das Grosse. Im Allgemeinen gehen
all die kleinen Dinge auf und finden sich wieder. Rilke ist immer so schön
und allgemein, dass er uns, wie mit einer grossen transparenten Schleppe,
mit sich und seiner Plausiblitität nimmt.
*
Mittlerweile ist es schon bald 0900h. Der Tea Room gegenüber ist
geschlossen. An der Kurve, der zweite Tea Room, ist auch ohne Licht.
Vielleicht habe ich mich im Datum vertan? Vielleicht ist heute noch ein
Feiertag, und niemand geht zur Arbeit? Es gibt auch wenig Menschen auf der
Strasse. Wahrscheinlich liegen die meisten noch im Bett und strecken sich in
der wohligen Wärme aus. Doch gegenüber, auf zwei Stöcken, brennen in den
Büros die Lichter. Und den Pfarrer Christ habe ich auch vorbei gehen sehen.
Er geht bestimmt nicht einen Schoppen trinken zu dieser Stunde, sondern in
sein Büro hier in der Nähe. Ich werde mir rasch ein kleines Frühstück holen
und schauen, ob die übrigen Geschäfte offen sind. Gegenüber am
Wasserturmplatz ist die grosse Drogerie durchaus offen und bietet wie eh
und je Alka Seltzer an für alle, die vom Silvester her noch etwas Kopfsausen
haben.
*
In der Tat, nicht alle Läden sind heute offen. Und viele Büros geschlossen.
Ich denke, auch die Verwaltung hat eigentlich noch einen freien Tag.
Kein Mensch geht an diesen Tagen irgendwelche Formulare holen oder
Beschwerden anbringen. Nein, ich glaube, ich kann mir hier einen wirklich
gemütlichen Vormittag machen. Und das schöne, kalte Wetter unterstützt
mich in meinem Vorhaben.
Ich wünsche Dir einen ebenso gemütlichen und lockeren Vormittag, um die
guten Vorsätze wirklich mittels Nägeln mit Köpfen im Alltag zu installieren.
Mit einem lieben und schönen ersten Gruss aus der Doppelwanne
...
Ärzte
Ämne : Re: Here again and again
Datum : Sat, 05 Jan 2002 14:19:49 +0000
Liebe Marlena
Ach nein, ein Gespräch mit einem Arzt, das ist für mich kein besonderes Kompliment, obwohl ich sehr gut weiss, wie Du es meinst. Ich habe jetzt einige Ärzte kennengelernt, die wenig Ahnung haben. Aus meiner Klasse am Gymnasium sind 14 von 40 Schülern Arzt geworden. Und es sind nicht so viele darunter, zu denen ich in Behandlung möchte.
Ärzte sind Techniker geworden. Sie wissen alles über das Ohr, die Nase, das Auge. Aber vom Menschen haben sie keine blasse Ahnung. Und vor allem sind sie Unternehmer geworden, die von der Krankheit leben, gut leben. Sie leben nicht von der Gesundheit, das haben sie längst bemerkt.
Nein, ich will Dir nicht allen Mut nehmen. Aber man kann diese wichtigen Dinge, wie es die eigene Gesundheit nun mal ist, nicht den Ärzten überlassen, man muss sie selbst in die Hand nehmen. Das habe ich in den letzten zwei oder drei Jahren bemerkt.
Und Du denkst, die Alternativen sind nicht seriös. Sind es denn die Klassischen, wenn sie nichts erreichen? Man sagt doch, dass an die 50% des Effektes Placebo-Wirkungen sind. Und bei chronischen Beschwerden sind die Alternativen nicht nur die einzige Rettung, nein, sie kennen sich da sicherlich auch besonders gut aus.
...
Datum : Sat, 05 Jan 2002 14:19:49 +0000
Liebe Marlena
Ach nein, ein Gespräch mit einem Arzt, das ist für mich kein besonderes Kompliment, obwohl ich sehr gut weiss, wie Du es meinst. Ich habe jetzt einige Ärzte kennengelernt, die wenig Ahnung haben. Aus meiner Klasse am Gymnasium sind 14 von 40 Schülern Arzt geworden. Und es sind nicht so viele darunter, zu denen ich in Behandlung möchte.
Ärzte sind Techniker geworden. Sie wissen alles über das Ohr, die Nase, das Auge. Aber vom Menschen haben sie keine blasse Ahnung. Und vor allem sind sie Unternehmer geworden, die von der Krankheit leben, gut leben. Sie leben nicht von der Gesundheit, das haben sie längst bemerkt.
Nein, ich will Dir nicht allen Mut nehmen. Aber man kann diese wichtigen Dinge, wie es die eigene Gesundheit nun mal ist, nicht den Ärzten überlassen, man muss sie selbst in die Hand nehmen. Das habe ich in den letzten zwei oder drei Jahren bemerkt.
Und Du denkst, die Alternativen sind nicht seriös. Sind es denn die Klassischen, wenn sie nichts erreichen? Man sagt doch, dass an die 50% des Effektes Placebo-Wirkungen sind. Und bei chronischen Beschwerden sind die Alternativen nicht nur die einzige Rettung, nein, sie kennen sich da sicherlich auch besonders gut aus.
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Mittwoch, 4. Januar 2012
Weiss nicht was...
Ämne: Weiss nicht was...
Datum: den 4 januari
Lieber ...,
Es ist Mittwoch Abend. Ein ganz stiller Abend an dem wir uns alle ausruhen. Anna sitzt unten am PC und macht irgendetwas Privates bei dem ich nicht stören darf. K sieht sich eine Sendung im Fernsehen an und ich habe ein bisschen Zeit vertrödelt hier oben am PC. Nun, vertrödelt ist vielleicht nicht das beste Wort. Es ist eine Art von ausruhen wenn man nur so planlos tut was einem gerade einfällt. Ja, ich habe noch zwei Wochentage frei. Die Gedanken an die Arbeit sind zwar schon wieder in meinem Kopf aber ich versuche sie noch eine Zeit von mir fern zu halten.
Um mich herum sieht es schön aus. Keine Berge von Papieren die mich stressen wenn ich sie liegen sehe (ich habe sie nämlich ganz einfach in ein anderes Zimmer getragen wo ich sie nicht ständig sehen muss ;-). Bald muss ich sie sowieso wieder hervorholen.
Vor mir auf dem PC-Möbel steht ein Becher aus Keramik. Ich habe meine Bleistifte hineingesteckt. Vielleicht ist es das Geschenk über das ich mich am meisten gefreut habe. Er trägt ein paar chinesische Zeichen und fühlt sich so herrlich weich an dass ich es nicht sein lassen kann ihn ab und zu anzufassen. Nun, was ich eigentlich sagen wollte. Wir schenken uns nicht so viel zu Weihnachten, aber wir haben bei uns die Sitte zu jedem Paket einen kleinen Reim zu schreiben mit dessen Hilfe man eventuell erraten kann was drin ist. Auf diesem kleinen Päckchen von Anna stand:
”Serietillverkad kann man tycka,
kanske ändå bringar lycka.”
(=Serieerzeugt kann man denken, bringt aber vielleicht trotzdem Glück). Moment, ich erkläre es dir: Also, jeden Tag nach der Schule koche ich Mittagessen für uns beide. Es ist Fleisch oder Fisch mit verschiedenen Zutaten. Eben ein richtiges Essen. (Ich glaube in Deutschland isst man meistens nur Brot oder etwas aufgewärmtes am Abend). Manchmal wenn ich spät und hungrig nach Hause komme nach einer Konferenz und zu müde oder zu faul bin um zu kochen mache ich nur eine Suppe mit chinesischen Nudeln. Das braucht nur ein paar Minuten. Irgendwo in einem Roman hatte ich einmal gelesen dass man in China den verschiedenen Zutaten besondere Eigenschaften verleiht. Das eine bringt Glück, das andere Erfolg u.s.w. und man wählt die verschiedenen Zutaten mit grosser Sorgfalt aus. Wenn wir also dieses frugale Süppchen zu uns nehmen dann schlürfen wir in Gedanken ein wenig Glück und es wird wie eine kleine geheime Zeremonie daraus an die sich Anna vielleicht später im Leben mit Freude erinnern wird (wie mir ihr Geschenk andeutete :-)
*
Es tut mir leid, dass ich dich vor Weihnachten mit meinem Stress belästigt habe. Es war schon eine schlimme Zeit. Am Tag nach den Klassengesprächen ging der Direktor in die Klasse (so erzählte mir eine erschreckte Kuratorin später) und wollte hören wie es abgelaufen sei und die Klasse hat ihn gebeten ”abzuhauen”, vielleicht nicht gerade mit diesem Wort aber in dem Sinn. Sag, könnte sowas in der Schweiz passieren? ... und ich dachte dass er mir ein wenig leid tat, denn eine Schule ist ein miniertes Feld für einen neuen Direktor...
*
Es ist spät gewoden und ich schreibe dir morgen weiter.
Gute Nacht, chéri!
*
Donnerstag 4/1-01
Ich habe gerade dein kleines Mail gesehen und es macht mich traurig. Traurig weil ich dich froh und glücklich sehen möchte und weil ich mich ganz machtlos fühle. Ich hatte gehofft du würdest sagen: Schreib mir an die andere Adresse, ein Mail würde mich freuen. Aber du sagst etwas ganz anderes. Du hast recht mit dem was du von der Mailerei sagst. Man kann falsch verstehen. Das Wort ”brutal” war ein wenig im Scherz gesagt.
Weisst du .., eigentlich glaube ich dass du Kummer hast von dem du nicht sprechen willst und ich wage nicht zu fragen. Vielleicht tust du es später einmal von selbst. Es gibt Dinge über die man nicht so leicht sprechen kann. Das weiss ich sehr gut, Dinge von denen man hofft dass sie nicht existieren solange man sie nicht bei Namen nennt. Und darum schweige ich auch manchmal obwohl mein grösster Wunsch ist dass ich jemandem meine Sorgen anvertrauen könnte.
Dies ist ein ganz anderes Mail geworden als ich beabsichtigt hatte. Es sollte ursprünglich eine Art Tagebuch sein über die letzten Wochen aber ich bin vor Weihnachten hängengeblieben. Ich werde weiterschreiben wenn ich wieder etwas froher gestimmt bin.
Bis dahin: Kopf hoch, Schatz! Alles Schwere geht vorüber. Und du hast mir doch einmal gesagt: Gott gibt jedem nur so viel Leid wie er ihm zumutet tragen zu können. So war es doch. Ich denke manchmal an diese Worte aber gleichzeitig denke ich auch dass er mich ein wenig überschätzt haben muss.
Bis nächstes mal
alles Liebe und Gute
Marlena
Datum: den 4 januari
Lieber ...,
Es ist Mittwoch Abend. Ein ganz stiller Abend an dem wir uns alle ausruhen. Anna sitzt unten am PC und macht irgendetwas Privates bei dem ich nicht stören darf. K sieht sich eine Sendung im Fernsehen an und ich habe ein bisschen Zeit vertrödelt hier oben am PC. Nun, vertrödelt ist vielleicht nicht das beste Wort. Es ist eine Art von ausruhen wenn man nur so planlos tut was einem gerade einfällt. Ja, ich habe noch zwei Wochentage frei. Die Gedanken an die Arbeit sind zwar schon wieder in meinem Kopf aber ich versuche sie noch eine Zeit von mir fern zu halten.
Um mich herum sieht es schön aus. Keine Berge von Papieren die mich stressen wenn ich sie liegen sehe (ich habe sie nämlich ganz einfach in ein anderes Zimmer getragen wo ich sie nicht ständig sehen muss ;-). Bald muss ich sie sowieso wieder hervorholen.
Vor mir auf dem PC-Möbel steht ein Becher aus Keramik. Ich habe meine Bleistifte hineingesteckt. Vielleicht ist es das Geschenk über das ich mich am meisten gefreut habe. Er trägt ein paar chinesische Zeichen und fühlt sich so herrlich weich an dass ich es nicht sein lassen kann ihn ab und zu anzufassen. Nun, was ich eigentlich sagen wollte. Wir schenken uns nicht so viel zu Weihnachten, aber wir haben bei uns die Sitte zu jedem Paket einen kleinen Reim zu schreiben mit dessen Hilfe man eventuell erraten kann was drin ist. Auf diesem kleinen Päckchen von Anna stand:
”Serietillverkad kann man tycka,
kanske ändå bringar lycka.”
(=Serieerzeugt kann man denken, bringt aber vielleicht trotzdem Glück). Moment, ich erkläre es dir: Also, jeden Tag nach der Schule koche ich Mittagessen für uns beide. Es ist Fleisch oder Fisch mit verschiedenen Zutaten. Eben ein richtiges Essen. (Ich glaube in Deutschland isst man meistens nur Brot oder etwas aufgewärmtes am Abend). Manchmal wenn ich spät und hungrig nach Hause komme nach einer Konferenz und zu müde oder zu faul bin um zu kochen mache ich nur eine Suppe mit chinesischen Nudeln. Das braucht nur ein paar Minuten. Irgendwo in einem Roman hatte ich einmal gelesen dass man in China den verschiedenen Zutaten besondere Eigenschaften verleiht. Das eine bringt Glück, das andere Erfolg u.s.w. und man wählt die verschiedenen Zutaten mit grosser Sorgfalt aus. Wenn wir also dieses frugale Süppchen zu uns nehmen dann schlürfen wir in Gedanken ein wenig Glück und es wird wie eine kleine geheime Zeremonie daraus an die sich Anna vielleicht später im Leben mit Freude erinnern wird (wie mir ihr Geschenk andeutete :-)
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Es tut mir leid, dass ich dich vor Weihnachten mit meinem Stress belästigt habe. Es war schon eine schlimme Zeit. Am Tag nach den Klassengesprächen ging der Direktor in die Klasse (so erzählte mir eine erschreckte Kuratorin später) und wollte hören wie es abgelaufen sei und die Klasse hat ihn gebeten ”abzuhauen”, vielleicht nicht gerade mit diesem Wort aber in dem Sinn. Sag, könnte sowas in der Schweiz passieren? ... und ich dachte dass er mir ein wenig leid tat, denn eine Schule ist ein miniertes Feld für einen neuen Direktor...
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Es ist spät gewoden und ich schreibe dir morgen weiter.
Gute Nacht, chéri!
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Donnerstag 4/1-01
Ich habe gerade dein kleines Mail gesehen und es macht mich traurig. Traurig weil ich dich froh und glücklich sehen möchte und weil ich mich ganz machtlos fühle. Ich hatte gehofft du würdest sagen: Schreib mir an die andere Adresse, ein Mail würde mich freuen. Aber du sagst etwas ganz anderes. Du hast recht mit dem was du von der Mailerei sagst. Man kann falsch verstehen. Das Wort ”brutal” war ein wenig im Scherz gesagt.
Weisst du .., eigentlich glaube ich dass du Kummer hast von dem du nicht sprechen willst und ich wage nicht zu fragen. Vielleicht tust du es später einmal von selbst. Es gibt Dinge über die man nicht so leicht sprechen kann. Das weiss ich sehr gut, Dinge von denen man hofft dass sie nicht existieren solange man sie nicht bei Namen nennt. Und darum schweige ich auch manchmal obwohl mein grösster Wunsch ist dass ich jemandem meine Sorgen anvertrauen könnte.
Dies ist ein ganz anderes Mail geworden als ich beabsichtigt hatte. Es sollte ursprünglich eine Art Tagebuch sein über die letzten Wochen aber ich bin vor Weihnachten hängengeblieben. Ich werde weiterschreiben wenn ich wieder etwas froher gestimmt bin.
Bis dahin: Kopf hoch, Schatz! Alles Schwere geht vorüber. Und du hast mir doch einmal gesagt: Gott gibt jedem nur so viel Leid wie er ihm zumutet tragen zu können. So war es doch. Ich denke manchmal an diese Worte aber gleichzeitig denke ich auch dass er mich ein wenig überschätzt haben muss.
Bis nächstes mal
alles Liebe und Gute
Marlena
Montag, 2. Januar 2012
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