Mittwoch, 30. Mai 2018

Montag, 28. Mai 2018

Véritas


Lieber ...,
Nochmals herzlichen Dank für dein wunderbares
inhaltreiches Mail. Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Erstens, weil es ein "extramail" war, das ich nicht erwartet
hatte. Extramails sind nicht unter Zwang geschrieben. Sie
kommen nur aus Lust am Schreiben zustande. Und so
freue ich mich, dass du, wie ich glaube, deine Lust
wiedergefunden hast. Oder...
Ich habe dich um mehr Offenheit gebeten... und so sollte
ich wohl versuchen ein gutes Vorbild zu sein. Deshalb
gestehe ich dir jetzt offen, dass ich plötzlich von Eifersucht
geplagt, eine Art Schreibkrampf erlitt. Wie ein Schatten
legte sich der Gedanke an den Brief, den du F schreiben
wolltest, über alle meine anderen Gedanken.
Und dann versuche ich mir zu sagen, dass ich ja schliesslich
auch einem Bekannten aus meiner Jugend schreibe und
dass ich garnichts komisches an diesem Vorhaben sehe.
Dass es auf keine Weise unsere Mausfreundschaft negativ
beeinflusst.
Ach, sicher findest du meine Reaktion etwas komisch.
Anna würde sagen: "Ist alles nur Chemie". Sie ist lustig
die Kleine.

Das Bild, das du mir geschickt hast unter dem Titel
"Georgischer Käse" kann ich nicht anschaun ohne zu
lachen. Wo hast du das gefunden? In welchem Land
ist es gemacht?
Jadoch, nicht nur der Käse, der wirklich etwas enthalten
soll, das unser Leben verlängert, sondern auch ein ruhiges
Leben ohne Stress und Eile trägt dazu bei, dass die Leute
dort so alt werden. Ich erinnere mich, dass ich mal in
meiner Jugend die Frage, was ich nach meinen
akademischen Studien tun werde, mit den Worten
beantwortete: "Ich werde irgendwo in Griehcneland
als Schäferin arbeiten." Manchmal habe ich heute noch
die Sehnsucht mich von den Menschen zurückzuziehen..
ganz allein unter dem Himmel zu sein, nur umgeben
von Tieren.

Da fällt mir gerade ein, dass ich, als ich erstmals mit
Werken von Sartre zu tun hatte, sehr enttäuscht war.
Er war so gross, und ich hatte ihn als etwas fast
übermenschliches gesehen (lass uns sagen eine Art
(... ;-) und dann las ich mein erstes Buch von ihm:
"Le Mur" und ich konnte absolut nicht begreifen, dass
dies von Sartre geschrieben sein sollte. Doch dann
später las ich sein Theaterstück "Huis Clos", wo er
meint, dass die Hölle auf Erden darin besteht, dass wir
"unter dem Blick anderer" leben müssen... und ich
begann seine Grösse zu ahnen. Vielleicht war mein
Wunsch, irgendwo unter Gottes freiem Himmel
Schafe zu hüten, ein Versuch dieser sartreschen
Hölle zu entfliehen.

Ach, unser armes Baby! Warum ist es nicht aus Fleisch
und Blut! Ich muss gestehen, dass ich es fast vergessen
hatte. Doch warte... ich werde mal nachschaun, wie es
ihm geht. OK, ich habe damals für 39:- gekauft und jetzt
steht die Aktie in 42:- Keine umwerfende Entwicklung
wohl? Aber es freut mich, dass endlich was getan wird
in Amerika, gegen die wahnsinnigen juridischen Prozesse,
die man dort schon seit Jahren führt gegen alle und alles.
Es ist längst zu weit gegangen.

Schön. wie du das Wochenende im Büro beschreibst.
Genau so ist mein Leben jetzt. Manchmal glaube ich, dass
es noch nie so schön gewesen ist.

Ich sehe, dass du dieselbe Erfahrung machst wie ich einst.
Immer wieder verschwanden Leute, die mir sympathisch
waren, aus meinem Leben. Einige zogen weg von hier,
andere verliessen den Beruf ganz und suchten sich andere
Wege, und dann später kamen die Pensionierungen.
Als ich mich schliesslich entschloss, gleichzeitig mit G und
Å zu gehen, hatte ich wohl schon 95 % meines früheren
Freundenkreises verloren. Gewiss, es kamen neue junge
Leute, und einige davon fand ich sehr sympathisch... aber
sie waren doch sehr jung, hätten fast meine Kinder sein
können.

Ich sehe, du hast deine freien Tage im Büro gut ausgenüzt..;-)
No further comments! ;-)

Jetzt werde ich versuchen, dieses Mail unten abzuschicken.
K spielt seine Musik. Vielleicht ist er schon dabei
eingeschlafen. Nicht von der Musik, aber von dem Wein, den
er getrunken hat.
Hier hinter mir läuft ein englisches Programm über den
heiligen Gral.. Ich nehme es auf und werde es mir später
ansehen. Verrückt, was sich Menschen so alles ausdenken
können. Aber vielleicht spielt es keine Rolle für was man
sich engagiert.. Hauptsache man engagiert sich..

Hast du auch schon gemerkt, wie sehr man sich plötzlich
für die katholische Kirche und alle ihre Vorhaben
interessiert? Nie habe ich mir meine lieben Patres als
Mitglieder einer maffiaähnlichen Organisation vorgestellt.
Ich muss aufhören, bevor ich noch mehr Dummheiten sage.

Gute Nacht,
mlGuK,
Malou

Sonntag, 27. Mai 2018

Nochmals ...


subject Re: Weil du..

Liebe Malou
Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich habe fast den ganzen
Freitagnachmittag geschlafen. Und dann abends auch gleich wieder.
Jetzt läuft es wieder einigermassen. Und ich sitze schon um 9h im
Büro. Du glaubst nicht, wie friedlich ein Büro am Wochenende aussehen
kann. Alles liegt so ruhig und gemütlich herum, dass man sich mit
allem und jedem anfreunden kann. Kürzlich war die Sekretärin aus
Laufen hier und - wohl zum ersten mal - in mein Büro eingetreten. Ach,
das sieht ja ganz privat aus hier, meinte sie ganz spontan. Ich
glaube, sie hat damit meine CDs und die vielen Bücher gemeint. Aber es
gibt da natrülich noch andere Dinge rundum. Du kennst sie von Fotos
her. Früher habe ich mich ausschliesslich für Bücher und Texte
interessiert. Aber seit einigen Jahren habe ich noch die Bilder dazu
entdeckt. Es gibt manchmal so gute, vielsagende Bilder. Aber es gibt
auch schöne und ahnungsvolle Gemälde. Ich glaubte festzustellen, dass
das Bild in unserer Kultur immer wichtiger wird. Deshalb wollte ich
mir auch von ihnen eine kleine Sammlung anlegen.
Und dazu habe ich die Gewohnheit, abends oder zwischendurch kleine
Bilder oder Zeichnungen zu machen. Sie sind meist Postkartengrösse.
Ich hoffe, dass ich aus diesem Material später, wenn ich wieder malen
werde, Ideen ernten kann. Auf jeden Fall ist es für mich eine gute
Abwechslung, anstelle der ewigen Lektüre auch mal die
Bildvorstellungen zu pflegen.
Man kennt die Macht der Bilder aus der Hypnose. Sie sind mächtiger als
der Wille des Individuums. Es gibt hier lustige Experimente mit dem
Pendel, die das beweisen können.

Hast Du in letzter Zeit von unserem Baby gehört? Lebt es noch? Ich
glaube sogar, es ist auf dem Weg zur Besserung. ABB hat kürzlich seine
Jahresergebnisse veröffentlicht. Und sie sei - wie die Kommentatoren
zu sagen pflegen - "in die Gewinnzone zurückgekehrt". Gross ist der
Gewinn noch nicht, aber immerhin besser als Verluste. Deshalb ist die
Aktie in den letzten Tagen deutlich gestiegen. Und dazu kommt die
Meldung aus der USA, wo Sammelklagen erschwert werden. Das ist die
zweite Hoffnung des Konzerns, dem immer noch Klagen wegen einer
früheren, aufgekauften Tochterfirma drohen. Aber ich sage Dir, Malou,
wir werden einmal sehr reich mit unseren ABB Aktien. Wir werden mit
Hilfe der ABB noch in Saus und Braus leben.

(---)

Ich werde jetzt unsere Montagssitzung vorbereiten. Nach einigen Wochen
(meine Ferien, die Schulferien hier) ist es wieder die erste. Und da
kommt gewöhnlich viel kleines Gemüse zusammen. Ich glaube, sie wird in
Basel stattfinden, so dass ich gleich morgens den direkten Weg nach
Basel nehme. Das ist angenehm. Wir haben neuerdings am morgen in der
Frühe eine doppelstöckige Zugskomposition. Und da gibt es viel Platz
im Wagen. Es ist wirklich komfortabel. Nur schade, dass sie nicht
gleich einen Kaffee servieren. Ich bin mit diesem Zug dann ein wenig
zu früh in Basel, vielleicht nehme ich dort dann ein kleines
"Tiramisu". Und anschliessend muss ich noh den Brief von F
beantworten. Er ist so lyrisch, dass ich nicht weiss, ob ich dazu
schon am Vormittag eine passende Antwort finde.

Und schliesslich, ach das muss ich Dir erzählen,schliesslich werden
wir  wieder mal eine Logopädin verabschieden. Erinnerst Du Dich
an jene, die die Sprechblasen der Kinder gebügelt hatte? Ich glaube,
sie werden von mir wieder eine Zeichnung erwarten. Und diese Kollegin,
die dieses Mal weggeht, mag ich von allen am meisten. Ich bin also
schon dabei, Bildideen zu sammeln. Kannst Du mir nicht wieder eine
kleine Inspiration schicken wie letztes mal? Ich kann sie aber nicht
wieder bügeln lassen, wohlbemerkt.

Ich wünsche Dir nomals ein gutes Wochenende
mlGuK
 ...


Re: Weil du ...



Liebe Malou,
ja, diesen tempio della fortuna virile habe ich gesehen. Ich
bin mal Abends daran vorbeispaziert. Er ist gleich neben
dem Tiber. Und er sieht auch nicht so gut aus wie hier. Er
ist in Wirklichkeit ziemlich mitgenommen und abgelaugt.
Die gute Göttin Fortuna sollte sich mal eine kleine
Restaurierung überlegen. Aber die Götter, die denken ja
nicht an die Vergänglichkeit der Dinge. Die leben in 
höheren Sphären.

Ich werde einen kurzen Nachmittag machen. Ich spüre,
wie mein Kopf ein bisschen brummt. Das ist ein Anzeichen,
worauf ich reagieren muss.

Uber die Gruseligkeiten zwischen B und S ein andermal.
Ich glaube nicht, dass es nur Offenheit war. Es war eine Art
Starbündnis. Und Sartre war meist mehr oder weniger
belämmert, weil er Whisky getrunken hat.

Na ja, wir müssen dieses grosse Thema wirklich
besprechen,wenn ich Zeit habe.
Heute ist das nicht so.
Mlg
...





Samstag, 26. Mai 2018

Weil du ...


Lieber ...,
Weil du mir so früh geschrieben hast, habe ich noch Zeit
gleich zu antworten. Über dieses S-B-verhätnis, möchte ich
nur sagen, dass ich die totale Offenheit, die dort gezeigt
wird, schätze. Wenn sie sich schmutzige Dinge erzählt
haben - ok dann hatten sie wohl solche Erlebnisse. Das
heisst nicht, dass Offenheit automatisch etwas sowas
bedeuten muss. Aber doch, vielleicht ist es so ein wenig.
Ich meine, wir bemühen uns wohl beide, dem anderen
ein so schönes Bild wie möglich von uns zu geben. Wir
versuchen kleine Banalitäten zu vermeiden. Wir
verschweigen unsere Ängste und Sorgen. Aber gerade
diese kleinen manchmal unschönen Dinge erzeugen eine
Vertraulichkeit, die eine Voraussetzung für eine richtige
Freundschaft ist. Ich wünsche manchmal ich wäre mehr
ein Walter als eine Malou für dich.

(---)

Ja, italienische Wörter sind manchmal überraschend
und sehen lustig aus. Ich habe auch über dieses
giapponesi gelacht.

Gestern Abend habe ich nochmals mit deinen Bildern
gearbeitet. Erst jetzt habe ich sie in der ursprünglichen
Grösse  in jpg-format. Und jedesmal wenn man sie
anschaut, kommen sie einem wenn möglich noch schöner
vor.
Soll ich dir eine Liste senden mit den Namen der Bilder,
die ich bereits bekommen habe.. ich meine falls du noch
welche schicken möchtest?

Sorry, ich wusste nicht, dass du jetzt schon wieder
arbeitest. Dachte du hättest Urlaub. Aber etwas leichter
als sonst hast du es wohl, oder?

Noch ein Bild mit einem schönen Namen. :-)


Tempio della fortuna virile

Alles gute für diesen Tag,
sendet dir
Malou

Freitag, 25. Mai 2018

Re: Wieder..


Liebe Malou
Am meisten hat mir die Legende gefallen: Giapponesi in fila. Ich hätte
mir im Leben nie geträumt, dass man giapponesi so schreiben könnte.
Aber es schaut wunderbar aus.

Na also, eine Beauvoir-Sartre-Kiste!! Wir können doch absolut offen
sein. Die einzige, die die Dinge versteckt, bist doch eigentlich Du.
Bei mir gibt es kaum Geheimnisse. Wo ich nichts sage, ist auch nichts.
So einfach ist das.

Und auch streng, so glaube ich, bin ich kaum. Ich kann sehr nachlässig
sein, ich bin absolut undiszipliniert, wenn es sein muss. Ich lasse
mich gehen, wie es mir gefällt. Aber was ich nicht vertrage ist, wenn
all die anderen rundum undiszipliniert sind. Dann werde ich vielleicht
streng. ;--))

(---)

Da kommt mir noch in den Sinn, dass von der berühmten Beziehung
Beauvour-Sartre vor ein paar Jahren Unterlagen, vielleicht Tagebücher
oder so ähnliches zum Vorschein gekommen sind. Und die haben kein
schönes Bild auf die beiden geworfen. Sie haben sich draussen mit
weiss Gott wem vergnügt und in den Betten herumgetrieben, und zuhause
haben sie gemeinsam über dieselben Leute schlecht geredet. Nein, das
klang nicht besonders gut. Vielleicht war es ja nur Selbstschutz von
den beiden Stars. Trotzdem!

Ob ich ein workoholic sei? Och, das ist eine gute Frage. Da müsste ich
meinen Chef fragen. Oder meine Mitarbeiter. Aber ich glaube, ich muss
Dir die Frage ein andermal beantworten.

Jetzt muss ich ein paar Akten studieren. Nächste Woche gibt es
Aufnahmeprüfungen an der Fachhochschule für Lehramtskandidaten.

Ich wünsche Dir ein gutes Wochenende
Mit lieben Grüssen
...



Donnerstag, 24. Mai 2018

Wieder ...


Giapponesi in fila

Lieber ...,

Wieder ein Tag vorüber.. und wenn ich nachdenke, was ich 
damit tun wollte und vergleiche mit dem, was ich getan
habe.. Na ja, das Ergebnis kann ich dir garnicht verraten.
Du bist ein so strenger Mensch geworden. :-)

Jedenfalls kam S hier an kurz nach ein Uhr. Sie brachte
diesmal den Lunch mit. Den üblichen: kleine Minipizzas,
die in ein paar Minuten im Ofen aufgewärmt sind. Ich hatte
schon einen Salat dazu bereit. Und dann hätten wir wohl
fleissig lernen sollen. Aber ich hatte gestern am Telefon
erfahren, dass unsere Buchhandlung nicht das Wörterbuch
hatte, das ich neulich woanders gesehen hatte, aber dann
hier kaufen wollte, um eben diese wunderbare kleine Buch-
handlung zu unterstützen. Der Buchhändler wollte es 
bestellen, aber es zeigte sich, dass es auch im Verlag nicht
mehr zu haben war. Und so habe ich S mitgelockt nach
M...  um dasjenige zu kaufen, das ich dort gesehen hatte.
(Wenn ich so weiter schreibe könnte doch eigentlich etwas
Proustähnliches dabei herauskommen, oder was meinst
du?) *s* Ach, eigentlich habe ich ja nicht Proust gelesen
aber ich stelle mir vor, dass er in einem so dicken Buch
sehr viel über nichts sagt.




Also habe ich das Buch heimgeführt, wie eine Trophäe, mit
dem Gedanken, dass ich das allerletzte im ganzen Land
ergattert hätte. Ein herrliches Gefühl!

S hatte heute Anweisungen zu Qi Gong mitgebracht und wir
haben es ein wenig ausprobiert. Ich kenne es nicht. Habe
nur mal Chinesen auf der Strasse am frühen Morgen sowas
ausüben gesehen. Dagegen würde ich gern wieder mit Thai
Chi beginnen.  Es sind sehr langsame harmonische
Bewegungen, von denen man schnell abhängig wird. Ich
meine es wirkt wie eine beruhigende Droge. Sehr "habit-
forming". Wie sagt man das auf Deutsch?

Jetzt am Abend habe ich einen englischen Film über die
Kraft der Liebe gesehen. An ein paar Beispielen hat man
gezeigt was sie mit einem tun kann. Da war auch der alte
Mann, der sein Leben lang nicht seine erste Liebe vergass.
Ein Mädchen, in das er sich als Kind verliebte. Und als
seine Frau gestorben war, begann er nach ihr zu suchen
und fand sie schliesslich in .. Australien. Und sie meinten
beide, als sie sich wiedersahen, dass sie das Gefühl hatten,
nie auseinander gewesen zu sein. Ja, ein komisches Ding,
die Liebe.

(---)

Ich lache immer noch über deine acht Finger.. Ich würde
mich kaum trauen meine Hände in den Mund zu stecken.
Jemand kann doch was gefährliches reingelegt haben
 Einen Scorpion oder so..
Trotz deiner acht Finger, habe ich wohl die Hoffnung
aufgegeben ein Beauvoir-Sartre-verhältnis mit dir zu
haben. Ich meine ein solches, wo man total offen über
alles sprechen kann. Doch vielleicht sind wir auch etwas
zu englísch für sowas.

Sende dir nochmals ein Bild von dem Mund.. Japaner!
Ich mag sie. Ihre Begeisterung lässt auch uns wieder das
schöne, was uns umgibt, entdecken.

Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.
MlG,
Malou



Samstag, 19. Mai 2018

Freitag, 18. Mai 2018

Kirchen, Dohlen und Vestatempel

---
Wie meinst Du, hat Cäsar seine Mosaikböden
mitgeschleppt? Die sind doch nicht transportabel!

Und das Bild von der Via del Cappulari ist hübsch. Es ist
erstaunlich, wie die Leute damals malen konnten. Heute
kann das niemand mehr. Aber damals haben sie noch mit
der Fotographie gewetteifert. Und dazu das mechanische
Bild überboten, was die Bildstimmung betrifft.

Ich werde mal sehen, wo ich meine betende Nonne finde.
Ich weiss auch nicht mehr genau, wo ich das Bild aufge-
nommen habe. Es war in irgend einer Seitenkapelle einer
Kirche. Ich habe eine Vermutung. Mehr ist es aber nicht.
Es gibt soviele Kirchen. Kürzlich habe ich einen einfachen
Stadtplan Roms gesehen. Und überall, wo eine Kirche steht,
ist das auf dem Plan mit einem Symbol markiert. Man kann
es sich kaum vorstellen. Es gibt den Eindruck, dass du
überall im Zentrum Roms innert 500 m eine Kirche
erreichen kannst. Es gibt soviele Kirchen wie
Bushaltestellen, hat man den Eindruck. Das ist wirklich
phänomenal. Aber es ist im Sommer auch sehr bequem,
wenn man alle 500m in einen kühlen, grossen und
dunkeln Raum eintreten kann, um sich wieder auf
Normaltemperatur herunter zu kühlen. Da ist der
liebe Gott doch wirklich sehr mildtätig.

Gestern war hier nochmals Fasnacht, und ich bin schon
um halb drei nach Hause. Ich habe mir einen faulen
Nachmittag gemacht. Abends war A. zu Besuch, und S
verwöhnt sie immer mit viel Aufwand auf dem Tisch.
Aber ich habe mich zurückgehalten. Nach 5 Uhr nichts
mehr essen, wie Dein Kollege gesagt hat, das ist ein
gutes Rezept.

Ja, ich glaube, dass die Stare nicht auf dem Weg in den
Norden sind, sondern einer Kältewelle ausweichen. Ich
erinnere mich ans Wallis, wie die Dohlen immer dann
von den Bergen herunterkamen, wenn es kalt wurde.
Das war ein merkwürdige Erscheinung. Man kannte diese
Vögel von den Bergen her, sagen wir auf 2000m Höhe,
auf dem Gornergrat oder so, wenn man in den Bergen
wanderte, konnte man sie beobachten. Und plötzlich
kreisten sie über den Dächern und stürzten sich auf jedes
fressbare Ding im Garten. Meine Mutter hatte dann immer
die Küchenabfälle hinausgebracht. Und innert weniger
Minuten waren die riesigen Vögel da, so dass echte
Tumulte entstanden, und haben alles mitgenommen.

Du willst mich nochmals aufwärmen für eine Rom_
begeisterung? Na ja, da weiss ich jetzt nicht, welche
Temperaturen ich noch erreichen kann. Aber ab und zu
suhle ich noch in meinen Erinnerungen. Und immer noch
wollte ich eigentlich einen kleinen Bericht - Text und Bild -
schreiben. Aber ich habe nicht die Geduld, mich dafür
hinzusetzen. Es ist ja auch so, dass die Früchte eines solchen
Berichtes erst in ein paar Jahren deutlich werden. Das
erschwert die Motivation. Ich hatte mal angefangen, und
es dann wieder liegen gelassen. Im Moment macht es
kaum einen Unterschied. Aber in 10 Jahren wäre es
vielleicht hübsch, das nochmals zu lesen.

Merci für das Bild des Vestatempels. Er sieht so urümlich
und doch irgendwie schön aus. Ich habe mal geslesen, dass
die Dachkonstruktion neu sei. Aber genau dieser nahtlose
Übergang von den Säulen zum Dach, ohne Zwischenbau
sozusagen, das hat mich immer fasziniert. Das macht diese
Urtümlichkeit aus, glaube ich. Es ist nicht so, dass ich den
Tempel so sehr mag, weil ich mir die Vestalinen darin
vorstelle, die jungen unverheirateten Frauen Roms, meist
aus guten Familien stammend. Das waren wohl die ersten,
aber 'heidnischen' Nonnen Roms!? Es gibt bestimmt aus
dem 19. Jahrhundert schöne, realistisch gemalte Bilder
über Vestalinen, und wie sie dort ihr Feuer pflegen.
Damit haben wir uns als Gymnasiasten die Fantasien
gekitzelt.

Ich muss schliessen. Ich habe bald eine Sitzung und muss
ehen, dass ich rechtzeitig dort bin.
ich wünsche Dir einen schönen und sonnigen Tag.
Mit lieben Grüssen
...


Nochmals ..



... um deine Lust für Rom wachzurufen.. :-)



Ein bild mit dem Text:

Albergo dell'Orso, d.h. "Hotel zum Bären", ist wohl das älteste
Hotel von Rom. Oder besser gesagt war. Es ist nämlich seit
mehreren Jahrzehnten verwandelt zu der Luxuskneipe Hostaria
dell'Orso. Hier, behauptet man, habe Dante gewohnt im Jahre
1301 und im 16. Jahrhundert hiess die Besitzerin Donna Vanezza,
ehemalige Geliebte des Papstes Alexander VI Borgia.

- Aquarell von Roesler Franz 1878.

Weisst du, dass Julius Caesar auf seinen Reisen seine eigenen
Mosaikfussböden im Gepäck mitführte?

Das Buch ist voll von solchen lustigen Informationen, zwischen
den Fakten.

Wo bist du? Schon zu Hause auf dem Sofa? Oder in deinem
Lieblingssessel?

Und nun lasse ich dich wieder.. nur weil es so sein muss..
GuK,
Malou




Donnerstag, 17. Mai 2018

*lol*



Lieber ... ,
Ich sehe sie vor mir, deine 8 Finger.. Du bist ganz unwiderstehlich,
wenn du deine Fantasie loslässt. *s*

Wenn du so weitermachst werde ich bestimmt mindestens 120 Jahre alt..
wie die Leute in Georgien, die sich von Schafskäse ernähren. Ein
Lachen soll so ungefähr dasselbe tun.
---



Dienstag, 15. Mai 2018

Argumente für Englisch


Liebe Marlena
Vielen lieben Dank für Dein barockes Mail. Sie sind in der Tat wunderschön geworden, Deine Mails in letzter Zeit. Ich geniesse sie wie ein Festschmaus, jedes von ihnen.
*
Ein bisschen unfair bist Du darin, dass Du Dich nicht zwischen mir und meinem Chef entscheiden willst. Du sagst, klar, alle müssen Frühenglisch haben. Aber auch Französisch. Was jetzt nun, beides?? Das ist wohl nicht gut möglich, mit den Grundschülern schon mit zwei Fremdsprachen anzufangen, schliesslich müssen sie auch noch Hochdeutsch lernen, was sie im Alltag ja auch nicht brauchen. Das wären sozusagen drei fremde Sprachen, wie einige behaupten.
Nein, ich glaube, es geht wirklich um die harte Entscheidung: Französisch oder Englisch ab 2. Klasse? Ich bin, wie gesagt, für Englisch. Und ich habe gute Argumente:
Erstens: Englisch bietet, wie Du sagst, Anschluss zur Welt, zur Welt des Kommerzes, des Computers.
Zweitens: Kinder haben mehr Motivation, Englisch zu lernen als Französisch.
Drittens: Englisch ist leichter als Französisch, vor allem in der Anfangsstufe.
Viertens: Schüler auf dem praktischen Bildungsweg erreichen in 7 Jahren eine Kompetenz in Englisch, die ihnen im Beruf nützlich sein kann. In Französisch kommen sie kaum soweit, dass sie praktisch sprechen könnten.
Fünftes: Mein Chef behauptet, Sprache sei mehr als ein Verständigungsinstrument weltweit, mehr als eine lingua franca. Klar, hat er recht, aber auch das moderne Englisch ist Teil einer Kultur, der postmodernen, internationalistischen, übernationalen Kultur. Es ist ja nicht ein Queens-Englisch, das hier zur Diskussion steht, sondern eine Art Strassenvariante in hunderten von Akzenten. Wie nennt man dieses neue Englisch, das man überall spricht, mit einem sehr reduzierten Wortschatz? Es hat doch irgendwie einen Namen, den ich schon gehört habe?
Sechstens: Der Kulturstreit in der Schweiz wird nicht so heiss werden, wie mein Chef prognostiziert, weil auch die Romands Englisch lernen, und dann können wir mit ihnen Englisch reden, wenn es denn sein muss. Das geschieht schon heute gelegentlich im Militär beispielsweise.
Siebtens: Der Kulturstreit könnte sogar gemildert werden dadurch, dass wir uns nicht mehr zwischen Italienisch oder Französisch entscheiden müssen. Es wäre doch denkbar, dass die Tessiner enttäuscht sind, wenn wir Französisch wählten, und dass die Romands enttäuscht sind, wenn wir Italienisch wählen. Mit Englisch sind wir von beiden gleich weit entfernt, oder gleich nah respektive.
Achtens: Und die Romands und Tessiner können sich auch auf die Weltsprache Englisch konzentrieren, und müssen nicht zuerst noch Deutsch lernen, einfach, weil man in der Schweiz ohne Deutsch keine Karriere machen kann. In Zukunft wird man auch in der Schweiz die Karriere in Englisch machen.
Neuntens: Wenn alle Englisch können, wird es wieder geschätzt und exklusiv werden, Französisch auch noch zu können. Dann wird der Wert von Französisch bestimmt wieder steigen, vielleicht nicht für alle, aber für diejenigen, die sich auf Marktlücken vorbereiten.
So:
Findest Du denn nicht, Marlena, mein Chef sei längst k.o.? Seine Argumente sind doch ideologischer Natur, ein wenig nostalgisch. Und unter uns gesagt, ich vermute, dass er selbst kein Englisch kann. Aber das weiss ich nicht. Er ist sonst sehr kompetent und intelligent. Auf jeden Fall muss man doch konstatieren, dass, wenn man ein wenig herumreist, zu aller erst auf das Englische fällt, und kaum je auf Französisch. Sogar mit meiner belle soeur aus Paris spreche ich Englisch, wobei es bei ihr ja sünd und schade ist. Ich könnte nämlich viel von ihr lernen.
Also, meine liebe Marlena, ich hoffe doch sehr, dass Du Deine Pflicht tust und das Match entscheidest Er oder ich, das müssen wir jetzt wissen ;--))
(---)
Nein, wenn ich regressive Trance sage, meine ich nicht, dass ich es bereue. Ich fand bei der Lektüre bloss, es wäre sehr schlecht formuliert, nachlässig und undiszipliniert. Vielleicht so, wie man auf der Couch des Psychiaters spricht? Nein, es ist keine Reue, eher etwas unwohl Dir gegenüber, wo Du doch immer perfekte und korrekte Sätze schreibst.
*
Ja, wenn Du Dich richtig erinnerst, habe ich den Begriff Internet-Ehe erfunden und Dich damit ziemlich erschreckt! Kannst Du Dich erinnern? Damals warst Du noch sehr "korrekt" und als ich erzählte, ich träumte, mit Dir in Paris zu sein, hast Du Dich etwas indigniert gewundert, was den meine Frau dazu denke und dass sie sowas bestimmt nicht möge. Du hast mich praktisch zurechtgewiesen. Remember?? Es war köstlich. Es war wohl noch vor Deiner feinen und vorsichtigen Liebeserklärung, die ich immer noch in schönster Erinnerung habe. Und Du warst es, die das Symbol des Turmes erkannt und thematisiert hast. Das fand ich auch sehr schön, nun ja, ist es immer noch.

(---)

Sonntag, 13. Mai 2018

Hello ...



Subject : Hello.. is it me you're looking for..?

Lieber ...,

Es ist schön dass du mich so lieb zu  Hause Willkommen heisst. Ich habe es überstanden. Nur das Maulhalten ist mir nicht 100 %ig gelungen. Aber natürlich habe ich versucht deinen Rat zu befolgen. Ich würde dir gern erzählen was mich so stört aber ich möchte es lieber vergessen. Du weißt, dieser Mann tut alles andere als unterrichten und verzweifelte Schüler fragten mich Anfang der Woche ob er denn überhaupt eine Ausbildung hat und sein Fach beherrscht. Sie hätten bisher noch nichts gelernt und er macht immer alles falsch und sie müssen ihn korrigieren u.s.w. Ich versuchte sie zu beruhigen und sagte ihnen sie müssen mit ihm selbst darüber sprechen wenn sie irgendwelche Probleme haben. Und dann versuche ich ihnen auch beizubringen dass es immer klüger ist eine Sache freundlich vorzubringen. Ach, .. ich will nicht davon sprechen.
*
Nun, wir haben eine gute Zeit gehabt und die jungen Leute auch. Ein paar konkrete Probleme sind natürlich entstanden aber sie gingen zu lösen. Was tut man z.B. wenn statt ein Bus nur zwei grosse Taxis auftauchen weil normalerweise nur wenig Passagiere diese Strecke fahren und 8 Personen schnell eine andere Transportweise finden müssen, oder wenn spät am Abend wenn das ganze Personal schon verschwunden ist plötzlich die Tür zu dem Schlafraum, wo die Jungen schon alle ihre Sachen untergebracht haben, von der Zugluft zuknallt und der Schlüssel fehlt. Nun, jedenfalls waren die Schüler sehr lieb und ich fühle dass ich sie nun besser kenne als vorher und sie mich auch. Und alle haben sich gut amüsiert.
*
Ja doch, ich kenne die Diskussion in der Schweiz über die Sprachen. Habe davon im Flugzeug in den schweizerischen Zeitungen gelesen. Und meine Meinung dazu? Natürlich sollen die Kinder Englisch lernen. Sie wollen sich ja mit dem Rest der Welt verständigen. Und wer heute nicht englisch kann ist so ziemlich "out". Aber ich gebe auch deinem Chef recht. Französisch sollte man lernen um Zugang zu haben zu dem riesigen Kulturschatz den es in dieser Sprache gibt.
*
Ach, weisst du, ich bin eigentlich etwas zu müde heute um zu schreiben. Die Worte wollen nicht richtig kommen.

*
Die Verzögerung deines Briefes hat wohl nicht mit den grossen Mengen Luft zwischen uns zu tun, sondern eher mit dem schweizerischen Postwerk. Ein Brief aus Zimbabwe nimmt ungefähr dieselbe Zeit wie ein Brief aus Basel. ;-) Nein, er war natürlich nicht geöffnet. Und Post von dir wird auch nie in falsche Hände geraten. Aber wozu überhaupt "snail-mails" senden wenn man sich doch hier so schnell und gut (und kostenlos?) verständigen kann? Nur wenn du mal etwas gezeichnet hast das du mich sehen lassen willst kannst du es mir zum Ansehen schicken.Ich kann es nachher wieder zurücksenden, falls du willst.
Ich habe heute Nacht ein paar Stunden wach gelegen und dabei habe ich dauernd deine lustigen Illustrationen zu deinem Artikel vor mir gesehen. Das Mobil hat sich vor meinen Augen gedreht und die Eltern in dem "Laufställchen?" haben unruhig Ausschau gehalten nach ihren Abkommen. Und dann unser Turm..



und der dahinter, in dem man nie Sprachverbisterungen
finden wird, da ja alle  nur Englisch sprechen.

*
Ich hoffe dass du verstehst wenn ich manchmal ein wenig mit Worten spiele. Dieses "Internetehe" z.B. warum sollte man es nicht so bezeichnen können? Viele Männer im Swisstalk sprechen sicher viel mehr mit anderen Frauen als mit ihren eigenen. "Seelische Emigranten" wie du es einmal genannt hast. Manchmal habe ich Angst dass du glaubst ich will zu viel von dir.. Es ist wahr.. ich möchte dich nie aus meinem Leben verlieren und wie man das Verhältnis zwischen uns nennt ist eigentlich egal. Du bist zwar nicht mehr dieser ruhige, ausgeglichene Mann, den ich anfangs zu kennen glaubte, aber ich schenke dir trotzdem immer mehr Vertrauen. Ich weiss, ich suche viel in dir

Sag, ..., warum bezeichnest du deine wunderschöne Schilderung deiner Kindheit plötzlich "regressive Trance"? Es hat mich sehr gefreut dass du mir so geschrieben hast. Dann fühle ich dass du mir wirklich nahe bist .. und nun scheinst du es fast zu bereuen.. warum?
*
Eine "zufriedene, in sich ruhende Frau" würde ich gern sein. Dazu brauchte ich wohl ein anderes Schicksal :-) Aber vielleicht machst du auch nur Spass,

Ach, Schatz, wenn ich alle Dummköpfe in ein Schliessfach stecken müsste, dann wären die längst schon alle überfüllt. Wir lassen sie herumlaufen. Man kann ihnen ja meistens aus dem Weg gehen. Leider nur "meistens".

Draussen schmettert der Regen nur so gegen die Fensterscheiben. K hat an diesem Wochenende fleissig im Garten gearbeitet und Anna hat zufrieden festgestellt: " Jetzt tut Pappa etwas, was Väter tun sollen". Es war ein vielsagender Satz.

Ich verlasse dich nun für heute, chéri. Bitte, lass mich bald wieder von dir hören.
In Liebe
Marlena



Welcome home


Liebe Marlena
Es hat mich wirklich sehr gefreut zu sehen, wie Du Dich gefreut hast über die Post. Sie hat ja echt ewig gedauert. Aber man sieht daran nur, wieviel Luft zwischen uns ist. Und Luft ist nicht nichts. Das ist ein riesiges Kissen. Und durch dieses endlose Kissen schicken wir unsere Mails. Sie müssen in der Tat vorne spitz sein, sonst kommen sie kaum vorwärts.
Es ist natürlich eine Umweg-Adresse, die ich in der Hand habe. Und die Deine, Deine eigene, wäre mir natürlich viel lieber. Aber es ist schon in Ordnung so. Ich kann die Frau Doktor .. bombardieren. Hast Du das Kuvert verschlossen erhalten, oder öffnet sie es, wenn es bei ihr ankommt? Das darf sie eigentlich, denn es steht ja ihre Adresse drauf. Du verstehst mich, ich will einfach wissen, wo der Intimbereich anfängt. Aber ich will auch nichts riskieren. Ich weiss dass Du eine öffentliche Person bist und den Respekt der Leute brauchst, auch den guter Freunde. Ich kann Dir ja all die hübschen Dinge, die keiner sonst hören soll, hier sagen. Ich gehe also davon aus, dass irgend jemand, irrtümlich oder gewollt, so ein Kuvert öffnen könnte. Ist Dir das Recht, wenn ich es so handhabe? Und ich schreibe immer nur die Adresse von ...  drauf. OK? Ich möchte nicht, dass Du plötzlich vor schlimmen Konsequenzen stehst, obwohl wir beide ja eigentlich nichts Schlimmes anstellen.
*
Ja, Deine barocke schriftstellerische Statur ist wunderbar. Sie hat wirklich etwas Glänzendes und man denkt an eine zufriedene, in sich ruhende Frau, die rundum Liebe und Sicherheit ausstrahlt. Du solltest wirklich mehr schreiben, nicht nur für mich, für uns alle!!
Bevor Du aber anfängst, müssten wir vielleicht nochmals eine kleine Diskussion über den Text al Text machen. Ich habe schon Hemmungen, darüber zu sprechen. Und ich werde mich absolut hüten, auch nur ein Wort darüber in der Italobar zu verlieren. Was meinst Du denn wird Franco dabei denken??? Er würde zerstreut die falschen Cocktails mischen, würde irritiert doppelte Mengen Alkohol beigeben und solch schlimme Dinge. Nein, die Italobar ist nicht der Ort dazu, meine Liebe.
Weißt Du meine Liebe, wenn ich sage ein Text sei ein Text, dann meine ich nicht, es seien nur Worte oder gar Wörter. Doch warum ich es immer wieder sage, hängt schon damit zusammen, dass auch mein naiver Glaube stark in dieselbe Richtung geht wie Deiner. Das ist nämlich die Vorstellung, Wörter bilden Dinge ab. Das ist die Sprachtheorie, die Augustinus in seinen Bekenntnissen anklingen lässt. Doch ich habe mal in meinem Studium eine Arbeit geschrieben über Wittgensteins Sprachphilosophie. Kennst Du Wittgenstein? War ein Oesterreicher, aus absolut reicher Familie. Hat sein Erbe verschenkt und ist zuletzt in Cambridge als Philosophieprofessor gelandet. Ein Vertreter der "normal language philosophy". Anfangs seiner Karriere hatte er eine völlig andere Theorie. Er hat also im Laufe seiner akademischen Karriere eine 180° Wendung gemacht. Er war - überigens homosexuell - ein blendender Geist. Und seine philosophischen Untersuchungen sind ein Schatzkästlein von Ueberlegungen und Erkenntnissen. Zentral ist das, was er "Sprachspiel" nennt. Wittgenstein würde jetzt also Marlena antworten auf ihre Behauptung, Sprache bilde Realität ab:
Wenn ich sage "Schau mal hier!" Bildet denn ein solcher Satz Realität ab?? Wenn er etwas in der Realität ersetzt, dann wäre es mein sanfter Stoss an Marlenas Schultern, die sie auffordert, zu schauen. Oder meinen Zeigfinger. Bildet der Satz wirklich meinen Zeigfinger ab?
Siehst Du, so ungefähr argumentiert Wittgenstein in seinen "Philosophischen Untersuchungen". Und es ist sehr spannend, ihm auf die Schliche zu kommen. Aber es ist nicht so leicht. Mindestens damals brauchte ich noch weitere Lektüre, um wirklich zu verstehen, was er meint.
Und die allgemeinste Schlussforlgerung daraus wäre vielleicht: Was Du meinst, Marlena, welche Funktion Sprache erfüllen kann, das ist vielleicht eine Spielform. Aber es gibt daneben noch etliche andere. Und man soll die arme Sprache nicht auf eine einzige Variante festnageln. Das wäre schade.
Wenn ich sage: "Du bist mein Schatz". Ist das eine Abbildung der Realität? Nein, das ist es nicht. Es ist eher eine Generierung von Realität. Es schafft Realität. Und wenn wir daran denken, dass alles, was wir in dieser Welt wahrnehmen, durch dieses Rohr der Sprache hindurch muss, die Welt, unsere Gefühle, unsere Absichten und Aussichten und Vorsichten und Übersichten, dann kann man schliesslich doch irgendwie sagen: Alles ist Text. Es gibt nichts ausserhalb des Textes. Unser Bewusstsein ist Sprache, soweit wir es mit anderen Menschen teilen. Und das haben, wenn ich richtig verstehe, die Franzosen rund um Lacan gesagt. Die waren ja ein wenig monoman. Und sie behaupten, die Welt hat die Struktur der Sprache, glaube ich.
Ach siehst Du, jetzt habe ich mich wieder hinreissen lassen über den Text als Text zu sprechen. Du hast mich erwischt. Und dabei wollte ich eigentlich nicht. Und ich glaube, für Dich als Sprachlehrerin ist es auch nicht absolut wichtig.
*
Wir haben im Moment in der Schweiz eine Diskussion um die Fremdsprachen in der Schule. Habe ich Dir schon davon erzählt. Der Kanton Zürich will Frühenglisch einführen. Das heisst, Kinder sollen ab 2. Grundschulklasse Englisch lernen. Mein Chef ist sehr skeptisch und meint, wir sollten bei Französisch als erster Sprache bleiben. Wir seien das den Romands, dh. den Schweizern französischer Muttersprache, schuldig. Es würde ein Kulturkonflikt entstehen, wenn wir den Französischunterricht auf den zweiten Rang setzen. Nun hat aber eine Umfrage in der Welschschweiz ergeben, dass 70% der Romands auch für Frühenglisch sind. Sie meinen, dann könnten wir endlich miteinander sprechen, zwar weder deutsch noch französisch, sondern eben englisch. Mein Chef meint noch, dass man eine Sprache nicht einfach als Instrument für eine weltweite Verständigung ansehen soll, sondern als ein Kulturgut.
Ich bin ja sonst sehr loyal gegenüber meinem Chef. Aber hier bin ich absolut nicht seiner Meinung. Erstens finde ich, wir sollten mit Frühenglisch anfangen. Auch Kinder mit wenigen Sprachbegabungen könnten dann etwas englisch lernen. Sie finden es ja überall, von Mac Donald bis Mac Intosh und Inbox, Combox und Online und weiss Gott wo überall. Die Motivation der Kinder ist besser für Englisch als für Französisch. Französisch ist bestimmt die schwierigere Sprache. Weshalb also mit der schwierigeren anfangen. Ich bin sicher, es gibt viele Schüler, für die eine Fremdksprache genug ist. Und mit Englisch würden sie gut fahren. Auch das Argument, dass Englisch eine Kultur sei, ist nicht griffig. Wir lernen ja an den öffentlichen Schulen nicht ein Queens-English, sondern dieses ubiquitäre internationalistische Englisch, das man auf Flughäfen, im Internet und in der Pop Musik wiederfindet.
Was meinst Du dazu, Marlena. Ihr seid ja ein Land, wo alle Menschen sehr gut englisch können. Ich kann mich erinnern, als ich in England war. Man hat immer wieder gesagt: suche Dir ein skandinavisches Mädchen, dann lernst du englisch. Und daran habe ich mich gehalten. Ich habe in den 3 Monaten nur einmal mit einem Mädchen französischer Zunge gesprochen. Sie war sehr sympathisch und hübsch. Aber ich habe mir gedacht, bei ihr kann ich nicht viel lernen. Deshalb habe ich es dabei belassen. Nolens volens.
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Du bist sehr kritisch mit den Homines Sapentes männlicher Variante! Aushalten, Haushalten und Maulhalten klingt wie ein Durchhalteparole für den Krieg. Ach, Marlena, Du mit Deinem Charme brauchst doch nicht solch düstere Devise. Du besiegst sie doch mit Deinem Charme! Oder etwa nicht? Wenn nicht, gib mir einen Funk, dann komme ich vorbei und wir sprerren ihn auch ins Schliessfach. Damit haben wir doch Erfahrung.
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Ich hoffe, Du hast eine gute Zeit gehabt. Und ich schick Dir dieses Mail jetzt. Dann hast du was im Box, wenn Du in die gute Stube trittst.
Ich küsse Dich, ich homo sapiens sapiens.
...

Samstag, 12. Mai 2018

Roman-is-tik


Lieber ...,

Danke für deine schnelle Antwort. Aber chéri, du musst dir doch keine Sorgen machen wegen deinen Fantasien. Ich liebe es wenn du so direkt drauflosschreibst ohne Korrektur und ich lache herzlich über deine manchmal etwas lustigen Gedanken. Natürlich bin ich ein wenig so wie du schreibst.. aber eigentlich nur wenn ich verliebt bin. Dann werde ich ein bisschen barock, das muss ich zugeben. ;-)
Ein Text ist ein Text sagst du wieder. Und das klingt irgendwie als ob du sagen würdest: Worte sind nur Worte. Dahinter keine Realität. Ich meine, zuerst ist die Realität und die Worte sind nur dazu da diese an einen anderen Menschen zu vermitteln. Ich kann nicht Realität mit Worten erzeugen. Oder was meinst du, mein lieber Mausfreund? Ich kann Gefühle hervorrufen damit, das stimmt sicher aber.. OK ich lasse es.. wir müssten es vielleicht mal in der Italobar diskutieren.
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Ich schreibe dir noch heute weil ich morgen Nachmittag wegfahre mit meiner Klasse und "dem" Kollegen und erst am Mittwoch Abend zurückkomme. Zuerst war mir der Gedanke sehr zuwider aber da ich nicht davonkommen kann habe ich mich entschlossen das ganze als eine Herausforderung zu sehen und eine Möglichkeit dieses komische Exemplar von Homo Sapiens etwas näher zu studieren. Meine grösste Aufgabe wird sein nicht zu sagen was ich denke.. nach dem Motto: "Aushalten, Haushalten, Maulhalten"
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Anna und ich waren den ganzen Nachmittag bis spät am Abend in der Stadt. Wir sind in etlichen Geschäften gewesen um ein wenig neue Kleider und Schuhe für die kalte Jahreszeit zu besorgen. Wir mussten diesen Tag dazu ausnutzen weil wir ja sonst nie gleichzeitig frei sind. Ich mag nicht die Luft der Kaufhäuser und die Leute die ihre Tage dort verbringen müssen tun mir wirklich leid.
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Ich muss immer wieder an deine lustige Schilderung von eurer Schule denken und dabei sehe ich euch unbemerkt unter den Bänken aus dem Klassenzimmer kriechen. Vielleicht war es eine sehr liebe Lehrerin, die ein Auge zugedrückt hat, weil sie euch ein wenig Freiheit gönnen wollte. :-) Jedenfalls muss ich mich beherrschen damit ich nicht plötzlich anfange zu lachen wenn ich daran denke. Es ist wirklich zu drollig.

Nun werde ich mir eine Tasse Tee machen und dann für morgen ein wenig packen. Es sieht aus nach Regen aber die Aktivitäten werden ja meist "indoors" stattfinden. Also kein Problem.

Danke nochmals für den Brief mit dem Artikel. Ich werde ihn im Bett heute Abend noch ein wenig studieren. Deine Zeichnungen sind auch so treffend. Ich gratuliere dir dazu.
So, ich muss langsam gehen. Habe noch nicht meine Stunden für morgen Vormittag vorbereitet.
Am liebsten möchte ich dich nun umarmen weil ich dich so lieb habe.
Ganz platonisch ;-)
Ti voglio tanto bene.
Marlena

Blick durchs Fenster




Blütenschnee





Donnerstag, 10. Mai 2018

Etwas zu lang wohl ...


Lieber ...!

Ich habe dich heute im Swisstalk verpasst - vielleicht nur mit Sekunden. Aber es macht nichts denn eigentlich hätte ich nur eine ganz kleine Weile mit dir chatten können.

Ich liege auch mit meiner Arbeit nach... aber das ist eher normal. In diesem Beruf kann man immer noch etwas tun und es kommt vielleicht ein bisschen auf das Ambitionsniveau an. Die sehr heterogenen Klassen machen dass man immerzu selbst extra Material herstellen muss um die Studien zu erleichtern. Natürlich könnte ich nur 80 % arbeiten, aber wahrscheinlich würde ich genauso viel Zeit darauf legen aber mit nur 80 % Lohn. Deswegen zögere ich.
Aber genug davon jetzt.
Ich war eigentlich etwas erstaunt als ich sah dass Erich Kästner die Geschichte von dem schweigsamen Fräulein geschrieben hatte. (Sie steht in einer kleinen schon veralterten Anthologie, zusammengestellt für das Gymnasium). Eine andere kleine Geschichte aus demselben Buch ist "Ein alter Mann stirbt" von Luise Rinser. Sie ist traurig und schön und zeigt wie kompliziert das Verhältnis zwischen Eheleuten sein kann. Sie endet mit den Worten:
"Altersschwäche", schrieb der Arzt auf den Totenschein. Ich aber begriff, woran sie gestorben war, und mich schauderte davor, zu sehen, was für unheimliche Formen die Liebe annehmen kann."

Damit wäre ich wieder ganz unwillkürlich bei meinem Lieblingsthema gelandet ;-)
Heute werde ich einen stillen Abend im Kreis der Familie verbringen. Das wäre fast unmöglich gewesen bei meinen Eltern... Immer war etwas los und das Haus voller Gäste wenn wir nicht selbst wo eingeladen waren. Mein Onkel liebte es Menschen um sich zu haben, je origineller desto besser. Schauspieler, Sänger, Künstler und Weltenbummler ohne eigentlichen Beruf mengten sich zu unseren nahen Freunden. Es wurde gelacht, getanzt und gesungen bis in die späte Nacht. Ich hatte an solchen Abenden oft eine Kusine in meinem alter zu Besuch und wir schlichen leise die Treppe hinunter um einen flüchtigen Blick (?) von diesem heimlichen Leben der Erwachsenen zu bekommen.

Es ist komisch wie du mich wieder an Sachen denken lässt die ich glaubte längst vergessen zu habe. Manchmal kommt es mir vor als hättest du die Schleusen zu meiner Vergangenheit geöffnet und nun quellen die Erinnerungen nur so hervor.
Ich glaube nicht du sondern ich liege auf der Couch und ich erkenne die Gefahren dabei. :-)
Du meinst 2000 Km schützen uns gegen unerwünschte (?) Gefahren... Wir werden sehen..

Es ist inzwischen Sonntag geworden. Ich höre mein Lieblingsprogramm im Radio. Redakteure einiger der grössten Zeitungen unterhalten sich in amüsanter Form über die grossen Ereignisse der Woche. Man hat Leichen in der politischen Garderobe gefunden. Die U-bootkränkungen sind auf dem Weg ihre natürliche Erklärung zu erhalten. Das schwedische Militär hat nämlich heimlich (ohne das Wissen der Regierung?) mit der Nato zusammengearbeitet und die vermuteten russischen U-boote waren wahrscheinlich meistens amerikanische die also die geheime Erlaubnis hatten dort zu operieren. Welch ein Doppelspiel des Militärs! Man musste ja sogar tun als ob man sie suchte und bekämpfte.

Norwegen hat eine neue Regierung gebildet, mit dem jüngsten und schönsten Staatminister je. Er ist erst 41 Jahre alt und nach einer Rundfrage hat es sich gezeigt dass fast alle Frauen ihn sehr gern als den Vater ihrer Kinder oder als ihren heimlichen Liebhaber sehen würden.

Man spricht auch viel von unserer Alkoholpolitik. Die EU will dass sich Schweden dabei dem übrigen Europa anpassen soll. Wir haben sehr hohe Steuern und der Staat würde viel Geld verlieren wenn wir die Möglichkeit hätten diese Getränke im Ausland zu kaufen.

Thema "unheimliche Geliebte".. Diese Woche haben wir die Erlaubnis erhalten unsere Schokolade als Schokolade bezeichnen zu dürfen (obwohl sie nicht den Qualitäts-forderungen der EU entspricht). Freue dich also dass du bei dir das beste geniessen kannst.

Und schliesslich diskutiert man die Arbeitszeit. Während andere Länder diese reduzieren, ist sie bei uns in den letzten Jahren gestiegen. Auch in meinem Beruf merkt man davon. Früher hatte man 6-7 Klassen, heute 9 - 11.

Zu Goethes Faust möchte ich dir sagen dass ich die Gründgens-Inszenierung des Düsseldorfer Schauspielhauses ( Deutsche Grammophongesellschaft, Literarisches Archiv) besitze. Wenn du das einmal gehört hättest würde dir der Faust auch gefallen. Es ist mit Schauspielern wie Paul Hartman, Gustaf Gründgens und schliesslich Käthe Gold als Gretchen. Es ist ganz einfach einmalig. Ich habe übrigens die Universität mit dieser Vertönung bereichert (sicher zu grosser Freude aller Deutschstudierenden). Denn es nur zu lesen kann nie dasselbe sein.

Was könnte ich dir sonst noch erzählen? Mein Leben ist zeitweise ziemlich uninteressant und manchmal träume ich davon es radikal zu ändern. Möchte eine Zeit in die Welt hinaus, neue Milieus erleben... aber ich habe einen "husband" (dieses komische Wort :-), der mich ans Haus bindet und so werde ich wohl alle diese Träume weiterhin nur in meiner Fantasie ausleben können. Manchmal stelle ich mir einen Tag mit dir in Paris vor und was wir alles tun würden. Natürlich gehen wir auf derselben Strassenseite. Du legst sogar dabei deinen Arm um meine Schulter (vielleicht nur weil du von dem vielen Wandern müde geworden bist und mich als Stütze benutzen willst ;-) Aber es ist trotzdem schön und du erzählst mir so viel von dem ich noch nichts gewusst habe. Ich werde fast krank vor Sehnsucht wenn ich daran denke....
Ich liebe Paris. Es ist mit meiner Jugend verbunden genau wie das Wallis mit deiner.

Du sprichst von Musik. Ich glaube Musik spielt in meinem Leben dieselbe Rolle wie die Malerei in deinem. Sie tröstet mich, begeistert mich und ich hole Kraft daraus. Ob ich selbst ein Instrument spiele? So möchte ich es nicht nennen :-) Aber Klavier und Gitarre habe ich gelernt. Mein Onkel, der Geige spielte, wollte dass ich auch dieses Instrument lernen sollte, aber es gibt Grenzen ;-) Gitarre habe ich gelernt um mich selbst beim Singen zu begleiten. Sicher sind einige der Chansons von denen du sprichst auch auf meinem Repertoire gewesen. In meiner Jugend bin ich manchmal aufgetreten und in der Schule musste ich immer solo singen bei verschiedenen Anlässen. Leider auch zu Hause in der Familie. Dabei fühlte ich mich meistens wie ein dressierter Affe ;-) und zum Schluss weigerte ich mich es zu tun.

Da neigt sich die Stunde und rührt mich an
mit klarem, metallenem Schlag:
mir zittern die Sinne. Ich fühle, ich kann -
und ich fasse den plastischen Tag
.....

Das werde ich nun auch tun.
Lass es dir gut geh'n
Love
Marlena



Mittwoch, 9. Mai 2018

Blütezeit

heute im Garten

und wieder lächelt die Maisonne herrlich!

HIER




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Sonntag, 6. Mai 2018

Letzte Hoffnung





Letzte Hoffnung

Am Kirchhof steht ein Baum alleine
In einer jungen Herrlichkeit.
Ihn pflanzt kein hergebrachtes Leid, –
Sanft neigt er sich dem schlichten Steine.

Im Sommer wie im Winter singt
Ein Vöglein auf dem Baum, wie klingt
So zart der Schmerz der treuen Töne.

Der Vogel und der Baum sind wir,
Du das Gedenken, ich die Ferne.
Der einst'gen Tage, mild wie Sterne –
Ach lebt ich noch zu Füssen dir!

Ach leben, leben! Meine Schöne,
Das kalte Nichts besiegte mich,
Doch leb ich dir im Herzen? Sprich!

Paul Verlaine