Donnerstag, 29. März 2018

An alle lieben Leser



Wo bleibt der Golfstrom?



Glad Påsk

Frohe Ostern

Happy Easter

Joyeuses Pâques  
*

Re: Pleasant journey!



Ämne: Re: Pleasant journey!
Datum: den 1 september 20:03

Liebe Marlena
Jetzt ist 2pm. Und in ein paar Minuten werde ich die Tuere, die selber schliesst, nicht mehr oeffnen koennen. Ich sollte also nichts liegenlassen, vor allem nicht Pass oder Ticket. Und weil hier niemand zum Abschied zu kuessen ist, kuesse ich Dich zum Abschied. Lucky you!
Ich bin - was ich in meinem Leben noch sehr selten getan habe - in ein Musikgeschaeft gegangen. C. hatte davon gesprochen. Und weisst Du, was ich gefunden habe. Eine CD von Barbara. Es gab eine ganze Reihe franzoesischer Platten. Schliesslich bin ich doch bei B gelandet. Greco hat es keine gehabt. Aber ich habe eine schoene von Dir. Und dann bin ich nochmals Toilettenartikel holen gegangen. Ich hatte noch etwas Geld uebrig. Und B's Wuensche sind gross. Also habe ich noch eine zweite Ladung geholt. Eigentlich wollte ich fuer sie eine CD kaufen. Aber ich kenne mich in diesen modernen Trends so denkbar schlecht aus, dass ich kleine Erfolgschance habe.
Um sicher zu gehen, habe ich also B gewaehlt.

Und jetzt bin ich bei meinem letzten Kaffee. Und dann gehe ich. Ich bin ein bisschen nervoes. Vielleicht der Kaffee? Oder die Unklarheit, bis ich am Flughafen bin. Man sagt von Freud, dass er eine riesige Angst hatte, zu reisen, und dass er schon Stunden vor Abfahrt des Zuges auf dem Bahnhof war. Na ja, vielleicht werde ich Freudianer. Das kommt der Wiener-Mischung naeher.
Ich glaube, ich habe wirklich alles gepackt. Es gibt nichts, was ich vergessen koennte. Soll ich der Nachbarin zum Abschied einen Kuss auf die Stirn druecken. Ach nein, ich will nicht, dass sie einen Herzstillstand erleidet.
Wir sehen uns morgen, nicht wahr? Habe eine gute Nacht.
Mit lieben Gruessen und transatlantischen Kuessen à la Golfstrom
...



Retour d'Amérique


Ämne: Retour d'amerique
Datum: den 1 september 17:09

Liebe Marlena
Es ist bald 10 am. Meine Gastgeber werden um 10 abfahren fuer den Brooklyn Carneval. Es scheint, sie haben das ganze Jahr darauf gewartet. Und sie sind ganz aus dem Haeuschen. Das Problem ist, dass man dort drueben etwa 3 Millionen Leute erwartet. Und es gibt vielleicht 10 Toiletten. So muss man die Dinge hier erledigt haben. Und das ist es, was sie im Moment tun.

Ach, ich habe nicht gewusst, dass es einen Atlas gibt fuerdie Kunst des Kuessens. Da gibt es zivilisierte Regionen und auch unwegsames, gefaehrliches Gelaende. Sozusagen Rotkaeppchen-Wege, wo der Wolf lauert. Ich verstehe. Ich werde mich vorerst an die autorisierten Pfade halten. Man verlaeuft sich so auch viel seltener und kommt auch so zu schoenen Aussichtspunkten. Wie Du zu dieser Schlaefenpartie kommst? Sie ist doch bei aelteren Leuten oft sehr ausgepraegt;

Ich habe immer noch nichts von Federer gehoert. Ist er gut im Rennen? Die Amis zeigen wirklich nur ihre eigenen Pferde. Und dabei ist Federer ein zweiter Sampras, wenn man von seiner Spielanlage her schaut. Vielleicht ist er nicht so handsome, wie die Tuerkin im Kurs festgestallt hat, aber er spielt ein wunderschoenes Tennis, das so leicht erscheint. Und immer, wenn etwas leicht scheint, ist Kunst im Spiel.

Ich werde ungefaehr am Mittag hier losziehen. Da ist zwar noch sehr viel Zeit. Na ja, vielleicht genuegt es, wenn ich um 14h gehe. Der Bus benoetigt ungefaehr eine halbe Stunde. Und sie fahren alle halben Stunden, wenn ds auch am Labour Day so ist. Das weiss ich eben nicht so genau. Ich haette also noch Zeit, Dir ein kleines Geschenklein zu posten. Moechtest Du was Kitschiges? Na ja, ich will nicht zuviel versprechen.

Deine Idee von Wien ist gut. Ich wuerde auch wieder mal gerne dorthin fahren. Auch Walter ist ein grosser Fan Wiens. Manchmal erzaehlt er mir vom Wiener Zentralfriedhof, als ob es der Garten Eden waere. Ich glaube, seit sich Europa vergroessert, wird Wien immer wichtiger. Es ist unser Brueckenknopf zum Balkan, und die Oesterreicher haben ein besseres Verstaendnis von jenen Menschen dort. Sag mir, wann Du gehst, Marlena, ich werde sehen, was sich tun laesst. Vielleicht muss ich dann einen Kurs in klassischer Psychoanalyse nehmen. Dann werde ich auch gleich das Kanapee mitschleppen. Freud hat im Grunde auch mit Hypnose angefangen. Das hatte er bei Charcot in Frankreich gelernt. Und das habe ich - glaube ich - schon mal erzaehlt. Aber sein Zeitalter war so rationalistisch und vernunftorientiert, dass er glaubte, davon wegkommen zu muessen.

Gestern habe ich im Central Park einen aelteren Mann gesehen, der aus der Handschrift las. Wie ein fortune teller, aber eigentlich Graphologe. Die Kundin war eine Japanerin. Und sie musste etwas auf ein Blatt Papier schreiben. Es waren knappe 5 oder 6 Zeilen. Ich habe eine Weile zuegehort. Ich glaube wirklich, dass er ein bisschen Graphologie kennt. Aber die Datenbasis ist sehr fraglich. Einerseits schreibt eine Japanerin von Kindheit an eine voellig andere Schrift. Und 6 Zeilen sind zu wenig. Er interpretierte z.B. die Tatsache, dass sie ihre Unterschrift links hinsetzte anstatt rechts, wie er es von einem normalen Mitteleuropaeer erwarten wuerde. Man sagte in der Graphologie, Leute, die am linken Rnd unterschreiben, sind reserviert, vielleicht scheu, halten sich von anderen Menschen zuerueck. Aber heutzutage kann man das nicht mehr so eindeutig sagen. In vielen Geschaeftsbriefen setxen sie die Unterschrift neurdings linksbuendig. Seine Aussage war also etwas gewagt. Und er sagte ihr, dass sie ein bisschen stur sei. Ich kann mir vorstellen, wie man zu einer solchen Diagnose kommt. Aber wenn ein Mensch unsere Schrift erst mit 17 oder 18 Jahren zu schreiben beginnt (na ja, ich weiss nicht, die die Japaner das machen), dann bedeutete es etwas anderes. Wenn ich S.s Schrift anschaue, so habe ich den Eindruck, die arabische Schrift des Persischen und die Rechts/links Orientierung haben schon einen Einfluss.

Aber wie auch immer. Wenn ich diese Strassenunternehmer sehe, dann denke ich - lustig - ich koennte mich hier in NY auch durchbringen. Na ja, waere nicht gerade so buergerlich. Aber es waere nicht unmoeglich. Jeder hat seine Spezialitaet. Am Sonntag kam eine junge Frau durch die U-Bahn. Normalerweise wechselt man ja nicht den Wagen waehrend der Fahrt, aber es ist moeglich. In lauter, etwas weinrlicher Stimme verkuendete sie an diesem schoenen Sonntag Morgen, dass sie ohne eigenes Verschulden den Job verloren, keine Wohnung und keine familiaere oder staatliche Unterstuetzung habe, und dass sie im 3. Monat schwanger sei. Und dann ging sie durch und sammelte. Ich glaube, die Leute haben ihr gespendet, weil sie ihren Mut respektierten. An der 5. Avenue habe ich einen gesehen mit einem Stueck Pappe. Darauf stand: homeless, jobless, HIV. Wenn man sehr sarkastisch sein will, kann man sagen, dass er als Bettler hoch qualifiziert sei. Es gibt bestimmt auch solche, die das ausnutzen. Wir schweizer sind ein bisschen misstrauisch. Und irgendwie habe ich die Ueberzeugung, es sei Sache der Amerikaner, ihnen zu helfen.

Auf dem Perron von Grand Central Station habe ich am Sonntag Abend einen Japaner gesehen, den ich schon vor einer Woche gehoert habe. Er hat ein Saiteninstrument, eine Art tisch, und daran zupft er. Er spielt so konzentriert und er ist sehr ordentlich gekleidet, mit Kravatte und Jacket. Aber gleich ueber ihn ist eine Art Air Condition Maschine, die vollbringt einen solchen Laerm. Und wenn die Zuege ein und ausfahren, wird es gleich doppelt laut. Man hat den Eindruck, er habe wirklich den schlimmsten Ort gewaehlt fuer seine traditionelle asiatische Musik. Aber er spielt wie ein Konzertspielter, mit hochernster Miene und mit Inbrunnst. Aber es sind wirklich nur wenige, die ihm eine Kleinigkeit spenden. Es sind vielleicht ein paar Asiaten, die durch die Toene ein bisschen Heimweh bekommen. Und sagt diese Art von Musik nicht besonders viel. Doch letzten Sonntag habe ich ihm gespendet. Ich habe seinen unbeugsamen Willen respektiert.

So, liebe Marlena, bevor ich hier losgehe, werde ich noch einen kleinen Spaziergang im Village machen. Es sind die letzten Eindruecke, die ich mitnehme. Es ist hier Sonntagsstimmung. Fast nichts laeuft. und ich bin sicher, dass auch nicht alle U-Bahnen fahren.
Wir sehen uns wieder in der Schweiz, nicht wahr?
Mit lieben Gruessen und Kuessen in den autorisierten Zonen
...




Pleasant journey!


Subject: Pleasant journey!
Date: Mon, 01 Sep  08:43

Lieber ...,
Manchmal, wenn ich aufwache, wünsche ich dass der Tag schon vorüber wäre. Aber dann, nach einem starken Kaffee ist die Welt wieder OK. Und wenn ich dein Mail finde, ist sie sogar schön. Du siehst, wie wichtig du bist. Ich glaube auch es ist gut, den Tag mit einem Lachen zu beginnen. Ich höre dich im Moment die amerikanische Nationalhymne "zweistimmig gackern". Kann dir garnicht sagen wie das klingt. Ganz einfach umwerfend! ;-))
Wie schön, dein wiederholter Besuch in dem Museum. Und dann später wirst du vielleicht virtuell hineingehen können, um dein Gedächtnis aufzufrischen. Ich komme auch wieder mit, wenn du es zulässt.
Und ein richtiger Amerikaner bist du geworden, der sogar den einheimischen in der Weltstadt zurechthilft. Was hast du für einen vortrefflichen Reiseführer? Und natürlich ist es auch dein Aussehen, das die Leute gerade dich fragen lässt. Vertrauenerweckend erscheinst du ganz bestimmt.
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Du schläfst noch süss. Hier scheint die Sonne schräg in den Garten und der Tau schimmert auf dem Rasen. Es war kalt in der nacht. Nur 0,8 Grad. Ich hoffe, dass nicht Frost kommt und alle schönen Blumen zerstört.
Ja, in der Reklame hier im Hotmail sieht man, dass dort drüben heute Labor Day ist. Und man empfiehlt den Leuten ein gutes Essen mit Fleisch glaube ich. Ach, es wird schön für dich sein, wieder zu Hause mit guten Gerichten verwöhnt zu werden. Schade, dass ich das nicht tun darf.

Ich muss mich vorbereiten auf meine Stunden. So wünsche ich dir einen Guten Morgen und einen schönen letzten Tag in NY. Und ich heisse dich auch herzlich Willkommen zu Hause.. obwohl ich immer bei dir war.
Jetzt schleiche ich vorsichtig an dein Bett und küsse dich zärtlich auf die Schläfe. Hals und Ohren gehören in eine verbotene Kategorie. Weisst du das denn nicht? ;-)

Mit lieben Grüssen
Marlena

So schön wünsche ich dir die kommenden Tage..


Mittwoch, 28. März 2018

Im Metropolitan Museum.


Ämne: Re: Late sunday evening..
Datum: den 1 september  06:28



Liebe Marlena
Montag um 6pm fliege ich von Newark. Und gleichzeitig ist der Montag der Tag der Arbeit in den USA, also frei. Ich hoffe, es gibt ein paar Busse nach New Jersey. Aber ich habe ja den ganzen Tag Zeit, ich koennnte fast zu Fuss gehen.
Heute war ich den ganzen Tag im Metropolitan Museum. Es war herrlich. Ich habe mir nochmals die Malerei Europas des 19. Jahrhunderts angeschaut. Letztes mal war ich natuerlich schon ein bisschen abgelenkt durch die kolumbianische Begleitung.
Pissaros und Sileys gibt es einige. Pissaro hat ja irgendwie eine milde, fast mystische Palette, und auch Sisley ist immer sehr harmonisch. Man sagt von Pissaro, er waere der Vater der Impressionisten gewesen. Und das ist in dem Sinne gemeint, dass ihn alle akzeptiert haben. Und dass er einige von diesem Malstil ueberzeugt habe. So auch Monet, wenn ich mich richtig erinnere. Ein Vorbild Monets in den fruehesten Jahren war Boudin. Er lebte auch an der Kanalkueste. Boudin hat wunderschoene kleine Strandbilder gemacht, die ich sehr schaetze. Ich glaube, Boudin hat Monet zur plein air Malerei gefuhert.

Und was Du sagst ich wahr. Wenn man Impressionisten anschaut, sollte man an das Jeu de Paume denken, nicht an das Musee d'Orsay. Das ist die richtige Umgebung fuer die Impressionisten, die einen anziehen. Es gab ein sehr schoenes Fruehlingsbild von Monet, das ich noch nie, auch nicht in Reproduktionen gesehen habe. Es ist ganz leicht, von einem fruehlingshaften und luftigen Gruen. Es ist sehr schoen. Und wenn ich sowas sehe, dann denke ich, ich sollte doch auch in der Lage sein, ein aehnliches Bild zu malen. Aber die Leichtigkeit, die aus dem Bild strahlt, ist eben die Kunst. In wirklichkeit ist es ziemlich schwierig und erfordert langes Studium der Pinselfuehrung und der Farbwahl.

Heute, in der U-Bahn, ist mir wieder aufgefallen, wie intensiv das amerikanische Englisch eigentlich ist. Vor allem bei Frauen faellt es mir oft auch. Natuerlich gibt es auch Maenner mit einer tiefen Stimme, die aehnlich durchdringend klingen. Aber bei den Frauen ist es einfach ganz erstaunlich, was sie mit ihrem Organ produzieren. Es ist geradezu ein eroberndes Organ, mit kolonialistischen Zielen. Ich meine, die Sprache klingt manchmal so scharf und durchdringend, dass sich Italienisch daneben wie ein Schlafliedchen neben einer Polizeisirene anhoert.
Hoer mal, wie sie "really" sagen! Kein Mensch kann das im Erwachsenenalter noch lernen, wie die Amerikanerinnen really sagen. Dazu muss man von Kindsbeinen an trainiert werden. Da ist sowas Schillerndes drin, eine Koloratur, die sich fast ueberschlaegt, aber doch nicht. Ich glaube, man hoert schnell, ob einer ein echter Amerikaner oder bloss ein Zugewanderter ist.

Und Zuwanderung scheint ein bliebtes Konversationsspiel hier zu sein. Jeder hat irgendwelche Vorfahren in Europa. Und Randy Rosenthal im Kurs behauptete, die seinen waeren vor 400 Jahren aus der Schweiz ausgewandert. Na ja, vielleicht wollte er besonders nett sein zu mir. Aber aus der Schweiz kamen sie mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht. Doch fuer einen Amerikaner ist das dort drueben ohnehin einerlei.

Ich merke, dass ich Abschied nehme. Heute ist mir im MET, auf dem Buffet im grossen Wintergarten, eine Platte mit einer Kreuzbeige von Toblerone-Verpackungen aufgefallen. Du kennst doch Toblerone. Das ist diese Schweizer Schokolade, die ausschaut wie die Schweizer Alpen in ihrer schoensten Auspraegung. Sie ist dreieckig und sie schmeckt ein bisschen nach Honig. In der 5. Ave bin ich in einen Lindt-Laden geraten, um zu sehen, wie teuflisch teuer diese Schokoladen in NY sind. Und schliesslich bin ich wieder in der Empfangshalle des Hyatt Hotels gestrandet, wo sie gerade Tennismaetche aus dem US open gezeigt haben. Ich habe mindestens 1.5 Stunden gewartet und gehofft, sie wuerden unseren Roger Federer mal zeigen. Sie haben ihn ein paarmal erwaehnt. Aber beim Spielen habe ich ihn nicht gesehen. Du siehst, ich bin schon auf dem Heimweg. Die Amis sind in sportlichen Dingen recht grosse Chauvinisten. Sie zeigen vor allem ihre eigenen Stars, und die anderen nur, soweit sie das muessen, weil sie beispielsweise im Final spielen. Aber auf den Fotos an den Waenden, riesengross, oder in den Vorspannst am Fernsehen sind es immer die amerikanischen Koepfe. Das faellt uns Schweizern natuerlich besonders auf, denn bei uns am Fernsehen sind es ja meist die Auslaender, die wir sehen. Wir haben nicht soviele Stars, die bis in die vordersten Raenge kommen.

Ja, ich muss langsam ans Packen denken. Das ist fuer mich ein Horror. Ich habe noch nicht mal meine Karten auf die Post gebracht. Ich muss meinen Gastgeber darum bitten. Aber ich habe morgen ja noch Zeit bis gut ueber den Mittag. Sie haben mir gesagt, dass sie um 10am losfahren, um den Brooklyn Carneval zu besuchen. So werde ich den Schluessel hier lassen und allein losziehen. Ich will noch rasch in einem Indischen Laden ein moeglichst scharfes Gewuerz suchen. S. mag heisse Gerichte.
Na ja, das Packen ist eigentlich nicht so kompliziert. Ich habe vor allem schmutzige Waesche, ein paar neue Buecher, eine kleine Souvenir-Freiheitsstatue, einen Hut, einige Tuben Hautcreme und ein dickes Buendel Postkarten. Ich habe zwar eigene Fotos gemacht mit einer kleinen Kamera. Aber die Postkarten sind oft signifikanter. Deshalb kaufe ich mir immer welche, die ich zuhause in einer grossen Schachtel aufbewahre, wahrscheinlich, um sie in Zukunft einmal meinen Enkelkindern mit den entsprechenden Geschichten geschmueckt wieder zeigen zu koennen. Ich habe heute einige Zeichnungen gemacht. Weisst Du, Marlena, ich habe mir fuer NY einen Block zusammen gestellt. Ich habe dabei abwechslungsweise ein duennes Papier und ein dickes Zeichenpapier genommen. Auf dem duennen habe ich meine Tagebuchgedanken niedergeschrieben. Und auf den dicken wollte ich zeichnen. Und jetzt habe ich festgestellt, dass die duennen praktisch vollgeschrieben sind, die dicken aber noch mehr als zur Haelfte leer. So muss ich mit der rechten Hirnhaelfte etwas aufholen!

Im Starbucks an der 5. Ave habe ich einen Kaffee getrunken. Es gibt ja dieses kleine Tischchen daneben, wo man Zucker und Milch dazumischen kann. Man muss dazu den Deckel des Bechers abnehmen. Und der haelt ziemlich gut. Wenn man ungeschickt ist, kann man dabei den ganzen Becher auskippen. Und meist fuellen sie ihn so sehr, dass man kaum noch Milch dazu giessen kann. Und wenn der Becher zu voll ist, bringt man den Deckel kaum noch drueber. Du siehst, diese amerikanische Trinkart hat ihre Tuecken. Es sieht zwar aus wie ein Baby-Drink, erfordert aber die Fingerfertigkeit eines Taschendiebes. Man kann allerdings aus diesem Kaffee auch bei idealsten Beimischungen bestenfalls eine Art warme Limonade erreichen. Mehr wird nicht daraus. Er war schrecklich, der Starbucks-kaffee aus der 5. Avenue. Und ich bin wirklich nicht sonderlich empfindlich in diesen Dingen. Aber ich habe dann zu diesem schrecklichen Kaffee einige Skizzen gemacht. Das war ganz unterhaltsam. Skizzieren ist gut, weil man sich dann die Dinge wirklich gut anschaut. Und zum Schluss konnte ich noch Schlange stehen, um auf die Toilette zu gehen. So laeuft das bei den Amis.

Es ist kuehl geworden jetzt. Man merkt, dass der Herbst kommt. Ich mag diese Zeit. Man zieht wieder was Richtiges an und geht in die Stadt spazieren. Eine Pfeife wuerde jetzt fantastisch gut schmecken.

Die Leute hier halten mich echt fuer einen NYer. Immer wieder fragen mich Menschen nach dem Weg. Die ersten paar Male habe ich mich entschuldigt, ich sein hier auch nur Tourist. Aber jetzt nehme ich meinen Stadtplan zur Hand und helfe weiter. Ich habe den Verdacht, dass mich sogar Amerikaner nach dem Weg fragen. Heute in der U-Bahn musste ich jemanden aufklaeren, dass es local und express Zuege gibt. Und sie war bestimmt eine Amerikanerin. Und im Starbucks half ich einem Kanadischen Paar weiter, das Empire State Building zu finden. Na ja, ich muss zugeben, mein Fuehrer ist sehr praktisch. Ich habe mir eigentlich gar nicht soviel gedacht, als ich ihn in Basel gekauft hatte. Ich dachte mehr, er sollte vielleicht nicht zu dick sein. Aber er ist wirklich super-praktisch. Die meisten Touristen gehen hier mit grossen Karten herum und sehen aus wie Pfadfinder auf einem Orienterungslauf. Ich habe mein kleines Buechlein und finde sofort alles. Es ist ganz logisch aufgebaut und bestimmt empfehlenswert.

Im MET habe ich nochmals eine Sammlung von 30 alten Fotos ueber NY gekauft. Ich mag sie sehr, und es gibt sie bestimmt zu Tausenden. Sie zeigen die Stadt im letzten Jahrhundert, meist wohl aus der Vorkriegszeit. Ich werde wohl einige davon rahmen und mir eine NY Ecke in der Bibliothek einrichten. Dazu kommt auch die kleine Freiheitsstatue. Sie ist natuerlich ein bisschen kitschig. Aber vieles ist hier kitschig. Ich wollte zuerst sogar dieses kleine Spielzeug kaufen, Du weisst sicherlich, was ich meine. Es ist eine Glasglocke. Darin ist eine farbenfrohe Szenerie aufgebaut, hier beispielsweise ein paar Wolkenkratzer. Und wenn man schuettelt, wirbelt Schnee in der Gegend herum. Das ist der totale Kitsch. Das ist aber so eindeutig kitschig, dass man es sich schon wieder leisten kann. Habe ich aber dann schliesslich doch nicht. Ich fand die Szenerien, die darin zu sehen waren, immer sehr duerftig. So habe ich mich schliesslich fuer die Statue entschieden. Sie ist immerhin aus Europa, ein Geschenk der Franzosen, das die junge Demokratie arg in Verlegenheit gebracht haben soll, weil man nicht wusste, wo dieses Moebel aufzustellen waere. Schliesslich hat man diese Insel vor Manhattan gewaehlt. Vielleicht haben die Franzosen die Statue als trojanisches Pferd gedacht? Immerhin haette man darin eine gute Hundertschaft an Soldaten unterbringen koennen. Und sicherlich haetten die Amerikaner diese Dame mit dem Soft-Ice, welches sie dem lieben Gott hinstreckt, damit er auch mal kosten kann - dann und wann am liebsten den manchmal etwas arroganten Franzosen wieder nach Paris zurueckgeschickt. Aber geschenkt ist geschenkt. Ein solches Geschenk wird man nicht so schnell wieder los.

Jetzt fange ich an zu froesteln. Ich glaube, ich muss schliessen und werde mich dran machen, das wichtigste zu packen. Dann wird es morgen etwas ruhiger zu und her gehen. ich habe heute noch Eier und Wasa/Brote gekauft. Ich kann die armen Leute hier ja nicht mit leeren Schraenken zuruecklassen. Ich habe wirklich noch nie in meinem Leben soviele Eier gegessen. Ich koennte, wenn man es von mir verlangte, die amerikanische Nationalhymne zweistimmig gackern. Dagegen hatte ich wenig Fleisch waehrend der zwei Wochen. Heute hatte Ch. zu meinem Abschied ein japanisches Fondue gemacht. Aber ich kam - wegen der Tennismaetche im Hyatt - ein bisschen spaet. So ist nur sehr wenig Fleisch uebrig geblieben. Doch das macht nichts. Ich hatte oben beim Central Park schon eine Pizza gegessen und das eigentlich als Nachtessen gedacht.

Nun wuensche ich Dir einen guten Wochenanfang. Und ich hoffe, bei mir geht es auch gut. Das naechste Mail kommt wieder aus der Schweiz. Ich danke Dir wirklich, liebe Marlena, fuer Deine nette Begleitung. Ich glaube, wenn ich erzaehlen kann, bleiben mir viele Dinge viel leichter. Man weiss das von der Schule. Man sollte den Schulstoff am gleichen Abend nochmal rasch durchgehen. Dann bleibt er im Langzeitgedaechtnis. Empfiehlst Du das Deinen Schuelern auch?

Mit lieben Gruessen und amerikanischen Kuessen (wohin auch immer; Du hast recht, in den Schlaefen ist man sehr sensibel, da gehen sie direkt ins Blut: aber Hals ist auch nicht schlecht, oder ins Ohr...)

...

Late sunday evening..


Ämne: Late sunday evening..
Datum: den 31 augusti 23:19

Lieber ...,
Wieder ein Tag vorbei. Anna und K sind wirklich mit Pilzen nach Hause gekommen aber vorher hatte noch die Nachbarin angerufen und gefragt ob ich welche haben möchte, weil sie so viele gefunden hatte und garnicht Zeit hatte dafür. Und sie wollte auch, dass ich kommen sollte um mir die Blüte an einem Kaktus anzuschaun. Er blüht sehr selten und dann nur einen Tag lang. Es war ein kleines unansehnliches Ding, aber wir Menschen schätzen ja besonders das seltene.

Du weisst, diese Pilze stehlen einem eine Menge Zeit. Aber sie schmecken dann herrlich und wir haben sie als Vorspeise zu den Krebsen gegessen. Es war kein Fest eigentlich, soweit Krebse essen nicht immer ein Fest ist.

Ich habe mir heute während dem Bügeln auch ein wenig die Weltmeisterschaften in Paris angeschaut. Beim Maratonlauf konnte man die Stadt sehen und als ich alle diese bekannte Strassen und Gebäude wieder sah, habe ich eine plötzliche Sehnsucht dorthin gekriegt. Ich glaube ich habe es auch so wie du gemacht, damals als ich das erste mal in Paris war. Ich bin fast überall hin zu Fuss gegangen. So habe ich auch die ganze Stadt wirklich erlebt. Und ich habe in kurzer Zeit 7 Kilo abgenommen dabei. Du kannst dir kaum vorstellen wie schmal ich geworden bin, da ich schon vorher schlank war. Vielleicht ist dir dasselbe passiert, wenn du so viel in NY zu Fuss gegangen bist.

Sicher verfolgst du die grossen Ereignisse der Welt. Das Attentat in Irak z.B. Bei uns kann man in diesen Tagen nicht das Radio oder den Fernseher anstellen ohne von einer Flut von Propaganda für oder gegen den Euro überschüttet zu werden. In den Prognosen liegen die Nein-sager noch weit vor den anderen und nun machen die Ja-Anhänger ihr Äusserstes um das Volk zum rechten zu bekehren. An der Spitze gehen die Parteivorsitzenden. Sozialdemokraten, Liberale, Kristdemokraten und Moderaten( rechts) propagieren für den Euro und die Kommunisten, die Grünen und die Centerpartei (Bauern) sind dagegen. Es ist ein bisschen komisch Göran Persson in so gutem Einverständnis mit den anderen zu sehen, wo sie sich doch sonst immer hart bekämpfen. Und nur noch 15 Tage sind zur Wahl, die das ganze Volk engagiert.

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Ich habe neulich ein Radioprogramm gehört wo man erzählte, dass die Moslims in Frankreich am liebsten ihre Kinder in katholische Schulen schicken. Es hat mich eigentlich garnicht gewundert, denn sie haben viele Ansichten gemeinsam.

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Wie ist dir denn zumute jetzt, ...? Ist es schwer sich von NY zu trennen? Scheiden tut weh, wo immer es ist. Aber die Welt verschwindet ja nicht. Du kannst später nochmals hinfahren, wenn du Lust hast. Ich glaube es wird ein komisches Gefühl sein, wieder in L. zu landen. Vielleicht wirst du dich erst ausruhen müssen, nach deiner hektischen Zeit dort drüben. Ich sehe dich vor mir wie du stolz dein Diplom aufhängst. Und später wirst du Walter von deinen wilden Erlebnissen berichten und sie ein bisschen extra würzen für ihn. ;-) Oh Gott, ich glaube ich lebe mehr mit dir als mit sonst jemanden auf der Welt.

Lustig, wie du über die charmante Verkäuferin sagst. Sie flirtet fast, aber hält doch Distanz. Und ich glaube sie hat genau so grossen Spass an dem kleinen flüchtigen Kontakt wie der Kunde. :-)

Aber nein. Ich habe es doch nicht so gemeint. Deine Mails sind perfekt. Auch der Abschluss deiner Mails. Ich will absolut nichts daran ändern.

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Ich grüsse dich lieb und wünsche dir alles Gute für diesen Tag.
Marlena

Wann genau verlässt du NY?






Sonntag Morgen


Ämne: Sonntag Morgen
Datum: den 31 augusti  14:57

Liebe Marlena
Ja, die Suessigkeiten am Ende des Essens und des Mails, ich habe auch schon gedacht, dass es so ist, wie Du sagst. Aber ich habe auch gedacht, dass es bei den Frauen ganz aehnlich ist wie bei den Maennern.
Vielleicht haengt es auch davon ab, welche Energie gerade durch den Koerper fliesst. Ist es die Queen, der Warrier, der Magician oder der Lover?
Und manchmal ist es auch bloss die Zeit. Am Schluss muss man sich ein bisschen beeilen und schwups ... sucht man ein Ende.

Und jetzt denken wir schon ueber Rilke und unsere Grabsteine nach. Ich habe eigentlich noch nicht an den Grabstein gedacht, nur die Anzeige. Aber mein Spruch spricht nicht vom Tod. Ich glaube, der Tod ist fuer den, der stirbt, keine traurige Angelegenheit. Nur fuer die Hinterbliebenen. Fuer sie mehr oder weniger.Es ist ein Abschied, und der Abschied ist meist schwieriger zu akzeptieren fuer jene, die Zuerueckgelassen werden als fuer jene, die gehen. Partir c'est toujours mourir un peu. Ich habe das mal in einer kleinen Rede - na ja, eigentlich keine Rede, sondern nur ein paar Worte - gesagt, die ich in Frankreich anlaesslich unserer Croisiere rhodanienne halten musste. Weil wir immer nur eine oder zwei Naechte bei einer Familie geblieben waren, fand ich, man muesse staendig Abschied nehmen. Und das war umso schwieriger, als all diese Leute sehr nett und aufmerksam waren mit uns. Wir sterben ein bisschen zuviel, hier in Frankreich, hatte ich gesagt, und die Leute waren ganz geruehrt. Du weisst schon, Marlena, nach einem guten Essen, einem feinen Schluck Wein, vielleicht beim Kaese oder danach beim Kaffee mit Likoer kann man die Franzosen in Ruehrung bringen wie alle anderen Menschen auch. Und ich, als etwa 18jaehriger, war ganz stolz darauf.

Lustig, was Du sagst ueber K und die Situation bei Euch. Du machst Dir viele stille Gedanken. Und Du bist sehr tolerant. Finde ich schoen. Du bist einfach ein schoener Mensch.

Im Moment, am Sonntagmorgen, bin ich an meinem Fruehstueck. Ich will Dir nicht im Detail erzaehlen, was es ist Denn es sind, kurz gesagt, wiederum Eier. Aber zuvor habe ich meine zweite Papaya gegessen, um eine gute Basis mit Vitaminen zu legen. Was meinst Du, haben die Dinger ueberhaupt Vitamine? Ich glaube, wenn man auf ihren Geschmack geht, muessen sie welche haben. Und jetzt mache ich mir zum Schluss noch einen Tee. Dann fahre ich nochmals ins Metropolitan Museum. Ich glaube, das ist ein schoener Abschluss. Ich will mir ein bisschen Zeit nehmen fuer einige Bilder. Und Bonnard hatte ich noch nicht gefunden. Es muss einige Bonnards geben. Von Vuillard habe ich eine Reihe schoener Exemplare gesehen, mehr als je in Europa.
Und dann werde ich - wohl oder uebel - heute anfangen zu packen. Ich glaube, das Gepaeck wird schwerer werden als bei der Hinreise. Ich konnte es nicht lassen, ein paar Buecher zu kaufen. Und fuer B bringe ich ein paar Tuben Kosmetik. Sie hatte mir eine lange Liste aufgeschrieben, als ob ich ein Transportunternehmen waere. Gestern abend hatte ich den Laden gefunden hier am Broadway. Die Verkaeuferin wusste sofort, was ich brauche. Und sie bot mir auch gleich eine Aktion an. Na ja, eine kleine Aktion habe ich dann auch wirklich genommen.

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G+K


Ämne: G+K
Datum: den 31 augusti  11:44

Lieber ...,
Sicher denkst du dass ich mich oft wiederhole.. aber ich muss dir noch einmal sagen, wie sehr ich es schätze, dass du mir von deiner teuren NY-time schenkst.
Es ist Sonntagmorgen und ich bin mit Frauenarbeit beschäftigt, wie meistens um diese Zeit. Mein Lieblingsprogram im Radio ist leider schon zu Ende und gerade sind A und K auf eine kleine Waldtour verschwunden. Ich glaube ich hätte da mitmachen können aber ich kenne K und weiss dass er gern allein über seinen Besitz verfügt. Ich denke so wird man, wenn man mit drei Schwestern aufgewachsen ist. Man muss ständig seinen Besitz und sein Revier verteidigen.
Ach, das ist ein bisschen im Spass gesagt. Ich glaube nämlich dass es schön ist für die beiden mal etwas zusammen zu machen. Und in Gedanken sehe ich schon herrlich gelbe Pfifferlinge vor mir. Wenn ja, dann kann ich einen Pilzpaj zu den Krebsen machen.
Vielleicht bist du gerade am aufstehen. Ich hoffe sehr dass du nun wieder fit for fight bist.
Hier scheint heute wieder die Sonne. Ihre Strahlen wärmen mich durchs Fenster. Ach, ist die Welt schön! Ich werde mich beeilen damit auch ich ein wenig Sonnenstrahlen geniessen kann. Tut man doch auch im Garten sehr gut.
*
Soll man immer sagen was man denkt, wenn man einem Mausfreund schreibt? Ich bin nicht sicher, aber Ok. Also, ich vermisse plötzlich etwas Süsses am Ende deiner mails. Ist dein Vorrat erschöpft? Vielleicht hast du schon alles verschenkt oder bist du schon wieder auf dem Weg Schweizer zu werden? Weisst du, ich habe mich etwas gewundert und mich gefragt wie lange das anhält. Ich weiss aus Erfahrung, wie man es stoppen kann.
Und siehe da, es hat funktioniert. Wenn man dich küsst und dir sagt, dass man dich liebt dann lehnst du dich zufrieden in deinem Sessel zurück und hebst dir deine Süssigkeiten für spätere Notfälle auf.
Lass uns darüber lachen. Es ist ja doch ein bisschen lustig. Und es macht dich fast zu einem normalen Ehemann. ;-)
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So ich schick das nun ab, damit du es noch zu deinem Frühstückskaffe bekommst.
Liebe Grüsse und einen schönen Tag dir,
Marlena

Ja, der Witz war nicht besonders aber der Schluss doch etwas überraschend. Ich hatte ihn gerade erhalten von der kleinen Canadierin. Sie verschickt oft Witze an alle ihre Belkannten, en masse, sozusagen.





Dienstag, 27. März 2018

Re: Saturday night stories. ....


Ämne: Re: Saturday night stories.....
Datum: den 31 augusti 04:05

Liebe Marlena
Du profitierst davon, dass ich mich ein bisscen ausruhen muss. Ich bin jetzt nur ein paar Schritte die Strasse hinauf und hinunter gegangen. Es sind hier vor allem junge Leute, die abends herumschwirren. Viele Asiaten. Ich wuerde sagen 70% sind Asiaten, viele Maedchen. Sie sind qar duenn und klein, aber sie scheinen eine starke Rasse. Es gibt hier viele Boutiquen, kleine Laeden mit allerlei Ramsch, auch Handwerksachen wie Geschirr, und dazwischen kleine Restaurants, oftmals auch asiatische. Manchmal gibt es nur vier oder 5 Tischchen.
Es sind die neuen 68er, die hier ihre alternativen Ideen leben wollen. Und das mitten in einer Weltstadt.
Ich habe fuer B. irgend eine Hautcreme gesucht und am Broadway sogar gefunden. Das war beinahe 9pm und immer noch offen. Sowas waere in der Schweiz ein Verbrechen mittleren Grades. Und dann auf dem Rueckweg bin ich nochmals in einem Buchladen gelandet. Beim Eingang steht meist ein Waechter. Dort muss man Taschen ablegen. Und dann kann man erst rein. Allerdings hatte ich erst drinnen bemerkt, dass ich meine Brille gar nicht mit hatte. Es gab interessante Buecher, aber angesichts fehlender Brille, wollte ich mich nicht auf ein Pokerspiel hinauswagen. Eines von einem Irlaender haette mich interessiert. Hat einen guten Titel: Shakespeare may be difficult ... but life is difficult!, Es ist offenbar eine Einfuehrung in die Dramen Shakespeares.
Es gibt hier soviele Buecher aus dem Taschenverlag, wie man sie auch in Zuerich findet. Genau dieselben Buecher, nur in Englisch. Oft sind es Bildbaende, mit eher weniger Texten. Ich habe schon etliche zuhause. Es ist eine ausgezeichnete Reihe. Kennt ihr sie auch in Schweden? Er nennt sich Verlag Taschen.

Im Village habe ich 2 Papayas gekauft. Sie sind schon ein bisschen weich. Letzthin hatte ich eine harte erwischt. Die schmecken nicht halb so gut. Diese hier sind wirklich weich wie Butter. Sie kommen aus Mexiko. Und ich hoffe, sie seien vollgepumpt mit Vitaminen. Und wenn man sie gegessen hat, und noch den Stein abnagt, dann bleiben einem die Fasern zwischen den Zaehnen stecken. Das ist etwas unangenehm.
Aber es geht mir jetzt schon bedeutend besser. Und mit der amerikanischen Tastatur komme ich immer leichter zurecht. Den z druecke ich mit dem kleinen Finger links unten, dort wo sonst das y ist.

Eigentlich wollte ich irgendwo noch einen Kaffee trinken. Aber die Starbucks in der Naehe sind ein bisschen ungemuetlich. Man hat den Eindruck, dort sitzen im Moment - das heisst am Samstag Abend um 9pm - nur die Langweiler herum. Am Kiosk in der Nehe haben sie die Frankfurter Allgemeine und die NZZ. Aber sie waren beide vom Freitag. Nichts ist aelter als eine Zeitung von gestern. Und im Internet habe ich die NZZ vom Wochenende schon ein bisschen beschnuppert. Habe aber nichts besonders Interessantes gefunden. Das waere auch schwierig. Hier auf dem Bildschirm ist die Schrift so klein, dass ich Muehe habe bei laengeren Texten.

Ich glaube, ich ziehe mich ins Bett zuerueck. Dann bin ich vielleicht morgen noch fuer etwas zu gebrauchen.
Ich wuensche Dier Marlena einen schoenen Sonntag. Der beginnt bei Euch ja gleich.
Mit lieben Grussen

...

Still Saturday


Ämne:  Still Sadurday
Datum: den 31 augusti  00:49



Liebe Marlena
Ach, so ein langer Witz! Er ist gut. Ich habe ihn auch verstanden, was nicht immer selbstverstaendlich ist. ;--))
Heute war ich nochmals an der 5. Avenue. Samstagsstimmung wie vor einer Woche. Aber diesmal war etwas bewoelkt. Bei Tiffany bin ich nicht mehr hineingegangen, sonst waere ich herausgekommen wie der hired farmer. Oben beim Central Parc ist die 5. sehr elegant. Je weiter man runter kommt, desto gewoenlicher wird sie. Ich bin von oben bis unten, bis ins East Village heimgewandert. Wahrscheinlich hatte ich zuwenig Energie, eine U-Bahnstation
zu suchen.

Meine Erkaeltung ist ein bisschen besser, aber noch nicht 100%. Aber es wird schon gehen. Ich habe soeben eine knappe Stunde geschlafen. Im Union Square gab es einen Markt, aehnlich wie auf dem grossen Platz in Basel. Sie verkaufen Gemuese und Fruechte, Blumen, auch selbstgemachtes Brot und Kuchen. Auch Kaese gab es, huebsche kleine Kaeslein. Ich habe mir ein paar Zwetschgen gekauft. Sie sehen wirklich robust und gross aus, dunkelblau, mit diesem hellen Schimmer oben drauf, den man abreibt, bevor man hineinbeisst. Fruechte sind ziemlich teuer hier. Wenigstens jene, die hier in der Naehe angebaut werden. Und die amerikanischen Masse, das waere ein eigenes Kapitel. Ein lb ist ein Pfund, und ein Pfund ist etwas mehr als 400 Gramm. Das ist wirklich noch altertuemlich, was die Amis hier aufbewahrt haben. Heute morgen habe ich mir schon hier im Village zwei Orangen gekauft, um zu etwas Vitamin C zu kommen. Man kauft sie als Einzelstuecke, so teuer sind sie. Na ja, es ist eigentlich jetzt nicht gerade Orangenzeit.

Am Morgen kam ich bei St. Marks vorbei. Da waren einige Schwarze vor der Kirche, alle in bester Kleidung. Ich setzte mich auf die Bank, einerseits, weil ich ein bisschen schwach war, andererseits wollte ich die Gelegenheit wahrnehmen, die Situation zu boebachten. Die Gesellschaft war quietschvergnuegt. Sie hatten auf der Strasse einen riesenlangen Wagen stehen, so eine Prominentenkutsche, ganz in weiss. Neben mir sass ein alter Ami, etwas aermlich gekleidet, mit seiner Frau - so nehme ich an - die im Rollstuhl eher vor sich hindaemmerte. Er sagte zu ihr, die wirklich nicht mehr ganz wach schien :"I thought it's a wedding .. but there is no groom .. so can't be a wedding". Und dann ist er mit seinem Rollstuhl abgezockelt.
Die schwarzen Frauen trugen die knalligsten Farben und die originellsten Schnitte. Ich glaube, sie naehen das selbst. Man sieht das an den Saeumen, wie Du sicherlich weisst. Und die Kleider passen ihnen nur ungefaehr. Aber die Knallfarben passen gut zu ihren austrucksstarken Gesichtern. Die Maenner waren dagegen eher ausdruckslos in schwarz. Einer hatte ein seidenes Revers und Hosen mit einem Seidenband an der Seite. Und einen aufgestellten weissen Kragen. Er hat sich wirklich in die Schale gestuerzt, sah aus wie ein alter Jazz Musiker. Dazu trug er einen schwarzen Schirm, obwohl die Sonne schien, mit dem er sich in Pose werfen konnte. Er sah gut aus, auch wenn die Hose etwas zu lang war. So standen sie eine Weile herum, liessen sich von Passanten begaffen, plauderten hier und dort und verzogen sich dann allmaehlich. Ich habe auch keine Braut und keinen Braeutigam gesehen. Vielleicht gibt es hier in Amerika Hochzeiten ohne Hochzeitspaar??

An der 5. Avenue gibt es auch ein Kirchlein. Es ist gebaut wie eine gotische Kapelle. Auch in der Naehe des Institutes gab es eine und unten in der Stadt ist nochmal eine, ich weiss nicht mehr, wie sie heisst. Diese gotischen Schmuckkaestlein wirken so zierlich und sakral zwischen den riesigen Gebaeuden, dass man sie irgendwie ins Herz schliesst. Vielleicht sind sie ja auch ein bisschen groesser, als sie scheinen, und wirken nur so neben ihren riesigen Nachbarn. Letzten Samstag, so erinnere ich mich, begannen abends die Kirchenglocken zu laeuten. Ich hatte zwar den Verdacht, das ganze sei ein Tonband. Es war so laut und deutlich zwischen den Wolkenkratzern. Aber es schuf eine heimatliche und irgendwie feierliche Stimmung.
Also, bei der Kirche an der 5. Avenue war auch eine Gesellschaft. Ich glaube, das waren Philippinen. Sie waren ziemlich gut angezogen und wirkten recht smart. Sie verschwanden dann in der Kirche. Bei einigen Frauen quoll das Fleisch unter den Armen aus den Kleidern. Sie waren alle wohl nur um 160 gross.
Und als ich dann auf diesem Markt in Union Square herumging und Vitamine suchte, da fing es an zu regnen. Das ist neu fuer mein NY. Die meisten schienen das nicht erwartet zu haben, und die Menge lichtete sich merkbar. Es war ein warmer Regen, und seine Naesse war schwer zu unterscheiden vom Schweiss auf dem Ruecken. Ich hatte sogar einen Schirm dabei, von der Schweiz heruebergebracht, und war froh darum.

Und dann bin ich die letzten Meter auch noch zu Fuss heim. Ich glaube, so habe ich den ganzen unteren Teil der 5. Avenue gemacht. Ach nein, der letzte Teil war Broadway. Die 5. Endet beim Washington Square Park, also bei der Universitaet NY. Aber ich bin doch ein gutes Stueck zu Fuss gegangen. Ich wollte S. ein kleines Geschenk kaufen von der mondaenen 5. Avenue und bin in verschiedene Geschaefte gegangen, wo ich mir natuerlich eher etwas verloren vorgekommen bin. Irgendwo hat mich eine Verkaeuferin angesprochen, eine Mulattin. Sie warf mir ein froehliches und gedehntes "hey' zu, als ob sie einen Flirt im Sinn haette. Dann fragte sie mich, wie es mir gehe, aber sie hielt sich irgendwie entfernt, so dass alles ziemlich spielerisch wirkte. Und spaeter fragte sie, ob sie mir helfen koenne. Sie schien sehr vergnuegt, so vergnuegt, dass sich bei einem Schweizer schon fast ein bisschen Misstrauen regt. Ich erklaerte, ich wolle nur so herumschauen. Ob ich etwas Spezielles suche. Ich sagte, nein, ich wisse nicht genau, was. Sie lachte wie ein Kind, welches das Osterei gefunden hat, uns meinte laut heraus "a present, right?" War eine suesse Situation, und alles spielte sich so zwischen Tablaren und Gestellen mit Blusen und Roecken und Struempfen ab, also eigentlich in einem Territorium, wo man sich als Mann eher in einem Auswaertsspiel empfindet.
Ich habe dann in einem anderen Geschaeft einen Hut fuer S. gefunden. Es ist war ein italienisches Modell, ganz einfach, ein Sommerhut aus Leinen in einem schoenen Rot. Na ja, das beste dran ist, dass er von der 5. Avenue stammt. Ich glaube, sowas gefaellt S. Eigentlich alle Dinge, die ich naeher anschaute, kamen aus Italien. Das ist mir aufgefallen. Das ist wohl am Geschaeft gelegen. Ich habe mir speziell noch eine Business/Card geben lassen, um S. zu zeigen, woher er stammt. Unter uns gesagt, Marlena, er war nicht so teuer. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, es war ein Ausverkauf. Aber das erzaehle ich S. nicht. S. hat ein bisschen die Einstellung, dass alles Gute auch teuer sei. Na ja, nicht immer, aber im Zweifelsfall schon. Also bitte nicht weitererzaehlen!

Und jetzt sitze ich hier zuhause. Ich wollte nicht mit zur Party. Es ist noch etwas zu frueh, und ich bin sicher, sie kommen nicht vor 3 am heim. Das kann ein alter Mann wie ich nicht mehr durchstehen.
Ich schicke das, bevor es alles abstuerzt.
Mit lieben Gruessen
...


Saturday night story..


Ämne: Saturday night story..
Datum: den 30 augusti  21:47

Lieber ...,
Manchmal kommt es anders als man geplant hat aber trotzdem ist es ein schöner Tag gewesen.
Heute morgen haben wir was lustiges beobachtet hier hinten auf den Feldern. Die beiden alten Junggesellen von Bauern waren mit ihren riesigen Maschinen dort. Der eine hat bei der Arbeit ein Reh und ihr Kid aufgescheucht und man sah sie wild in hohen Sprüngen durch das Getreide fliehen. Und plötzlich begann der andere mit seiner Maschine wie ein Rennfahrer über das schon gemähte Feld auf dieser Seite des Grabens zu fahren. Es sah ganz komisch aus. Hätte mir nie vorstellen können, dass man mit solch grossen Maschinen eine so hohe Geschwindigkeit erreichen könnte. Und dann sahen wir warum er so schnell drauflosfuhr. Vor ihm sprang ein grosser Fuchs. K meint der Bauer wollte ihn wegjagen um das Rehkid zu retten. Ein bisschen sympathischer sind sie schon geworden in meinen Augen, die beiden Kerle.
Ich denke dies steht in starkem Kontrast zu deinen städtischen Erlebnissen. Aber vielleicht auch nicht. Wenn du die Hunde betrachtest und die Möwen ist es wohl etwas ähnlich.

Ich hoffe, dass es dir inzwischen wieder besser geht und dass du noch die letzten Stunden dort gut ausnützen kannst. Auf die Nachbarin spionieren ist wohl auch eine nicht zu verachtende Aktivität. Ach, wenn sie ahnen könnte, wen sie da vor sich hat, der sie so freundlich begrüsst. ;-)

Später heute hat es dann angefangen zu regnen und K hat sich nicht so 100%-ig wohl gefühlt. Eine Erkältung, meinte er, aber ich glaube eher an einen schweren Kater. Da Anna auch etwas erkältet war haben wir uns dann entschlossen heute ein anderes Gericht als die Krebse zu servieren. Ich hatte Hühnerfilet gekauft und habe ein neues Rezept probiert, das ich dir  empfehlen könnte. Hat ganz einmalig geschmeckt. Sogar K war ganz begeistert davon, was bei ihm nicht allzu häufig vorkommt. Na ja, er ist ja meistens der Koch hier am Wochenende. Ich glaube solches Proteinreiches Essen ist gut und stärkend wenn an an einer Infektion leidet.

Sonst haben wir uns nur ausgeruht und Annas Besuch genossen. Es ist schön sie wieder einmal hier zu sehen. Zwar hockt sie schon wieder über einem riesigen englischen Buch über etwas für mich ziemlich unbegreifliches aber es ist doch eine schöne warme Atmosphäre wenn sie da ist. Im Moment habe ich sie vor einen Western installiert. Einen alten Klassiker mit John Wayne. Alles nur um dir in Ruhe ein kleines Mail schreiben zu können.

Du denkst an deinen Tod. Das sollte wohl eher ich tun. Fast alle Frauen in meiner Verwandschaft sind ziemlich jung gestorben. ... Man sagt dass Frauen ihre Lebenslänge erben. So denke ich manchmal, dass ich nun bald "Überzeit" mache. Jedenfalls bin ich mir bewusst, dass es ein Ende gibt. Und gern würde ich auch etwas von Rilke wählen,. Vielleicht:

Gross ist der Tod,
wir sind die Seinen,
wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen,
mitten in uns.

Ach, warum schreibe ich so traurige Dinge. Aber Rilke ist und bleibt mein Lieblingspoet. Und irgendwie betrachte ich ihn fast als unseren Schutzpatron. Er hat uns zusammengebracht, glaube ich. Davon weiss er aber wahrscheinlich nichts, dort oben in seinem Himmel.

*
Euer Trancekurs muss sehr effektiv gewesen sein und es freut mich auch, dass du nette Leute gefunden hast, die dir sympathisch sind. Es ist doch so, was zuguterletzt immer übrig bleibt von einer Reise, sind die Erinnerungen an menschliche Kontakte, die man gemacht hat und die Dinge, die man mit anderen gesehen hat. Meinst du nicht auch?
*
Ich muss nun schliessen. So wünsche ich dir einen schönen Tag und dass du wieder gesund bist.
Mit lieben Grüssen.
Marlena


Ämne: Hier noch ein kleiner Witz ...
Datum: den 30 augusti 22:22

...um dich etwas aufzumuntern. :-)

A successful rancher died and left everything to his devoted wife. She was a very good looking woman, and determined to keep the ranch, but knew very little about ranching, so she decided to place an ad in the newspaper for a ranch hand.

Two men applied for the job. One was gay and the other a drunk.


She thought long and hard about it, and when no one else applied, she decided to hire the gay guy, figuring it would be safer to have him around the house than the drunk.

He proved to be a hard worker who put in long hours every day and knew a lot about ranching.


For weeks, the two of them worked, and the ranch was doing very well.
Then one day, the rancher's widow said to the hired hand, "You have done a really good job and the ranch looks great. You should go into town and kick up your heels." The hired hand readily agreed and went into town one Saturday night.

However one o'clock came and he didn't return. Two o'clock and no hired hand. He returned around two-thirty and upon entering the room, he found the rancher's widow sitting by the fireplace with a glass of wine waiting for him.

She quietly called him over to her. "Unbutton my blouse and take it off," she said.

Trembling, he did as she directed.

"Now take off my boots." He did as she asked, ever so slowly. "Now take off my socks." He removed each gently and placed them neatly by her boots.
"Now take off my skirt." He slowly unbuttoned it, constantly watching her eyes in the fire light.

"Now take off my bra." Again with trembling hands he did as he was told and dropped it to the floor.
"Now," she said, "take off my panties." By the light of the fire, he slowly
pulled them down and off.

Then she looked at him and said,

"If you ever wear my clothes into town again, I'll fire you on the spot."



Montag, 26. März 2018

Re: samstags


Ämne: Re: samstags
Datum: den 30 augusti  17:03

Liebe Marlena
Im Moment kaempfe ich immer noch mit meiner Erkaeltung. Ich habe gestern 4 Tabletten Alka Seltzer plus Cold mit Wasser hinuntergespielt. Und immerhin 12 Stunden geschlafen. Im Moment schwitze ich wie ein Pferd. Aber es ist ein bisschen besser. Ich war am Abend zuhause geblieben, waehrend meine Freunde an den Brooklyn Carneval gegangen sind. Es scheint, dass dies ein Ereignis ist, auf das sie ein ganzes Jahr warten. Sie waren ganz elektrisiert. Und offenbar gibt es Millionen anderer Menschen, die odrthin gehen, um die karibische Musik zu hoeren und den Umzug zu sehen.

Am Abend konnte ich der Flurnachbarin im Fenster zuschauen, wie sie am Kuechenlavabo ihre Haare waescht. Sie lebt dort wirklich in einfachen Verhaeltnissen. Aber offenbar pflegt sie sich ein bisschen auf das Wochenende hin. Das ist doch ein gutes Zeichen. Ich glaube nicht, dass sie oft ihre Raeume verlaesst. Gestern, als ich heimkam, habe ich durch die offene Tuere gesehen, wie sie am Tisch sass, das Telefon zwischen Ohr und Schulter eingeeklemmt. Sie hat irgendwas genestelt und gleichzeitig telefoniert. Die Amis sind ueberhaupt Weltmeister darin, Dinge gleichzeitig zu tun. Multiasking wuerde das in der Computersprache heissen. Im Kurs ist mit immer wieder aufgefallen, wie die Leute gleichzeitig essen und zuhoeren, trinken mitten im Kurs. Auf der Strasse haben sie ihre Kartonbecher in der Hand und trinken ihren Kaffee, waehrend sie gehen. Ich weiss nicht, ich mag das nicht so besonders. Es wirkt so kindlich. Und morgens sieht man jede Menge Frauen, die ins Buero gehen - so nehme ich an - und schon einen Becher und irgendwas eingewickelt mit sich tragen. Offensichtlich nehmen sie das Fruehstueck mit ins Buero. Aber sie rennen nicht so wie wir Schweizer. Sie haben einen gemaechlich speditiven Gang. Auch der Verkehr ist ruhig und korrekt, und niemand scheint gereizt zu sein. Das wirkt ein bisschen englisch auf mich, so aehnlich wie das korrekte Schlangestehen im Lebensmittelladen.

C, die Aerztin, hat mir erzaehlt, dass sie auf dem Empire State Building gewesen sei. Man muesste offenbar ungefaehr eine Stunde dafuer reservieren. Sie war auch in der Freiheitsstatue. Sie war wirklich voll auf Trab, wie wir sagen, und abends ging sie in Musicals und Cabarets. Am lustigsten fand ich, dass sie die Inlineskates mitgenommen hatte und damit den Central Park auf Raedern angeschaut hat. Auch sie hat bestatetigt, dass ihr alle Leute davon abgeraten hatten, sie mitzunehmen. So war es ja auch bei mir gewesen. Na ja, sie ist auch ein paar Jaehrchen juenger als ich. Aber ich muss sagen, man koennte wirklich den ganzen Broadway herunterfahren auf diesen Rollschuhen. Es waere moeglich. Nur Times Square waere etwas umstaendlich, weil dort viel Verkehr zusammenkommt. Aber man sollte kein blutiger Anfaenger sein, fuer ein solch gewachtes Unternehmen. Und wenn man einen Unfall verursachte, ist man in Amerika bestimmt ein armer Mann. Sie gehen hier ja konsequent und hart nach dem Verursacherprinzip. Ich habe in der U-Bahnstation Union Square eine kleine Szene gesehen. Eine junge Frau war in Eile und rannte irgendwo in Richtung eines Gehsteiges. Und so trat sie in ihrem Tempo einer anderen, auch juengeren Frau hinten auf eine Sandale. Viele tragen hier diese Plastiksandalen, die wir bloss an die Beach mitnehmen, die einzig zwischen grosser und zweiter Zehe fixiert sind. Und so war offenbar diese Fixierung gerissen. Die Verursacherin, eine huebsche junge Frau, schaute ganz schuldbewusst in die Welt und nahm, nach einer kurzen Diskussion, ihren Geldbeutel hervor und hat der anderen offenbar fuer den Schaden bezahlt. Das fand ich doch bemerkenswert. In der Schweiz wuerde man mit einem solchen Schaden allein gelassen. Na ja, die Leute wuerden denken, dass du bessere Schuhe tragen solltest. Oder sie wuerden sagen, das sei eben Pech gewesen. Das ist doch eine bemerkenswerte Szene und ein Zeichen, dass die Leute ihre Verantwortung uebernehmen.
Und jetzt muss ich doch aufhoeren. Ich muss zusehen, ob ich irgendwie meinen Flug bestaetigen kann. Und dann werde ich = Erkaeltung hin oder her = mich noch ein bisschen auf die Socken machen.
Ich wuensche Dir ein schoenes Fest heute und ein gutes Wochenende
Mit lieben Gruessen

...

Samstag zu früher Morgenstund..


Ämne: Samstag zu früher Morgenstund..
Datum: den 30 augusti  06:46

Lieber ...,
Schau dir das mal an. Die Uhrzeit meine ich. Schon um 6 Uhr früh bin ich aufgestanden um nach einem Mail von dir zu schauen.

Ach, wie schade, dass du eine Erkältung hast. In Gedanken eile ich zu deinem Bett mit einem warmen Tee mit Honig und auch etwas Cognac drin. Hoffentlich hast du auch selbst etwas vorbeugen können. Ist ja doch gut, dass es nicht am Anfang deiner NY-Zeit passiert ist. Du hast die Tage sehr  gut ausgenützt und mit viel Erlebnissen gefüllt. Ich glaube sogar, du hattest dir das ganze vorher nicht so fantastisch vorgestellt, wie es war. Und ich geniesse wieder in vollen Züge deine Schilderungen. Ein Fremdenführer, voll mit kleinen persönlichen Betrachtungen, die das ganze so lebendig machen, dass ich ganz dabei sein kann. Es ist ganz einfach herrlich!
*
Ja doch, unser kleiner "nimmt sich" wie wir hier sagen würden.
-1.7 47.8 47.9 ABB Ltd 47.8 Er ist tüchtig gewachsen seit ich für 39 gekauft habe. Mehr als 20 %. Und ich habe sie nur wegen dir gekauft. Sende dir einen dankbaren Gedanken.
*
Heute um 11.00 Uhr hole ich Anna vom Bahnhof ab. Es ist das erste mal seit mehreren Wochen, dass ich sie habe nach Hause locken können. Sie ist froh, denn sie hat die Prüfungen neulich gut bestanden. Mit so viel Willen und Energie schafft man auch das Unmögliche, scheint es mir.

Heute abend werden wir ein kleines Krebsfest hier machen. Und K hat sich schon eine Menge gute Speisen ausgedacht mit denen er sie verwöhnen und mästen wird. Ich habe einige eingefroren, die sie dann mitnehmen kann.

Es ist bewölkt.. Hoffentlich regnet es nicht heute. Wir wollten auch eine kleine Tour in den Wald machen um noch ein wenig lingon (Preiselbeeren) zu pflücken. Du weisst schon, diese wertvollen Beeren, die dich von innen konservieren und jung halten. *s* Wird bald notwendig..

Ich schicke dies nun ab, denn man hört sicher dass ich hier schreibe.

Ich umarme dich und küsse dich, mein geliebter Mausfreund.
Werd bald wieder ganz gesund.
Marlena



Sonntag, 25. März 2018

2. Service



Ämne: 2. Service
Datum: den 30 augusti  03:55

Liebe Marlena
hast Du bemerkt, wie unser ABBaby in diesen 14 Tagen gewachsen ist. Ist ja irre. Ich habe jetzt lange nicht mehr in die Kursliste geschaut. Normalerweise schaue ich morgens rasch via NZZ. Ich hoffe, der kleine wird nicht adipoes, ich meine auf Deutsch "zu dick". Das mag ich nicht. Aber normalerweise schnellen die Kurse hinauf und sinken dann wieder. Das geschieht, soviel ich verstehe, durch die groessen Haendler, die nicht an der Aktie, sondern nur am Gewinn interessiert sind. Sie kaufen viel aufs Mal, lassen die Aktie steigen, und springen dann nach ein paar Prozent wieder ab. Du siehst, es ist gefaehrlich, die Aktien sosehr als Baby zu personalisieren. Vielleicht bringst Du es dann nicht im rechten Moment uebers Herz, sie wieder abzustossen. Waere ja purer Kindsmord.
Aber Du must zugeben, sie sind tuechtig gesprungen in den letzten Tagen. Und auch die anderen laufen nicht so schlecht.
Morgen werde ich wieder mal in die Zeitung hineinschauen. Ich habe nur heute rasch von einem grossen Bombenanschlag in Nadjaf gehoert. Das ist vielleicht der irakische Widerstand, der die Leute gegen die Amerikaner aufhetzen will? Diese Brutalitaet waere ihm zuzutrauen. In diesem Durcheinander versteht keiner mehr, was los ist.

Jetzt gehe ich ins Bett. Ich muss meine beginnende Erkaeltung kurieren. Sonst bin ich bis Sonntag Abend hier zuhause. Das waere schade.

Ich wuensche Dir einen schoenen Samstag.
Mit lieben gruessen und Kuessen
...

Guten Morgen


Ämne: Guten Morgen
Datum: den 30 augusti  01:38


Liebe Marlena
Jetzt ist der Kurs vorueber und - Du wirst staunen - ich habe ihn bestanden. Es gibt ein schoenes Zertifikat des Institutes hier in New York. Allein das ist eine Reise wert. Und wie es nach einem Kurs so ist, alle sind ein bisschen aufgeweicht und versprechen sich ewige Liebe und Freundschaft. Na ja, es hatte ein paar nette Leute, und frueher oder spaeter werde ich mit einigen per Mail Kontakt aufnehmen. Aber ich kann meinen Adressenkreis nicht beliebig erweitern. Meine Kapazitaeten kommen langsam an ihre Grenzen.
Der letzte Tag war gefuellt mit Uebungen. Und es ist interessant, wie man in diese Art von Sprache hineingeraet, die automatisch in die Trance fuehrt. Natuerlich kann man bei diesen Leuten, die hier waren, im Moment mit den Fingern schnalzen, und alle sind weg. Na ja, sie sind nicht weg, sie sind in Trance. Sie sind es so gewohnt. Aber das aendert sich in den naechsten zwei oder drei Wochen.

Heute habe ich irgendwie eine kleine Erkaeltung. Ich weiss nicht, woher sie stammt. Gestern war es keineswegs kalt. Es gab ein MTW Konzert in Rockefeller Center. Und wir haben gesehen, wie die Saenger eingefahren s Du weisst sicherlich, wie das ist. Ich kann mich erinnern, dass ich sowas erstmals im den 70er Jahren in England am Fernsehen gesehen habe. Die Stars waren die Beatles und die Rolling Stones. Soviele junge Leute hatte man vorher in der Geschichte wohl niemals gesehen Und das Fernsehen zeigte sie in den Hauptnachrichten, die vielen jungen Maedchen, die kreischten, ausser sich waren, die Fassung verloren und manchmal ohnmaechtig hinsanken. Ich erinnere mich, wie sehr ich sprachlos war, und wie sehr ich auch das Gefuehl hatte, ich gehoere zu dieser Jugend. Es war schoen damals, jung zu sein. Und es gab eine Aufbruchstimmung ueber die Musik, die die alten ueberhaupt nicht verstanden. Es war sozusagen ein Angriff der Jugend von hinten. Aber weil es soviele Leute gab, konnte man nichts sehen. Auch die einzelnen, die ihre Digitalkamera in die Hoehe hielten, um im Display etwas zu sehen, auch das half nichts. So sind wir im Kaufhaus in den 4.Stock gefahren und haben heruntergeschaut. Da konnte man - von weitem - ein bisschen was sehen. Dann sind wir ueber Times Square zurueckgekehrt. Dort sind die Theater, wo die vielen Musicals laufen. Aber ich habe mich nicht entschliessen koennen, in ein Musical zu sitzten. Mit der W bin ich dann zurueckgekehrt und habe mein Pensum geschrieben.

Ich habe gestern auch erstmals ein Sandwich gegessen, Corned Beef Sandwich, wenn ich mich nicht irre. Das war eine ganze Platte mit viel Fleisch, oben und unten eine scheue, weisse Brotscheibe, und dazu French Potatoes. Hatten die Amis nicht beschlossen, die French Potatoes umzubenennen? Also wenn sie die Dinger umbenennen, schadet das absolut nichts. Das waren keine Frites, sondern Kartoffelstreifen von der Konsistenz verkochter Pasti. Weich und lahm waren sie. Man haette genauso Pellkartoffeln beigeben koennen, das waere besser gewesen. Aber ich habe mir gesagt, man muss alles probieren, und so habe ich fast den ganzen Teller gegessen. Eine lange Tranche saure Gurke war auch noch drauf. Sie war aber nicht sauer, sondern vor allem salzig. Na ja, es war alles gut gemeint, und ich bin sicher, jeder normale Theaterbesucher haette diesen Teller in hoechstem Masse genossen. Ich habe dem Barmann ein gutes Trinkgeld gegeben, so wie man ueberall in den Touristenfuehrern angewiesen wird. Und er hatte mich angeschaut, als waere er Europaer. Vielleicht Tscheche oder sowas? Es ist schoen, bei diesem milden Klima abends, wenn es dunkel ist, zu Fuss heimzuschlendern. Im Village ist ohnehin noch viel los. Und man sieht soviele Dinge. Aber wiederum habe ich meine Tuere verpasst und bis bis zur 1. Avenue gegangen.

Und heute morgen bin ich via Washington Square zum Kurs gegangen. Auch dort haben sie ein Gaertchen, fuer die Hunde. Und scho morgens frueh - natuerlich vor der Arbeit - sitzen sie dort mit ihren Vierbeinern und lassen sie austoben. Und weiter unten hatte es Tische mit einem eingearbeiteten Schachbrettmuster. Bereits drei Typen sassen da, als ob sie dort uebernachtet hatten, hatten schon die Steine aufgestellt und einer forderte mich in morgenlichem Uebermut auf, mit ihm eine Partie zu machen. Ich glaube, sie machen das gegen Bezahlung. Auch vor der Public Library gab es solche Spieler. Idelerweise melden sich zwei, die spielen wollen. Wenn nur einer kommt, muessen sie den Sparringpartner abgeben. Dort oben hatten sie auch Backgammon gespielt. Hier aber war kurz nach 8h, und kein vernuenftiger Mensch spielt morgens um 8 im Washington Square auf einem kalten und eher etwas schmutzigen Steintisch eine Partie Schach. Ausser vielleicht eines dieser Hoernchen. Die waren schon auf und hatten ihre grosse Zeit. Sie pfluegen sich wirklich zu Dutzenden durch das Gras. Und auf einer anderen Grasflaeche hatte ein Schwarm Tauben ihre Fruehmesse. Sie haten sich getrennt voneinander, die Tiere, denn sie lieben die Ordnung. Und dann kam ich wieder zu einem hohen Gitter, dreimal so hoch wie jenes, worin die Hunde spielen. Das ist fuer die kleinen Kinder. Dort drin wie in einem Raubtierkaefig stehen die Muetter und sehen zu, wie lange es dauert, bis die kleine Sally genug geschaukelt hat. Der Boden ist geteert, aber dort, wo die Kinder meist herumtollen, ist der Teer mit einer Gummimatte bedeckt. Es sieht einfach komisch aus, die kleinen Kinder hinter diesen grossen Gittern. Man denkt natuerlich - oder vielleicht denken wir Europaer so - das Gitter soll uns vor den Kindern schuetzen. In Wirklichkeit denken die Amerikaner wohl, das Gitter soll die Kinder vor den Homophilen schuetzen. Ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen. Hier die kleinen Kinder, dort drueben die Hunde. Einziger Unterschied: beim Hundezwinger gibt es noch eine Schleuse, dh einen kleinen Vorraum, wohl um dem Tier die Leine umzuhaengen oder zu loesen. Das ist aufwendig, aber praktisch gedacht. Wenn du also einen Wunsch hast, in NY, dann waehle Hund und besser nicht Kind zu sein.
Ich ueberquere jeden Tag den Broadway, um zum University Place zu kommen. Allein das ist ein gutes Gefuehl, obwohl der Broadway eigentlich hier eine ganz gewoehnliche Strasse ist. Sie ist sogar ein bisschen enger, hat aber einen gepflegteren Gehsteig.
*
Ich bin gerade unterbrochen worden. Ch. ist mit ihrer japanischen Freundin gekommen. Japaner, so habe ich festgestellt, sind sehr nett. Sie machen eine nette Konversation. Das einzige Problem liegt darin, dass man sie schlecht versteht. Sie haben eine Aussprache, die vom Englischen wirklich weit entfernt scheint. So muss ich meist vieles erraten. Aber so genau muss man die Dinge meist auch gar nicht verstehen. In einem small talk genuegen ein paar Stichworte. Darin aehnelt der Small Talk der Trance.
*
Jetzt muss ich mir rasch ein Alkaseltzer + Cold holen. Ich fuehle, dass etwas im Anzug ist. Und vielleicht ist es besser vorzubeugen, bevor es richtig einschlaegt und ich im Flugzeug von einer Stewardess individuell gepflegt werden muss.

Ich geh mal schnell zum Deli, um ein Alkasetzer zu holen.
Bis spaeter
Gruss
...


Samstag, 24. März 2018

Re: Bei dir ...


Ämne: Re: Bei dir..
Datum: den 29 augusti  03:58

Liebe Marlena


"... und dich besitzen, nur ein Lächeln lang,
um dich an alles zu verschenken, wie einen Dank". (Rilke)

Ja, dieses Zitat habe ich gerne gehoert. Es hat mich fast ein bisschen gekitzelt im Bauch. Ich mag das mehr als Rumi. Rumi muss ich noch entdecken. Aber ich glaube, Rilke kann man ebenso gut zitieren. Er hat nicht nur tiefsinnige Dinge gesagt, er hat sie auch besonders schoen gesagt. Das finde ich bei Rumi nicht. Rumi hat vielleicht den Reiz des Exotischen. Na ja, ich werde suchen, ob da was dahinter ist.

Heute war ich ueber Mittag im Strand Buchladen am Broadway. Und ich habe mir ein Buch ueber Balthus angeschaut. Er hatte einige Jahre in der Schweiz gelebt, war ueberigens ein polnischer Adeliger, wie ich irgendwo kurz gelesen hatte. Dennoch scheint er ueberall bekannter als in der Schweiz.  Und in diesem Buch gab es ein Foto von Rilke mit einer Frau, ich weiss nicht mehr, wer sie ist. Da bist Du mir in den Sinn gekommen und unsere Rilke-Phase. Und heute abend zitierst Du einen sinnigen Gedanken.
Du wirst Lachen, aber wenn ich an meinen Tod denke, dann wuensche ich mir auf meiner Todesanzeige ein paar Zeilen von Rilke. Ich habe sie mir zuhause irgendwo aufgeschrieben. Ich glaube, ich muss sie mal S. mitteilen. We never know. Sie sind wirklich schoen und fuer die Ewigkeit gedacht. Aber vielleicht werde ich, bis es soweit ist, noch ein Rumi Gedicht finden??

Heute hatten wir den zweiten Tag mit der Frau unseres Kursleiters. Sie ist lustig, das habe ich wahrscheinlich schon gesagt, und sie ist schnell. Manchmal habe ich Muehe mit dem Verstaendnis. Sie hat eine etwas hohe Stimme, das mag ich nicht besonders. Aber sonst ist sie eine sympatische Frau. Sie macht lustige Scherze, wie ich das eigentlich in der Schweiz von Frauen nicht so gewohnt bin. Aber auch sie zieht sich fuer unseren europaeischen Geschmack nicht so besonders gut an. Aber es ist akzeptabel. Am besten war im Kurs die Tuerkin angezogen. Ihre Wahl der Farben war perfekt. Sie hat eindeutig den ersten Preis verdient, wenn es denn fuer solches Preise gibt.

Wir haben heute eine sehr interessante Uebung gemacht. Es geht darum, jemanden als Modell, als Vorbild zu waehlen und in Trance mit ihm oder ihr in Verbindung zu treten, um so die vorbildlichen Eigenschaften als Geschenk uebernehmen zu koennen. Klingt alles ein bisschen wild, nicht wahr? Aber es ist eigentlich eine ganz logische und praktische psychologische Operationalisierung, wie man sich bei einer anderen, meist etwas bewunderten Person gewisse Dinge abguckt, um sie vielleicht auch zu uebernehmen. Das merkwuerditgste dabei ist vielleicht, dass das ohne Anstrengung geht. Normalerweise wuerden wir bei einer Person irgend einen Charakterzug oder eine Eigenschaft sehen, uns entscheiden, sie fur sich selbst auch anzustreben, um sich dann Muehe zu geben, sich anzustrengen, das zu erreichen. Mit Hilfe der Trance geht das ohne Anstrengung, unter Mitwirkung des Unbewussten. ich bin ueberzeugt, lernen mit dieser Methode geht sehr leicht. Aber es ist nicht Schullernen, nicht Schulstoff, sondern Lebenlernen, also Lebensstoff. Das ist wirklich faszinierend. Du wirst noch einmal Lachen. Ich habe Varlin als diese Person genommen. Dabei habe ich vor allem an ihn als Portraetisten und als Schreiber gedacht. Vielleicht lerne ich noch einiges von ihm. Er hat auch sehr witzig und gut geschrieben. Und seine Portraets mag ich, das weisst Du schon. Auch sie haben einen speziellen Witz.

Ach es ist lieb Marlena, was Du schreibst vom Vergnuegen, hier in NY dabei zu sein. Ich habe schon da und dort mal ein Mail geschrieben von hier. Und auch S. hat natuerlich ihre Mails bekommen. Aber niemandem habe ich soviel erzaehlt wie Dir. Und es war auch fuer mich ein Vergnuegen, aber auch eine schoene Moeglichkeit, die Tage ein bisschen zu verarbeiten. Man muss ja doch aufpassen, dass man nicht viele Kleinigkeiten zu schnell wieder vergisst. Es ist schoen, sie Dir zu erzaehlen. Und spaeter, vielleicht in zwei oder drei Jahren, werden wir uns gegenseitig ansprechen und auf eine Erinnerung hinweisen, mit den Worten: "
damals, als wir zusammen in NY waren, weisst Du noch ...."
Ich gehe jeden Morgen ueber den Broadway zum Kurs. Letzthin waehle ich die Strasse mit den Antiquitaetengeschaeften. Sie hat etwas edles an sich und wirkt irgendwie sauberer. Der Verkehr hier in NY ist sehr diszipliniert. Letzthin bin ich bei rot ueber die Strasse gegangen. Die Autos halten an und niemand scheint sich darueber zu aergern. Es ist erstaunlich, in dieser grossen Stadt. Ich glaube, eshaengt viel an den Taxifahrern.

(...)




Ämne: Gute Nacht!
Datum: den 29 augusti  20:55

Liebster Mausfreund,
Danke für dein wunderschönes Mail von heute Nacht. Ich komme im Moment nicht an den PC aber ich wünsche dir eine schöne Zeit, diese letzten Tage in NY. Nütze sie gut aus und pass gut auf dich auf.. :-)
Mit lieben Grüssen,
Marlena


Freitag, 23. März 2018

Bei dir ...


Ämne: Bei dir..
Datum: den 28 augusti 17:10


Lieber ...,
Ach wie schön, noch ein mail von dir zu finden. Ich hatte mir vorgenommen so gegen 13.00 Uhr zu Hause zu sein und bin dann erst drei Stunden später hier gelandet. Und dabei hatte ich sogar vergessen, dass ich noch keinen lunch bekommen hatte. Jetzt habe ich gerade meinen Hunger gestillt.. meinen körperlichen.. meinen seelischen stillst du jeden Tag mit deinen Mails. Ich kann es kaum fassen, dass diese Zeit, die ich glaubte in der Wüste verbringen zu müssen, wo ich mich auf eine lange Hungerkur eingestellt hatte, so anders geworden ist.
Ich merke, dass du freier bist. Du bist auch nicht mehr geizig mit dem süssen Nachtisch. Ich glaube, ich habe noch nie eine so schöne Woche mit dir verbracht. Und obwohl ich fast in Arbeit ertrinke (glaube unsere Chefs sind wahnsinnig geworden, denn sie legen immer mehr Aufträge auf unsere Schultern) so habe ich fast den Eindruck, dass ich auf Urlaub bin mit dir. Ich danke dir dafür. Du bist wirklich so lieb, dass man dich nicht für sich beanspruchen sollte..

"... und dich besitzen, nur ein Lächeln lang,
um dich an alles zu verschenken, wie einen Dank". (Rilke)

Ja, ich habe genau wie du reagiert auf die Bilder zu Rumis Gedichten. Sie sind nicht anstösslich und zeigen schöne Körper aber sie reduzieren die Texte. Ich habe auch noch nicht alle Gedichte gelesen und ich werde sie mir, so wie du, ohne Bilder zusammenstellen. Das kann ich auch für dich tun, wenn du willst. Meine Mailüberschrift "Ich habe das Password" bezog sich auf dieses kleine Gedicht:
..
Ich kann die Rätsel alle dir
der Schöpfung sagen;
denn aller Rätsel Lösungswort
ist mein, der Liebe.

..
Oder dieses:
..
Liebende sehen die Dinge so,
wie sie wirklich sind.
Denn sie sehen mit der Klarheit
des göttlichen Lichts,
und ihre Liebe spricht die Mängel frei.

..
Ist das nicht ein wunderschöner Gedanke, fern von unserer Einstellung, dass Liebe blind macht. Was meinst du?

*
Ich muss mich um das Haus kümmern. In den letzten Tagen ist alles hier liegengeblieben und in den Papierhaufen komme ich vorwärts mit der Geschwindigkeit einer Schnecke. Warum muss es so schwer sein, sich zu entscheiden ob man etwas wegwerfen soll oder nicht? Aber du bist fern von diesen Problemen im Moment und ich will dich eigentlich garnicht daran erinnern, dass es sie gibt.
*
So nun lasse ich dich (jedenfalls für eine Weile) und wünsche dir noch einen schönen Abend. Ich denke du wirst mein mail erst nach dem Kurs finden.. oder gar noch später. Falls ich dich nicht mehr erreiche so möchte ich dir nur schnell noch einen kleinen Rat geben: Schlaf bitte nicht ein bei dem Musical. ;-)

Mit lieben Grüssen,
Marlena


Re: Rumi ...


Ämne: Re: Rumi ...
Datum: den 28 augusti  15:21

Liebe Marlena
Ja, irgendwie habe ich gewusst, welches Rumis Motivation war, solche Gedichte zu schreiben. Aber gleich noch diese Bilder zu sehen, das finde ich doch ein bisschen zu fleischig, wo er doch eigentlich so aetherisch schreibt.
Vorgestern oder so sah ich in der UBahn einen orientalischen Homo. Ich glaube, sie sind noch viel entbrennbarer als die unseren, viel mehr hingebungsbereit. Aber das ist nicht so sehr meine Sache. Ich mag die Girls viel lieber.

Gestern habe ich mich verlaufen auf dem Heimweg. In der Tat bin ich an unserer Hausnummer vorbeigeschlendert. Und dann bin ich am Park angelangt, wo ich schon morgens war. Dort gibt es im Park einen kleinen Unterpark, ein Gehege, wo die Hundebesitzer ihren Liebling morgens um 9 Uhr austoben lassen koennen. Das geniessen die Vierbeiner offensichtlich. In uebermuetigen Gruppen tollen sie herum und beissen sich zum Spass in den Hintern. Und die Meister sitxen auf den Baenken und lutschen an ihrem Starbucks Becher. Und ueber der ganzen Szenerie liegt eine feine Staubwolke, denn der Hunderasen ist eigentlich eine kleine Staubwueste. Auf jeden Fall hatte ich mich gefragt, ob Hunde eigentlich auch Asthma kriegen koennten. Und gleich nebenan gibt es noch ein kleineres Gehege. Das ist gedacht fuer die Huendchen, die man nach ihrem Tod ins Fotoalbum kleben kann. Ich meine, auf den Baenken sitzen etwas feinere Damen, die ihre Fingernaegel behandeln. Und ihere Huendchen sind klein. Aber sie gehen los wie Raketen. Sogar die vielen Hoernchen, die rundum die Staemme auf und abgehen, schauen interessiert zu und denken sich ihre Sache ueber diese Marsmenschen.

Auf Coney Island hatte ich bedauert, dass ich nicht meine grosse Kamera mithatte. Ich habe sie in der Schweiz gelassen. Es haette dort viele nostalgische Sujets gegeben, von verlotterten Gebaeuden, heruntergekommenen Buden, lotterigen Anlagen. Diese rostige Welt waere doch eine perfekte Kulisse fuer ein Modejournal mit eleganten Kleidern! Die Fahrt zurueck war ein bisschen lang. Es gab im Wagen zwei Familien mit kleinen Buben. Und auch fuer sie war es etwas zu lange. So sind sie unruhig geworden, haben gelaermt und sind herumgeturnt. Das rührt  mich ich als alter Herr - zum Teufel - nicht mehr. Ich habe versucht, mich in den Touristenfuehrer zu vertiefen.

Ich habe mich ein bisschen verschlafen und bin erstmals mit dem Wecker aufgewacht. Ben hatte mir eine Notiz gemacht, dass es ev. fuer die Dusche kein Warmwasser mehr gebe. Ich habe ihm in zittriger Schrift zurueckgeschrieben : zur Hoelle mit der Dusche. Aber jetzt muss ich dann doch duschen. Im Moment sind noch meine Eier am Kochen. Ich habe heute morgen kein Brot mehr. So esse ich die Dinger allein. Das haelt dann hin bis um 3h. Den Kaffee habe ich schon hinter mir. Er geht beim Schreiben hinunter, fast ohne dass ich es merken. Das ist der Stil Boells. Weisst Du das? Er hat immer eine Thermosflasche voller Kaffee gebraucht beim Schreiben. Und natuerlich hat er geraucht wie ein Kamin. Daran ist er dann auch gestorben.

Heute ist schon der zweitletzte Tag des Kurses. Es geht wirklich schnell. Na ja, es sind eigentlich nur 6 Stunden je. Aber es war gut, auch wenn das Englische manchmal ein bisschen schwierig war. Ich glaube, in Deutsch fuehlte ich mich sicherer. Und natuerlich ist es auch gut, wenn man gewisse Redewendungen und Formulierungen aufnehmen kann. Das kann ich nun weniger, weil ich nicht daran denke, ich Englisch zu arbeiten.

Ich danke Dir fuer die Rumi Gedichte. Ich glaube, ich muss sie in der Schweiz mal aussortieren. Und die Fotos lasse ich wohl besser bei Seite. Ich hatte mir unter Rumis Beziehung eine Maennerfreundschaft vorgestellt, wie es sie im Orient sicherlich gibt. Die braucht aber nicht wirklich homo zu sein. Na ja, vielleicht ist schon homoerotisches dabei. Aber ich glaube, orientalische Maenner koennen sich sehr nah sein, und es muss nicht homo sein. Das gleiche bei den Frauen. Es duenkt mich, diese Homosexualisierung ist ein westliches Phaenomen.

Ich wuensche Dir einen schoenen Tag, der ja nun schon zur Haelfte vorbei ist.
Liebe Gruesse und Kuesse
...