Dienstag, 28. September 2021

Warum so still?

 

Ämne: Warum so still???
Datum: den 6 september 2001 22:04

Lieber ...,
Verzeih mir dass ich nicht früher geschrieben habe aber das Leiden des kleinen Tierchens hat mir so weh getan. Ich wusste nicht dass einem ein kleiner Vogel so ans Herz wachsen kann. Nun versuche ich den Gedanken an die zwei letzten Tage zu verdrängen.
Es ist so still geworden hier und leer. Vielleicht kannst du es nicht verstehen.
*
Und du bist nun schon fest am packen. Es hat mich gefreut von deinen lieben interessanten Reisegefährten zu lesen. Ach, ich glaube ihr werdet eine wunderbare Zeit miteinander verbringen. So ist das Reisen am schönsten, mit guten Freunden, denn man sieht alles auch mit ihren Augen. Sicher wird es nachher sehr viel zu erzählen geben. Vielleicht schreibst du auch ein Tagebuch.. oder?
*
Du hast gefragt warum ich so still bin. Ich habe eben auf ein Mail von dir gewartet. Du warst ja "dran", oder? Und ich habe mnich auch gefragt warum du so still bist. :-)
*
Ich weiss nicht warum du mir nicht glauben willst aber ich erzähle wirklich nie etwas von dir. Das einzige was ich ihm geschickt habe sind 2-3 Beschreibungen von Visp, z.B. das von dem Markt. Dieses mit dem Scherenschleifer, denn er war gerade dabei seinem "Schützling" das Scherenschleifen beizubringen. Ich fand es ein bisschen merkwürdig, dass ihr gleichzeitig von so ungewöhnlichen Dingen geschrieben habt. Und ich habe auch nur Passagen gewählt die ganz neutral sind. Als er einmal, als du noch zu den Verdächtigten zähltest, fragte ob der Visper jemals die Lonza erwähnt hätte habe ich ihn gefragt was das ist. Ich hätte ihm überhaupt nicht gesagt dass ich mit noch jemanden maile wenn nicht dieses komische Zusammentreffen mit Visp gewesen wäre. Du gehörst zu meiner privatesten Sphäre von der ich nicht mit anderen spreche. Nur Anna weiss, dass es dich in meinem Leben gibt.
*

Ach, schreib mir doch.. ich leide wirklich schon sehr an Abstinenzsymptomen.

Mit einem lieben Gruss und einem Kuss (wahlfreie Sorte diesmal)
MSU
Marlena  



Montag, 20. September 2021

Blick durchs Fenster


 unter und auf der alten Baumruine

(mein geliebter Blogbaum)



Donnerstag, 16. September 2021

9 september 2001

 

den 9 september 2001 23:10
Na ja

Liebe Marlena

Nein, ich habe immer noch nicht gepackt. Ich habe zwar angefangen, eine Liste zu schreiben, damit es zum Schluss nicht so lange dauern wird. Und ich habe natürlich schon viele Dinge, die bereit liegen und darauf warten, eingepackt zu werden. Ich bin noch unsicher, was ich an Kleidern mitnehmen soll. Es ist ja immer noch ziemlich warm im Iran. Wir werden einen zweiten Sommer erleben.

*

Nee, meine Bemerkungen über Pierro, die ich Dir geschrieben habe, waren einfach eine Notbremse. Früher hatte ich mir nicht zuviele Gedanken darüber gemacht. Aber wenn ich es mir richtig überlege, dann möchte ich es nicht. Gleichzeitig weiss ich doch, wie gross die Versuchung ist. Es ist doch eine solch merkwürige Situation für Dich. Deshalb meine Notbremse. Ich bitte Dich wirklich, das zu respektieren.

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Und bei Onkelchen war ich in der Tat. Ich habe ihm ein Fondue gemacht. Kennst Du dieses Gericht. Es ist typisch schweizerisch, kommt aus der französischen Schweiz. Im Wesentlichen besteht es aus Käse und Weisswein. Man erhitzt die Masse in einem Caquelon auf der offenen Flamme. Und wenn das ganze flüssig ist wie eine dicke Crüme, dann geht man mit Brotwürfeln hinein und dreht die Dinger, damit der Käse nicht auf die Tischdecke tropft. Es ist eine kleine Kunst, es zu essen. Und man kann viel Pfeffer dazu brauchen, und saure Gurken auch. Onkelchen hat es sehr genossen. Und ich eigentlich auch. Es ist ein gutes Menue für kühles und nasses Wetter. Und das war es auch. Allerdings bin ich schon am Samstag hingefahren.

*

Ja, ich glaube, wenn ich wollte, könnte ich Rilke schon ein bisschen imitieren. Ich habe den Malte noch nie gelesen. Aber ich hatte früher einmal versucht, Gedichte à la Rilke zu schreiben. Man nennt das im Deutschen nicht "imitieren", sondern "nachempfinden". Doch das ist lange her, und ich glaube nicht, dass meine Produkte so tiefsinnig waren wie jene Rilkes.

*

Am Freitag hatte ich ein Gespräch mit  ...

Lazy saturday morning..

 

Ämne: Lazy saturday morning..
Datum: den 1 september 2001 13:04

Lieber ...,
Es ist Samstagmorgen. Neben mir auf dem Sofa liegt ein Haufen Bügelwäsche. Soll sie tun. Zuerst will ich mich ein wenig mit einem Mail an dich ”verlusten” (heisst es so?).
Gestern war ein schöner sonniger Nachmittag. Freitags komme ich erst spät nach Hause (sogar nach K und A) und bin meistens ziemlich erschöpft. Anna und K dagegen schienen in prima Form zu sein und beschlossen noch schnell vor dem Essen einen Waldlauf zu machen. Und dann kamen sie mit einem schönen grossen ”blomkålssvamp” nach Hause.

 Das ist eine Leckerheit die wir alle sehr schätzen und damit hatten wir auch eine gute Vorspeise zu unserer wie immer köstlichen Mahlzeit. Ja, in unserer Familie halten wir fest an den gemeinsamen Mahlzeiten schon deshalb weil wir uns ja nur am Wochenende sehen. Und weisst du, ich glaube es ist ein Grund dafür dass Anna eine grosse Allgemeinbildung besitzt. Vielleicht ist es was den heutigen Kindern fehlt. Der Kontakt mit Leuten die etwas mehr wissen als sie selbst. Man spricht oft im Radio darüber dass die Eltern allzu wenig mit ihren Kindern reden. Ein paar arme Minuten am Tag hat man ausgerechnet und man rät ihnen sogar gemeinsame Mahlzeiten einzuführen.
Ich beneide manchmal die Kultur der Juden. Sie haben noch solche gemeinsame Traditionen wo alle um den Tisch versammelt sind.
Bei uns essen wir immer im Wohnzimmer bei Kerzenlicht und klassischer Musik. Und wir unterhalten uns über die Geschehnisse der vergangenen Woche. Es ist ein schöner Moment.
Dann veschwindet jeder in seine private Sphäre. Ganz privat wird sie leider nicht. K liebt es seine CDs zu hören (und hören zu lassen). Er hat wirklich alles was man sich wünschen kann. Ich höre sie ja auch gern aber nicht immer. ;-)
*
Heute habe ich ”satsat på hästar” (auf Pferdegesetzt?) Und diese kleine Zeitspanne zwischen Hoffnung und Enttäuschung träume ich davon eine Riesensumme zu gewinnen. Dann weiss ich dass ich mal nach Visp fahren würde um mir diese merkwürdige Stadt anzusehen. Ich glaube ich habe mich etwas falsch ausgedrückt im letzten Mail. Pierro wird nicht verstimmt weil ich mit dir maile - im Gegenteil glaube ich dass es meinen ”Status” bei ihm um einiges erhöht.. *lacht* aber er ärgert sich eben jedesmal dass er nicht wissen darf wer dieser fantastische Mensch ist der auch seine Heimat so gut kennt. Nun ja, ihr habt nicht in demselben Milieu gelebt. Ein blouson noir und ein blouson doré treffen sich kaum. Aber ihr kennt dieselben Personen (Visp war sicher damals ziemlich klein) und als ich ihn lesen liess was du von dem Scherenschleifer geschrieben hattest dann weiss ich dass seine Nostalgie gigantisch war.
*
Du hast mir erklärt was dich beschäftigt. Ich verstehe dass man sich in deinem Beruf sehr à jour halten muss um richtig beurteilen zu können was einem Kind fehlt. Aber weisst du, dass ein Familienleben heute wesentlich anders sei als früher das ist übertrieben. In unserem Deutschbuch steht: ”Früher hatten Eltern viele Kinder, heute haben Kinder viele Eltern”. Das finden die Schüler lustig und gut ausgedrückt. Und das ist wohl das neue. Natürlich ist es das Ende der Familie von der du sprichst aber gleichzeitig auch der Beginn einer neuen Familie wo sich wie ich hoffe die Eltern lieben. Und das ist was Kinder am wichtigsten finden, dass die Eltern einander lieben. Ich glaube eine warme, liebe Atmosphäre zwischen den Erwachsenen ist die wichtigste äussere Bedingung für ein glückliches Kind. Aber ich glaube auch dass das Erbe eine sehr grosse Rolle spielt, dass wir irgendwie programmiert sind, dass unsere Gefühle mehr mit unseren Genen zu tun haben als mit der s.g. Realität.

Eigentlich sollte ich nicht über solche Dinge schreiben. Ich könnte mich locker mit dir darüber unterhalten aber so schwarz auf weiss klingt alles so definitiv. Ach ja, ich würde mich für mein Leben gern mit dir unterhalten. Sag warum tun wir es nicht wieder einmal im ST? Es war doch ab und zu wirklich schön ...
*
Aujourd’hui je vais téléphoner à la soeur de mon oncle qui habite à Paris pour lui demander l’adresse e-mail de sa fille en Amérique. Malheuresement j’ai perdu le contact avec elle. Nous avons passé des étés merveilleux ensemble à Paris (quand nous étions jeunes) et je la regarde presque comme une petite soeur. Il faut que je fasse quelque chose pour ne pas oublier le français. Un peu d’exercise pour m’aider à m’exprimer plus facilement.


Devant moi je vois la carte avec les deux élans qui s’embrassent tendrement. Elle me fait penser à toi.
Je t’embrasse aussi et te souhaite une bonne journée,
Marlena  

 

 



Mittwoch, 15. September 2021

10 september 2001 Mein Vater

 

den 10 september 2001 22:23
  na ja ... einfach so 

...
Es ist lustig, mein Vater hat nie viel gelesen. Als Ingenieur hat er sich auf Facts konzentriert. Nein, es ist falsch zu sagen, er hätte nicht viel gelesen. Er hat ganze Sonntagnachmittage Fachzeitschriften gelesen, ohne Begeisterung, unterbrochen mit kleinen Schläfchen auf dem Sofa in der Stube. Manchmal hat er sich auch Energie angegessen, indem er in der Küche eine ganze Hand voll Haselnüsse holte und genüsslich zermalmte. Nein, er hat immer viel gelesen, auch Zeitung. Aber Literatur hat er kaum zur Kenntnis genommen. Nur zwei Autoren hat er still bewundert: Hemingway und Churchill. Er hat 8 Bände Churchill auf dem Büchergestell stehen gehabt. Und er hat einige Sachen von Hemingway gelesen. Ich glaube, er hat die beiden als maskuline Typen gesehen. Rauh, aber herzlich. Rilke wäre für ihn nie in Frage gekommen. Rilke ist zu fein, zu gefühlhaft, fast ein wenig feminin. Hypochondrisch und hysterisch, sozusagen. Nein, Rilke, das hätte mein Papa nie lesen können. Dann eher noch Dürrenmatt. Aber er hat es mit den Zeitungen und den Fachzeitschriften über Elektroenergie und Energieversorgung und so fort bewenden lassen. Ich hätte in einem gewissen Alter gerne mit meinem Vater diskutiert. Aber er lebte in einer anderen Welt, der Welt der Technik und der Zahlen. Kurz, nachdem meine Mutter gestorben war, nahm er mich häufiger mit auf die Baustelle im Ackersand, wo unter seiner Oberaufsicht ein neues Elektrokraftwerk gebaut wurde. Ich erinnere mich, wie ich dort über die Fundamente gestolpert bin. Du weißt vielleicht, wie hart und aggressiv frischer Beton sein kann. Er kratzt dir die Schuhe auf. In der alten Turbinenhalle war alles blitzblank und die Maschinen machten einen grossen Lärm. Die Männer grüssten meinen Vater mit einer gewissen Unterwürfigkeit. Er mochte das, hatte ich den Eindruck. Und er hat wohl nie bemerkt, dass man mit dem Wallisern viel besser vorankommt, wenn man sie als Seinesgleichen versteht, wenn man den Kumpel in ihnen anspricht, wenn man mit ihnen ein Glas Wein trinkt. Sie sind liebe Kerle, die Walliser. Wenn man sich als Herr aufspielt, dann torpedieren sie die Situation hinten herum. Nein, ich glaube, mein Vater hat es mit den Wallisern nie besonders gut verstanden. Er war zu exakt, zu korrekt, zu formell. Er war ein Schweizer aus dem Norden. Er hat immer gedacht, die Walliser seien etwas bequem und faul, wollten nur das Leben geniessen. Ich glaube, er war nicht besonders glücklich im Wallis. Aber da bin ich mir nicht so sicher. Aber ich bin sicher, dass ich selbst glücklicher war. Das bestimmt.

*

Siehst Du, Marlena, ich habe noch mit niemandem in meinem Leben ...

13 september 2001

 

Ämne: Hello!
Datum: den 13 september 2001 17:49


Lieber ...,
Wie geht es dir? Es ist wohl etwas viel geworden im Moment. Erst diese schrecklichen Ereignisse von denen wir stündlich hören und dann deine schöne Reise auf die sich sicher alle sehr gefreut hatten (sogar ich). Und weißt du, wenn ihr jetzt trotzdem fahren würdet dann wäret ihr vielleicht doch nur mit halbem Herzen dabei, denn die Gedanken sind dauernd woanders.
Arbeitest du jetzt wieder oder hast du Urlaub? Hast du deine mit Mühe gepackten Koffer fertig stehen für eine neue Abreise oder schon ausgepackt? Es ist alles sehr traurig und ich fühle mit euch.
*
Hier regnet es dauernd und dabei ist es noch ziemlich warm und das Gras im Garten ist schon sehr lang. Ich war heute wieder bei der Arbeit. Das zu Hause bleiben macht mich noch kranker und ausserdem sind viele sehr erkältet und ich werde sie kaum anstecken.
Anna ist bei ihrem Ensemble wo sie Klavier spielt und ich werde mir einen gemütlichen Abend machen, vielleicht ein wenig fernsehen oder was lesen. Dann werde ich auch deinen schönen langen Brief, der wohl als Proviant für 14 Tage reichen sollte, noch einmal durch lesen. Es gab so viel darin, das schon längst vergessene Erinnerungen weckte. Z.B konnte ich wieder meinen Onkel vor mir sehen wie er Haselnüsse "zermalmte", Immer wieder holte er sich diese Dinger aus dem Küchenschrank und ich weiss nicht wie ich sagen soll aber manchmal ekelte es mich an ihn dabei zu sehen (vielleicht ist es etwas zu stark ausgedrückt aber du verstehst sicher). Vielleicht konnte ich nicht akzeptieren dass er sich nicht besser beherrschen konnte.. ;-)
*
Jetzt muss ich Anna holen. Bei dem Regen habe ich sie mit dem Auto hingebracht.
Bitte schreib mir ein paar Zeilen damit ich weiss was bei dir los ist.
Mit einem lieben Gruss
Marlena  

 

 



Sonntag, 12. September 2021

Oh sweet song!


Blauer Geiger Marc Chagall

Love Song 
How shall I hold my soul and yet not touch
It with your own? How shall I ever place
It clear of you on anything beyond?
Oh gladly I would stow it next to such
Things in the darkness as are never found
Down in an alien and silent space
That does not resonate when you resound.
But everything that touches me and you
Takes us together like a bow on two
Taut strings to stroke them to the voice of one.
What instrument have we been lain along?
Whose are the hands that play our unison?
Oh sweet song!

(Rilke)
(Capri 1907)
*
 
The Original:

Liebeslied

Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
O süßes Lied!


Freitag, 10. September 2021

11-12 September 2001

 

Ämne: Ach ...
Datum: den 11 september 2001 17:20

hast du die schrecklichen Nachrichten schon gehört???
Ich habe wirklich Angst, auch wegen deiner Reise...
Gruss
Marlena
Lass von dir hören wenn es möglich ist, bitte!  


Ämne: ach ach
Datum: den 12 september 2001 11:20


Liebe Marlena
Ja, Du hast recht. Ich bin gestern abend frühzeitig vom Büro weg. Ich hatte Auto und Koffer hierhin mitgenommen, so dass ich dann gleich von der Arbeit zum Flughafen fahren könnte. Das habe ich auch so gemacht, mit viel Zeitreserve, damit ich ja nicht in Zeitnot käme. Im Zug habe ich noch einen Amerikaner aus Philadelphia getroffen. Er hat mich gefragt, ob ich gehört hätte, was in Amerika passiert sei. Ich wusste allerdings nicht viel. meine Sekretärin hatte erzählt, dass ein Anschlag auf das World-Trade-Center geschehen sei, aber sie sei während der Information am Radio durch ein Telefon unterbrochen worden. So fuhr ich nichtsahnend hinaus zum Flughafen. Ich war so früh, dass ich meinen De Crecenzo hervor nahm, um mich in der Lektüre zu vertiefen. Bald kamen Crista und Robert, der Zahnarzt. Sie war käsebleich. Sie hatten kein Gepäck, das fiel mir sofort auf. Die ersten Worte waren, dass sie nicht mitkommen würden. Ich dachte, etwas Schreckliches wäre in ihrer Familie geschehen, ein Todesfall oder so. Erst allmählich begriff ich, weshalb sie nicht reisen wollten. Sie hatten sich schon mit den übrigen Teilnehmern abgesprochen. Und einzig mich hatten sie telefonisch nicht mehr erreicht. Alle kamen, alle kamen ohne Koffer. Nur Violette blieb zuhause. Sie war immer eine der änstlichsten gewesen, schon wenn es um Kleiderfragen im Iran ging. So blieb mir nur die Entscheidung, ob ich allein reisen sollte oder nicht. Und ich entschied mich, auch nicht zu reisen.
Wir wollten sehen, wie sich die politische Situation entwickeln würde. Das ganze hörte sich an wie Krieg. Und wenn die Perser, die ja mit den palästinensischen Terroristen offenbar verfilzt sind, daran beteiligt wären, würden wir dort in des Teufels Küche geraten. Ich für mich allein wäre sehr wohl gereist. Aber meine Kameraden sind alle älter, im Pensionsalter und haben natürlich ein grosses Sicherheitsbedürfnis.
Noch vom Flughafen habe ich A in Teheran erreicht und ihr die Situation erklärt. Sie konnte es nicht glauben. S war gerade unterwegs. Sie hat Früchte eingekauft und in die Hotelzimmer gebracht, damit die Gäste einen schönen Empfang hätten. Später habe ich dann S erreicht. Sie hat nicht viel gesagt. Aber ich weiss, was sie gedacht hat. Sie denkt, was soll denn diese Geschichte mit Teheran zu tun haben. In Teheran ist es absolut still und normaler Alltag. Allerdings hatte sie erst in den Abendnachrichten von den Ereignissen gehört.
Ich hatte Schlüssel und Auto im Büro gelassen, konnte also abends nicht mehr heim, denn B war auch unterwegs. So habe ich bei R+C übernachtet. Sie haben sich viel Mühe gegeben und wir haben ein einfaches Nachtessen gehabt mit langen Diskussionen. Natürlich war auch ihr Eisschrank leer. Aber es war gut, Brot, Fleisch und Käse mit einem Schluck roten Weines. Und jetzt bin ich wieder im Büro, habe das Reisebüro informiert und gehe bald heim.
Wie sagte Kästner: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Es ist schade, S hat sich soviel Mühe gegeben und alles perfekt organisiert. Die Freunde sagen, wenn die Situation sicher ist, könnten wir am Sonntag vielleicht abfliegen. Aber man denkt hier, dass vielleicht Afghanistan von diesem Terrorkrieg betroffen sein wird, vielleicht auch Teheran. Man weiss eben nicht viel Genaues. Allerdings wird es sonntags wohl kaum mehr freie Plätze haben im Swissairflug nach Teheran. Es ist wirklich jammerschade für all dieArbeit.

Das ist das Neueste. Ich werde mir jetzt ein paar Sachen zum Essen einkaufen. Die letzten Kartoffeln und Zwiebeln hatte ich montags meinen Nachbarn gegeben.

Whatever will be will be.
Mit einem schönen Gruss

...