Sonntag, 21. Juli 2024

Re: Zzzzz ...

 

 Liebe Malou

Ist schon ein bisschen merkwürdig, dass du gerade jene Mails deiner kleinen Tochter zu lesen gibst, die absolut nicht jugendfrei sind. Pass auf, dass du sie nicht verdirbst.Und ich rate dir auch ab, dieses Mail herumzureichen. Das kommt nicht gut heraus, und die Leute würden denken, du korrespondierst vielleicht mit einem südeuropäischen Pornospezialisten.
Ich habe mir nämlich die Idee mit den Sexboxes noch weiter ausgemalt. Ich meine schon der Begriff Sex-Box klingt genial, nicht war. Schon beim Wort steigt der Adrenalinspiegel ein bisschen. Aber ich habe mir auch vorgestellt, dass man in einer solch engen Box - sie ist ja nicht viel grösser als ein Sarg - dass man sich darin auch verkeilen kann. Für solche Situationen sollte ein Alarmknopf angebracht sein, den man vielleicht mit der grossen Zehe irgendwie erreichen kann, damit der Boxenmanager die Feuerwehr alarmiert und die beiden verkeilten und verklemmten Menschlein heraus schweisst. Der Aktionsradius ist einfach begrenzt. Man müsste vielleicht an der Aussenwand eine Anweisung anbringen, die zeigt, dass gewisse Stellungen darin sehr riskant und damit mehr oder weniger verboten sind.  Man sollte sich in einer Sexbox wirklich nicht auf Sex-Extravaganzen hinauswagen.
 
Vielleicht ist es das schöne Wetter, das meine Fantasie hochtreibt. Es war eine recht ruhige Nacht. Na ja, ich muss sagen, ab 2.00 war es ungefähr ruhig. Vorher war im Nebenzimmer die Hölle los. Ein Mann hat herumgealbert, geschrieen und getan. Ich dachte, es wäre ein Volksfest mit einer Menge von Personen. Und als ich ungefähr um halb zwei mal hinausging, weil der Lärm wirklich ungeheuerlich war, lag da bloss ein Männlein auf dem Bett und die Schwester war irgendwie damit beschäftigt, ihn zu betten. Ich sah nicht mal das Männlein, sondern bloss zwei dünne Beine. Na, ich durfte mir ja doch nicht erlauben, einfach einzutreten. Aber die Schwester hat mein Problem begriffen. Und ich habe die Zimmertür geschlossen. Und dann bin ich wohl bald mal eingeschlafen. Mit der Morgenschwester hatte ich ein längeres Gespräch. Sie ist ein philosophischer Typ und plaudert gerne, hatte ich den Eindruck. Und ein bisschen hatte ich bei ihr herausgehört, welchen Eindruck wir hier als Familie beim Spitalpersonal machen.
 
Und jetzt bin ich auf dem Heimweg. Zwischenhalt im Büro. Ich hätte jetzt Lust auf einen kleinen, kühlen Apero. Aber das spare ich mir für später mal auf. 
 
 

 
 Bei uns sind die Rosen in vollem Gange, sozusagen. Nein, so kann man es natürlich nicht sagen. Sie sind in Blüte. Sie sind in voller Pracht. Oder so. Ich habe kürzlich einen Film gesehen über englische Rosenzüchter. Das hat mich fasziniert, und irgendwie spiele ich mit dem Gedanken, in der Pension einen hübschen Rosengarten anzulegen. Einen schönen englischen Garten, mit diesem feinen Rasen und dem üppigen Grün rundum, das schaffe ich vielleicht nicht. Wir haben weniger Regen und etwas wilderes Klima als die Engländer. Aber annähernd wäre das schon möglich. Sie machen dort drüben jede Menge Wettbewerbe und Gartenausstellungen und Fotobände usw. Und das Schöne dabei ist, dass die Rosen in einer natürlichen Umgebung blühen. Es sind nicht diese steifen, hoch designten Blüten, die man hier kaufen kann, Baccara-Rosen oder wie sie heissen. Nein, sie wachsen in Gruppen wie Schafe und leben mitten im Grün des Gartens. Wirklich sehr schön. Da war eine Frau. Sie hat ihr gesamtes Vermögen in diesen Garten gesteckt. Ihr Mann schneidet täglich den Rasen und arbeitet nachts als Taxichauffeur, um das Vergnügen zu finanzieren. Ist das nicht faszinierend? Faszinierend nicht solche Rosen, aber einen solchen Mann ???
 
MLG

 

 

Samstag, 20. Juli 2024

Glaubst du nicht auch ...?

 

 

"Wir bauen an dir mit zitternden Händen
und wir türmen Atom auf Atom.
Aber wer kann dich vollenden,
du Dom."

Lieber ...

Ja, wir bauen ihn wieder, den Turm. Es ist schön etwas zu bauen. All die Gefühle und Gedanken die man dabei hegt ..die Träume von der Vollendung ... was macht es wenn der Turm nie fertig wird. Der Weg ist die Reise wert. Und warum sollten wir nicht wieder heil herunterkommen? Glaubst du nicht auch dass wir immer wieder eine neue Sprache finden werden in der wir uns verständigen können ;-)

Aber du, mit ein paar Jahren Architektstudien hinter dir, wirst mir schon ein wenig dabei helfen müssen damit ich nicht unnötig das Gebäude in Gefahr bringe.

--- 



Zzzzzz ..

 

subject Zzzzzz


Lieber ...
Eigentlich sollte ich wohl noch schlafen.. schau mal auf die Uhrzeit. Aber weisst du, nach diesem sonnigen Tag ist es oben so warm, dass ich jetzt die Balkontür weit aufstellen musste um die frische Nachtluft hereinzulassen und während dessen kann ich dir ein kleines Nachtmail schreiben.

Ich habe mich sehr über deine Mails heute gefreut. Das erste war so lustig, dass ich es Anna lesen liess. Auch sie hat sich köstlich amüsiert über deine "Gedankenkette" betr.. der "Verrichtungsboxen". Welch ein Wort! *s*

Jetzt ist die Luft schon angenehm hier im Haus und ich gehe nochnals zurück ins Bett. Ich schreibe dir morgen nochmals.. an meinem letzten ungestörten Tag am Computer. :-)

Ich hoffe du hast eine gute Nacht gehabt, wenn du dieses Mail findest.

Wünsche dir alles Gute,
mlG
Malou


 

Donnerstag, 18. Juli 2024

Besuch im Vatikan

 (ungekürzt)



Liebe Malou
Hier noch zwei Bilder. Sie kommen, wie Du sicherlich annehmen wirst, aus der Umgebung des Vatikans. Die Medaille für Kristina von Schweden befindet sich, wie Du bestimmt weisst, in S Pietro. Ziemlich nahe beim Eingang auf der rechten seite findet man die riesige Medaille. Sie hängt allerdings ziemlich hoch, so dass man die Inschrift kaum lesen kann. Nicht weit davon steht die Pietà von Michelangelo. Davon schicke ich Dir später ein Bild. Natürlich hätte ich diese katholische Kristina niemals gesehen ohne unsere Mailerei.



Und das andere Bild stammt von der Piazza Santa. Es war ziemlich warm, und die drei Patres haben sich irgendwo ein Wässerchen organisiert. Ich glaube, sie kommen alle drei von sehr verschiedenen Ethnien. Na ja, zwei Asiaten und ein Westler. Der liebe Gott muss in der Tat mehrsprachig sein. Die Moslems denken, er spreche arabisch, die Katholiken vielleicht immer noch, lateinisch. Aber er kann bestimmt auch ein paar Brocken Schweizerdeutsch!
Wenn man von der Piazza Santa durch die Kolonnaden in den Dom will, muss man einen gründlichen Check über sich ergehen lassen. Manchmal gibt es dort lange Warteschlangen. Sie durchleuchten alles: Taschen, Körbe, Mappen etc. Nur die Priester lassen sie ungeschoren durch, wie ich meine. Und dann geht es wieder mehr oder weniger in Kolonne hinauf zum Eingang. Man muss also, wenn man auf den Petersplatz kommt, auf der rechten Seite hinauf. Links lassen sie einen nicht eintreten.
Die Piazza Santa ist einfach eindrücklich. Einen solchen Platz gibt es sonst nirgendwo auf der Welt. Das hängt an seiner genialen Gestaltung, aber natürlich auch an den vielen Menschen, die ihn beleben. Man hat irgendwie den Eindruck, hier sei so etwas wie das Zentrum der Welt. Das würden natürlich viele bestreiten, aber eine solche Konzention habe ich sonst nirgendwo gesehen. Na ja, ich habe auch nicht alle Plätze gesehen. Ich würde behaupten, S Marco in Venedig mache einen ähnlich grossen Eindruck auf unsere Seelen. Aber daran sieht man vielleicht nur meinen Eurozentrismus. Der grosse Platz in Isfahan ist jedenfalls von völlig anderer Qualität. Und Times-Square ist kein Platz, sondern eine blosse Strassenkreuzung. Na ja, vielleicht wäre da noch der Turmplatz hier zu erwähnen. Er ist natürlich auch eindrücklich im Sinne der Redensweise: Steter Tropfen höhlt den Stein (meiner Seele).
Es ist merkwürdig, wie ich mich in katholischen Kirchen wohl fühle. Ich fühle dort immer einen Frieden und finde mich gut aufgehoben. Das hängt vielleicht schon damit zusammen, dass ich solche Kirchenbesuche mit Ferien assoziiere. In eine Kirche zu treten, bedeutet für mich sozusagen Ferien. Und natürlich sind solche Kirchen immer auch angenehm kühl und ein bisschen dunkel, in Kontrast zur Hitze und Helligkeit der Strasse. Ich kann die Römer verstehen, dass sie ihre schönen Kirchen wie Ruhe- und Meditationsräume nutzen. Und wenn man dann eintritt, zum Beispiel morgens um neun, dann denkt man, man sei allein in diesem grossen Raum. Es sind keine Menschen zu sehen. Man ist beeindruckt vom Raum, von den Säulen, vielleicht von den Malereien oder vom Altar. Man geht herum. Und plötzlich sieht man da und dort Menschen. Die einen sitzen still und scheinen zu beten, oder doch zumindest sich selbst zu suchen und zu finden. Andere gehen herum und schauen sich auch die Kirche an. Vielleicht ist noch irgendwo ein Sakristan unterwegs, der mit irgendwelchen Dingen hantiert.
Einziger Nachteil der Kirchen: man kriegt leicht Nackenstarre! Ich hatte in Il Gesû ein lustiges Erlebnis. Ich war so müde und hatte mich auf einen Bank mitten in der Kirche gesetzt. Es gibt dort ein schönes, barockes trompe d'oeuil Deckengemälde, so dass man denkt, man würde geradewegs in den Himmel hinauf sehen. Aber eben der Nacken. Ich sass also ziemlich erschöpft dort und bemerkte, dass ungefähr 4 m vor mier ein Bild aufgestellt war. Es war so schief an einen Stuhl gelehnt. Und wenn immer Menschen vorbeikamen und das Bild betrachteten, hellte sich ihr Gesicht auf. Sie waren ganz begeistert von diesem Bild, vielleicht 50x100cm gross. Und je mehr Leute ich passieren und leuchten sah desto neugieriger wurde ich, was es wohl auf diesem Bild zu sehen gäbe. Ich dachte an einen Grundriss, irgend eine Darstellung, die den Menschen eine Übersicht und eine Einsicht gaben. Ich konnte mir nichts anderes vorstellen als eine erläuternde Darstellung. Und als ich dann meine Kräfte wieder gesammelt hatte und bereit war, mich hin zu diesem Bild zu bewegen, da fand ich ... einen Spiegel. Er war schief gestellt, so dass man, ohne den Kopf in den Nacken zu werfen, die Decke betrachten konnte. Das war ein lustiger Moment.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag.
Mit lGuK

Montag, 15. Juli 2024

Freude am Bad

 




Liebe Malou

...

Und am Morgen um 9h gehe ich ins Bad schwimmen. Das ist dann zwar wie eine Veranstaltung des Pensionistenvereins. Es gibt praktisch nur Leute über 65. Sie sind aber alle sehr angenehm und freundlich. Und sie schwimmen so langsam und würdevoll, so wie grosse Überseeschiffe daherkommen. Man hat den Eindruck, sie verbergen wie die Eisberge den grössten Teil ihres Ballastes an Jahren unter dem Wasser. Und sie machen beim Schwimmen ein ernstes Gesicht. Frag mich nicht weshalb, aber sie sehen aus, als ob sie sich vorstellten, im nächsten Moment gleich unterzugehen. Erst wenn sie über die Stiege wackelig und vorsichtig wieder an Land geklettert sind, hellen sich ihre Gesichter auf. Dann sitzen sie ganz zufrieden in der Sonne, plaudern und geniessen den schönen Tag.

Und ich denke, ich werde bald zu ihnen gehören. Deshalb fange ich auch schon an, ganz freundlich zu grüssen. Das mögen die älteren Leute, wenn man laut und deutlich grüsst. Und sie ärgern sich, dass die jungen Leute wegschauen und sie sozusagen wie Nichtpersonen behandeln. Und sie haben recht. Ich kann es ihnen nachfühlen.


Lieber ...,
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Lustig, aber Anna hat mir auch eine Story erzählt von ein paar Damen, die sie am Bad gesehen hat. Drei nicht mehr ganz junge und etwas vollschlanke Damen (wie man sie so schön in Modezeitungen nennt) sassen dort zusammen, redeten und lachten ziemlich laut und dann stiegen zwei von ihnen ins Wasser, ungefähr so wie du es mir geschildert hattest. Die dritte schien etwas unruhig zu sein: "Soll ich wirklich? Ist es nicht sehr kalt?" Sie hatte schon die Aufmerksamkeit aller Leute gefangen als sie plötzlich mit einem eleganten Hechtsprung, Kopf voran, ins Wasser tauchte. :-)


Re:
Ja, die alten Damen im Bad von I. waren sehr amüsant. Ich habe sie geradezu schätzen gelernt. Sie sind zwar arge Plaudertaschen, schwatzen über dies und jenes und ohne Ende, wenn sie am Rand des Bassins in der Sonne sitzen. Aber die Atmosphäre ist angenehm, ruhig und sehr freundlich. Nun eben, wie die älteren Menschen sind. Ich werde wohl die nächste Woche, wenn es wieder wärmer werden soll, am Morgen jeweils wieder hingehen. Weisst du, dieses Gefühl in den Zehen, morgens über den noch taufeuchten Rasen zu gehen oder ins kühle Bassin zu steigen, das erinnert mich ganz und gar an meine Jugend. Meist nehme ich mir eine zeitung mit und lese anschliessend in der Sonne. Ich bin schon echt braun geworden. Na ja, ich bin immer noch einer der bleichsten, aber für meine Masstäbe bin ich beinahe afrikanisiert. 


...

 

 

 

Sonntag, 14. Juli 2024

I've learned...


Lieber... ,
Es ist schade, dass du nicht diese Site mit den kleinen Sprüchen von Andy Rooney öffnen konntest. Hier eine kleine Kostprobe. Alle beginnen mit den Worten "I've learned..

I've learned.... that being kind is
more important than being right.


Findest du das nicht auch klug und schön gesagt. So ist es doch. Es erzeugt ein bisschen mehr Harmonie auf Erden.

*

 

Auf Zypern

Lieber ...

Vorigen Sommer war ich mit Annas Abschlussklasse eine Woche auf Zypern. Der Klassenlehrer hatte ein paar Eltern gebeten mitzufahren, um die jungen Leute unter Aufsicht zu halten. Wir landeten in einem sündigen Nest,  wie du es dir kaum vorstellen kannst. Aya Napa. Doch mitten in diesem Vergnügungszentrum mit hunderten von Discos, die wie in Hong-Kong aufeinander klettern, liegt ein altes Kloster mit einem über tausend Jahre alten Baum. Am Eingang hatte ich gelesen, dass am Sonntag um 17.00 Uhr eine Messe in englisch in dieser alten Klosterruine stattfinden sollte. Ich gehe fast nie in die Kirche, aber an diesem Tag zog es mich gewaltig dorthin - vielleicht brauchte ich eine wenig Gegengewicht.

Wir nahmen ein Taxi, denn es war viel zu heiss um zu gehen und waren so eine Viertelstunde vorher dort. Leider gab es nur noch 2 Plätze frei. Anna setzte sich auf den einen (ganz vorne) und ich auf der anderen Seite, etwas weiter hinten.
Es war eine sehr schöne Predigt. Sie handelte von Liebe. Wo immer man auf der Welt ist, wenn man in den Gottesdienst geht, fühlt man sich sofort wie zu Hause. Dann kam die Kommunion. Der Priester begann mit einem Gehilfen die Hostien zu verteilen. Ich hatte das letzte mal vor so 15 Jahren gebeichtet und überlegte, ob ich seitdem gesündigt hätte.;-) Ich kam zu dem Schluss: Nichts, das Gott nicht schon wissen müsste und empfing die Hostie. Was ich jedoch nicht verhindern konnte, war, dass Anna dasselbe tat. Ich wollte ihr ein Zeichen geben, dass sie es nicht tun sollte, aber ich konnte ja schliesslich in diesem Moment nicht anfangen laut zu rufen - und so liess ich es geschehen. Ich dachte mir später: ein reineres Kind hat nie die Kommunion empfangen (um mich zu entschuldigen).
So, nun weisst du etwas, was nur Anna und ich wissen. Und der liebe Gott natürlich :-)

(---)

Samstag, 13. Juli 2024

Rainy days

 

den 29 mars  Ior

Lieber ...!

Ich schreibe sobald es aufgehört hat zu regnen.
Love
Marlena 




den 30 mars 
rainy days

Mein Fyrklöver
Du schreibst mir, sobald der Regen aufgehört hat. Hast du deinen PC im Garten stehen? Ich schalte sofort von meinem PC auf die Wetterprognosen. Hast du - nebenbei gesagt - den Baum im Garten schon geschnitten? Das erinnert mich an den unseren, den ich noch schneiden müsste. Es ist schon arg spät. Bald treiben ja die Knospen!!!
Nein, Spass beiseite. Bei uns regnet es auch im Moment und es ist ziemlich kühl geworden, wieder. Wie du sagst, ein kleiner Rückschlag. Auch wir warten hier auf die Lerchen und die Schwalben. Es gibt ein deutsches Sprichwort: Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. Wir warten also auf die ersten zwei! Sagen wir drei, um sicher zu gehen.
Deine Schilderung über die Messe auf Zypern hat mich beeindruckt und ist mir noch lange in meiner Erinnerung nachgegangen. Es ist lustig, in meiner Fantasie habe ich euch beiden von oben zugeschaut, als ob ich an der Decke hängen würde (neben dem lieben Gott zu sitzen, kann ich nicht sagen, das wäre blasphemisch). Es war hell, als ob die ganze Kirche voller Kerzen wäre. Es kann aber auch eine klimatische Helle gewesen sein, dh. die Sommerwärme. Habt ihr den alten Baum auch gesehen? Überhaupt war dein Brief sehr schön und ich hatte den Eindruck, er kommt aus der Tiefe deines Wesens. Ich danke dir.

Gerade habe ich gelesen, dass die Restaurierung der Cappella Sistina in Rom 

Donnerstag, 11. Juli 2024

Restaurierung der Sixtinischen Kapelle in Rom



Liebe Marlena

Gerade habe ich gelesen, dass die Restaurierung der Cappella Sistina in Rom nach über 20 Jahren abgeschlossen worden sei. Das ist eine enorm lange Zeit, aber für den Vatikan natürlich ein kleiner Moment in seiner langen Geschichte.

Zuerst hat man offenbar die Eingangswand restauriert, dann die Lunetten mit den Sibyllen und Propheten von Michelangelo. Dann kam 85-89 die grossartige Decke an die Reihe, und schliesslich das jüngste Gericht.
Es ist erstaunlich, wie intensiv die Farben sind, die man hier zum Vorschein brachte. Alle, die schon einmal in der Kapelle gewesen waren, mussten nochmals gehen, weil sie nun ja ganz anders und neu wirkte. Und diese starken Farben standen nun in grossem Kontrast zu den tieferen Zonen, den seitlichen Fresken aus dem 15. Jahrhundert. Deshalb hat man seit 95 zum Schluss auch diese Seitenwände restauriert.
Diese seitlichen Fresken sind von den bedeutendsten Meistern der Zeit (Quattrocento) gemalt, Botticelli, P. Perugino, Ghirlandaio, Rosselli, die alle ein ein umbrisch-toskanisches Ambiente entwickeln. Es sind zwei Zykeln, die sich gegenüber stehen. Links sind es 6 Szenen aus der Moses-Vita, rechts aus der Vita Christi.
Vasari, das grosse Tratschmaul der Renaissance, der erste Sensationsjournalist (ein "Wortscheisser" würdest du sagen) seiner Zeit, berichtet darüber. Es soll sich in diesem engen Raum rasch eine grosse Konkurrenz unter diesen Malern entwickelt haben. Der Wettbewerb wurde noch verschärft durch die Tatsache, dass Papst Sixtus IV dem besten eine Siegesprämie in Aussicht gestellt hatte.
Vasari berichtet, der schwächste sei Cosimo Rosselli gewesen, der bei der "Anbetung des goldenen Kalbes", "der Bergpredigt" un "des Abendmahls" mit dem Format nicht gut zurecht gekommen sei, und seine Schwierigkeiten mit teurem Material zu kaschieren und zu kompensieren versucht habe. Er brauchte viel Ultramarin, Gold und kräftige Farben, "so dass kein Baum, kein Kraut, kein Gewand, keine Wolke war, die nicht leuchtete" (so Vasari kritisch).
Doch offenbar ist Rosselli, entgegen dem Urteil Vasaris, schliesslich von Papst Sixtus die Prämie zugesprochen worden. Diese kleine Anekdote lässt sich heute, nach der Restaurierung, besser nachvollziehen.
Roselli verwendet offenbar bei seinen Malereien Neapelgelb, während Botticelli Rauch- oder Königsgelb benutzte. Letzteres war eine spezielle Farbe, über die sich schon Plinius geäussert hatte. Jener hatte empfohlen, sie auf Kreidegrund und nicht auf nassen Grund (al fresco) zu verwenden. Und tatsächlich fand man im unteren Bereich der Fresken einen Malgrund aus Kalk und Pozzolanerde. Hier wurde neben "al fresco" auch "mezzo fresco" gemalt, was der Tafelmalerei näher kommt. Rosselli tat sich dagegen mit reichem Einsatz von Goldhöhungen hervor. In seinem Bild vom goldenen Kalb reicht das Gold hinauf bis in den Himmel und zur einzig leuchtenden Wolke des Zyklus.
Nach der Reinigung der zwei Zyklen zeigen sich die Fresken in neuer, kristalliner Klarheit (so mein Zeitungsbericht), wie sie auch die die Tafelmalerei jener Zeit auszeichnet. Zwei Arten von Schäden sind beseitigt worden. Einerseits Wasserschäden von den Fenstern. Andererseits mechanisch verursachte Schäden, die dadurch entstanden waren, dass man an liturgischen Festtagen immer wieder die Teppichserie Raffaels aufhängte und dazu Leitern an die Wand gestellt hatte.
So ist ein harmonischer Gesamteindruck neu entstanden. Er verleiht der Zone einen Eigenwert und eine Eigenständigkeit gegenüber den Fresken Michelangelos, welche mit viel stärkeren Effekten arbeiten (und insofern irgendwie moderner wirken). Im neuen Licht vermögen sich auch die Quattrocento-Malereien durchaus gegenüber den oberen Zonen behaupten.

Bist du mal in der Sixtina gewesen, Marlena? Wir waren vor - ich weiss nicht mehr so genau - vielleicht vor mehr als 10 Jahren in Rom. Der Vatikan hat mich absolut beeindruckt. Und natürlich war ein Höhepukt die Kapelle des Papst Sixtus. Erstaunlich, wie eng der Raum war. Ich hatte ihn mir immer viel grösser vorgestellt. Und dann natürlich die Dunkelheit. Es ist ein dunkler und enger Raum, diese Sixtinische Kapell. Und man darf sich vorstellen, dass hier die Papstwahlen stattfinden. Es ist nicht erstaunlich, dass es meistens nicht allzu lange dauert, bis der weisse Rauch aufsteigt. Länger halten es die Kardinäle hier einfach nicht mehr aus. Die seitlichen Fresken, von denen hier die Rede ist, waren mir damals gar nicht besonders aufgefallen. Auf jeden Fall hatte ich sie nicht mehr in Erinnerung. Was mir im Gedächtnis geblieben ist: alle Leute schauten zur Decke hinauf, ähnlich wie bei einer Sonnenfinsternis. Und das war sehr anstrengend, man wurde rasch müde im Nacken. Am liebsten hätte man sich auf den Boden gelegt. Aber das war nun auch nicht möglich, denn mit den vielen Leuten entstand eine enge Situation, die Himmelgucker hätten einen glattweg zertrampelt, und immerhin befand man sich in der Sixtinischen Kapelle. Erheiternd empfand ich, dass alle 2 bis 3 Minuten ein Priester, der mit der Aufsicht betraut war, hervortrat und laut in die Hände klatschte, um die vielen Touristen aus aller Welt zur Ruhe und zum Respekt vor diesen heiligen Räumen zu ermahnen. Eine halbe Minute sank jeweils der Geräuschpegel, und stieg dann wieder zu normalem mitteleuropäischem Niveau an. Das fand ich sehr sympathisch und sehr katholisch, diese immerwährende Anstrengung gegen die menschlichen Schwächen, die aber stets mit einem guten Mass an Nachsicht einhergeht.

(---)


Ich wünsche dir eine gute Zeit, das Wochenende ist bereits in Sicht.
Mit einem lieben Gruss
..

Samstag, 6. Juli 2024

Sehnsucht ...

 



... in den hohen Norden

...

Und dann zuletzt, pflücke ich auf der Wiese den Blumenstrauss, der in einem kleinen Korb neben der Tür verkünden soll dass wir nun zu Hause sind und alle herzlich willkommen heissen. Und man kommt. Von nah und fern. Die meisten jungen Leute sind doch in den Süden ausgewandert. Aber im Sommer kommen sie ”nach Hause” und dann tauchen sie auf, Ks Freunde aus seiner Kindheit u.a. (einige haben auch in Uppsala studiert) und man erzählt sich bei einer Tasse Kaffee was man in dem vergangenen Jahr erlebt hat oder spricht von Erinnerungen aus der Kindheit.

...



Donnerstag, 4. Juli 2024

Sauberer Freitag

 


.

Varlin  Winter in Bondo



Ämne: Sauberer Freitag.. ;-)

Lieber ...,
Der Hunger und die Lust auf eine Tasse guten Kaffee haben mich heute früh aus dem Bett gelockt. Und dann finde ich sofort wieder ein herrliches Mail von meinem lieben Mausfreund. Aber wie ich sehe habe ich Konkurrenz bekommen um die Liebe zu Varlin. Du Untreuer!
Nun, jedenfalls hast du mir einen fröhlichen Morgen gemacht. Ich habe nochmals wegen Varlin im Internet nachgesehen und habe diesmal eine Page gefunden, die ganz wunderbar ist. Falls du sie nicht kennst, gebe ich dir die Adresse. HIER

Du darfst dabei nicht vergessen zu lesen was er "über sich selbst" schreibt. Er scheint auch ein Humorist zu sein. Solche Menschen mag ich sehr.

Weniger mag ich folgende Zeilen:
Das Fehlen einer wirklich eigenständigen Bildsprache verhindert bis heute Varlins Anerkennung über die schweizerischen Landesgrenzen hinaus. 

Ich finde, wenn ich seine Bilder betrachte,jedenfalls die man hier sehen kann, dass sie einen einheitlichen Stil haben. Ich glaube du bist derselben Meinung.


Lustig was du über die Schneeglöckchen sagst. Gerade so stehen sie, als brauchten sie einen eigenen Raum.. Sie erinnern mich immer an meine Tante, die stets Schneeglöckchen malte, wenn sie etwas verzieren wollte.

Ich komme später wieder. Muss den Tag anfassen. :-)

Mit lieben Grüssen,
Malou



Subject: Varlin nochmals

Lieber ...,
Bevor ich mich in die grosse Welt hinaus begebe, noch ein paar Worte über Varlin.
Eigentlich nur ein paar Zitate aus dem "über sich selbst" falls du es noch nicht gelesen hast.

"Die Kunst, wenn man nichts hat, sich mit primitivsten Freuden zu begnügen, zum Beispiel: eine Seife in der Badewanne entschlüpfen lassen und wieder einfangen." *s*

"Ich entdecke mit der Zeit die masochistische Neigung der Intellektuellen, sich von mir malen zu lassen. Die Schadenfreude führt zu immer weiteren Empfehlungen.."

"Der Schutzverband der von Varlin Geschädigten erfasst immer weitere illustre Namen."

Und als Illustration zu dem Text oben, ein Bild von Ernst Schröder. Ich frage mich nur, wie Schröder wohl reagiert haben mag, als er das Bild sah. Was würde W sagen, wenn du ihn so porträtieren würdest???



So lasse ich dich wieder. Du Glückspilz mit einer freien Woche vor dir.
Alles Liebe
Malou

Mittwoch, 3. Juli 2024

Himmelsmenuett

 

Liebe Marlena

Wir haben ein weiteres und sonniges Wochenende vor uns. Ist das nicht wunderbar? Die Tauben kreisen schon so früh morgens am Himmel. Sie haben sich in zwei Schwärme aufgeteilt und tanzen sozusagen ein Himmelsmenuett. Vielleicht sind die einen die Weibchen, die anderen die Männchen? Oder die Alten gegenüber den Jungen? Es ist merkwürdig, dass sie sich in der Luft scharen und scheinbar nutzlos Runden drehen. Als ob es die reine Freude wäre, am Himmel oben herumzufliegen und Energie zu verscheudern! Es hat ja wohl auch Signalcharakter. Sie sammeln sich, um dann in den Süden zu fahren, nicht wahr? Sie haben doch bestimmt in Venedig ein hübsches kleines Hotel gebucht. Und jetzt wollen sie bestimmt abreisen und dabei sicher gehen, dass hier keiner im eiskalten und grauen L sitzen bleibt. Das finde ich absolut rücksichtsvoll. Alle sehnen sie sich nach dem Geschmack des Meeres in der Luft, nach Spaghetti und Amore. Ach, wie kann ich sie gut verstehen!

Euphorie

 Gunnar Ekelöfs Gedichte gibt es in deutscher Übersetzung von Klaus-Jürgen Liedtke.

  1. Hier das schöne Gedicht "Euphorie" auf Deutsch.

  2. http://www.ekelut.dk/poems/e_p5de.html