Datum: den 23 augusti 14:39
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Im Moment ist kurz nach 7 Uhr samstag Morgen. Ich glaube nicht, dass die New Yorker schon auf sind. Es ist hier alles noch still. Die Nachbarin hat noch kein Licht in der Kueche. Und hier, wo ich zum naechsten Haus hinueber sehe, ist auch keine Seele auszumachen. ..
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Times Square ist wirklich wie ein elektrisierter Ort. Diese Lichtreklamen, die ich sonst nirgendwo in solch grosser Konzentration gesehen habe, machen, dass sich diese Kulisse rundum in Bewegung haelt. Und weil die Strassenkreuzung in X-Form verlaeuft, ist gleichzeitig viel Verkehr auf dem Platz. Besonders abends mit den Schlusslichtern der Fahrzeuge wird das deutlich. Es gibt dort ein Hotel Marriot oder aehnlich genannt. Die haben im 48. Stock ein Restaurant. Ich bin mit dem Expresslift hochgeduest und habe mir die Aussicht auf Manhattan kurz angeschaut. Aber die Sonne war schon vorbei. So wirkte alles etwas blass und dunstig. Man sollte bei klarem Sonnenschein dort oben einen dry Martini trinken. Aber das Liftszstem des Hochhauses ist phaenomenal. Du kannst Dir das Haus vorstellen wie eine hohe Kartonschachtel. Mitten drin steht ein Rohr. Dieses traegt die Lifts. Aber sie sind wie ein Kranz ausserhalb des Rohrs, gut sichtbar, angebracht. Sie sind wie kleine Kaeseglocken, die im Eiltempo hoch- und herunterfahren. Und wenn man im Lift steht, faehrt man an den Stockwerken vorbei, die wie Galerien nach innen offen oder verglast sind. Da gab es etwa im 12. Stock ein Fitnesscenter. Irgendwo ein Restaurant und so weiter. Und du faehrst wie in einer Rakete daran vorbei in die Hoehe und kannst alles sehen. Das Konzept ist wirklich gut ausgedacht.
Der Amerikaner, den ich gestern mit Frau und Tochter im Metropolitan Museum getroffen hatte, klang sehr patriotisch. Er hatte eine Idee von Amerika als einer Art Weltdoktor, der unseren Planeten von allen Geschwueren und Krankheiten zu heilen hat. Zu hohen Kosten, notabene. Es klang irgendwie alles mit karitativem Unterton. Es ist vielleicht so, wie die Katholiken frueher die Welt missioniert haben, um das Seelenheil der Menschen zu retten. Die Amis denken, sie bringen uns wirklich nur Gutes. In einem einzigen Punkt waren wir uns sehr einig. In der Tatsache naemlich, dass ein guter Staat einen grossen Mittelstand braucht. Wenn es nur Arme und nur Reiche gibt, laeuft es auf einen Krieg zwischen den beiden Klassen hinaus. Aber der Mittelstand ist das tragende Element des buergerlichen Staates. Damit hat er mich mit einer sehr schweizerischen Idee getroffen.
Times Square ist wirklich wie ein elektrisierter Ort. Diese Lichtreklamen, die ich sonst nirgendwo in solch grosser Konzentration gesehen habe, machen, dass sich diese Kulisse rundum in Bewegung haelt. Und weil die Strassenkreuzung in X-Form verlaeuft, ist gleichzeitig viel Verkehr auf dem Platz. Besonders abends mit den Schlusslichtern der Fahrzeuge wird das deutlich. Es gibt dort ein Hotel Marriot oder aehnlich genannt. Die haben im 48. Stock ein Restaurant. Ich bin mit dem Expresslift hochgeduest und habe mir die Aussicht auf Manhattan kurz angeschaut. Aber die Sonne war schon vorbei. So wirkte alles etwas blass und dunstig. Man sollte bei klarem Sonnenschein dort oben einen dry Martini trinken. Aber das Liftszstem des Hochhauses ist phaenomenal. Du kannst Dir das Haus vorstellen wie eine hohe Kartonschachtel. Mitten drin steht ein Rohr. Dieses traegt die Lifts. Aber sie sind wie ein Kranz ausserhalb des Rohrs, gut sichtbar, angebracht. Sie sind wie kleine Kaeseglocken, die im Eiltempo hoch- und herunterfahren. Und wenn man im Lift steht, faehrt man an den Stockwerken vorbei, die wie Galerien nach innen offen oder verglast sind. Da gab es etwa im 12. Stock ein Fitnesscenter. Irgendwo ein Restaurant und so weiter. Und du faehrst wie in einer Rakete daran vorbei in die Hoehe und kannst alles sehen. Das Konzept ist wirklich gut ausgedacht.
Der Amerikaner, den ich gestern mit Frau und Tochter im Metropolitan Museum getroffen hatte, klang sehr patriotisch. Er hatte eine Idee von Amerika als einer Art Weltdoktor, der unseren Planeten von allen Geschwueren und Krankheiten zu heilen hat. Zu hohen Kosten, notabene. Es klang irgendwie alles mit karitativem Unterton. Es ist vielleicht so, wie die Katholiken frueher die Welt missioniert haben, um das Seelenheil der Menschen zu retten. Die Amis denken, sie bringen uns wirklich nur Gutes. In einem einzigen Punkt waren wir uns sehr einig. In der Tatsache naemlich, dass ein guter Staat einen grossen Mittelstand braucht. Wenn es nur Arme und nur Reiche gibt, laeuft es auf einen Krieg zwischen den beiden Klassen hinaus. Aber der Mittelstand ist das tragende Element des buergerlichen Staates. Damit hat er mich mit einer sehr schweizerischen Idee getroffen.
Er hat mir auch einiges von Frank Loyid Wright erzaehlt.
Offenbar ist in der Naehe seines Wohnortes (ich erinnere mich nicht
mehr, woher er kam) dieses beruehmte Haus on the waterfall von Wright.
Er war ein bisschen irritiert, dass ich das Haus schon kannte.
In meinen
Architekturjahren hatte ich natuerlich einige Bilder davon gesehen. Und
im Metropolitan Museum gab es einen Raum, der von Wright eingerichtet
worden war. Deshalb sage ich, dass dieses Museum fuer uns Europaer etwas
unordentlich wirkt: es gibt neben Rubens-Bilder einen Wohnraum eines
beinahe zeitgenoessischen Architekten. Es gab auch viele Moebel und
Dinge, die wir eher in einem Voelkerkundemuseum unterbringen wuerden. Es
gab zahlreiche alte Ruestungen aus dem Mittelalter, Objekte fuer
Rituale in fremden Kulturen.,und daneben Statuen von Rodin. Die
beruehmten "Buerger von Calais", die auch in Basel im Hof des
Kunstmuseums stehen, standen auch hier mit ihren tragischen Gesten. Wer
hat da wohl von wem geklaut :--)? Ich habe keine Ahnung, wieviele Kopien
es davon gibt. Wahrscheinlich schon einige. Es gab einige schoene
Bilder von Pisarro. Dabei habe ich an Dich gedacht. Es gibt nicht viele
Personen, die ich kenne, und die gleichzeitig Pisarro kennen. Wir sind
sozusagen seine gemeinsamen Bekannten. Weisst Du, was an Pisarro
besonders ist? Seine Palette ist so unaggressiv, so milde und ein klein
bisschen mystisch. Er wirkt durch seine Bilder wie ein aelterer,
abgeklaerter Herr., der der Welt Frieden und Ruhe bringen moechte. Und
das war er auch unter den Impressionisten. Er hatte in seiner
Diskretheit einen grossen Einfluss auf viele seiner Malerkollegen. Ich
glaube, er hat Monet zum Impressionismus bewegt. Und das ist doch eine
kunsthistorische Tat, die man nicht unterschaetzen darf. Ich fuele mich
ihm ein bisschen verwandt. Und dann gab es noch zwei oder drei Sisleys.
Sie sind immer schoen und harmonisch. Er steht Pisarro sehr nahe. Seine
Palette ist ein bisschen heller und unbeschwerter. Wir haben gelacht
bei einer kleinen Skulptur von Degas. Sie stellte eine Frau dar, die
sich einen Fuss waescht.
Na ja, irgendwie hat es gewirkt, als ob sie
sich an der Fusssohle kratzen muss. Dabei ist sie auf einem Bein frei
gestanden, hat mit dem anderen Arm ausbalanciert. Es war eine lustige
Pose, aber sehr gut erfasst. Der nach innen gewoelbte Ruecken mit den
hervorstehenden Schulterblaettern, das Rueckgrat, das in einem leichten
Bogen zum Po fuehrte, dort aber eine verstaerkte Kruemmung die eine
Anstrengung signalisierte, weil die Figur ja mit dem Arm ihren Fuss zu
erreichen hatte, so dass das Becken rechts etwas hervorstand, und dann
die Gewichtsverteilung auf bloss einem Bein, das war alles meisterhaft.
Es sah so leicht und ein bisschen komisch aus, aber es war genial, denn
die Pose war ungeheuer schwierig zu modellieren. Degas war ein Meister
der Damentoilette. Man koennte denken, er waere als Kind der Chefin
eines Beauty-Salons aufgewachsen. Aber man sieht auch, dass die Frauen,
die er sich vornimmt, nicht von hoher sozialer Klasse sind, manchmal
eher einfache und etwas einfaeltige Geschoepfe.
Soweit meine
Impressionen. Nebenbei: ich hatte versucht, meiner Begleiterin die
Begriffe Impressionismus und Expressionismus zu erklaeren. Soll ich Dir
sagen, wie ich es versucht habe? Na ja, ich kann das nur, soweit ich es
selbst begreife. Dem Impressionismus liegt ein sinnliches Konyept der
Wahrnehmung zugrunde. Ich habe kuerzlich einen Artikel (NZZ) gelesen
ueber die physioligische Forschung von Helmholtz in Deutschland und das
Wahrnehmungsverstaendnis der Impressionisten. Also: Impressionismus ist
sinnlich, Expressionismus ist gedanklich. Oder wenn man vor dem Bild
steht: ein impressionistisches Bild zieht dich als Betrachter in sich
hinein, ein expressionistisches Bild springt dich an.
Soweit meine meine Impressionen.
Ich gehe jetzt duschen und dann nichts wie los.
Und wuensche Dir ein schoenes Wochenende.
Mit Gs und Ks a la carte
...
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