Montag, 30. Dezember 2019

Gott Nytt År






Liebe Marlena
Heute ist Silvester. ...
Ich habe mir für das neue Jahr versucht, einige
gute Vorsätze zu machen. Das ist neu. Ich habe
das in meinem ganzen Leben nicht wirklich getan.
Mein Leben stand eher unter dem Motto: was kommt,
das kommt. Das ist eine Art von Schicksalsergebenheit,
mit der ich gar nicht schlecht gefahren bin. Aber ich
glaube, das ist eine altmodische Art, das Leben zu
nehmen. Ich denke, wer modern ist, der fühlt sich
stärker als Regisseur seines eigenen Lebens. Man
soll sich das Leben erdichten, sagen die Spezialisten.
Und das werde ich tun! Ich muss bloss versuchen,
mich dazu zu motivieren.
(... )


Re: Silvester

Lieber ...,
---
Wie schön, deine guten Vorsätze für das neue Jahr.
Es klingt irgendwie ermutigend und schenkt sicher
ein Gefühl von Geborgenheit. Vorsätze als Stützen
auf dem Weg durchs Leben.
Und du sagst, das ist modern? Dann bin ich früher
modern gewesen. Doch jetzt denke ich eher, wie du
es früher getan hast: Was kommt, das kommt. Ich
glaube, dass der Zufall unser Leben regiert.
Vor ein paar Tagen habe ich einen interessanten Film
gesehen. Ann und ich hatten ihn schon früher gesehen,
aber wir wollten ihn beide nochmals sehen. Er zeigt
sehr deutlich, was ich meine.
"Wie wäre mein Leben gewesen, wenn..."
In diesem Film werden zwei parallele Leben einer
hübschen jungen Frau geschildert. Und alles hängt
vom Zufall ab, von ein paar Sekunden. Es ist sehr
geschickt dargestellt. Kennst du den Film?
"Sliding doors"

https://www.theringer.com/movies/2018/4/24/17261506/
sliding-doors-20th-anniversary






Mittwoch, 25. Dezember 2019

Heute Morgen ...


Lieber Mausfreund,

Heute Morgen habe ich mich mit der Englischen

Sprache herumgeplagt. Die Grammatik beherrsche
ich so eingermassen aber diese Sprache ist ja viel
mehr als so. Es war mein Lieblingsfach im Gymnasium
und eigentlich hätte  ich es dann an der Uni studieren
wollen.. aber Frankreich kam dazwischen. :-)
Ich schicke dir eine Kopie von meinen Bemühungen,

damit dir nichts von meinem "inhaltreichen" Alltag
entgeht. ;-))
.....


Sweden really is a very Americanized country.
(The most Americanized country in the world.
On the second place comes the USA ;-)
...

Bis später
MlGuK
Malou



Re:

Halo liebe Malou

ich staune, welch lange, detaillierte und hübsche Briefe
du nach Rom schickst. Diejenigen, die in B.. anflattern,
sind bloss halb so lang. Nicht einmal!
Ja, dein Englisch ist sorgfältig und schön Malou. Und
deine kleinen sprachlichen Bilder, die du brauchst,
gefallen mir.


---

God Jul och Gott Nytt År









Freitag, 20. Dezember 2019

Weihnachtsgeschichte





...

Stell Dir vor, Malou, da kommt mir eine barbarische
Weihnachtsgeschichte in den Sinn. Es war in der 4.
Primarklasse, würde ich sagen. Ich hatte eben die Rolle
als Joseph im Weihnachtsspiel erhalten und wusste noch
nicht recht, ob das eine Auszeichnung oder eine Strafe
sein sollte. So nebenbei hatte ich mitbekommen, dass ein
dünnes und langes blondes Mädchen Maria spielen sollte.
Aber ich habe nicht erkannt, was das wirklich bedeuten
sollte. Erst um 12 Uhr, als wir über den Schulhof nach
Hause zum Mittagessen schlenderten, versuchten andere
Schüler mich (oder vielleicht uns) zu necken, weil wir doch
nun Maria und Joseph, also ein Paar wären. Das war mir
nun aber absolut peinlich, gegen meinen Willen verheiratet
zu sein. Und demonstrativ stiess ich die arme Maria von
mir, so dass sie gegen einen Zaun taumelte. Sie war sehr
betrübt, weinte, wenn ich mich recht erinnere.
Doch ich erinnere mich ebenso, dass sie nicht aus körper-
lichem Schmerz weinte,sondern wegen des Unrechts, das
ihr geschehen war. Ich glaube, sie war sehr verwirrt, dass
ich so reagiert hatte. In meinem Kopf wollte ich keine
Maria an meiner Seite und ich hatte sie nicht gewählt.
Aber ebenso war es auch nicht sie gewesen, die diese
Konstellation geschaffen hatte. Das empfand sie wohl
als brutale Ungerechtigkeit. Und recht hatte sie damit.

Wir haben dann, so muss ich annehmen, unseren Part im
Weihnachtsspiel sehr unterkühlt und distanziert gespielt.
Ich weiss noch, wie ich in der Kirche mit dem langen Bart
in der Gegend herumgestanden habe, und wie der Lehrer
der Oberstufenschüler mir deswegen zugezwinkert hatte.
Aber ich war mir dessen kaum bewusst, dass ich einen
solchen langen weissen Bart trug, und ich hatte wohl auch
keinen Gedanken an meine Maria verschwendet.
Ich glaube, sie musste eine Gummipuppe im Arm wiegen,
eine Puppe, wie sie auch meine Schwester besass, mit
einem kleinen Mundloch, so dass man ihr erst die Flasche
geben konnte, um ihr nachher die nassen Windeln zu
wechseln zu können. Mädchen fanden das damals herrlich.
Mit einem solchen kleinen Ding und einem blauen
Überwurf musste Maria mitten in der Kirche sitzen
und mit langsamen Bewegungen zeigen, dass diese
Gummipuppe sozusagen heilig war.
Nicht alles, aber diese kleine Drink- und Piss- Puppe
fand ich echt dämlich. Ich konnte mir schlichtweg nicht
vorstellen, dass das Jesuskind das Getrunkene ohne
irgend eine Zutat in die Hosen laufen liess. Ich meine,
wie kann man sich bei einem heiligen Menschen so was
Tierisches vorstellen? Das war doch irgendwie widerlich.
Auch bei einem Jesus.
Aber ich glaube, wir haben die Szene dann irgendwie hinter
uns gebracht. Ich hatte nicht viel zu sagen, ein oder zwei
Sätze, entäuschend wenig, angesichts des langen Bartes,
der mir beinahe bis zu den Schuhen reichte. So kam es,
dass die Gruppe mit den Blockflöten anfing, Stille Nacht
zu pipsen. Und so konnte ich wenigstens diesen pissenden
Jesus etwas vergessen.
Soweit meine Joseph-Rolle. Überigens hatte ich immer
gewusst, dass dieses Jesus- Puppen- Kind nicht von mir
stammen konnte. Damit hatte ich einfach nichts gemein.
Und dass der liebe Gott seine Hand im Spiel gehabt hatte,
das wollte mir weder die Maria noch meine Lehrerin sagen.
Sie haben mir das Wichtigste einfach verschwiegen, Malou!
Ich bin praktisch hintergangen worden! Man hat mir ein
pissendes Kind untergeschoben. Wenn Du weißt, was
ich meine.
*
Nun bin ich etwas vom Thema abgekommen. Das Thema
war Gewalt unter Jugendlichen. ...
...

Dienstag, 17. Dezember 2019

Pause



december 2019





.

Montag, 16. Dezember 2019

Re: Amerika gibt es doch


Ämne: Re: Amerika gibt es doch
Datum: den 26 augusti 16:22

Lieber ...,
Ich bin soeben nach Hause gekommen. Es ist  ein wenig anstrengend so am Anfang. Und die neuen Klassen sind gross. So habe ich sie mit der Digitalkamera fotografiert und werde zu Hause versuchen die Namen der Schüler zu memorieren. Es ist besser, wenn man sie persönlich ansprechen kann.
*
Dein Frühstückstip ist gut. Ich mache wohl ungefähr dasselbe. Lege das hartgekochte Ei in einen kleinen Apparat, der es in schöne Scheiben verteilt. Lege diese auf das Knäckebrot und etwas Kaviar obendrauf. Schmeckt sehr gut. Aber aufgeweichtes Knäckebrot ist ein Greuel..

Muscheln habe ich jede Menge hier zu Hause. Als Anna klein war spielte sie oft damit und ich kaufte immer neue dazu entweder auf dem Jahrmarkt, wo man einen ganzen Korb voll bekam, oder in A auf dem Muschelboot, das dort im Hafen verankert liegt. Dort wählt man sich die schönsten und ungewöhnlichen aus. Ja, du hast recht. Das Leben ist voll von Madeleines. Ich habe einen so grossen Vorrat davon, dass ich mir eigentlich nichts neues besorgen muss. Es reicht, dass ich etwas, an sich ziemlich alltägliches, betrachte und eine ganze Welt aus der Vergangenheit öffnet sich. Manchmal vergisst man, dass es für andere keine Madeleines sind. Nur grauer Alltag, ein Geschehen ohne besonderen Glanz. Ich denke manchmal daran, wenn ich sehe dass Anna nicht so begeistert ist von einigen Dingen wie ich. Ich stelle mir vor, wie es aussieht ohne all die schönen Erinnerungen, die ich damit verknüpfe. So verstehe ich sie besser.

Wie lustig deine Antwort auf die Frage was dich nach Amerika bringt. Sehen ob etwas wirklich existiert oder nur eine Vorstellung ist. Manchmal frage ich mich sogar ob du wirklich bist, oder nur ein Produkt meiner Fantasie. Oder besser gesagt, wie viel an dir nur in meiner Vorstellung existiert.

Dein Kurs scheint gemütlich zu sein und ihr scheint alle davon zu profitieren. Ich glaube sowas würde mir auch gut tun. Wenn ich hier ein bisschen zur Ruhe gekommen bin werde ich mich umsehen.

Am Himmel hängen graue Wolken. Ich muss schnell den Rasen mähen auf der Vorderseite des Hauses, bevor es nass wird.

So lasse ich dich mit einem lieben Gruss,
Marlena


Amerika gibt es doch


Ämne: Amerika gibt es doch
Datum: den 26 augusti 

Liebe Marlena
Es ist gleich 8 und meine Gastgeber schlafen noch. So kann ich nicht zuviel Laerm mit der Tastatur machen. Normalerweise schreibe ich sehr schnell. Heute langsam, wie auf einer mittelalterlichen Schreibmaschine. Ich habe Dir ein wunderbares Rezept. Ich druecke die zwei Eier mit einer Gabel klein, gebe etwas Maionnaise dazu und habe so eine Paste, die ich auf das Knaeckebrot streichen kann. Natuerlich noch etwas Salz. Gut waere ein Bisschen Tomate beigeben, aber die habe ich hier nicht. Das macht ein exzellentes und sehr handliches Sandwich. Allerdings wird das Knaeckobrot bis Mittag etwas weich und ist nicht mehr knackig. Trockdem, ich habe meine Erfindung gut genossen. Und ich habe mich an jenen Englandaufenthaltim Gymnasium erinnert. Damals gab es in der Schule in Bournemouth eine kleine Kantine, wo man Sandwich und kleine Dinge kaufen konnte. Der Nachmittag war schulfrei, und so holten wir dort etwas, um an die Beach mitzunehmen. Ich liebte diese Eiersandwiches mit ein bisschen Salat drin. Ich weiss nicht wesshalb, alles war ja ziemlich trocken und staubig, aber ich liebte sie. Une petite madeleine ....

Ein Ei ist aufgequollen, und das Weiss kommt ein bisschen heraus wie aus einer Muschel. Ich liebe Muscheln. Ich habe immer noch eine ganze Schachtel vom Sueden Spaniens. Sie sehen so huebsch aus. Ihre Farbe geht von schneeweiss bis braungebacken. Sie erinnern mich an den Camino. Und eine Muschel ist sogar komplett gebliebn, dh. die beiden Haelften kleben noch zusammen. Das war eine Gluecksmuschel. Ich war immer fruemorgens an den Strand gegangen, zur Kneippkur, wie ich zu sagen pflegte, weil ich barfuss durch das seichte Wasser schlenderte und nach diesen Dingen suchte, die wahrend der Nacht angeschwemmt worden waren. Ich hatte immer irgendwo ein Gefuehl, ich sollte aufhoeren, es sei genug mit Muscheln. Aber jede neue fand ich irgendwie schoen und konnte nicht wiederstehen, sie auch noch in meiner Muetze zu sammeln. Und jetzt habe ich sie immer noch in meiner Bibliothek. Einige habe ich im Buero auf dem Buerchergestell. Sie sind ein Symbol der Pilgerschaft.

Nein, Marlena, diese Art von Trance, die wir hier machen, ist therapeutisch. Die Kunst des Tranceurs (falls es ein Wort wie dieses gibt) ist es, dem Patienten oder Subject (wie sie hier in den Texten schreiben) folgen. Und wenn du in Trance bist, realisiert du das alles. Und du weisst, du koenntest dich weigern, etwas mitzumachen. Aber es ist leichter, es zu tun als sich zu wehren. Es geht alles so entspannt und leicht, dass es ein Vergnuegen ist. Die Taenzerin hat beschrieben, dass si die Trance braucht wahrend sie tanzt. Sie ist dann sehr wach und ihres Koerpers bewusst. Aber viele schauen in Trance etwas daemmerig aus. Das Gesicht ist enspannt. Die Reaktionen sind verlangsamt. Aber man sieht, sie geniessen es. Die leute wollen gar nicht mehr ins normale Wachbewusstsein zurueckkommen, so angenehm ist dieser Zustand.
Es hat also wenig zu tun mit jenen Hypnose Demonstrationen, die man manchmal im Fernsehen sieht. Sie sind autoritaer durchgefuehrt und nutzen das Phaenomen fuer eine Show. Das mag lustig oder gar interessant sein, aber es ist nicht das, was hier passiert. Ich glaube, die Oesterreicher nutzen die Heilhypnose, wie sie sagen, vieel haeufiger als wir hier in der Schweiz. Das kommt vielleicht daher, weil auch Freud von der Hypnose ausgegangen war. Die Psychoanalyse ist sicher sehr verwandt, und ich wuerde behaupten, der patient auf der Couch ist die meiste Zeit in einer Trance.
...
Kennst Du Bichsels Geschichte "Amerika gibt es doch". Gestern hat hier Ben gekocht. Sie hatten einen Japaner eingeladen und wir hatten einen vergnuegten Abend. Ich wurde gefragt, weshalb ich denn nach NY gekommen waere. Und ich wollte es etwas spassig machen und meinte, nun, ich wollte doch endlich testen, ob es dieses Amerika wirklich gaebe. Man werde in Europa den Eindruck nicht los, das ganze sei bloss eine perfekte Holliwood-Produktion. Koennte doch sein, dass das alles nur eine grossangelegte Fernseserie sei, die wir in Europa am Fernsehschirm mitbekommen und naiverweise glauben. Na ja, Bichsels Geschichte hat ja dann noch den Reiz, wie er diese Reise beschreibt, diese Karawanne, die immer laenger wird, weil sie mehr Schiffe, mehr Wagen, und Wagen fuer die Wagen und Schiffe fuer die Schiffe brauchen. Es wird ein zwar globales, aber hoffnungsloses Unterfangen. Aber der erste Gedanke, mit eigenen Augen zu sehen und testen, was ist, der ist doch gut und vielleicht mehr ein amerikanischer als ein europaeischer Gedanke.

Jetzt muss ich aufhoeren. Ich bin immer noch im Pyjama hier am PC. Meine Kaffeetasse ist leer. Und eben hat mein Wecker gelautet. Das heisst, duschen und vorwaerts machen.
Ich wuensche Dir einen schoenen Tag und sende, bevor die ganze Sache abstuerzt.
Mit  Kruessen (Gruessen und Kuessen)
...





Sonntag, 15. Dezember 2019

Seit heute Nacht ..





Ämne: Seit heute Nacht..
Datum: den 26 augusti 07:04

Lieber ...,
Es ist noch früh am morgen. Dann ist die Welt am schönsten. Die Felder leuchten golden in der frühen Sonne und der Himmel ist von einem Blau, das ich als Babyfarbe bezeichnen möchte. ;-)

Krüssen klingt wohl nicht allzu verlockend. Süss und klebrig? Wie der Apfelpaj gestern. Der hat an und für sich nach mehr geschmeckt.
Es soll doch keine Kritik sein. Ich liebe es, wenn du die Leute um dich karaktärisierst. Es macht dich irgendwie lebendiger. Setzt dich in einen Zusammenhang. Aber ich möchte nicht dabei sein. Es ist wahr. Leute verändern sich wenn man sie kennenlernt. Aber natürlich gilt auch oft das erste Urteil.
"Il faut de tout pour faire un monde". Das ist um so wichtiger in unserer klonisierenden Welt. Stell dir vor, nur ein Mann, eine Frau, ein Hund, eine Katze u.s.w. Keine Vielfalt mehr. Keine Eigentschaften, die wir bevorzugen können oder über die wir uns ärgern können. Ich weiss nicht auf welchen Weg die Menschheit geraten ist.
*
Du warst sicher gestern ein ausgezeichnetes Opfer. Ich frage mich manchmal wie ich auf Hypnose reagieren würde. Der Bruder des Freundes von meinem Onkel, derjenige der ein riesiges Werk über Daemonologie geschrieben hat, war auch Hyptnotiseur. Und weil ich ganz unbeschwert über dieses Hypnotisieren gelacht habe (ich glaube ich war damals erst 17) so hat er versucht mir seine Kraft zu beweisen. Ich muss zugeben, es gab etwas unheimliches in seinem Blick aber er hatte keinen Erfolg bei mir. Doch ich weiss dass du nicht von solcher Hypnose sprichst sondern von Selbstsuggestion. Oder ist es das immer? Erzähl mir darüber.
*
Schade, dass deine Gastgeber heimgekommen sind. Ich habe mich schon so sehr an die grossen Portionen gewöhnt, dass ich wohl heute in Versuchung kommen werde andere Unnütze Dinge zu verschlingen.
Ja, diese Botteroleute. Es war wie ein lebendes Gemälde von B. Ich hatte alle Zeit das Bild zu studieren. Und dabei habe ich auch festgestellt, dass sie trotz ihres unförmlichen Körpers sehr schöne Hände hatte. Eigentlich waren es die Finger. Und noch dazu wohlgepflegte Nägel. Bei so dicken Leuten erwartet man meist, dass sie ungepflegt sein sollen.
*
Pensionieren lassen? Aber hör mal. Wie kommst du auf den Gedanken? Nein, aber frisch und stark möchte ich sein auch nach meinem Berufsleben, dann wenn ich Zeit habe meine Träume zu verwirklichen, d.h. mich "durch Europa hindurchzuessen". ;-) Erinnerst du dich?

Die Wiener haben wieder etwas schönes gemacht im Sommer, das mir auch sehr gefallen würde. Sie haben mit einem befreundeten Paar auf einem Hausboot gelebt und sind auf der Loire gefahren. Du weisst, das wunderschöne Loiretal mit seinen Schlössern. Und streckenweise sind sie geradelt. Wegen der Wärme sind sie bis an den Atlantik gefahren und haben sich dort abgekühlt. Ich glaube wirklich, dass diese Frau das Leben hat, das ich mir gewünscht hätte. Warum habe ich mich damals nicht in ihren späteren Mann verliebt. Er hat in unserer Familie gewohnt, während er in Schweden ein Praktikum gemacht hat. Dann hätte ich auch auf dem grossen Ball des Jahres meinen Einzug in die wiener Sozietät gemacht. Ich glaube diese Leute leben ziemlich angenehm. :-)
*
Seit heute Nacht ist nicht viel passiert. Weiss nicht einmal was ich geträumt habe. Aber nun sehne ich mich nach einer guten Tasse Kaffee (oder zwei) und dazu werde ich es dir nachmachen und Wasa Knäckebrot essen. Am liebsten mag ich das dunkle Roggenbrot während K das Weizenbrot bevorzugt. Und ein gekochtes Ei dazu gibt, wie du sagst, einen guten Grund für spätere Grosstaten. Zwei Eier könnten bei einem Mann wohl eher gefährlich sein. ;-)
*
So, mein lieber Mausfreund. Ich lasse dich. Je te laisse. Et comme toujours je t'embrasse et te souhaite une très bonne journée,
BB
Marlena

Re: Gemischtes Nichts


Ämne: Re: Gemischtes Nichts
Datum: den 26 augusti 

Liebe Marlena
Kruessen, na ja, wenn Du nicht weisst, was das ist, wie soll ich das sagen? Es ist sozusagen eine Sorte Konfituere. Eingemachtes Gemischtes. Darunter kann man sich doch was vorstellen, oder etwa nicht? Klebrig ist es auf jeden Fall. Und suess dazu. Ich meine, das sollte als Erklaerung genuegen. Sonst musst Du im Lexikon nachschauen.

Ja, Deiner war ein merkwueriger Tag. Und die Bottero Leute! Ich weiss erst seit der kolumbianischen Aertztin, dass Bottero ein Kolumbianer ist. Das wusste ich nicht. Hier in Amerika gibt es schon einige dicke Leute, aber doch nicht soviele, wie ich es mir vorgestellt hatte. Und kuerzlich sah ich einen Film aus England ueber dicke Menschen. Ich haette mir nie vorstellen koennen, dass Englaender so dick werden koennen. Die sind doch von Natur duenn!

Ich bin nicht so streng mit den Leuten, wie du denkst. Meine Aeusserungen sind nur solange moeglich, als ich nicht mit ihnen in Kontakt bin. Sobald ich sie kenne, werde ich sehr tolerant. Du wuerdest bei mir sehr gut abschneiden, kann ich Dir versichern. Ich glaube, Du waerest ein "impressionistisches Bild". Es ist wahr, die erste impressionistische Ausstellung, die ich gesehen hatte, war auch die im Jeu de Paume. Und das war eine solch gute Astmosphaere da drin. Man hatte das Gefuehl, die Bilder wuerden nur fuer dich dort hangen. Als ich sie dann wieder im Gare de xxx gesehen habe, kam mir alles so anonym und gross vor. Ich hatte den Eindruck, es sei ein Verlust. Aber natuerlich war die Situation dort, angesichts der vielen Besucher, unhaltbar geworden.

---

Heute haben wir Uebungen gemacht im Kurs. Es kommt darauf an, die Logik der Technik durchzuhalten. Es ist wie ein Spiel, aber die Spielzuege sollte man einigermassen ueberblicken. Das zu lernen, dazu sind wir da. Ich habe mich vor dem ganzen Kurs als Patient zur Verfuegung gestellt und bin mit hellem Applaus fuer meinen "Mut" belohnt worden. Na ja, es macht schon ein bisschen gespannt, vor so vielen Leuten sich auf sich selbst zu konzentrieren. Aber es hat nicht schlecht gewirkt. Es ist natuerlich immer sehr viel Suggestion mit dabei. Die ganze Uebung soll der Staerkung der Identitaet dienen. Du wirst sehen, wie ich nur noch davon spritze.

Ich muss leider zum Ende kommen. Meine Gastgeber sind heimgekommen. Und Du weisst schon.
Ich wuensche Dir eine gute Zeit.
Liebe Kruesse
... 





Gemischtes Nichts..



den 25 augusti  23:01
Gemischtes nichts..

Lieber ...,
Oh, wie bist du hart in deiner Beurteilung von anderen
Menschen. OK, auf einige lässt du ein bisschen Glanz
fallen... aber doch. Ein Glück, dass sie nicht wissen, wie
sie von einem scharfsinnigen Psychologen durchschaut
und einrangiert werden. ;-) Ich kann es nicht seinlassen
mich dabei zu fragen, was du wohl von mir denken würdest
bei einer ersten kurzen Betrachtung.
*
Heute ist absolut nichts passiert. Habe meine Sorgenklasse
gehabt. D.h. einige Schüler sind brav aber leider sehr
unbegabt, andere sind faul und noch welche kommen und
gehen wie es ihnen passt. Diese Klasse habe ich von der
Kollegin, die voriges Jahr den Beruf verlassen hat,
übernommen. Bei manchen Schülern musste man sich
fragen ob sie überhaupt je dieses Fach gehabt hatten (wo
sie es doch schon vier Jahre gelernt hatten). Na ja, sie sind
exceptionell und diejenigen in der Klasse, die normal sind,
tun mir etwas leid. Ihretwegen versuche ich gute Miene
zum bösen Spiel zu machen.
*
M. hat mich aufgesucht nach der Stunde und lange von sich
selbst erzählt. Ich merke, dass sie sich aussprechen muss.
Seit ihr Sohn J.  nun das Haus verlassen hat (er hat mit
seinem Freund eine Studentenwohnung in ...) beginnen die
Männer um sie zu schwirren, wie Motten um das Licht.
---
 Dann hatte ich einen Termin beim Arzt. Er ist ein Mensch,
dem man nicht seine Sorgen anvertrauen würde. Vielleicht
kann er diagnostizieren.. aber man verlangt etwas mehr von
einem Arzt. Ich war vielleicht etwas früh gekommen, oder
war er verspätet. Ich hatte keine Uhr bei mir. Jedenfalls
habe ich ziemlich lange im Wartezimmer gesessen. Nur
6 Stühle gab es da und daneben einen langen Korridor
mit blank polliertem Fussboden, in dem man sich hätte
spiegeln können. Ab und zu ging ein Arzt oder eine Ärztin
vorbei mit energischen Schritten und Fussrichtigen
Schuhen. Und dabei dachte ich, dass ihr Beruf nicht so
glamourös sein kann, wie ich ihn mir mal vorgestellt habe.
Sie sahen ziemlich erschöpft und irgendwie vernachlässigt
aus. Ich meine, als Lehrer könnte man nicht so vor die
Schüler treten. Sie würden vom blossen Anblick müde
werden.
Neben mir sass ein Junger Einwanderer. Es gibt ziemlich
viele dieser Sorte bei uns. Und dann kam ein Paar und
setzte sich mir gegenüber in die Stühle. Eigentlich war
es eine Bank mit zwei Sitzplätzen. Sie waren jung, vielleicht
so 25 und beide so dick, dass sie die ganze Bank mit ihren
Körpern ausfüllten. Plötzlich sah ich sie wie ein Gemälde
von Bottero und ich wünschte ich hätte sie heimlich foto-
grafieren können. Die Schenkel der jungen Frau waren
so dick wie mein ganzer Körper und sein Gesicht sah aus
wie eine Birne.

Er erinnerte mich an diesen dicken französischen König,
der wie eine Birne aussah. Und doch waren ihre Gesichter
ganz zufrieden, so wie Botteros Menschen eben meist
aussehen. Ich mag diese Welt von Dickusen bei Bottero
aber im RL tun mir die Leute doch leid, denn ihre Figur
muss ihnen einiges im Leben erschweren.
---
Heute abend habe ich in meinen Papieren herumgewühlt.
Nun liegen sie in Haufen um mein Fauteuil im Allzimmer
herum. Ein Glück, dass du das nicht sehen kannst. Es wäre
keine gute Reklame für Marlena. Ich muss endlich mal
aussortieren und einsehen, dass Dinge die ich zehn Jahre
lang nicht gebraucht habe wahrscheinlich auch in Zukunft
nicht Verwendung finden werden.



Am Nachmittag war ich bei Lisa oben. Die Katzenmutter.
Und klein Misty hat mir meine Seele warm geschnurrt.
Ach,wie schön es ist von jemanden so gemocht zu sein.
Lisa hatte mir einen herrlichen Paj gebacken. Er schmeckt
ganz wunderbar, ein bisschen wie Apfelstrudel, und ich
habe ihn eingefroren damit er sich bis zum Wochenende
hält.
*
Für einen Tag, an dem absolut nichts passiert ist, ist es
doch ein ziemlich langes Mail geworden. Lang und
wahrscheinlich auch lang-weilig. Aber so ist das Leben.
Hier jedenfalls.
*
Jetzt hast du wieder ein wenig Gesellschaft um dich herum.
Du wirst bestimmt noch einiges erleben in diesem Kurs.
Ich bin gespannt und neugierig. Und ich freue mich schon
auf dein nächstes Mail. Es ist schön den Tag mit einer Dosis
Harroin zu beginnen. Mein Lebenselixir.  :-)

Erkläre mir genau was "krüssen" ist.
Mit einem lieben Gruss und Kuss,
Marlena

Freitag, 13. Dezember 2019

Tag 6 - 1. Kurstag


Ämne:  1. Kurstag
Datum: den 25 augusti

Liebe Marlena
Ja, die Carolina Klueft, ich kenne sie zwar nicht, aber ich glaube, ich habe schon von ihr gehoert. Schoen, wie Du fuer sie Wind machst. Das finde ich echt patriotisch. Wenn ich den Namen hoere, dann stelle ich mir unter einer schwedischen Carolina ein engelhaftes, engelblondes beinahe fliegendes Wesen vor, fuer das es natuerlich keine Sache ist, im Weitsprung noch im letzten Versuch die Hoffnungen der Franzosen zunichte zu machen. Ich finde es immer schoen, wenn Leute von kleinen Nationen gewinnen. Small ist einfach beautiful, nicht wahr.

Ja, heute hat er Kurs angefangen. Wir sind ein internationales Gemisch. Da gibt es eine Tuerkin aus Istambul, sehr gut gekleidet und chique, ein Franzose, der aber in den Staaten lebt, ein Brite, der in London bei einer schweizerischen Bank arbeitet, eine Mexikanerin, die Taenzerin ist und voller Energie dasitzt, eine Venezuelanerin und daneben noch einige Amerikanerinnen und Amerikaner. Einer hat mir schon vorgerechnet, wie seine Vorfahren vor 400 Jahren aus der Schweiz ausgewandert sind. Er heisst Rosenthal. Und die andere Seite seien Russen. Nun habe ich in der Schweiz noch nie einen Rosenthal getroffen. Na ja, vielleicht eben, weil sie ausgewandert sind. Aber vielleicht denkt er auch, die Schweiz sei das suedlichste Bundesland hinter Bayern. Er lebt in Florida. Ich glaube, ich muss ihn naeher kennenlernen, ich wuerde gerne mal nach Florida. Dort haben sie keine Jahreszeiten, die Armen, und wissen nicht, was Schnee ist, die Alleraermsten. Der Brite spricht neben seinem feinen Akzent auch Deutsch und Franzoesisch. Das habe ich bisher nirgendwo gesehen bei einem Briten. Er ist ein bisschen scheu, auch das echt britisch. Die Amerikanerinnen scheinen mir die komischsten Wesen im Kurs. Die eine ist etwas unfoermig, dick aufgepudert. Die zweite wirkt asketisch tantenhaft. Und die dritte ist auch ziemlich rund und schaut grimmig in die Welt. Ich weiss nicht, was die Amis mit ihren Frauen machen. All die anderen, die ich aufgezaehlt habe, sind gut doppelt so sympathisch, wenn man sowas ueberhaupt quantitativ fassen kann. Unter den Maennern sind mindestens drei, vielleicht vier Juden. Einer traegt diese kleine Kappe und sieht ziemlich unappetitlich aus. Die anderen sind passabel, einer ein bisschen vorlaut, aber nicht ohne Witz. Kurz und gut, ich bin hier in eine echt internationale Sauce geraten. Und ich werde versuchen, das Beste draus zu machen, und natuerlich das Ansehen der Schweiz zu mehren, wie Du das ja mit Deiner Carolina auch tust. Ein bisschen Chauvinismus ist doch ganz gut, nicht wahr?

Heute habe ich nach dem Kurs noch rasch eingekauft. Ich habe meinen Gastgebern alle Knaeckebrote und den Kaffee aufgebraucht. So dachte ich, ich muesste Nachschub holen. Das ging ueberraschend gut. Ich habe sogar dieselben Wasa Brote gefunden. Und den Kaffee fuellt man in einen Sack und malt ihn dann an der Maschine. Ich glaube, das gibt es in der Schweiz nicht mehr. Bei uns kauft man bloss noch vakuumverpackten Kaffee. Nur an der Kasse hatte ich ein Foul begangen. Es gab zwei Kassen, und davor eine Schwarze, die wartete. Ich dachte, sie stehe vor der linken Kasse, und sobald die rechte frei war, ging ich hin. Aber Olala. Sie meinte, da gaebe es eine Queu (wie schreibt man das wieder?). Das hat mich doch sehr an England erinnert. Und dann habe ich gewartet, und ein Maedchen hat mich ueberholt, weil ich das System immer noch nicht begriff. Dann hat sie ihr Vater zurueckgepfiffen und mich vorgelassen. Das erinnert mich wirklich an England. Das hatte man uns vor unserem Ferienkurs in Bournemouth sehr eingeschaerft, wie man Schlage stehen soll. Sogar wenn man einziger ist, der wartet, soll man eine Schlange machen. Ich finde das ja auch eine sehr gute und faire Sache. In der Schweiz hat sich diese Gewohnheit etwas abgeschwaecht. Man wartet in Traubenform, also das Darwin-Prinzip. Und das gibt immer ein bisschen ein Gerangel. Und dabei sind die huebschen Frauen schwer im Vorteil. Das ist unfair, wo sie doch schon sonst ueberall Vorteile haben.

Und jetzt sitzte ich vor meinem Columbianischen Kaffee, nachdem jene Aerztin mir versichert hatte, Kolumbien exportiere erstklassigen Kaffee und erstklassige Drogen. Die Drogen versuche ich spaeter mal.
Gerade sind meine Gastgeber heimgekehrt. Wir hatten uns in Flushing Meadows verpasst. Aber das macht nichts. Es gab dort fuer meinen Geschmack zuviele Leute und Kinder. Und es war sehr heiss. Als ich wieder im eiskalten Kuehlschrank der Untergrund sass, war ich ganz erschoepft. Aber auf dem Rueckweg musste ich nicht mehr auf die Stationen achten, um nicht die meine zu verpassen, so konnte ich ein bisschen doesen. Neben mir sass eine suedamerikanische Familie mit einem suessen Maedchen. Die Mutter und ihre Schwester waren sehr breit. Es ist erstaunlich, zu was sich eine solch suesse Kreatur spaeter entwickeln kann. Na ja, die Suedamerikaner neigen etwas zur Korpulenz, zumal sie alle etwas klein sind.

Und jetzt wuensche ich Dir eine schoene Woche. Bei uns ist jetzt erst Sonntag Abend. Ich weiss noch nicht, was ich heute abend tun soll. Vielleicht gehe ich hier nach St. Marks, da ist viel los. Aber es ist eher fuer junge Leute, die sich kennen und treffen, nicht fuer alte Intellektuelle, die bloss zuschauen.
Ich wuensche dir eine gute Zeit
Miet lieben Kruessen
...

Donnerstag, 12. Dezember 2019

5. Tag - 5. Avenue



Ämne:  5. Avenue
Datum: den 24 augusti 


Liebe Marlena
Heute habe ich mir die 5. Avenue drangenommen und von der 42. Strasse bis hinauf zum Central Park mit eigener Zunge gewischt. Es war warm. Aber es herrschte auch irgendwie Wochenendstimmung. Die Leute waren besser gekleidet als an Wochentagen. Und die Laeden voll. Ich habe mir ein kleines Kitsch-Souvenir gekauft. Aber ich bin nicht soweit gegangen, jenes zu waehlen in der Glaskugel, das, wenn du schuettelst, Schnee aufwirbelt. Die 5. Avenue ist eine der schickeren Strassen. Es gibt viele Kleiderlaeden, und ich bin sogar - was ich sonst kaum in meinem Leben tue - hineingegangen und habe geschaut, was es so gibt. Es gibt jede Menge Jeans. Und jene, die schon 5 Jahre alt und verbraucht aussehen, die sind die teuersten. Frueher, zu unserer Jugendzeit, hatte man gesagt, man soll die neuen Jeans anziehen und damit in die Badewanne mit Kaltwasser steigen, um sie schliesslich am Koerper wieder trocknen zu lassen. So wuerden sie am besten sitzen, behaupteten Kenner der Materie. Aber was damals "sitzen" hiess, ist wohl heute ziemlich locker.
In einem italienischen Lokal habe ich eine Pizza gegessen, die echt gut war. Na ja, vielleicht hat mein Hunger noch einiges dazu getan. Aber ich hatte wirklich den Eindruck, sie sei ausgezeichnet. Und fuer diese Gegend auch nicht teuer. Wenn ich nochmals in diese Gegend komme, werde ich noch eine versuchen. Sie haben verschiedene Sorten, mit Spinat, Broccoli, Tomate, Pilzen. Und irgendwie schaffen sie es, dass diese Zutaten obendrauf ganz frisch wirken, nicht wirklich ausgebacken und trocken. Das macht es saftig und locker. Also, einfach exzellent. Man koennte dazu "Santa Lucia ... " singen.
Als ich dann um 6 p.m. ungefaehr wieder bei der Central Station war, war ich totmuede. So bin ich in die Empfangshalle des grossen Hyatt Hotells und habe mich in einen dieser weichen Plueschsessel fallen lassen. Man muss einfach etwas cool und gelangweilt in die Welt schauen, dann kann man sowas tun. Ich habe sogar die Fuesse auf das kleine Tischchen gelegt, um echt amerikanisch und etwas ungehalten auszuschauen, eben wie jemand, den man viel zu lange warten laesst. Ich glaube, ich habe ein kleines Nickerchen gemacht in allerbester Atmosphaere. Und dann habe ich eine Ecke der Halle gezeichnet und mein Tagebuch etwas nachgefuehrt. Unterdessen hatte sich rund um mich eine Runde von Schwarzen niedergelassen, die sich fuer den Ausgang verabredet hatten. Sie waren alle nett angezogen und in bester und irgendwie hungriger Stimmung. Ich glaube, man sollte sich diese Hotel-Lobbies einfach im Hinterkopf merken. Man kann dort sehr gut Treffpunkte abmachen, denn sie sind 1. eindeutig, 2. vor allfaelligem Regen geschuetzt, 3. ohne Konsumzwang, 4. gute Adressen, 5. huebsch zurecht gemacht und gepflegt sowie 6. eben fuer solche Dinge wie Treffen und Verabredungen gemacht. Wenn wir uns mal irgendwie und irgendwo im Leben treffen sollten, dann - meine liebe Marlena - wird es in einer Hotel-Lobbz sein, darauf kannst Du Gift nehmen. Es ist einfach kein Vergleich zu einer windigen Strassenecke. Und ich bin ueberzeugt, die Hotels haben absolut nichts dagegen. Sie wuerden sich eher Sorgen machen, wenn ihre Lobbies leer blieben.
Als ich dann wieder etwas Kraft in den Beinen hatte, bin ich noch nach Osten zur UNO gepilgert. Das war ich S. schuldig. Schliesslich hatte sie mal bei dieser Bude gearbeitet, und ebenso ihr Vater. Ich glaube, es war damals im Iran ein erstklassiger Arbeitgeber. S. hatte fuer ihr Alter einen riesigen Lohn. Und eine Rente in Dollars, wie das mein Schwiegervater hatte, und die Schwiegermutter heute noch geniest, das ist bei den Inflationsraten des Rials ein Geschenk des Himmels. Doch das UNO Gebaeude lag im Wochenend-Schlaf. Keine Fahnen, ausser die blaue Unoflagge. Vielleicht haben sie die Fahnen auch zur Trauer zurueckgenommen. Das weiss ich nicht. Das lustigste war, dass ein Bettler, ein Penner, ein homeless - wie sie hier sagen - mit einem Waegelchen und einem riesigen schwarzen Plastiksack ueber die Strasse kam. Du lachst, aber er sah wirklich aus wie Kofi Annan, wenn er morgens noch ungewaschen und ungekaemmt aus dem Bett steigt. Ich musste lachen, als ich den Kerl sah.

Und so habe ich auch meinen 5. Tag hinter mir. Die Zeit fliegt . Aber ich merke auch, dass ich etwas schneller muede werde als am Anfang. Deshalb ist es gut, wenn der Kurs beginnt. So kann ich mich richtig ausruhen. Das hoert sich vielleicht komisch an. Aber Trance-Kurse sind die einzigen, die ich kenne, die so entspannend und beruhigend sind. Deshalb bin ich ja schliesslich - unter anderem - nach N.Y. gejetet. Ich bin gespannt, welche Art von Leuten sich im Kurs zeigen werden. ich weiss nur von der Kollegin aus Genf, die kommen wird. Wir haben uns geschworen, wir wuerden Europa bis auf den letzten Tropfen Blut verteidigen. Und das tun wir fur Euch dort drueben, hinter dem Ozean.
Ich wuensche Dir ein gutes Wochenende. Es freut mich zu hoeren, dass Du wieder im Element bist und das Du es geniesst. So soll Arbeit sein: Spass machen. Na ja, zumindest mehrheitlich.
Mit lieben Gruessen und so
....

Mittwoch, 11. Dezember 2019

Wo ich hier wohne ...

fortsetzung

Wo ich hier wohne, ist ein spezielles Quartier. Es wirkt geradezu doerflich, und heisst ja auch East Village. Frueher muessen hier Deutsche und Hollaender gesiedelt haben, wenn man die Haeuser beurteilt. Die Strasse ist gesaeumt mit Baeumen. Und es gibt viele kleine Laeden und Restruarants. Abends ist hier ein Ameisenhaufen, vielleicht eine Strasse weiter noch mehr als hier. Meine Gastgeber gehen jeden Abend in die Bar. Es gibt offenbar um 5p.m. eine sogenannte happy hour. Dann sind die Preise auf 50% reduziert. Das ist natuerlich raffinierte Geschaeftspolitik. Viele werden haengen bleiben bis morgens um 3. Aber meine Leute gehen um 10 p.m. und kommen dann erst nach Mitternacht wieder heim. Sowas kann ich mir natuerlich nicht erlauben. Aber es ist fuer mich auch nicht so attraktiv. Die Bar ist kuehl, sogar windig wuerde man sagen. Und die Musik ist laut. Es ist lustig, wenn man Leute kennt und diskutieren kann. Aber man muss dabei natuerlich ziemlich schreien.
Habe ich Dir erzaehlt, dass die Amis hier ein merkwuerdiges System haben. Man darf beispielsweise nicht Alkohol trinken auf der Strasse. Und man darf nicht rauchen in einer Bar. Wenn Du also europaeisch deinen Suenden nachkommen willst, dann musst du staendig pendeln zwischen Rauchen und Trinken. Das macht Dich atemlos. Noch schlimmer, wenn Du draussen auf dem Gehsteig an einem Tisch des Restaurants sitzt. Was tust du jetzt? Rauchen oder trinken oder beides, oder vielleicht keines? Die Behoerden haben in ihrer unerforschlichen Weisheit beschlossen, dass man in einem solchen Fall wohl trinken (obwohl draussen), aber nicht rauchen (obwohl nicht drinnen) darf. Man kann echt in Not kommen in diesem Land der unbegrenzten Moeglichkeiten!

Der Amerikaner, den ich gestern mit Frau und Tochter im Metropolitan Museum getroffen hatte, klang sehr patriotisch. Er hatte eine Idee von Amerika als einer Art Weltdoktor, der unseren Planeten von allen Geschwueren und Krankheiten zu heilen hat. Zu hohen Kosten, notabene. Es klang irgendwie alles mit karitativem Unterton. Es ist vielleicht so, wie die Katholiken frueher die Welt missioniert haben, um das Seelenheil der Menschen zu retten. Die Amis denken, sie bringen uns wirklich nur Gutes. In einem einzigen Punkt waren wir uns sehr einig. In der Tatsache naemlich, dass ein guter Staat einen grossen Mittelstand braucht. Wenn es nur Arme und nur Reiche gibt, laeuft es auf einen Krieg zwischen den beiden Klassen hinaus. Aber der Mittelstand ist das tragende Element des buergerlichen Staates. Damit hat er mich mit einer sehr schweizerischen Idee getroffen.
Er hat mir auch einiges von Frank Loyid Wright erzaehlt. Offenbar ist in der Naehe seines Wohnortes (ich erinnere mich nicht mehr, woher er kam) dieses beruehmte Haus on the waterfall von Wright. Er war ein bisschen irritiert, dass ich das Haus schon kannte. In meinen Architekturjahren hatte ich natuerlich einige Bilder davon gesehen. Und im Metropolitan Museum gab es einen Raum, der von Wright eingerichtet worden war. Deshalb sage ich, dass dieses Museum fuer uns Europaer etwas unordentlich wirkt: es gibt neben Rubens-Bilder einen Wohnraum eines beinahe zeitgenoessischen Architekten. Es gab auch viele Moebel und Dinge, die wir eher in einem Voelkerkundemuseum unterbringen wuerden. Es gab zahlreiche alte Ruestungen aus dem Mittelalter, Objekte fuer Rituale in fremden Kulturen.,und daneben Statuen von Rodin. Die beruehmten "Buerger von Calais", die auch in Basel im Hof des Kunstmuseums stehen, standen auch hier mit ihren tragischen Gesten. Wer hat da wohl von wem geklaut :--)? Ich habe keine Ahnung, wieviele Kopien es davon gibt. Wahrscheinlich schon einige. Es gab einige schoene Bilder von Pisarro. Dabei habe ich an Dich gedacht. Es gibt nicht viele Personen, die ich kenne, und die gleichzeitig Pisarro kennen. Wir sind sozusagen seine gemeinsamen Bekannten. Weisst Du, was an Pisarro besonders ist? Seine Palette ist so unaggressiv, so milde und ein klein bisschen mystisch. Er wirkt durch seine Bilder wie ein aelterer, abgeklaerter Herr., der der Welt Frieden und Ruhe bringen moechte. Und das war er auch unter den Impressionisten. Er hatte in seiner Diskretheit einen grossen Einfluss auf viele seiner Malerkollegen. Ich glaube, er hat Monet zum Impressionismus bewegt. Und das ist doch eine kunsthistorische Tat, die man nicht unterschaetzen darf. Ich fuele mich ihm ein bisschen verwandt. Und dann gab es noch zwei oder drei Sisleys. Sie sind immer schoen und harmonisch. Er steht Pisarro sehr nahe. Seine Palette ist ein bisschen heller und unbeschwerter. Wir haben gelacht bei einer kleinen Skulptur von Degas. Sie stellte eine Frau dar, die sich einen Fuss waescht. Na ja, irgendwie hat es gewirkt, als ob sie sich an der Fusssohle kratzen muss. Dabei ist sie auf einem Bein frei gestanden, hat mit dem anderen Arm ausbalanciert. Es war eine lustige Pose, aber sehr gut erfasst. Der nach innen gewoelbte Ruecken mit den hervorstehenden Schulterblaettern, das Rueckgrat, das in einem leichten Bogen zum Po fuehrte, dort aber eine eine verstaerkte Kruemmung die eine Anstrengung signalisierte, weil die Figur ja mit dem Arm ihren Fuss zu erreichen hatte, so dass das Becken rechts etwas hervorstand, und dann die Gewichtsverteilung auf bloss einem Bein, das war alles meisterhaft. Es sah so leicht und ein bisschen komisch aus, aber es war genial, denn die Pose war ungeheuer schwierig zu modellieren. Degas war ein Meister der Damentoilette. Man koennte denken, er waere als Kind der Chefin eines Beauty-Salons aufgewachsen. Aber man sieht auch, dass die Frauen, die er sich vornimmt, nicht von hoher sozialer Klasse sind, manchmal eher einfache und etwas einfaeltige Geschoepfe.

Soweit meine Impressionen. Nebenbei: ich hatte versucht, meiner Begleiterin die Begriffe Impressionismus und Expressionismus zu erklaeren. Soll ich Dir sagen, wie ich es versucht habe? Na ja, ich kann das nur, soweit ich es selbst begreife. Dem Impressionismus liegt ein sinnliches Konyept der Wahrnehmung zugrunde. Ich habe kuerzlich einen Artikel (NZZ) gelesen ueber die physioligische Forschung von Helmholtz in Deutschland und das Wahrnehmungsverstaendnis der Impressionisten. Also: Impressionismus ist sinnlich, Expressionismus ist gedanklich. Oder wenn man vor dem Bild steht: ein impressionistisches Bild zieht dich als Betrachter in sich hinein, ein expressionistisches Bild springt dich an.

Ich gehe jetzt duschen und dann nichts wie los.
Und wuensche Dir ein schoenes Wochenende.
Mit Gs und Ks a la carte

Re: Jalouse



Ämne: Re: Jalouse..
Datum: den 23 augusti  14:39

Ma chere jalouse
ja, es ist schoen zu reisen und neue Dinge zu sehen. Aber ich merke schon, dass ich gleichzeitig anfange zu schaetzen, was ich zuhause habe: die Familie, eine gute Frau, meine Zeitungen, einen vernuenftigen Kaffee, die Buecher, die Stadt Basel, der Club ... na ja, alles so, was zum normalen Alltag gehoert.

Man macht auch irgendwie viel leichter Kontakt in der Fremde. Einfach zwei ein bisschen ratlose Touristen in einer Millionenstadt von Einheimischen, das verbindet. Es ist dann ganz einfach, ein Gespraech zu beginnen und man gelangt sehr schnell bis zur persoenlichen und familiaeren Situation. Es ist noch fast so, wie es war, als wir 20 waren. Man ist irgendwie befluegelt von all den Eindruecken und neuen Situationen, dass man "ueber den eigenen Schatten springt" (eigentlich eine sehr schoene, deutsche Redeweise!). Siehst Du, ich fange sogar an das Deutsch zu geniessen. Ich kann mich erinnern an jene Zeit, als ich als Gymnasiast in England war. Ich glaube, das waren 2 oder 3 Monate. Ich hatte mir dort meine erste Pfeife gekauft, habe mich auf Tennisplaetzen herumgetrieben, einfach, weil ich diese spezielle Atmosphaere mochte und habe mir die Weltwoche gekauft (eine Wochenzeitung aus der Schweiz; A. hat jetzt angefangen, sie zu lesen, wie ich kuerzlich feststellte). Nie in meinem Leben habe ich mit soviel Interesse und mit Genuss Zeitung gelesen.

Im Moment ist kurz nach 7 Uhr samstag Morgen. Ich glaube nicht, dass die New Yorker schon auf sind. Es ist hier alles noch still. Die Nachbarin hat noch kein Licht in der Kueche. Und hier, wo ich zum naechsten Haus hinueber sehe, ist auch keine Seele auszumachen. Ich habe mir, wie jeden Morgen, zwei Eier gekocht. Etwa 4 Minuten plus/minus 5. Darauf streiche ich mir dann etwas Butter und streue Salz. Das schmeckt perfekt und ist leicht zu machen. Und nachher braue ich mir einen Kaffee. B. hat diesen Kaffeekocher aus Metall, wo man unten Wasser und oben, ueber dem Filter, den Kaffee hineinschuettet und dann verschraubt. Das ist immer noch eines der besten Systeme, wenn man nicht zuhause an die eigene Maschine herankommt. Das ist mein daily breakfast und es gibt einen guten Boden im Magen. Damit kann ich dann aushalten bis 3 p.m., wenn es sein muss.

Times Square ist wirklich wie ein elektrisierter Ort. Diese Lichtreklamen, die ich sonst nirgendwo in solch grosser Konzentration gesehen habe, machen, dass sich diese Kulisse rundum in Bewegung haelt. Und weil die Strassenkreuzung in X-Form verlaeuft, ist gleichzeitig viel Verkehr auf dem Platz. Besonders abends mit den Schlusslichtern der Fahrzeuge wird das deutlich. Es gibt dort ein Hotel Marriot oder aehnlich genannt. Die haben im 48. Stock ein Restaurant. Ich bin mit dem Expresslift hochgeduest und habe mir die Aussicht auf Manhattan kurz angeschaut. Aber die Sonne war schon vorbei. So wirkte alles etwas blass und dunstig. Man sollte bei klarem Sonnenschein dort oben einen dry Martini trinken. Aber das Liftszstem des Hochhauses ist phaenomenal. Du kannst Dir das Haus vorstellen wie eine hohe Kartonschachtel. Mitten drin steht ein Rohr. Dieses traegt die Lifts. Aber sie sind wie ein Kranz ausserhalb des Rohrs, gut sichtbar, angebracht. Sie sind wie kleine Kaeseglocken, die im Eiltempo hoch- und herunterfahren. Und wenn man im Lift steht, faehrt man an den Stockwerken vorbei, die wie Galerien nach innen offen oder verglast sind. Da gab es etwa im 12. Stock ein Fitnesscenter. Irgendwo ein Restaurant und so weiter. Und du faehrst wie in einer Rakete daran vorbei in die Hoehe und kannst alles sehen. Das Konzept ist wirklich gut ausgedacht.

Wo ich hier wohne, ist  ...



Jalouse



Ämne: Jalouse..
Datum: den 23 augusti 11:38


Lieber ...,
Endlich Wochenende. Die Sonne scheint und ich bin mit dem Leben ganz zufrieden. Vielleicht abgesehen davon, dass mein geliebter Mausfreund mir von seinen Flirts erzählt..
Es ist schön wieder in Gang zu sein. Ich glaube du hast ganz Recht in deiner Schilderung des "nach dem Berufsleben". Aber ich denke, vielleicht werde ich mich dann retten indem ich anfange zu reisen. Spiele mit dem Gedanken mich für einige Zeit (ein paar Wochen) hier und da einzukvartieren. Wien, Paris.. und zuguterletzt natürlich Rom, die Stadt in die ich mich mein Leben lang gesehnt habe.
*
Du hast es schön und interessant dort drüben. Das freut mich sehr. Und ich lese mit grossem Interesse deine Erlebnisse.
Muss mich leider etwas kurz fassen. Vielleicht komme ich später heute nochmals an den PC.

Mit einem "à la carte". Wie? Nun ja, das gibt sich ganz von selbst. Es ist nicht begrenzt.

Ach, mein lieber Mausfreund, was tun wir da wieder gegen unsere §§§.
Aber zum Teufel damit..
G+K
Marlena


Montag, 9. Dezember 2019

4. Tag - im Metropolitan


Ämne: im Metropolitan
Datum: den 23 augusti


Liebe Marlena

(---)

Heute war ich also im Metropolitan Museum. Dazu habe ich sogar mein Jacket mitgenommen. Ich dachte, es wuerde heute regnen und die AC sei bestimmt ziemlich kalt. Zuerst bin ich noch rasch beim NLP Institut vorbeigegangen, damit ich dann am Sonntag, dem ersten Kurstag, morgens nicht lange suchen muss. Doch die Arbeit beginnt jeweils erst um 10 a.m. In der Untergrund habe ich dann eine Kolumbanerin getroffen, die auch sehr eifrig in den Plaenen und Reisefuehrer geblaettert hat. So haben wi ein Team/Work gemacht. Sie wollte eigentlich nur in den Central Park. Ich habe sie dann zur Met ueberredet. So haben wir die amerikanischen Impressionisten angeschaut. Aber ich war ein bisschen enttaeuscht: es gab nicht so viele. Ich hatte mal in einer Ausstellung in Lugano mehr davon gesehen. Aber es war ganz passabel. Und sie hatten viele und ausgezeichnete Stuecke von Courbet. Und von Degas gab es jede Menge Skulpturen mit Frauen, die sich waschen, kaemmen, buersten und schaben. Man koennte damit ein halbe Badeanstalt fuellen. Meine Begleiterin liebte van Gogh. So sind wir auch ein bisschen dem armen Vincent. Es gibt dieses Bild einer aelteren Dame aus Arles. Na ja, ich glaube, es gibt mehrere Versionen. Aber eins war da. Kuerzlich hatte ich in Basel bei Beyeler ein anderes davon gesehen. Es ist ein schoenes und eindrueckliches Bild. Aber an der Vorliebe fuer van Gogh konnte ich sehen, dass sie nicht soviel von Bildern weiss und kennt. Aber sonst war es sehr unterhaltsam, wieder mal mit jemandem zu plaudern und zu scherzen. Die letzten zwei Tage war ich mehr oder weniger allein unterwegs. Sie ist Aerztin und gerade daran, ihre Spezialisierung zu machen. Sie will sich fuer Augenaerztin entscheiden, wie schon ihr Vater und ihr Bruder es sind. Und so hat sie natuerlich auf meinen Wunsch gleich eine Nachkontrolle an meinen Augen gemacht. Ich glaube, sie war zufrieden mit der Heilung meiner Wunden. Es ist lustig: sie ist 30, sieht aber aus wie 20. Anfangs hatte ich ein bisschen Bedenken, weil ich dachte, ich koenne doch nicht mit einem solch jungen Ding herumziehen. Wir haben festgestellt, dass ich so alt bin wie ihr Vater, und haben uns sozusagen fuer ein Vater-Tochter-Verhaeltnis entschieden. Ich habe einiges erzaehlt von den vielen Dingen, die ich in den letzten 20 Jahren ueber Malerei und Maler gelesen und gelernt hatte. Und sogar mein Jacket konnten wir gebrauchen, weil sie in dem sibirischen Klima mit der Zeit etwas froestelte. Ich habe, wie es sich gehoert, in diesen nordischen Winden tapfer ausgehalten. Sie musste dann gehen, weil ihre Freundin - bei der sie wohnt - anrief und schon von der Arbeit heimgekehrt war.
Ich hatte noch ein laengeres Gespraech mit einem Amerikaner, einem pensionierten Lehrer der High School (Erdkunde) Er wusste, wo die Schweiz liegt und konstatierte mit Bewunderung, dass wir ueberall Seen haetten. Na ja, ich habe ihm nicht widersprochen. Er empfahl mir, auf das Dach des Museums zu gehen, um den Blick ueber den Central Park und die Skzline zu geniessen. Das habe ich dann auch noch getan. Wir haben uns sogar ein bisschen in die Politik vorgewagt. Ich sprach von einem gewissen Misstrauen der Europaer gegen[ber der amerikansichen Politik. Aber er begriff nicht, was ich meinte. Er stellte fest, dass die Europaer endlich ihre Hausaufgaben machen sollten. Die Amerikaner schickten soviel Geld in die Turkei, nach Israel. Also sollten wir doch dort endlich fuer Frieden sorgen! Gut, dass bald danach seine Tochter und seine Frau aufgestanden sind, um ihm zu bedeuten, dass sie sich nun genuegend ausgeruht hatten.
Das war mein Programm. Jetzt gehe ich bald ins Bett. Meine Gastgeber sind fuers Wochenende weg. Ich huete sozusagen. Ich koennte mit der alten Dame aus Puerto Rico nebenan eine wilde Party machen!
Ich wuensche Dir ein feines Wochenende.
Mit lieben Gruessen und ... Du weisst schon, à la carte
...

Heute bin ich etwas frueher nach Hause gekehrt, denn gestern war es spaet geworden, und meine Knie waren etwas weich. Ich habe am Union Square eine Serie Fruehstueckseier gekauft, nachdem ich hier meinen Gastgebern alle weggegessen hatte. Und jetzt bin ich, nach einer erfrischenden Dusche, hier am PC.



Samstag, 7. Dezember 2019

3. Tag - Midtown


Ämne: 3. Tag
Datum: den 22 augusti 


Liebe Marlena
Heute hatte ich mir Midtown vorgenommen. Ich bin zu Fuss bis hinauf zur Grand General Station gepilgert. Auf dem Weg gab es einige Kleinigkeiten wie das Flatironhaus, das man immer wieder abgebildet sieht, den Washington Square Park, wo der alte George auf einem Gaul sitzt und locker-laessig die rechte Hand ausstreckt, um den nach kommenden Generationen den Weg zu weisen. Er macht es - das wollen wir nicht unterschlagen - ein wenig Marc Aurel auf dem Kapitol in Rom nach. Der Union Square scheint das Billighotel der Stadt. Es gibt auf den langen Bankreihen jede Menge Penner, die noch nicht alle so frue Tagwache haben. Oft haben sie ihre ganze Habe in Plastiksaecken rund um die Beine stationiert, was wahrscheinlich auch hilft, das Terrain abzustecken. Aber Penner, die wirklich was auf sich geben, schlafen nicht hier, sondern in der Park Avenue. Die hat ein anderes Niveau. Der kleine Gramercz Park war mit einem eisernen Gelaender umgeben und noch geschlossen. Offenbar koennen die Anlieger mit einem Schluessel eintreten. Zwei Damen haben dort ihren Morgenkaffee getrunken. Und rundum haben die Hoernchen gespielt und sind uebermuetig herumgetollt. Es ist lustig, sie ziehen den Schwanz steif hinter sich her wie eine Schleppe, die sie knapp ueber den ungeschnittenen Rasen schweben lassen. Sie sehen eigentlich aus wie unsere Eichhoernchen. Nur die Schwaenze sind ein bisschen schlanker und ihre Farbe geht ins Grau. Am Rande des Madison Square Garden haben zwei Fensterputzer die hohen Scheiben im ersten Stock gereinigt. Das sah aus wie eine zirkusnummer. Die Stangen aus Aluminium haben sich gebogen, und immer mussten sie diese ueberlangen Dinger herunterkippen, um sie im Wasser zu spuelen. Die Grand Central Station habe ich mir ausgiebig angeschaut. Dort kommen die Vorortszuege zusammen und auch die Busse von Newark kommen hier an. Es gibt Laeden mit allen Koestlichkeiten, Kioske, Restaurants, Bars, Schuputzer und Refreshment Rooms. Auch die Polizei ist praesent, immer mindestens zu zweit, eine Patrouille mit Hund. Ich habe mir verkniffen, hier eine NY Times zu kaufen. Ich wollte mich nicht fuer Stunden beschaeftigen und damit ablenken. Dann bin ich nochmals in die Public Library, die ganz in der Naehe ist, und habe mich im Lesesaal fuer eine halbe Stunde abgekuehlt. Sie sind grosszuegig hier, machen nur eine Eingangskontrolle. Aber dann lassen sie dich gehen, wohin du willst. Nur, wenn du den Lesesaal verlaesst, schaut einer in die Tasche, ob Du den Schwarten Krieg und Frieden nicht doch mit eingepackt hast. Hinter der Bibliothek, die ueberigens gleich neben dem Eingang eine Statue von Sokrates zeigt, wie er im Nacken einer Sphynx sitzt und etwas ratlos ins Wasser des kleinen Brunnens vor sich stiert. BUT ABOVE ALL TRUTH BEARETH AWAY THE VICTORY. Der schoene Spruch stammt natuerlich noch aus der Gutenberg/Galaxy, aus jenen alten Zeiten, als Schriftliches sich noch als Wahrheitsquelle herausgestellt hatte. Das ist heute vorbei. Aber der etwas pathetische Spruch ist ganz schoen. Die Astors werden irgendwo in der Bibliothek verdankt. Offenbar haben sie viel Geld gestiftet. Der erste Astor ist aus Deutschland eingewandert, hatte zwar nicht als Tellerwaescher, sondern als Verkaeufer in einem Pelzgeschaeft gearbeitet und nach wenigen Jahren selbst ein Geschaeft gefuehrt, mit dem er dann zu seinen Millionen gekommen sein soll.
Auf dem Platz hinter der Bibliothek ist ein Konzert im Gange. Das gilt den vielen Bueroangestellten, die hier ihren Piknik nehmen und sich die blassen Wangen sonnen. Ich setze mich in den Schatten und zeichne ein bisschen, bis mich die Lust auf einen Kaffee zum Buchhaendler gegenueber lockt. Meist haben sie in einer Ecke des Ladens ein kleines Kaffee, wie das ja auch der Jaggy in Basel gemacht hat. Ich lese das Gratisblatt, das dort aufliegt, und schnuppere in einer Biografie ueber Susan Sontag. Sie habe an der Sorbonne Vorlesungen bei Simone de Beauvoir besucht. Spaeter wurde sie von einem Professor eingeladen, eine Vorlesung ueber Fotographie mitzuverfolgen. Doch das war wieder in Amerika. Sie ist ja wirklich ihr ganzes langes Leben von Europa beeinflusst geblieben und ihm treu geblieben. Ich erinnere mich, wie heftig sie sich gegen den Irak Krieg gewehrt hatte.
Im Trump Tower bin ich dann spaeter wieder in einen tiefen Sessel gesunken und habe mich eine gute halbe Stunde mit diversen Kleinigkeiten beschaeftigt. Das Trump Gebaeude ist luxurioes, mit goldenen Einfassungen ueberall und mit rotem Marmor. Eine Wand herunter rinnt ueber 3 Stoecke eine Wasserflaeche, die, weil einige Steine etwas hervorgesetzt sind, unruhig spritzt und nicht aufhoert, zu rauschen. Auch hier habe ich eine kleine Zeichnung gemacht. Das ist die einfachste Art, sich umzuschauen.

Kurz und gut, es war ein harter Tag und NY ist - unter uns gesagt - ein hartes Pflaster. Ich habe bestimmt 20 bis 30 km gemacht. Manchmal vergesse ich beinahe, dass es noch eine Subway gibt.
Morgen wird es regnen, wurde mir gesagt, und deshalb gehe ich in die Met. Sie liegt am Rande des Central Parks. Der wirkt ueberigens so lebendig und natuerlich, weil er rundum von den riesigen Haeusern so bedraengt ist. Die Luftaufnahmen zeigen das noch markanter.
Abends dann ein koreanisches Essen hier bei meinen Landlords. Hat gut geschmeckt. Eine nette Japanerin war dazu geladen, mit der ich mich sehr gut unterhalten habe. Sie hatte ein gutes Verstaendnis und hat jeweils blitzschnell verstanden. Das mag ich sehr. Sie ist Kunstschmiedin von Beruf und entwirft selbst Schmuck. Der hat mir nicht so sehr zugesagt, aber Schmuck ist ohnehin nicht meine Sache.
Ich wuensche Dir noch einen guten Abschluss der ersten Woche
und kuesse Dich aus den Fernen Landen.
Mit lieben Gruessen
...

Freitag, 6. Dezember 2019

2. Tag (in New York)


Ämne: 2. Tag
Datum: den 21 augusti


Liebe Marlena
Doch, heute war ich in China Town, und auch in Little Italy und im Greenwich Village. Das sind die alten Quartiere, die manchmal fast deutsch oder hollaendisch wirken. Es sind diese grossen Backsteingebaeude mit den Metallleitern zur Seite. Daraus lassen sich natuerlich im Greenwich Village schoene Gallerien machen.

Ich war auch in einem Kaufhaus und habe das Angebot studiert. Sie arrangieren die Fruechte schoen, so dass einem das Wasser im Mund zusammenlaeuft. Bestimmt polieren sie jeden Apfel einzeln. Und die Tomaten tuermen sie neben den Orangeen, so dass man meint, es waeren Kaki. Bei den Gebaecken haben sie viel Undefinierbares. Und die Zuckerbeeren sind gleich neben den gedoerrten Fruechten, als ob das beides Fruechte waeren. Die Torten sind zum Weinen kitschig mit der gruenen oder blauen Dekoration. Am besten haben mir zwei Kuechengeraete gefallen: das eine ein Alleskoenner (Zapfenzieher, Zange fuer Drehverschluss und Zapfen) in exotischen Farben. Daneben eine Klemme fuer die Zahnpastatube, damit alles nach Vorne an die Front gedrueckt wird.

In eine Privatbibliothek haben sie mich nicht eingelassen. Darum bin ich dann nachmittags in die New York Public Library. Sie ist natuerlich riesig und hat viele kleine Unterbibliotheken, sog. Collections. Sie sind schon aufgemacht und mit noblen Moebeln umgeben. Und der Lesesaal ist gross, mit hohen Fenstern und Tischlampen mit goldenen Messingschirmen. Viele Arbeitsplaetze sind mit PC eingerichtet. Und natuerlich kontrollieren sie beim Eingang, ob du irgendwelche Bombem mitbringst. Doch die Schwarze hat nur halbherzig in meine Tasche gelaeuchtet. Nachmittags bin ich ins Guggenheim und in den Central Parc gegangen. Und anschliessend bin ich beim Metropolitan Museum vorbeigegangen. Aber ich hatte zuwenig Geld im Sack und zuwenig Zeit im Nachmittag, um dort hineinzugehen. Vielleicht gehe ich spaeter mal.

Heute abend gehen wir also Fisch essen. Ich hoffe, es schmeckt. Ich habe mich deswegen fast den ganzen Tag zurueckgehalten.

Und Du bist bei der Arbeit. Das Feld hinter Eurem Haus sieht doch gar nicht so schlecht aus. Ich finde, es wirkt ziemlich malerisch. Das darf man doch den beiden Bruedern zugutehalten.
Ich schreibe Dir morgen mehr. Heute warten sie auf mich.

Liebe Gruesse und Kuesse
...

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Downtown heute



Ämne: Downtown heute
Datum: den 20 augusti  06:05


Liebe Marlena
Na ja, wenn Odysseus einen Labtop gehabt haette, waere die Geschichte nicht halb so melodramatisch herausgekommen. Stelle Dir vor, wie die arme Penelope ihre Freier hingehalten hat, und das, obwohl sie nicht wusste, ob und wann er kommt. Es ist die ewige Geschichte der Hausfrau, die mit dem Nachtessen auf den Mann wartet, der einfach nicht von der Arbeit loskommt. Mit Labtop wuerde sie vielleicht doch herausbekommen, dass er drueben mit Circe in der Bar sitzt.
Ja, wir haben hier 6 Stunden Differeny. Aber mein Jetlag war eigentlich kaum spuerbar. Man hatte mir gesagt, ich solle viel trinken. Und das tue ich unablaessig, wenn ich hier bei meinen Bekannten bin. Und man soll am ersten Tag erst um Mitternacht ins Bett. Auch das habe ich getan. Wir haben gestern noch einen Spaziergang hier im East Village gemacht und die Bar besucht, die sie jeden Abend besuchen. Sie kennen dort viele Leute und bekommen die meisten Drinks gratis serviert, so dass sie bloss noch ein Trinkgeld bezahlen. Ich habe bis 24h durchgestanden, obwohl von der Air Condition her eine herbe Brise wehte. Und nachher hatte ich dann davon auch etwas Kopfweh. Aber die Muedigkeit war staerker.

Heute habe ich Downtown besucht. Das ist das Geldzentrum mit der Wallstreet, dem Ground Zero, dem Finance Center, also eigentlich der unterste Zipfel der Insel. Man sieht von dort schoen auf die Freiheitsstatue, die nicht muede wird, ihr Corne mit Softice hoch zu halten. Ich bin mit der Ferrz nach Staten Island hinueber gefahren, um von dort eine schoene Sicht auf Manhattan zu haben. Es war so, wie man es auf den Fotos sieht. Sie brauchen kaum zu retouchieren> es sieht bei Sonnenuntergang einfach grandios aus. Und als guter Katholik habe ich auch die Trinity Church besucht, die gleich neben Ground Zero liegt. Sie ist ein neugotisches Kirchlein, wo wir Europaer sofort uns zuhause fuehlen. Und auch das Kirchlein ist wunderbar airconditioned. Und hinten, neben der Sakristei, gibt es auch Erfrischungsraeume fuer uns Glaeubige. Ich habe mich ins Gaestebuch eingeschrieben. Hinten, in der letyten Rubrik, wo man eine Mitteilung eintragen konnte, kam ich ein bisschen in Verlegenheit. Und so dachte ich, es wuerde einen sehr guten Eindruck machen, wenn ein Schweizer aus der Schweiz "God save America" hinschreibt. Ich hoffe, die Amis werden mir das nicht vergessen!
Es ist ziemlich warm in der Stadt, weil auch die Luft feucht ist. Wenn ich Schweiss im Ruecken spuere, dann suche ich eine von diesen riesigen Buchhandlungen. Sie sind nicht so kalt conditioned wie andere Raeumlichkeiten, wahrscheinlich, weil sonst die Buecher schimmeln wuerden. Bei angenehmer Fruelingstemperatur lese ich dann ein oder zwei Kapitel aus Tolstois Krieg und Frieden. Dann bin ich wieder auf Normaltemperatur. Es ist wirklich sehr angenehm. Und sie haben riesige Ledersessel, dass man sich wie zuhause fuehlt.
Im Finance Center habe ich einen Kaffee getrunken. Es gibt dort einen schoenen Wintergarten mit 16 Palmen. Der Starbucks Kaffe wurde mir in einem XL/Becher gereicht, gut ein Viertel Liter. Und dann stuelpen sie ueber den Becher so einen Deckel, damit man wie ein Baby daran saugen kann. In der Schweiz nennen wir sowas Schoppen. Ich musste das Gebraeu allerdings in einem kleinen Laboratorium gleich neben der Theke noch nachkorrigieren. Dazu habe ich reichlich Zucker und Milch beigegeben.
Es gibt viele schoene Frauen in NY. Der Grossteil sind Latinas, also wohl von Mittel/ und Suedamerika. Die Amerikanerinnen selbst sind nicht so besonders, meist unelegant und etwas massig. Aber ein paar sind dann, um den Duchschnitt zu heben, wirklich Klasse. Ich war abends noch rasch in den Central Park gefahren. Dort hat ein Zeichner mit Kohle eine junge Frau portraetiert. Und natuerlich hat sich hinter seinem Ruecken eine Traube gebildet. Ich glaube, es waren zwei Schwedinnen, die neben mir standen. Sie waren jung, huebsch und und unschuldig, also suess. Der Zeichner hat ueberigens seine Kohle mit dem Pinsel aufgetragen. Ich glaube, er mischt Kohlestaub mit einer Fluessigkeit, vielleicht Terpentin. Und dann kann er damit arbeiten wie mit Schuhwichse. Er hat das Gesicht gut getroffen, nach meinem Geschmack einfach zu sehr sich mit kleinen Nuancen und Details beschaeftigt. Aber die Leute moegen es ja, wenn das Bild fotoaehnlich rauskommt.
Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, heute auch ab und zu ein bisschen zu zeichnen, oder skizzieren. Aber es gab soviel zu sehen, ich habe das schlicht vergessen. Und beim Sitzen war ich - wie gesagt - mit der Ueberdosis Kaffee beschaeftigt.

 East Village

Morgen will ich die Villages besuchen: Greenwich Village, Eastern Village, SoHo. Das ist alles hier in der Naehe und bildet den mittleren Teil Manhattans. Hier gibt es keine hohen Gebaeude, sondern oft noch die alte Grundstruktur, also Backsteingebaeude mit diesen Eisentreppen und Feuerleitern, wie man sie in den Filmen sieht. Ueberigens erinnert mich die Strasse, in der ich wohne, an jene, die man gleich anfangs im Film Mrs Dalloway sieht. Und mein Gastgeber hat mir erzaehlt, dass diese 9th Street oft gesperrt bleibt, weil man Filme dreht. Die Polizei habe eine eigene Abteilung, die damit beschaeftigt ist.
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Und Du bist buehnenhungrig, "schulgeil" wuerden wir hier - etwas grob - vielleicht sagen. Das zu hoeren hat mir gefallen. Das zeigt Deine Energie. Das ist "die Angst des Torwarts vor dem Elfmeter", wuerde Handke es formulieren. Aber es ist doch gut, dass Du etwas zu tun hast, was Dich in Schuss haelt, nicht wahr? Du bist ja doch eine Vollblutlehrerin. Ich glaube, Du gehst in Deinem Beruf sehr gut auf. Und das weisst Du auch, obwohl es - wie in jedem Job - einiges zu beklagen und zu bemaengeln gibt.
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So ist das doch ein ziemlich ausfuehrliches Mail geworden. Das hatte ich eigentlich nicht geplant. Aber meine Gastgeber sind auf Tour. Sie treffen sich mit ihren Freunden in den Bars. Und so sitze ich hier allein in Bs. Arbeitszimmer und trinke das Reservoir an Wasser im Kuehlschrank leer.
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Ich wuensche Dir einen allerbesten Arbeitsanfang und eine gute Zeit.

Mit allerliebsten Gruessen aus der Ferne