Ämne: Das Menue ...
Datum: den 9 december 2003 18:03
Nobelbankett
Der Duft von Rahmspinat, der den Gästen in die Nase steigt, führt dazu, dass der eine oder andere Nobelpreisträger seine Aufmerksamkeit nicht dem Redner auf dem Podium schenkt, sondern dem duftenden Teller, der vor ihm steht. Man schreibt das Jahr 1954 und Ernest Hemingway wurde gerade der Nobelpreis in Literatur verliehen. Einen noch größeren Erinnerungswert als die Rede an diesem Abend hat die herrliche geräucherte Lachsforelle, die Artischocken mit Trüffel und als krönender Abschluss – die berühmte Eisbombe. Auch heute spricht man enthusiastisch vom Essen am Nobelbankett, dessen Menüfolge bis zum letzten Tag geheim gehalten wird.
Um sich ein richtiges Nobelmenü schmecken zu lassen, muss man jedoch weder in Physik noch in Literatur einen Nobelpreis gewinnen. Im Stadshuskällaren in Stockholm, der unter dem Blauen Saal (Blå Hallen) liegt, in dem das Nobelbankett stattfindet, werden auch Normalsterblichen das ganze Jahr über Nobelmenüs serviert. Für 1285 Kronen können Sie sich eines der Gerichte bestellen, die der königlichen Familie im Laufe der nunmehr hundert Jahre zurückgehenden Nobelpreisverleihung serviert wurden. Meist bestellt man sich das neuste Menü. Wenn man Geburtstag hat, isst man gern die Menüfolge, die in dem Jahr serviert wurde, an dem man zur Welt kam. Firmen bestellen häufig das Menü, das in ihrem Gründungsjahr serviert wurde. Viele ausländische Besucher wählen das Gericht, das ein Nobelpreisträger aus deren Land gegessen hat. Am beliebtesten ist das Menü aus dem Jahr 1994, in dem Kenzaburo Oe aus Japan der Nobelpreis in Literatur verliehen wurde. Das Menü, das unter anderem eine würzige Roulade aus Entenbrust, Mango und Mangold sowie Kalbsfilet mit Salbei und Pilzen enthält, wurde bereits mehr als 25000 Mal serviert. Und seine Beliebtheit hat dazu geführt, dass der Stadshuskällaren das Menü auf Japanisch drucken ließ. Außer drei Gängen gehören zum Nobelmenü Champagner, Rotwein, Dessertwein, Kaffee und Mineralwasser. Als I-Tüpfelchen werden die Gerichte auf dem schönen Nobelservice serviert. Leider kann das Lokal jedoch nicht alle Nobelmenüs anbieten. Trotz umfangreicher Forschungsarbeit konnte nicht ermittelt werden, was in den Jahren 1905, 1906, 1908, 1923 und 1924 serviert wurde.
Bei einigen Menüs schiebt auch das Gesetz einen Riegel vor. Die Schildkrötensuppe, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einige Male als Vorspeise serviert wurde, ist heutzutage verboten, weshalb man stattdessen eine „falsche Schildkrötensuppe“ serviert. Das einzige, das im Stadshuskällaren beim Nobelmenü neben der königlichen Familie und den Preisträgern fehlt, ist die ungeheure Maschinerie, die hinter den jährlichen Festlichkeiten steht. Die Bedienungen, die beim Nobelbankett arbeiten, und zusammen eine Schlange von über hundert Metern bilden, brauchen ganze 5 Minuten und 40 Sekunden, um sämtlichen Gästen das Essen zu servieren. Hierzu kommen Zigtausend Teller und Schalen, ein halber Kilometer Tischdecken, 25000 Schnittblumen, die in üppigen Gestecken arrangiert sind, und 45 Personen, die nichts anderes tun als Weinflaschen zu öffnen. Allein der Abwasch nach dem Bankett dauert ca. 1 Woche. Trotz der unglaublichen Koordination und Planung, die das Fest erfordert, kam es bislang noch nie zu größeren Zwischenfällen. Ihnen steht heute der Sinn nach königlichen Leckereien? Pech gehabt, leider müssen Sie das Abendessen fünf Tage im Voraus buchen – auch hier ist also Planung angesagt!
Das erste Nobelmenü von 1901
Hors d´oeuvres Pochiertes Glattbuttfilet mit Trüffel und Weißweinsoße. Gebratenes Rinderfilet Imperial, gebratene Haselhuhnbrust in Madeirasoße. Nobeleisparfait, Fruchttortelette.
… und das jüngste
Hummer und Blumenkohlröschen auf Blumenkohlpüree, Krabbengelee und Meereskorallensalat. Nobelbrot. Gänselebergefüllte Wachtel mit Steinpilzragout, sonnengetrockneten Tomaten, frischem grünem Spargel, Madeirasoße und Kerbelpüree. Vanilleeis und Johannisbeerparfait auf dünnem Meringenboden mit Karamellflan. Dazu wurden folgende Getränke gereicht: Champagner Pommery, BRUT I´Hospitalet de Gazin 1998, POMEROL Bernkasteler Graben Riesling Eiswein 1999, MOSEL - SAAR - RUWER Mineralwasser, Kaffee.
Autor Josefin Ekman
Re:
Lieber ...,
...
Ach, wie herrlich, der Artikel von dem Nobelessen! Und wenn du hier wärest, würde ich dir auch zeigen, wie es auf den Tellern ausgesehen hat, denn ich habe fast jedes Jahr ein wenig von diesem grossen Bankett auf Video aufgenommen. Und dann könntest du sehen wie alles strahlt und glitzert und die schönen Abendkleider der Damen bewundern. Die Unterhaltung, die wie das Essen bis zuletzt ein wohl verborgenes Geheimnis bleibt, ist auch immer erstklassig. Und dann kommen die Reden der Preisträger. Manche sind sehr humoristisch. Und da ist vor allem die grosse Freude, die alle ausstrahlen an dem Fest. Sie steckt einen geradezu an. Ich würde es gern mit dir ansehen. Ich glaube du würdest darauf reagieren, wie auf NY.
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10 Dezember 2011