Jardin du Luxembourg - Fontaine de Médicis
(... über Musterschüler, Paris, Psychoanalyse, Chats und Horoskope)
Liebe Marlena
Am Montagmorgen 3 neue Mails in meiner Box zu finden, das ist schon ein Rekord, um nicht zu sagen eine Sensation. Ist es der Frühling? Oder war es deine einsame Stimmung? Oder beides? Was heisst hier Fleissarbeit? Das ist wie die Arbeit eines Musterschülers? Weißt du, was ein Musterschüler ist? Das sind diejenigen Schüler, die alles für ihre Lehrkräfte tun, die immer aufmerksam sind, alle Hausarbeiten bis zum Hintersten und Letzten gemacht haben und an den Lippen der Lehrerin hängen. Sie sind in der Klasse nicht sehr beliebt, ja sie sind geradezu ekelhaft, weil sie den Masstab der Lehrkraft unnötig in die Höhe treiben. Sie sind die, die die Lehrkräfte verwöhnen, so dass diese pädagogischen Menschen schliesslich nicht mehr auszuhalten sind. Kurz und gut: Musterschüler sind einfach unmöglich und asozial!!
In unserer Klasse des Gymnasiums hatten wir einen Musterschüler. Er war so wie ein Musterschüler aussehen muss: Brille, bleiches Milchgesicht, noch ohne Bartwuchs, schlappe Statur und im Turnen eine Null. Er hat immer alles gewusst, was man lernen konnte. Wenn die Mädchen vorbeigingen, hat er weggeschaut. Er war irgendwie saft- und kraftlos. Wir haben ihn nicht geplagt oder gehänselt, aber wir haben ihn eigentlich auch nicht respektiert. Wir haben ihn – mit einem Wort – geschont. Und da ich, und vielleicht 2 oder 3 andere ebenso gut waren in der Klasse, hatten wir die heikle Aufgabe, uns von diesem Niklaus abzugrenzen. Man ist gerne gut in der Klasse, aber man möchte gleichzeitig auch eine soziale Position haben. Und so darf man sich mit den Lehrkräften nicht überidentifizieren. Man muss ab und zu auch einen Streich spielen und zeigen, auf welcher Seite der Front man eigentlich steht. Man darf nicht immer nur Note 6 herumzeigen. Das ist sehr schlecht für das Image als Schüler. Man muss auch mal eine ungenügende Note haben und sie dann allen und deutlich herumzeigen. Da und dort muss mal eine Prüfung in die Hose gehen, weil man am Vorabend absolut keine Zeit hatte, die Lektion zu lernen. Man muss - mit anderen Worten - den Klassenkameraden beweisen, dass es noch andere, noch wichtigere Sachen im Leben gibt als bloss die Schule und die Zensuren (in der Schweiz nennt man die Zensuren „Noten").
In der 5. Klasse gab es an unserer Schule traditionellerweise einen Feiertag in Gedenken an den heiligen Chrysostomos (ich habe Dir gesagt, es war eine katholisches Internat, ehemalige Jesuitenschule, dh. die hellsten Köpfe der Katholiken). Alle Schüler der Klasse hatten ein Gedicht zu rezitiern. Ich aber wurde damit beauftragt, die offizielle Rede als Schüler zu halten. Das Problem war, dass ich damals gar nicht wirklich realisiert hatte, dass dies im Grunde genommen eine Ehre war. Ich war eher verärgert und unwillig, dass ich noch eine Rede schreiben musste, während meine Kollegen bloss ein Gedicht auswendig lernen konnten. Ich hatte keine Ahnung, wie man eine Rede aufbaut. Ich war nicht katholisch und hatte keine Ahnung, was es mit diesem heiligen Chrysostomos auf sich hat. Wie gedenkt man denn einem katholischen Heiligen? Ich hatte wirklich keine Ahnung! Mein Lehrer hat mir sehr wenig geholfen. Ich glaube, er hat versucht, sich respektvoll zurückzuhalten und wollte mich einfach machen lassen. Er hat es wahrscheinlich gut gemeint. Und ich war echt unsicher und habe meine Rede geschrieben, habe sie zuhause vor dem Spiegel immer wieder geübt und an jenem Tag, vor allen Eltern und Schülern, dann auch gehalten. Ich war furchtbar aufgeregt. Ich hatte die ganze Zeit vorher das Gefühl, dass ich demnächst zur Guillotine geführt würde. Alle meine Kollegen schienen vergnügt und lachten und machten ihre Scherze. Und ich sass dabei, niedergedrückt von der schweren Last und Verantwortung der ganzen Welt zusätzlich derjenigen des heiligen Chrysosomos auf meinen Schultern. Ziel wäre gewesen, die Rede frei, dh. auswendig zu halten. Aber irgend einmal wusste ich nicht mehr weiter. Und so habe ich meine Papiere hervorgekramt und dabei erwähnt, dass der Pfarrer dies in der Kirche auch so tue. Mein Lehrer hatte mir vorher unter vier Augen empfohlen, falls ich den Faden verlieren würde, mit einem solchen kleinen Scherz den Faden wieder zu finden. Das war meine erste Rede in meinem frühen Leben. Ich habe sie überlebt, Malrena, die Rede, nein die Guillotine! Und das kommt – weiss Gott – selten vor!
Für das Abitur (in der Schweiz „Matura" = bac.) gab es an der Schule die Tradition, dass die Klasse eine Karte drucken lässt, die man dann verkaufen sollte, um einen finanziellen Zustupf für die Maturareise zu erhalten. Die Klasse hat meinen Entwurf gewählt und so war ich damit beauftragt, die Karte zu gestalten und dann auch drucken zu lassen. Wenn ich die Karte heute anschaue, muss ich sagen, sie war eigentlich sehr mittelmässig.Doch damals wusste ich das nicht so genau. Ich hatte damals zuwenig Erfahrung und hätte mit der Druckerei besser verhandeln sollen, damit sie farblich schöner herauskommt. Ich denke, meine Töchter sind heute besser informiert im gleichen Alter und wüssten sich rundum besser zu helfen.
Ich glaube, die Zeit am Gymnasium war meine glücklichste Zeit der Jugend. Von meinen Eltern her hatte ich absolute Freiheiten. Ich konnte kommen und gehen, wann immer ich wollte. Ich konnte abends oder morgens heimkehren, sie haben sich nie um mich Sorgen gemacht. Und ab und zu musste ich, wie gesagt, über die Fassade klettern. Leider habe ich mit meinen ehemaligen Klassenkameraden heute wenig Kontakt mehr, weil die meisten von ihnen im Wallis leben, und ich nun ja praktisch am anderen Ende der Schweiz. Nur den einen oder anderen sehe ich noch gelegentlich. Ich vermisse das sehr, denn alle sind sie heute in verantwortungsvollen Positionen tätig. Und wenn ich im Wallis leben würde, könnte ich – je nach Bedarf – den einen oder anderen anrufen und um Rat oder Unterstützung bitten. Es wäre absolut kein Problem. Jugendfreundschaften halten länger als alles andere. Hier jedoch, in der Region Basel, habe ich nur Leute, die ich erst später im Leben kennengelernt habe. Ich habe nie mit ihnen vor einer Prüfung gezittert, nie mit ihnen eine Nacht lang gebechert und Lieder gesungen, und nie zusammen um ein Mädchen rivalisiert. Sie sind für mich absolute Nobodies!
Wir waren beim Thema „Musterschüler", wenn ich mich richtig erinnere. Es ist immer gut zu wissen, in welchem Kapitel man sich gerade befindet. Du hast also einen Sonntag wie eine Musterschülerin verbracht und die Hausaufgaben von vorne bis hinten gemacht! Ich gratuliere dir dazu, Marlena! Es ist wahr, manchmal enttäuscht mich ein bisschen, dass deine Mails kurz sind. Und ich frage mich, wie geht das denn zusammen: ich schreibe Romane und du schreibst Stichworte! Das kann doch auf die Länge nicht gut gehen in diesem Ungleichgewicht! Aber ich habe zwei Argumente, die dich vor diesem harten Gericht entlasten, meine liebe Angeklagte. Einmal stelle ich mir vor, dass du in deinem Dreieckleben eben mehr unter einen Hut bringen musst als ich es tue. Du hast deine Anna, du hast den Haushalt und du hast deine Berufsarbeit. Ich dagegen habe nur meine Arbeit und noch etwas Familienzeit, die auch nicht mehr so ausgiebig ist, seit die Töchter gross sind und ihre eigenen Freizeitvorlieben haben. Allerdings arbeite ich ziemlich viel. Oft bin ich morgens um 0700h im Büro und bleibe bis abends 1900h. Wenn ich eine halbe Stunde Mittag abziehe, macht das 11,5 Stunden. Das ist zwar lange, aber es ist natürlich nicht durchgehend so intensiv wie eine Unterrichtsstunde vor einer ganzen Klasse quicklebendiger Schülerinnen und Schüler. Ich stelle mir also vor, dass du deine Zeit besser einteilen musst als ich. Und wenn deine Mails knapp und kurz sind, dann ist es vielleicht deswegen. Kürzlich habe ich mir auch überlegt, dass die Fremdsprache Deutsch ein Grund dazu sein könnte. Du hast einmal erwähnt, dass es dir nicht so leicht fällt, zu schreiben. Vielleicht musst du da und dort ein Wort im Wörterbuch nachschlagen? Es ist möglich, dass ich es unterschätze. Weil du völlig fehlerfreie Briefe schreibst, nehme ich an, dass du fast so rasch schreibst wie ich das tue. Und das ist wahrscheinlich nicht so? Meistens vergesse ich wirklich, dass Deutsch nicht deine Muttersprache ist. Erst jetzt, mit deinen Angaben über das Horoskop, ist es mir wieder in Erinnerung geraten.
Und der zweite mildernde Umstand ist vielleicht auch ein egoistischer. Ich habe erwähnt, dass es wohl eine glückliche Fügung ist, dass du sozusagen am anderen Ende Europas wohnst. Stell dir vor, du würdest in Zürich wohnen und ich hier in Basel. Meine Zensur (dh. Selbstkontrolle) wäre viel strenger und höher. Ich würde mir stets überlegen, ob ich dir sowas erzählen kann oder nicht. Ich würde viel kritischer sein. Gerade weil du so weit weg bist, kann ich dir frisch von der Leber weg schreiben. Du bist für mich – habe ich das nicht schon gesagt, und du hast nicht darauf reagiert? – du bist eine Art Muse. Vielleicht ist das ein merkwürdiges, eine Art himmlisches Wesen. Man könnte auch sagen, du bist mein Dr. Freud. Ich liege hier auf deinem Sofa und erzähle nach der Regel der freien Assoziation, wie das die Psychoanalyse vorschreibt. Und je weniger Dr. Freud sagt und bloss „hmmmm" murmelt, desto mehr kommt der Patient ins Reden. Jeder echte Patient – so die Theorie – entwickelt mit der Zeit eine „Übertragungsneurose", dh. eine Art von Verliebtheit in den Analytiker und begibt sich so in eine kindliche Abhängigkeit. Du bist meine „Frau Dr. Sigmuse Freud", meine Liebe, nur damit du weißt, wo wir stehen! Mit anderen Worten will ich damit sagen: Dir zu schreiben ist auch ein Vergnügen an sich. Natürlich freut mich zu wissen, dass du meine Mails liest und dass du Freude daran hast und dass du auch antwortest und dich von ihnen anregen und stimulieren lässt. Ohne das würde es gar nicht funktionieren. Natürlich ist für mich auch wichtig zu wissen, dass du eine attraktive und intelligente Frau bist, die ich respektieren und hoch schätzen kann. Aber schlussendlich ist es – und der Begriff „Tagebuch" sagt es eigentlich – auch für mich selbst ein Vergnügen, zu schreiben, über mich und das Leben nachzudenken, gewisse Fragen in Worte zu fassen, gewisse Bilder oder Formulierungen zu finden, die ich in meiner Arbeit, in meinen Vorträgen oder in meinen Beratungen wieder brauchen kann. In diesem Sinne ist es ein bisschen mein Tagebuch. Das ist sehr nützlich einerseits und sehr angenehm andererseits. Ich habe schon erwähnt: für mich ist es, als ob ich mich eine halbe Stunde auf die Veranda an die Sonne lege (Ozon hin oder her!), warm emballiert (das süsse Wort hat mich amüsiert), und vor mich hin träume. Das ist sehr entspannend. Es ist ebenso weich und komfortabel wie auf der Coach der Psychoanalyse, und ich kann mich ein bisschen in die Frau Dr. Sigmuse Freud verlieben. Das wäre niemals möglich, wenn du in Zürich leben würdest. Stell dir vor, ich würde mir deinen Zürcherdialekt vorstellen. Schrecklich!!! Ich wüsste ungefähr, in welchem Quartier du wohnst. Undenkbar!!! Ich kennte vielleicht die Schule, wo du unterrichtest. Unmöglich!!! Kurz und gut, ich müsste in meinen Briefen jedes Wort zweimal drehen und überlegen. Es wäre absolut unmöglich. Ich könnte dir blosse Küchenrezepte und Wetterberichte und Fahrpläne schreiben, sonst gar nichts. Aber so fern wie du bist, in Stockholm, das ist unendlich weit, das ist doch fast nicht mehr auf dieser Welt, das ist so unbestimmt und ungenau wie eine helle Nebelwand. Und das eben ist Psychoanalyse. Die Frau Dr. Sigmuse Freud sitzt oben, zu Kopf des Patienten, damit er sie nicht sehen kann. Nur so funktioniert diese geheimnisvolle, jetzt 100 Jahre alte Psychoanalyse.
Mit anderen Worten, wenn wir die Champs Élysèes (du weißt, was das Wort bedeutet: die Felder des Elysiums, der Glückseligkeit (war sicherlich früher das Feld der Gefallenen!), eine solch schöne Bezeichnung gibt es nur bei den Franzosen, vielleicht neben der chinesischen Bezeichnung „Platz des himmlischen Friedens", das ist auch schön gesagt, nicht wahr?) besuchen, dann gehst du – wie abgemacht! - auf der linken Strassenseite, und ich auf der rechten, aber, hör zu meine Liebe, aber du kommst von oben herunter vom Arc de Triomphe in Richtung Place de la Concorde, und ich gehe von der Concorde hinauf zum Triumphbogen. Und in der Mitte sehen wir uns von weitem (ca. 10 Fahrspuren oder so) flüchtig und etwas ungenau, zwischen den vielen Leuten hindurch. So wie sich Krebs und Skorpion mit gebührlichem Abstand begegnen, jeder den anderen respektierend angesichts der Zangen, Scheren, Stacheln und Giftreservoirs. Und so funktioniert das auch mit der Psychoanalyse, meine Liebe!
Ich habe – nebenbei – vor einiger Zeit einen kleinen Fotoband über Paris gekauft. Es sind Schwarz-Weiss-Fotos aus dem Jahre 1961, also reine Nostalgie. Das hat mir so gut gefallen, dass ich es auf der Stelle gekauft habe. Natürlich habe ich, wenn ich Bücher kaufe, immer kleine Entschuldigungen¨vor mir selbst. Ich habe mir gedacht, ich würde es meiner Schwägerin Michèle schenken, denn sie hat oft Heimweh nach ihrem Paris, wo sie aufgewachsen ist. Ich könnte es natürlich auch dir schenken, Marlena, denn du hast offensichtlich ab und zu ebenso Heimweh nach Paris. Aber du bist einfach zuuuuuuuu weeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiit weeeeeeeeeeeeg!!!!!
By the way, wenn ich dich aufs linke Seine Ufer einladen könnte, ich glaube, ich würde am liebsten mit dir in den Jardin du Luxembourg gehen. Ich schätze, das ist mein liebster Park in Paris. Zugegeben, er ist ein bisschen sinnlich leicht und verführt zu erotischen Abenteuer. Aber es ist doch ein sehr romantischer Park mit diesem grossen Weiher und den Kastanienbäumen, die schon im späten Sommer leicht rötlich angehaucht sind. Wie heisst es: Hony soit qui mal y pense? Und von Weitem erblickt man die Kuppel des Panthéon.
Du siehst, meine liebe Marlena, ich bin sehr grosszügig. Ich gebe dir die Möglichkeit, kurze Mails zu schreiben, aber ebenso die Möglichkeit, lange Mails zu hacken. Aber – unter uns – ich mag die längeren lieber. Und wenn du siehst, wie ich mich heute, nach deinen drei Mails, ins Zeug lege und abrackere und schreibe und schreibe und schreibe, so merkst du, dass für jedes deiner Worte etwa 10 zurückkommen. Jedes Wort bezahlt sich zehnmal aus. Ist das nicht eine stattliche Rendite? Davon können die modernen share holder nur träumen, von 1000% Gewinn. Das muss doch einfach jede schwedische Muse umwerfen! -- ;-)), wie du zu tippen pflegst --.
Was war unsere Kapitelüberschrift? Richtig, ich bin gerade dabei, dich für unschuldig zu erkläre, auch wenn du gelegentlich sündhaft kurze Mails hintippst, mehr gechattet als wirklich geschrieben, mehr Andeutungen als wirkliche Mitteilungen, eigentlich Gesten statt tatsächliche Handlungen. Überigens ist Chatten keine Schwäche von mir. Ich habe es eine zeitlang (neue deutsche Rechtschreibung: „eine Zeit lang") versucht, um – sozusagen beruflich - herauszufinden, was junge Leute daran finden. Ich kannte es vorher absolut nicht. Und welche Erfahrungen habe ich gemacht? Nun ja, was soll ich sagen? Es gibt den Sonntag-Nachmittag Chat. Ich nenne das, ironischerweise, den Babystrich. Da sind junge Mädchen am Werk, die sind manchmal süss und manchmal sehr beschränkt. Meist chatten sie über Banalitäten, mindestens soweit ich das mitbekommen habe. Dann gibt es den Montag-Abend-Chat. Der ist überbelegt, weil alle frustriert sind Montag abends und sich gegenseitig etwas streicheln und küssen möchten. Ich habe festgestellt, dass Büroleute im Vorteil sind beim Chatten. Sie sind schneller im Schreiben und wirken damit etwas cleverer und intelligenter, als sie vielleicht wirklich sind. Es gibt dann die Jungen, die in Schweizerdialekt chatten. Das ist modern, meine Töchter schreiben ihre Mails auch in Dialekt. Aber sie chatten nicht im ST, soweit ich weiss. Zwischendurch gibt es einige wenige Personen, die sehr witzig und rasch und clever chatten. Da macht es dann sogar ein bisschen Spass. Aber schnell wollen sich die Leute schliesslich persönlich kennenlernen. Sie schicken Fotos und so weiter. Ich finde, das verdirbt den Reiz. Der Chat ist bloss deswegen reizvoll, weil man sich nicht kennt. Die Fantasien spielen eine grosse Rolle. Das Ganze lebt eigentlich von Fantasien, von frustrierten und von übersteigerten. Es ist ja doch die absolute Verstellung. Männer geben vor, Frauen zu sein, Alte als Junge, Verheiratete als Ledige und alles auch umgekehrt. Man darf und kann fast nichts glauben, denke ich. Und das ist es dann auch. Du wenigstens, liebe Marlena, kannst behaupten, du chattest um Deutsch zu üben. Obwohl das Deutsch-Niveau im ST nicht sonderlich hoch ist, unter uns gesagt. Aber damit hast du zumindest eine gute Begründung. Ich habe absolut keine. Ich darf eigentlich gar nicht chatten. Mailen ok, aber nicht chatten!
Kapitelwechsel
Ich werde also die Krebs-Skorpion Variante in allen Aspekten studieren. Allerdings kann ich nicht auf deine schwedischen Quellen zurückgreifen. Das ist mir dann schon etwas zu umständlich in deiner Muttersprache. In alten Zeiten hat mir eine Freundin einmal ein Buch über die Sternzeichen geschenkt. Das werde ich hervorsuchen, wenn ich es noch finde. Und ich werde dir dann haargenau mitteilen, welches unsere Chancen und unsere Risiken sind, Marlena, welches die erogenen Zonen und die geheimen Träume und die Lieblingssteine und was auch immer, sieh dich also vor! Damit werden wir die Architektur unseres Maus-Freundschft auf ein solides Fundament stellen. Wenn man üblicherweise sagt: „Der Berg hat eine Maus geboren", so werden wir hier sagen „Die Maus wird einen Berg gebähren". Ich sag es dir, Marlena, du wirst noch staunen!
Ich muss jetzt aufhören, meine Liebe, sonst bringe ich Dich arg unter Leistungsdruck. Doch lass dich nicht beeindrucken, Marlena!
Ich umarme dich auch bei kurzen Mails, bei langen drücke ich dich - pardon madame
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