Montag, 25. März 2019

Und dann ...


...
Und dann bin ich zwischen 0200 und 0300h aus einem bösen Traum erwacht. Stell dir vor, ich will dir diese Horrorgeschichte erzählen, Marlena: Ich war mit dem Auto unterwegs, S sass neben mir. Ich glaube, irgendwie hatte unser Wagen hier Rechtssteuerung. Und dann kam ich an eine Stopstrasse, wo man entweder nach links oder nach rechts abbiegen konnte. Und in der Mitte war eine kleine Insel und davor eine dicke ausgezogene Sicherheitslinie. Kannst du dir das vorstellen? Also, ich komme auf diese Stopstrasse zu und will nach links abbiegen. Aber im letzten Moment merke ich, dass ich eigentlich nach rechts abbiegen sollte. Und ich versuche das noch zu korrigieren und überquere diese breite Sicherheitslinie, was ja nun im Strassenverkehr eine Todsünde darstellen soll. Und weil viel Verkehr war und vor dem Stop praktisch Kolonnen warteten, stand ich nun quer und völlig deplaziert hier zwischen den Kolonnen und natürlich unmittelbar auf dieser brennendweissen Sicherheitslinie. War ja alles sehr unangenehm, aber doch noch nicht das Ende der Welt! Die bösen Gesichter der Fahrer rundum schaute ich schon gar nicht an. Ich hatte bloss den grossen Wunsch, von dieser queren Position und dem Sicherheitsstreifen weg zu kommen. Und da sah ich ihn. Klein und unscheinbar stand er da drüben und äugte in meine Richtung. Natürlich hatte er mich schon ausgemacht und kam näher. Es war ein Polizist in schönster Montur, blau, mit weissem Ledergurt und Pistolentasche, so wie damals der Ortspolizist von Visp. Er nahm mir aus dem Verkehr und war völlig entgeistert, dass er sowas wie mich in seinem Leben noch ansehen müsse. Und er rechnete mir vor, wieviele Verfehlungen ich hier gerade begangen hätte und addierte absichtlich etwas umständlich und betont und kam auf eine Busse von sage und schreibe Fr. 750.-. Meine S nebendaran machte keine Anstalten, mir zu helfen. Ich war diesem Monster von einem Polizisten völlig ausgeliefert. Und ich sage dir, Marlena, hätte ich mich nicht schnellestens in den Wachzustand geflüchtet, der Bulle hätte mir sicherlich auch noch den Fahrausweis abgenommen!!! Also zog ich es vor, zu erwachen. Und dann lag ich im heissen Bett und schaute um 0300 frühmorgens in das dunkle Zimmer hinein und freute mich über die Fr. 750.-, die ich soeben gewonnen hatte.

Man könnte jetzt die PA bemühen und den Traum interpretieren. Doch meine Kurzdiagnose lautet: zu viel gegessen! Das ist alles, ein Magen-Darm-Problem, weiter nichts. Und sowas sollte mich 750.- kosten, das wäre doch gelacht, wenn ich das bezahlen würde! Und dann, meine Liebe, ist mir unser Chat wieder durch den Kopf gegangen und ich bin selig wieder eingeschlafen.
(---)
Und jetzt ist 0800Uhr und ich muss an die Arbeit.
Ach, ich wollte dir noch vieles sagen. Unter anderem unter §5, littera b, Absatz 3, dass ich dich echt mag. Nun ja, so wie man eben Mausfreundinnen mögen darf, ohne dass das gleich als Verletzung der Monogamie bestraft würde.

Mit einem schönen Morgengruss
 ...


Sonntag, 24. März 2019

Fortsetzung - Kontrakt für ...


...

Ich muss dir was erzählen. Ich bin dann also auf den Zug gerannt. Und zuhause hat meine S gewartet mit einem Geburtstagsessen eigentlich. Obwohl sie alle schon gegessen hatten, war das eine feine Mahlzeit. Es gab einen schönen Fisch (kann dir den Namen nicht sagen, war ähnlich wie eine Forelle, war aber keine Forelle). Ich esse sehr gerne Fisch, lieber gebraten als gekocht und mit Sauce. Am liebsten etwas knusperig, so mag ich die Haut. Es gibt Leute, die die Haut zur Seite schieben. Das könnte ich nie. Die Haut ist wirklich der clou des Fisches. Also, habe ich meinen schönen Fisch tranchiert und von den Gräten gelöst und genossen. Dazu gab es Kartoffeln. So habe ich gestern abend etwas mehr gegessen, als ich es sonst abends üblicherweise tue. Und nach dem Essen nehme ich meist einen Schwarztee, der lange gezogen hat. Er kann meinetwegen einen Tag im Kraut gelegen haben. Wenn man den Schwarztee kurz ziehen lässt, regt er an und belebt. Wenn man ihn lange ziehen lässt, dann beruhigt er. Es kommt dann viel Tannin in den Tee. Diesen etwas bitterliche Geschmack, den man auch beim Rotwein hat, den mag ich sehr. Und er beruhigt. So habe ich meinen Tee getrunken und dazu ein Stück Quarkkuchen gegessen, den meine Mutter zu B's Geburtstag gemacht hat. Quark mit Früchten, hat vorzüglich geschmeckt, zwischen einem Biskuit-Teig. Nach dem Fisch soll man etwas Süsses essen. Und dann war es schon gegen 2300Uhr. Und ich bin schon bald einmal ins Bett gegangen. Man sagt doch, der Schlaf vor Mitternacht sei der gesündeste. Deshalb versuhe ich in letzter Zeit - vielleicht werde ich vernünftig? - etwa um 22Uhr ins Bett zu gehen. Das verlangt mir jeden Abend viel Disziplin und Überwindung ab. Aber ich versuche es momentan. Allzu schnell bin ich nicht eingeschlafen, habe mich noch etwas unruhig gewälzt. Und dann bin ich zwischen 0200 und 0300h aus einem bösen Traum erwacht. Stell dir vor, ich will dir diese Horrorgeschichte erzählen, Marlena:
Ich war ...


Donnerstag, 21. März 2019

Kontrakt für ein Maus-Leben


Subject: §5
Date: Fri, 31 Mar  10:17


Mein Fyrklöver

Es hat noch gereicht, gestern. Ich habe den Zug noch erwischt. Allerdings konnte ich den PC nicht mehr abstellen, den grossen nicht. Diesen kleinen hier, für den hat es gerade noch gereicht. Du musst mich wirklich entschuldigen, dass ich so rasch weg war.  ...

Aber unser Chat war wunderbar. Es war, na ja, wie soll ich dir das sagen. Es war wie an einem regnerischen Abend im Frühwinter. Es ist schon dunkel. Du solltest noch rasch zur Post, und dann wären da noch zwei oder drei andere Kommissionen. Und du rennst, damit du noch hinkommst, bevor sie schliessen. Und es regnet und ist trüb. Und alle Leute rund um dich rennen auch irgendwelchen Sachen nach. Und dann plötzlich siehst du SIE. Sie steht da im Licht von irgendwas, vielleicht eines Schaufensters. Sie strahlt in ihrem blonden Haar. Und sie schaut dich an und lächelt. Und da merkst du: alles ist gut. Alles geht in Ordnung. Die vielen kleinen Dinge, denen du nachrennst, sie sind ja nur halb so wichtig. Darüber schweben diese grossen Dinge, die schön sind, die ruhig sind, die beständig sind und die dich erhellen.

Es war eine schöne Überraschung. Ich habe dich nie und nimmer dort erwartet. Ich habe gedacht, du schwitzt schon hinter deiner Extra-Arbeit und schimpfst über deinen Chef. Ich bin auch so, wenn ich eine Aufgabe habe, drücke ich mich gerne herum und lenke mich mit anderen Sachen ab. Aber wenn man es genau nimmt, hat man mit der Arbeit schon angefangen, denn im Hinterkopf dreht man sie schon hierhin und dorthin und beschäftigt sich damit. Das ist vielleicht wichtiger, als man denkt. Och, ich bin ein Superspezialist, die Dinge auf die lange Bank zu schieben. Ich glaube nicht, dass du mich in dieser Disziplin schlagen könntest, Marlena.

Unser Chat war dann einfach viiiiieeeel zu kurz. Ich hätte dich noch sovieles fragen wollen. Soviel ist noch offen gelbieben. Tut mir leid für die Idee mit dem French Corner. War ein Flop. Ich hatte gedacht, weil dort fast keine Leute sind, würde es viel rascher gehen. Und natürlich war die Vorstellung schön, mit dir allein in einem Raum zu sein. Auch wenn es vielleicht eine Eishalle oder so was ähnliches gewesen sein könnte, wo die Stimmen widerhallen und keine Atmosphäre aufkommt. Du warst ja skeptisch, und du hattest recht damit.

Ich musste laut lachen, als du vermutet hast, ich wollte den Leuten im Chat ausweichen, die mich ansprechen. Ich fand das so ähnlich wie Eifersucht, und das habe ich natürlich genossen. Es ist immer schön, wenn der andere eifersüchtig ist. Aber ich bin es - zugegeben - auch ein bisschen. Obwohl ich es nicht sein will. Dieses Besitzergreifende ist ja doch auch sehr destruktiv manchmal. Aber es ist eben so schön, weil es die Beziehung exklusiv macht.

Es ist wahr, wie du sagst, beim Chat ist die andere Person näher als beim Mail. Das macht es spannend und aufregend manchmal, obwohl da ja auch sehr viel lauwarme Luft hin und her geht. Nicht bei uns natürlich, wohlbemerkt! Bei uns ist sie zumindest heiss, die Luft!

Ich habe mir die halbe Nacht überlegt, ob wir deinen §5 wirklich und unausweichlich in unseren Kontrakt aufnehmen müssen. Müssen wir das wirklich? Du hast gesagt "nicht verlieben". Wenn du darauf bestehtst, Marlena, nehmen wir den §5 auf. Wir müssen, wenn es so weitergeht, bald einen Juristen in unseren Club aufnehmen. Nein, das ist noch zu früh. Ich wollte dir nur zu bedenken geben, dass es natürlich verschiedene Arten von Liebe gibt. Und vielleicht ist es ja auch so, dass bei vielen Menschen eine grosse Tendenz besteht, immer wieder in die eine grosse Liebe zurückzukehren, oder hinzugehen. Wie heisst es doch, es gibt ein französisches Sprichwort: Man kehrt immer wieder zur ersten Liebe zurück (vielleicht kennst du den französischen Wortlaut?). Das ist, so glaube ich, sehr wahr. Das ist im Grunde auch, was die Psychoanalyse behauptet, obwohl ich dieser heute nicht mehr ganz alles glaube. ...

Was ich also sagen wollte, es gibt doch verschiedene Arten von Liebe, was wir in unserem §5 berücksichtigen sollten. Es gibt ja auch die Schwesternliebe, die Elternliebe, die Hassliebe, die blinde Liebe, die Menschenliebe, die platonische Liebe undsoweiterundsofort. Also, meine Liebe, wir haben doch da eine gewisse Auswahl in der Formulierung unseres §5, nicht wahr. Das Problem ist vielleicht, dass das Wort immer das gleiche ist. Die Liebe ist ja doch eine grosse christliche Mission. Das muss man auch sagen. Ich schlage vor, wir formulieren deinen §§-Antrag vorläufig und provisorisch: never fall in love again. Klingt echt hart!

(...)

Vielleicht noch zur Repetition vor dem Schlafengehen?

§1 Es gibt im Internet eine sogenannte "Maus-Freundschaft".
§2 ...dass unser Kontakt uns beide von innen erleuchtet, so dass wir, du in Stockholm und ich in Basel, für unsere Lieben der Familie und unsere Leute der Umgebung eine geheinmisvolle Serenität ausstrahlen können.
§3 Es darf nie etwas Negatives für unsere Nahestehenden bedeuten.
§4 En cas de guerre sonnez deux fois.
§5 Never fall in love again.

Ich will dir dann mal über meine wirklich erste Liebe erzählen. Das war in der 1. Klasse der Grundschule und sie hatte ein hübsches Haarschwänzchen. Und über meinen Französisch-Professor am Gymnasium, der daherkam wie ein Maffia-Boss, über den wollte ich dir auch berichten. Er ist mir heute Nacht in den Sinn gekommen. Echt hektisch, nicht wahr?


Mittwoch, 20. März 2019

Extra Arbeit



Subject: Extra Arbeit
Date: Thu, 30 Mars 


Lieber ... !

Ein neuer Tag mit Sonnenschein.:-) Eigentlich wünsche ich mir nur eins im Moment, nämlich dass ich nun noch nicht arbeiten müsste und deinen lieben langen Brief sofort beantworten könnte.

Wieder habe ich einen schönen kleinen "extra-Auftrag" von unseren Direktoren erhalten. Bis Montag Abend soll ich einen Plan fertig haben wie wir die Sprachstunden verlegen werden in dem neuen Gymnasium, also welche Kurse und in welchem Schuljahr (Klasse).. Das ist nun eigentlich die Aufgabe des Schulwerkes. Sie delegieren es jedoch an die Direktoren der Gymnasien und diese wiederum weiter an die "programansvariga" wie man sie bei uns nennt. (ansvarig =verantwortlich).

Vielleicht werde ich in dieser Periode mehr an dich denken als schreiben. Doch es kommen bessere Zeiten, die ich hoffe mit dir zu verbringen (in unserem Maus-leben meine ich natürlich ;-)


Wünsche dir einen schönen Tag und freue mich natürlich wenn du trotzdem bald wieder von dir hören lässt.

Deine Maus-freundin

Marlena



Dienstag, 19. März 2019

Rainy days


den 29 mars  23:38
Ior


Lieber ...!

Ich schreibe sobald es aufgehört hat zu regnen.
Love
Marlena 




den 30 mars  12:47
rainy days

Mein Fyrklöver
Du schreibst mir, sobald der Regen aufgehört hat. Hast du deinen PC im Garten stehen? Ich schalte sofort von meinem PC auf die Wetterprognosen. Hast du - nebenbei gesagt - den Baum im Garten schon geschnitten? Das erinnert mich an den unseren, den ich noch schneiden müsste. Es ist schon arg spät. Bald treiben ja die Knospen!!!
Nein, Spass beiseite. Bei uns regnet es auch im Moment und es ist ziemlich kühl geworden, wieder. Wie du sagst, ein kleiner Rückschlag. Auch wir warten hier auf die Lerchen und die Schwalben. Es gibt ein deutsches Sprichwort: Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. Wir warten also auf die ersten zwei! Sagen wir drei, um sicher zu gehen.
Deine Schilderung über die Messe auf Zypern hat mich beeindruckt und ist mir noch lange in meiner Erinnerung nachgegangen. Es ist lustig, in meiner Fantasie habe ich euch beiden von oben zugeschaut, als ob ich an der Decke hängen würde (neben dem lieben Gott zu sitzen, kann ich nicht sagen, das wäre blasphemisch). Es war hell, als ob die ganze Kirche voller Kerzen wäre. Es kann aber auch eine klimatische Helle gewesen sein, dh. die Sommerwärme. Habt ihr den alten Baum auch gesehen? Überhaupt war dein Brief sehr schön und ich hatte den Eindruck, er kommt aus der Tiefe deines Wesens. Ich danke dir.

Gerade habe ich gelesen, dass die Restaurierung der Cappella Sistina in Rom nach über 20 Jahren abgeschlossen worden sei. Das ist eine enorm lange Zeit, aber für den Vatikan natürlich ein kleiner Moment in seiner langen Geschichte.
Zuerst hat man offenbar die Eingangswand restauriert, dann die Lunetten mit den Sibyllen und Propheten von Michelangelo. Dann kam 85-89 die grossartige Decke an die Reihe, und schliesslich das jüngste Gericht.
Es ist erstaunlich, wie intensiv die Farben sind, die man hier zum Vorschein brachte. Alle, die schon einmal in der Kapelle gewesen waren, mussten nochmals gehen, weil sie nun ja ganz anders und neu wirkte. Und diese starken Farben standen nun in grossem Kontrast zu den tieferen Zonen, den seitlichen Fresken aus dem 15. Jahrhundert. Deshalb hat man seit 95 zum Schluss auch diese Seitenwände restauriert.
Diese seitlichen Fresken sind von den bedeutendsten Meistern der Zeit (Quattrocento) gemalt, Botticelli, P. Perugino, Ghirlandaio, Rosselli, die alle ein ein umbrisch-toskanisches Ambiente entwickeln. Es sind zwei Zykeln, die sich gegenüber stehen. Links sind es 6 Szenen aus der Moses-Vita, rechts aus der Vita Christi.
Vasari, das grosse Tratschmaul der Renaissance, der erste Sensationsjournalist (ein "Wortscheisser" würdest du sagen) seiner Zeit, berichtet darüber. Es soll sich in diesem engen Raum rasch eine grosse Konkurrenz unter diesen Malern entwickelt haben. Der Wettbewerb wurde noch verschärft durch die Tatsache, dass Papst Sixtus IV dem besten eine Siegesprämie in Aussicht gestellt hatte.
Vasari berichtet, der schwächste sei Cosimo Rosselli gewesen, der bei der "Anbetung des goldenen Kalbes", "der Bergpredigt" un "des Abendmahls" mit dem Format nicht gut zurecht gekommen sei, und seine Schwierigkeiten mit teurem Material zu kaschieren und zu kompensieren versucht habe. Er brauchte viel Ultramarin, Gold und kräftige Farben, "so dass kein Baum, kein Kraut, kein Gewand, keine Wolke war, die nicht leuchtete" (so Vasari kritisch).
Doch offenbar ist Rosselli, entgegen dem Urteil Vasaris, schliesslich von Papst Sixtus die Prämie zugesprochen worden. Diese kleine Anekdote lässt sich heute, nach der Restaurierung, besser nachvollziehen.
Roselli verwendet offenbar bei seinen Malereien Neapelgelb, während Botticelli Rauch- oder Königsgelb benutzte. Letzteres war eine spezielle Farbe, über die sich schon Plinius geäussert hatte. Jener hatte empfohlen, sie auf Kreidegrund und nicht auf nassen Grund (al fresco) zu verwenden. Und tatsächlich fand man im unteren Bereich der Fresken einen Malgrund aus Kalk und Pozzolanerde. Hier wurde neben "al fresco" auch "mezzo fresco" gemalt, was der Tafelmalerei näher kommt. Rosselli tat sich dagegen mit reichem Einsatz von Goldhöhungen hervor. In seinem Bild vom goldenen Kalb reicht das Gold hinauf bis in den Himmel und zur einzig leuchtenden Wolke des Zyklus.
Nach der Reinigung der zwei Zyklen zeigen sich die Fresken in neuer, kristalliner Klarheit (so mein Zeitungsbericht), wie sie auch die die Tafelmalerei jener Zeit auszeichnet. Zwei Arten von Schäden sind beseitigt worden. Einerseits Wasserschäden von den Fenstern. Andererseits mechanisch verursachte Schäden, die dadurch entstanden waren, dass man an liturgischen Festtagen immer wieder die Teppichserie Raffaels aufhängte und dazu Leitern an die Wand gestellt hatte.
So ist ein harmonischer Gesamteindruck neu entstanden. Er verleiht der Zone einen Eigenwert und eine Eigenständigkeit gegenüber den Fresken Michelangelos, welche mit viel stärkeren Effekten arbeiten (und insofern irgendwie moderner wirken). Im neuen Licht vermögen sich auch die Quattrocento-Malereien durchaus gegenüber den oberen Zonen behaupten.

Bist du mal in der Sixtina gewesen, Marlena? Wir waren vor - ich weiss nicht mehr so genau - vielleicht vor mehr als 10 Jahren in Rom. Der Vatikan hat mich absolut beeindruckt. Und natürlich war ein Höhepukt die Kapelle des Papst Sixtus. Erstaunlich, wie eng der Raum war. Ich hatte ihn mir immer viel grösser vorgestellt. Und dann natürlich die Dunkelheit. Es ist ein dunkler und enger Raum, diese Sixtinische Kapell. Und man darf sich vorstellen, dass hier die Papstwahlen stattfinden. Es ist nicht erstaunlich, dass es meistens nicht allzu lange dauert, bis der weisse Rauch aufsteigt. Länger halten es die Kardinäle hier einfach nicht mehr aus. Die seitlichen Fresken, von denen hier die Rede ist, waren mir damals gar nicht besonders aufgefallen. Auf jeden Fall hatte ich sie nicht mehr in Erinnerung. Was mir im Gedächtnis geblieben ist: alle Leute schauten zur Decke hinauf, ähnlich wie bei einer Sonnenfinsternis. Und das war sehr anstrengend, man wurde rasch müde im Nacken. Am liebsten hätte man sich auf den Boden gelegt. Aber das war nun auch nicht möglich, denn mit den vielen Leuten entstand eine enge Situation, die Himmelgucker hätten einen glattweg zertrampelt, und immerhin befand man sich in der Sixtinischen Kapelle. Erheiternd empfand ich, dass alle 2 bis 3 Minuten ein Priester, der mit der Aufsicht betraut war, hervortrat und laut in die Hände klatschte, um die vielen Touristen aus aller Welt zur Ruhe und zum Respekt vor diesen heiligen Räumen zu ermahnen. Eine halbe Minute sank jeweils der Geräuschpegel, und stieg dann wieder zu normalem mitteleuropäischem Niveau an. Das fand ich sehr sympathisch und sehr katholisch, diese immerwährende Anstrengung gegen die menschlichen Schwächen, die aber stets mit einem guten Mass an Nachsicht einhergeht.
Und jetzt erinnere ich mich an deine erste Beichte von 65 Sünden und das verschmitzte Gesicht des Priesters.

(---)

Ich schicke dir schon mal diese Portion. Und ich hoffe, dass der Regen bald aufhört bei euch, oder wenigstens in Schnee übergeht. Habt ihr schon Schwalben gesichtet? Das wird doch wohl bald sein, hopefully!
Ich wünsche dir eine gute Zeit, das Wochenende ist bereits in Sicht.
Mit einem lieben Gruss
...

Montag, 18. März 2019

Frühlingszeichen



den 28 mars  15:52

Lieber ...!
Ich werde sie mal probieren, deine Methode. Ein wenig arbeiten - eine kleine Pause machen und schreiben u.s.w. Nur gibt es eben da ein Risiko bei mir. Wenn ich nämlich nicht mein Mail sofort abschicke dann finde ich bestimmt später einen Anlass es zu deleten und alles wäre vergebens.

Heute früh lag weisser Frost auf den Feldern und das Thermometer zeigte nur minus - 8 Grad. Es kommen solche Rückschläge zu dieser Jahreszeit und obwohl man es weiss wird man etwas missmutig dabei.

Ich bin in den oberen Stock geflüchtet. Hier in dem grossen "Allraum" mit dem Schrägdach ist es schön warm. Die Sonne scheint zum Fenster herein und das Gezwitscher der Vögel gibt mir fast den Eindruck einen Frühlingstag zu geniessen.
Wir halten Ausschau nach Lerchen. Sie sind ein sicheres Zeichen des Frühlings. Übrigens waren K und A sehr zufrieden mit ihrer "Eulennacht" obwohl Anna wie ein Eiszapfen nach Hause kam. 35 Personen hatten sich an dem Ausflug beteiligt und während des Abends hat man auch in einer Hütte Waffeln gemacht auf einem uralten Waffeleisen von anno dazumal. (Es war der "vårfrudagen" wie wir ihn nennen).

(---)

Ich habe inzwischen meine Stunden absolviert und bin wieder zu Hause. Auch heute einen freien Nachmittag auf Grund der Belgienfahrer. Diese Stunden muss ich dann später nachholen - aber das ist ein anderes Problem.
Kurz bevor ich von zu Hause fuhr fand ich deinen lieben Brief. Ich weiss nicht ob ich je einem Menschen mit so grossem Feingefühl begegnet bin. Manchmal denke ich sogar dass ich sehr vorsichtig sein muss mit dem was ich sage da du ein so gutes "Radar" besitzt, den kleinsten Hauch bemerkst und auch zwischen den Zeilen lesen kannst. Sicher hilft dir das sehr in deinem Beruf.

Das mit dem Kleeblatt finde ich so schön! "Fyrklöver" heisst es bei uns. Man könnte sagen dass mein dreieckiges Leben zu einem vierblättrigem Kleeblatt geworden ist. Und nur wenn das vierte Blatt vorhanden ist, ist es eines das Glück bringt :-)
Ich besitze übrigens eins. Es liegt in meinem ersten kleinen Katechismusbuch und ich habe es am Tag meines 6. Geburtstages gefunden. Sogar noch heute erinnere ich mich an das Glücksgefühl als ich es fand. Ich verwahre es sorgfältig.
Übrigens wenn ich an das kleine Büchlein denke so erinnere ich mich als meine Kusine und ich uns für die erste Kommunion vorbereiteten. Wir (besonders sie) nahmen es sehr ernst ...  Für den wichtigen Tag, meine erste Beichte, hatte ich mir eine Liste gemacht. Sie enthielt 65 Sünden ;-))) Heute wünsche ich mir nur dass ich das Gesicht des Pfarrers sehen könnte als ich sie ihm feierlich und reumütig vorlas. Später hat er mich immer so verschmitzt angesehen und ich habe mir gedacht vielleicht erinnert er sich noch daran :-)
In meinen Gedanken habe ich dir das schon erzählt, vielleicht sogar auch im Mail
(oh, Schreck!)

(---)

Du hast mir sehr schön von deiner Ausbildung erzählt- wie du schnell zu den Vorlesungen in Literatur gegangen bist.. Es hat mich sehr gefreut wie du mir das geschrieben hast. Architekt ist bei uns keine gute Berufswahl im Moment da die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe ziemlich hoch ist. Ein Schwager von K und ein paar Freunde von uns sind übrigens Architekte. Ein schöner Beruf, finde ich mit zwei wichtigen Komponenten: praktisch schöpferisch und künstlerisch zugleich. (Du würdest das besser ausdrücken aber ich glaube du verstehst was ich meine).

Ich schicke dir nun dieses Mail damit du auch was zum Nachmittagskaffee knabbern kannst. :-)

Liebe Grüsse
Deine Mausfreundin
Marlena


Donnerstag, 7. März 2019

Zeit



"Die Zeit ist ein cleverer und
eigenwilliger Partner, und um
sie zum Freund zu machen,
muss man sie an die kurze Leine
nehmen, wie einen verspielten
Hund."









Mittwoch, 6. März 2019

Weil du nicht da bist ...





Weil du nicht da bist, sitze ich und schreibe
All meine Einsamkeit auf dies Papier.
Ein Fliederzweig schlägt an die Fensterscheibe.
Die Maiennacht ruft laut. Doch nicht nach mir.

Weil du nicht da bist, ist der Bäume Blühen,
Der Rosen Duft vergebliches Bemühen,
Der Nachtigallen Liebesmelodie
Nur in Musik gesetzte Ironie

Weil du nicht da bist, flücht ich mich ins Dunkel.
Aus fremden Augen starrt die Stadt mich an
Mit grellem Licht und lärmendem Gefunkel,
Dem ich nicht folgen, nicht entgehen kann

Hier unterm Dach sitz ich beim Lampenschimmer,
Den Herbst im Herzen, Winter im Gemüt.
November singt in mir sein graues Lied.
 »Weil du nicht da bist« flüstert es im Zimmer.

»Weil du nicht da bist« rufen Wand und Schränke,
Verstaubte Noten über dem Klavier.
 Und wenn ich endlich nicht mehr an dich denke,
 Die Dinge um mich reden nur von dir.

Weil du nicht da bist, blättre ich in Briefen
Und weck vergilbte Träume, die schon schliefen.
Mein Lachen, Liebster, ist dir nachgereist.
Weil du nicht da bist, ist mein Herz verwaist.


Mascha Kaléko