Lieber ...,
Nun bin ich wieder mal mit dir allein. Heute ist K gefahren um seine
alten Freunde zu treffen. Er wird dort im Hotel übernachten. So bin
ich also Strohwitwe. Eigentlich sollte ich diesen Abend gut ausnützen.
Vielleicht jemanden einladen.. oder auf dem Tisch tanzen, wie es die
Mäuse tun wenn die Katze weg ist.
Aber ich habe etwas viel Schöneres vor. Nämlich meinem lieben
Mausfreund in Ruhe ein Mail zu schreiben. Es ist für mich wie ein
virtuelles Rendezvous und ich hoffe dich auch in guter Laune zu
finden.
Wie gern würde ich dich zu der Kandinsky-Ausstellung in Basel
begleitet haben. War es gut?
Du weisst, dass ich dich mitgenommen habe ins Musée d'Orsay. Ich habe
dich so sehr an meine Seite gewünscht, dass ich fast den Eindruck
hatte, deine Stimme zu hören. Und jedes Bild habe ich mir mit dir
angeschaut. Bis eben S nicht mehr weiter konnte wegen dem Fuss.
Leider ist sie auch nicht an Kunst, oder Kultur überhaupt, interessiert.
Ich wusste nicht, dass es unter Akademikern solche Menschen gibt. Aber
man lernt so lange man lebt.
Wenn ich so zurückdenke an die Woche in Paris habe ich den Eindruck
ich habe viele Türen geöffnet.. ohne doch jemals über die Schwelle zu
treten. Und du weisst wie es ist mit solchen Dingen. Es hinterlässt
eine Sehnsucht, die man stillen muss. Es ist ein Bisschen, wie wenn
man ein gutes Buch halbgelesen aus der Hand legen muss.
Ich habe maladiert und nostalgiert. So gut wie jedes wichtige Monument
in Paris ist mit irgendeiner schönen, manchmal lustigen, Erinnerung
aus meiner frühen Jugend verbunden.
Vielleicht ist es so für dich, wenn du nach Visp oder Brig fährst.
Aber während sich die kleinen Städte mit der Zeit sehr verändern
können und uns eher etwas enttäuscht werden lassen, ist Paris immer
noch Paris. Zwar gab es das moderne Centre Pompidou und die neuen
Hallen, aber die Strassen rundherum waren so malerisch wie zuvor. Bei
den schönen Gebäuden habe ich auch an B gedacht. Paris ist eine
architektonisch wunderschöne Stadt.
Am Wochenende haben uns unsere Gastgeber mitgenommen nach Deauville,
wo sie ihr Sommerhaus haben. So viel Luxus dicht nebeneinander findet
man nicht oft.
F hat sich sofort über seine wunderschönen Rosen hergemacht und alle
stolz vorgezeigt. Der Himmel war eine Weile ganz blau. Und dann
am Abend hat er uns ausgeführt in ein elegantes Restaurant. Der
Restaurantbesitzer, ... seit 20 Jahren ein guter Freund von ihm, war auch
dort und hat ein wenig inspektiert.
Was wir gegessen haben? Ach, ich glaube du kannst es dir vorstellen.
Als Vorspeise jedenfall frische Muscheln. Jeder eine ganze Schüssel
voll. (siehe Bild) Danach haben wir verschiedene Speisen gewählt und
auch jeder ein anderes Dessert.
Vielleicht war es der erste gemeinsame öffentliche Auftritt des Pares
seit ihrer Scheidung im Frühjahr. Sie wollen demnächst wieder
heiraten. "Feiglinge" ist Annas Kommentar dazu. ;-)
*
Ja, mein lieber Mausfreund, ich beginne mich an den Gedanken zu
gewöhnen, dich in Zukunft als Junggeselle zu sehen. Mit Betonung auf
"jung". ;-)
Vielleicht kannst du das nicht verstehen, aber auch für mich war eure
Trennung sehr schmerzhaft. Doch jetzt bin ich, glaube ich, über das
Schlimmste hinweg und wenn du von deiner neuen Wohnung erzählst, dann
spüre ich sogar das Glück, das damit verbunden ist. Ich sehe sie schon
vor mir. Viele Bücherschränke, ein wunderbares Fauteuil mit guter
Lesebeleuchtung und natürlich ein bequemes Bett. Und ein guter
Computer für unser Mausleben. :-)
Kannst du dir Dinge von zu Hause mitnehmen? Oder musst du alles neu kaufen?
Und deine Bilder?
Übrigens, in dem Film "House of Sand and Fog", den ich dir empfohlen
habe, hatten fast alle Bilder des iranischen Paares solche dicke
Goldramen, und auch die meisten Bilder der Impressionisten waren damit
versehen.
Wenn du noch Dinge gemeinsam mit S machst, miete dir doch den Film auf
DVD und sehe ihn dir mit ihr an. Du wirst es nicht bereuen, das
verspreche ich dir.
Ich mache jetzt eine kleine Pause. Will mir etwas zu essen machen.
Doch ich komme nochmals vorbei heute Abend.
Bis dahin alles Gute,
Mit lieben Gs und Ks
Malou